StartGedankenIntolerante Toleranz

Intolerante Toleranz

“Intolerante Toleranz” – gibt es so etwas überhaupt? Widerspricht sich das nicht?

Ich meine: ja.

Ja – es gibt es. Und ja – es widerspricht sich, nur merken es die meisten, die eine Haltung der intoleranten Toleranz an den Tag legen, nicht.

Was ich damit meine, ist aber relativ einfach.

Nonplusultra oder was?

Toleranz ist ja so etwas wie das Nonplusultra-Argument in jeder Diskussion. Egal, ob es um Integration, Religion, Kulturen, die Gesellschaft im Allgemeinen und den Weltfrieden geht. Alle Welt fordert eins: Toleranz. Und wer will da schon dagegen sein? Schließlich meint Toleranz doch, dass wir uns alle lieb haben – oder etwa nicht?

Ich will es dir an einem Beispiel deutlich machen. Einem ganz unverfänglichen, einleuchtenden und alles andere als komplexen Thema: die Entstehung dieser Erde.

OK. Du merkst: So einfach ist es doch nicht.

Komplexe Streitthemen

Nun gibt es unter Christen – ich bin einer davon – ganz unterschiedliche Ansichten, wie die Erde denn nun entstanden ist. Für die einen ist das Erklärungsmodell der Evolution überzeugend, andere vermuten so etwas wie das “Intelligent Design” und wiederum andere halten den biblischen Schöpfungsbericht, wonach Gott die Erde in 6+1 Tagen erschaffen hat, für wahr – wobei sich hier wiederum auch noch einmal eine Verzweigung der Diskussion auftut: Für die einen haben diese 6+1 Tage (ich schreibe das deshalb so, da der 7. Tag dazugehört, Gott aber sein Werk schon am 6. Tag vollendet hat und am 7. Tag ruhte – überleg dir also, was du am 7. Tag tun solltest) exakt 24 Stunden – für die anderen sind diese 6+1 Tage Platzhalter für einen mehr oder minder bestimmten Zeitraum (beide Sichtweisen sind nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen, wenn man sich den hebräischen Text anschaut).

Ich hätte hier auch andere komplexe Themenbereiche nehmen können, die (derzeit) in der Christenheit für Furore sorgen: die Frage nach der Bewertung von Homosexualität, die Frage nach dem Gender Mainstreaming, die Frage nach der Inspiration der Bibel und deren Unfehlbarkeit – und sicherlich hast du noch ein paar mehr Themen auf Lager.

Radikale Liberale

Was mir immer mehr auffällt: Gerade jene, welche eine Pluralismus ermöglichende Toleranz fordern, also das gemeinsame Existieren unterschiedlicher, ja vielleicht sogar sich widersprechender Auffassungen, argumentieren in vielen Fällen so verbissen gegen (!) eine bestimmte Sichtweise, dass ich sie – zumindest für mich – die “radikalen Liberalen” nennen. In meinen Augen sind sie so radikal liberal, dass sie vergessen, was Liberalität und Toleranz eigentlich wollen: Die Freiheit des (Anders-)Denkenden. Aber gerade diese verbieten sie, indem sie zwar alles “tolerieren” – nur nicht das, was ihnen nicht passt. Intolerant tolerant eben – so lange tolerant, wie die andere Meinung der meinigen nicht widerspricht.

Meiner Beobachtung nach zieht sich das durch ganz unterschiedliche Diskussionsebenen: auf Facebook, im persönlichen Gespräch, in der Politik, unter Theologen genauso wie unter “Laien” (wobei ich den Eindruck habe, dass es die “Laien” noch besser machen als die Theologen),

Persönlich finde ich das äußerst schade und ich kann es nicht mehr hören, wenn jemand meint “man müsse doch tolerant sein”, weil die meisten Menschen damit eigentlich sagen: “Man müsse doch so denken wie ich denke.”

Jesus

Der einzige, auf den ich das vorbehaltlos gerne beziehen würde, ist Jesus. Wenn er sagt: “Man müsse doch so denken wie ich denke”, dann würde das allen Menschen gut tun. Und by the way: In meinen Augen war Jesus nicht tolerant – zumindest nicht in dem falsch verstandenen Sinne, wie er heute in der Gesellschaft landauf, landab gesehen wird, diesem “wir haben uns doch alle lieb”. Nein, so war Jesus nicht. Jesus hatte einen anderen, einen tieferen, einen besseren Blick auf die Menschen.

Sein Weg ist der Weg der Liebe, der Hoffnung, der Versöhnung, der Vergebung, der Klarheit, der Gerechtigkeit und der Wahrheit.

Apropos Wahrheit: Die wird ja auch angefochten. “Absolute Wahrheit” gibt es angeblich nicht – und ich stimme insofern zu, als dass wir es im Sinne eines philosophischen Gedankenkonstruktes wohl nie fassen werden, was Wahrheit ist. Aber es geht auch nicht darum, was Wahrheit ist, sondern wer Wahrheit ist: Jesus Christus, der von sich sagt: “Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater als nur durch mich.” (Johannes 14,6)

Ist das nicht intolerant? Ich meine: Nein. Es ist liebevoll, weil Jesus der Weg zum Vater ist – und sonst keiner. Aber gut. Das wäre nun ein neues Fass, das man im Zuge der ganzen Toleranzdebatte durchaus eröffnen könnte und ich vielleicht an anderer Stelle auch tun werde.

 

8 Kommentare

  1. Lieber Herr Brunner,
    tragen Sie mich doch bitte aus dem Verteiler für den Newsletter wieder aus. Vielen Dank.
    Mit freundlichen Grüßen
    Bernhard Köster

  2. Wichtig ist und nicht verschwiegen werden sollte, dass Gender Mainstreaming auch ein wenig ungesund für Frauen, Mütter und Kinder ist. Zum Beispiel das Negieren bedeutsamer und dem Mann überlegener weiblicher Eigenschaften mit der Folge, dass häufig der Body nur noch wichtig und die an sich höhere weibliche Depressionsneigung noch gesteigert werden. Vergessen der für Sprach- und Kognitiventwicklung wichtigen frühkindlichen Mutterbindung (infolge
    des frühen flüssigkeitsgekoppelten Hörens des Foeten im Mutterleib) mit der Folge von Sprach-, Lese- und Rechtschreibstörungen durch Fremdbetreuung.
    Probleme durch Cortisolausschüttung (gefährliches Stresshormon) und Schlafmangel mit entsprechendem Wachstumshormonmangel von Krippenkindern mit Hippocampusminderung (Lernmaschine des Gehirns).
    Erschreckende Zunahme von Depressionen auch bei Kindern und Jugendlichen.
    [siehe „Kinder – Die Gefährdung ihrer normalen (Gehirn-) Entwicklung durch Gender Mainstreaming“ in: „Vergewaltigung der menschlichen Identität. Über die Irrtümer der Gender-Ideologie, 5. Auflage, Verlag Logos Editions, Ansbach, 2015: ISBN 978-3-9814303-9-4 (http://www.amazon.de/Vergewaltigung-menschlichen-Identität-Irrtümer-Gender-Ideologie/dp/3) und „Es trifft Frauen und Kinder zuerst – Wie der Genderismus krank machen kann“, Verlag Logos Editions, Ansbach, 2015: ISBN 978-3-945818-01-5 (http://www.amazon.de/trifft-Frauen-Kinder-zuerst-Genderismus/dp/394581801X)

  3. Den Kern der in diesem Artikel angesprochene Problematik sehe ich in der Frage: Ist Toleranz eine Meinung oder eine Haltung?

    Toleranz als Meinung heißt: Es gibt keine absolute Wahrheit. Wer diesen Satz (der ja entweder stimmt oder nicht) glaubt, der ist tolerant. Wer dagegen meint, dass es eine absolute Wahrheit gibt, der ist intolerant. Erst Recht, wenn er meint, diese gepachtet zu haben. Diese Meinung heißt auch Relativismus.

    Jesus war nicht tolerant in diesem Sinn, er war von der absoluten Wahrheit Gottes überzeugt und sogar sicher, dass Er Gott auf Seiner Seite hat.

    Toleranz als Haltung heißt: Ertragen (da kommt das Wort “Toleranz” auch her!), dass jemand etwas falsches denkt oder tut. Also was ich für falsch halte. Ein Vertreter des Relativismus hat das selten nötig, weil er ja grundsätzlich nichts für falsch hält – außer natürlich den Glauben an eine absolute Wahrheit.

    *********************************************

    Jesus war tolerant in diesem Sinn, und Er fordert uns zur Toleranz heraus: Wir sollen sogar die lieben und segnen, die uns Böses tun. Und er zeigt uns Gott als Vorbild an Toleranz, der es regnen lässt über Gerechte und Ungerechte gleichermaßen. Allerdings nicht für immer – das wär allerdings ein anders Thema.

    Toleranz hat ihre Grenzen. Toleranz als Meinung sowieso, wer anderer Meinung ist, liegt falsch. Und auch Toleranz als Haltung muss Grenzen haben, beispielsweise ist das Strafgesetzbuch eine Liste von Verhaltensweisen, die unsere Gesellschaft nicht toleriert. Auch bei Meinungen kann es sinnvoll sein, Grenzen zu ziehen, etwa wird eine nationalsozialistische Meinung in Deutschland nicht toleriert (aus gutem Grund).

    (Kein) Relativismus und (in)tolerante Haltung sind beliebig kombinierbar, beispielsweise sind radikale Hindus relativistisch, aber üben keine Toleranz gegenüber nicht-Relativistischen Religionen wie Christentum und Islam.

    Schlimm wird der Satz “Keine Toleranz den Intoleranten!” dazu benutzt wird, um jedem, der nicht relativistisch denkt (egal ob mit oder ohne tolerante Haltung), eine intolerante Haltung einzunehmen. Womit wir beim Thema dieses Artikels sind.

  4. Ups, da hab ich eine “Baustelle” übersehen: Statt der *Sterne* sollte der Satz hin:

    “Ich missbillige, was Sie sagen, aber ich werde bis zum Tod Ihr Recht verteidigen, es zu sagen.”

    Stammt nicht von Voltaire (wie ich ich gerade bei Wiki las), und zeigt das Wesen einer toleranten Haltung bei nicht relativistischer Meinung.

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