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3 Gründe, warum ich Pfarrer in der Landeskirche bin

Tja. Tagelang habe ich nach diesen Gründen gesucht.

Nein. Scherz! Es gibt sie tatsächlich, diese Gründe. Es ist kein Zufall, dass ich Pfarrer der Landeskirche bin, auch wenn ich sehr, sehr viel kritisch an meiner Kirche sehe.

Über die Jahre hinweg habe ich gelernt, wie wichtig es ist, nicht nur Unrecht zu benennen oder Missstände anzuprangern, sondern sich gleichzeitig mehr dem WARUM stellt.

Sicherlich könnte ich noch 17 weitere Gründe finden, die irgendwie auch nett klingen – aber sie wären am Ende nicht die wirklichen Gründe, weshalb ich Pfarrer in der Landeskirche bin und warum es Sinn macht, darüber zu schreiben, denn ich weiß, dass viele Leser meines Blogs eben nicht aus der Landeskirche kommen, sondern wenn sie Christen sind, eher einen freikirchlichen Background haben und sich diese Frage stellen.

Deswegen – hier kommen sie. Die drei Gründe, warum ich Pfarrer in der Landeskirche bin.

Loyal gegenüber Jesus

Das steht für mich über allem! Wieso sehe ich so viel kritisch in meiner Kirche und sage das auch noch laut? Weil meine erste Loyalität nicht meiner Kirche gilt, sondern Jesus. Sie gilt nicht meinem Arbeitgeber, sondern meinem Retter und Erlöser (übrigens gilt das in jedem Beruf, vollkommen egal, was du arbeitest).

Wenn ich Missstände in meiner Kirche sehe, dann spreche ich diese offen und ehrlich an – nur meistens kommt keine Reaktion, aber das wäre ein anderes Thema. Kirche(nleitung) ist manchmal halt doch ziemlich veränderungsresistent.

Als ich mein Theologiestudium begann, wollte ich Pfarrer werden, weil ich damals wusste, dass Jesus mich in diesen “Job” beruft. Und er berief mich nicht, Pastor in irgendeiner Freikirche zu werden (leider; es gibt sooooo tolle und wunderbare Freikirchen), sondern er berief mich, in die Landeskirche zu gehen.

Noch steht diese Berufung. Das kann sich ändern. Davon bin ich sogar überzeugt: Berufungen können, aber müssen nicht für ein ganzes Leben ausgesprochen werden, sondern können “nur” für Phasen gelten. Das ist wie in der Kindererziehung für manche ein großer Trost: “Es ist nur eine Phase!”

Noch hält diese Phase für mich an – und deswegen bin ich in der Landeskirche, weil das meine damalige Grundberufung war.

Relevanz für die Gesellschaft

Damit kommen wir zum Inhalt dieser Berufung. Ganz zu Beginn meines Studiums und dann auch in den ersten Jahren meines Dienstes, fragten mich Leute immer wieder: “Wieso bist du eigentlich in der Landeskirche?” Meistens war dies mit einem Kopfschütteln gepaart oder mit so einem wehleidigen und mitleidenden Blick, als ob mir mein Gegenüber gleich die Hand reicht und hinterher schiebt: “Mein herzliches Beileid!”

Ich glaube, dass keine Kirche eine so großartige missionarische Chance hat wie die Landeskirche – nur leider wird diese Chance von den allerwenigsten Gemeinden auch wahrgenommen.

Alleine in ihren Strukturen ist sie im gesellschaftlichen Leben (noch) verankert, was aber in den letzten Jahren immer mehr bröckelt – man nennt das “Traditionsabbruch”.

Konfirmandenunterricht, Beerdigungen, Trauungen, Religionsunterricht in den Schulen, Akzeptanz (vor allem im ländlichen Raum) innerhalb des Gemeinschaftsgefüges im Ort und ein gewisses Standing bis hin in wirtschaftliche und politische Zusammenhänge vor Ort und darüber hinaus, oftmals ein markantes Kirchengebäude im Ort – all das sorgt dafür, dass Landeskirche im gesellschaftlichen Leben einigermaßen verankert ist. Hinzukommen viele diakonische Einrichtungen, die aber von überregionaler Trägerschaft sind (wie bspw. Krankenhäuser) und somit keinen direkten Einfluss in die gesellschaftliche Verankerung der Kirche(ngemeinde) vor Ort haben.

Diese gesamten Zusammenhänge sind doch großartig, denn überall begegne ich Menschen. Vollkommen unabhängig von ihrer religiösen Überzeugung. Das ist komplett egal – aber ich habe als Pfarrer eines: Die Chance, diesen Menschen von Jesus zu erzählen, sie einzuladen, an diesen Jesus zu glauben oder hier und da einfach so ein paar Statements zu “droppen”, wie man neudeutsch sagt. Das kann auch bei einem x-beliebigen Grußwort in einem politischen oder wirtschaftlichen Zusammenhang sein, denn schließlich werde ich nicht als Privatperson sondern als Pfarrer eingeladen.

Das ist großartig! Das ist wunderbar! Das habe ich in der Landeskirche gar nicht erfinden müssen, sondern diese Strukturen unterstützen mich auf großartige Weise, missionarisch sein zu können.

Missionarisch/Mission und alles, was damit zusammenhängt, ist ja die Übersetzung eines lateinischen Wortes, das nichts anderes bedeutet wie “senden” oder “gesandt sein”. Und das sind Christen: Gesandte in diese Welt, in diese Gesellschaft, in ihr Umfeld – um Menschen auf Jesus aufmerksam zu machen.

Make a difference!

“Wenn wir gehen – wem hinterlassen wir dann das Feld?” fragte mich mein Vater (damals selbst Pfarrer und Dekan) vor vielen, vielen Jahren, als wir wieder einmal (was wir ständig taten) über Kirche und Theologie diskutierten. Wir waren uns in 99% der Dinge einig – aber über das 1% konnten wir sehr intensiv und lange diskutieren.

Erst gestern habe ich wieder den Satz gehört: “…und dann steht da so ein Typ wie du vorne und ist mal so komplett anders als das, was man sich so unter Landeskirche vorstellt.”

Ich verrate dir ein Geheimnis: Dieser Satz freut mich ein bisschen, aber viel mehr macht er mich traurig! Ich freue mich darüber, dass jemand meine Art positiv findet. Aber der Satz macht mich traurig, weil er bedeutet, dass die überwiegende Mehrheit der Erfahrungen mit Landeskirche eher der Art waren: “Da steht vorne so ein Typ in einem altertümlichen Kostüm, spricht altertümliche Sätze in einem altertümlichen Gebäude. Das alles hat mit meinem Alltag so viel zu tun wie ein Vegetarier mit Fleisch zu tun hat.”

Traurig. Entmutigend. Deprimierend.

Ja – mag sein. Ich habe mich aber dazu entschlossen, “einen Unterschied zu machen” (make a difference) und einfach so zu sein, wie ich bin – und das auch als Pfarrer. Ich möchte, dass Menschen (die eben durch die gesellschaftliche Relevanz auf Kirche aufmerksam wurden und vielleicht nicht primär durch eigene Überzeugungen) merken: Dieser Gott liebt mich und hat mit meinem Alltag und Leben jede Menge zu tun!

Vor (fast) genau 10 Jahren (16. Oktober 2011) wurde ich auf meiner damals ersten Stelle als Pfarrer eingeführt. Diese Predigt endete mit meinem Traum von Kirche.

Dieser hat bis heute Gültigkeit und lautet so:

Mein Traum von Kirche

Ich träume, dass Menschen zum Glauben an den auferstandenen Jesus finden. Ich träume davon – ja, ich sehne mich danach, dass Menschen vor allem gerettet werden, wovor sie gerettet werden müssen. Ich träume davon, dass Menschen von allem geheilt werden, wovon sie geheilt werden müssen.

Ich träume von einer Kirche, in der Menschen jeden Alters, sozialer Herkunft und religiöser Sozialisation ihre Heimat finden.

Ich träume von einer Kirche, die das Erbe der Tradition wertschätzt. Ich träume von einer Kirche, in der Tradition – wie Gustav Mahler sagte – nicht „das Anbeten der Asche, sondern die Weitergabe des Feuers“ ist.

Ich träume von einer Kirche, welche die Leidenschaft des Neuen wagt. Ich träume von einer Kirche, deren Mitglieder sich von Gottes Heiligem Geist leiten lassen. Ich träume von einer Kirche, in welcher der Heilige Geist spürbar, sichtbar und erlebbar sein Werk tut und seine Gaben freisetzt. Ich träume von einer Kirche, die mehr der Macht und Kraft des Heiligen Geistes vertraut als der Ohnmacht manch kirchlicher Strukturen. Ich träume von einer Kirche, die danach fragt, was Gott will. Ich träume von einer Kirche, in der mehr gebetet als gejammert wird.

Ich träume von einer Kirche, die den Mut hat, aufzustehen und ihre prophetische Stimme zu erheben gegen das Unrecht in dieser Welt.

Ich träume von einer Kirche, die eine gesellschaftliche und kulturelle Relevanz besitzt.

Ich träume von einer Kirche, in der Gemeinschaft nicht nur ein Wort, sondern eine Lebensweise ist; die darin gipfelt, dass die Menschen Jesus widerspiegeln.

Ich träume von einer Kirche, in der sich die Menschen heimisch fühlen; in der sich die Menschen nach Gemeinschaft und Gottesdiensten mehr sehnen als nach dem Besuch im Fußballstadion. Ich träume von einer Kirche, die gegen alle Vorurteile Attraktivität und Schönheit besitzt.

Ich träume von einer Kirche, die wächst – auch wenn die Prognosen nicht rosig sind. Ich träume von einer Kirche, die den Menschen das gibt, was sie zum Leben und zum Sterben brauchen.

Ich träume von einer Kirche, die endlich wieder bei den Menschen ist; die sich ihrer Nöte und Sorgen annimmt, die ihre Sprache spricht und ihre Musik spielt; die ihre Tages- und Wochenrhythmen wahr- und ernstnimmt; die ihre Alltagsgepflogenheiten kennt und sich dadurch auszeichnet, dass sich die Menschen in ihr wohlfühlen.

Ich träume von einer Kirche, die sich zu allen Menschen in ihrem Ort gesandt weiß – nicht nur zu den Alten, nicht nur zu den Jungen, nicht nur zu den Reichen, nicht nur zu den Armen. Ich träume von einer Kirche, in der Familien Heimat finden. Ich träume von einer Kirche, die sich nicht schämt zu dem zu stehen und von dem zu reden, der sie begründet hat und der immer noch der Herr dieser Kirche ist: Jesus Christus.

Ich träume von solch einer Kirche einzig deswegen, weil der Zimmermann von Nazareth, der Sohn Gottes, Jesus Christus kein Geld, keine Bildung und keine große Lobby hatte, sondern weil er sich zu den Menschen gesandt wusste und in der Kraft und Vollmacht Gottes lebte und wirkte.

Und ich höre nicht auf, diesen Traum zu träumen, bis er wahr geworden ist.

Damit dieser Traum wahr wird, braucht es mehr als einen vielleicht etwas verrückten Pfarrer; es braucht dich!

Dringend.

Jeden einzelnen und jede einzelne, die sich von Jesus rufen lässt. Und ich wünsche mir so sehr, dass ihr diesen Traum mitträumt.

Weil Gott uns einen Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit gegeben hat. (2. Timotheus 1,7)

Träumt ihr mit mir diesen Traum?


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