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Die Kraft der Ohnmacht

Wenn keiner mehr kann, schaffen wir es nur gemeinsam.

So oft habe ich das in den letzten Tagen und Wochen erlebt.

Die Tragik und Grausamkeit des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine ist unbeschreiblich. Das Leid der ukrainischen Bevölkerung ist mit nichts zu vergleichen und seine Linderung höchstes Gebot. Viele Menschen in unserem Land beteiligen sich an dieser Mission.

Millionen von Euros sind gespendet worden, Tonnen an Hilfsgütern verpackt sowie ganz viel Wohnraum zur Verfügung gestellt worden. Menschen opfern ihre Zeit und helfen, wo sie können.

Niemand hat uns darauf vorbereitet.

Nirgends haben wir diese Fähigkeiten gelernt.

Wir haben einfach angefangen, angepackt und nicht lange gefackelt. Die Menschen haben Mitleid, zeigen Erbarmen und handeln.

Wie geht das?

Ich habe mir diese Frage immer wieder gestellt: Wie stellen wir das an? Wieso ist in so kurzer Zeit eine so große Welle an Hilfsbereitschaft entstanden? Wenn ich nur daran denke, was hier vor Ort alles geschehen ist. Ein Logistikunternehmen hat LKW-weise Hilfsgüter in die Ukraine gebracht, der hier ansässige Arzt ist an die polnisch-ukrainische-Grenze gefahren, um 14 Tage medizinische Erstversorgung zu leisten (Bericht auf NTV), eines unserer Gemeindehäuser haben wir zu einer Flüchtlingsunterkunft umfunktioniert .

Wie geht so etwas so plötzlich?

Ich glaube, nach dem ersten Schock erzeugt Ohnmacht Kreativität und Tatendrang – oder Lethargie und Kapitulation. Und der Mensch reagiert unterschiedlich auf diese Ohnmacht – wohlgemerkt als jemand, der im beschaulichen Deutschland lebt und nicht direkt vom Krieg betroffen ist. Für die Menschen, die aus der Ukraine flüchten, sieht alles noch viel schlimmer aus.

Nach dem ersten Schock erzeugt Ohnmacht Kreativität und Tatendrang – oder Lethargie und Kapitulation.

Wofür entscheidest du dich?

Ich habe mich für die Option “Kreativität und Tatendrang” entschieden. Genauer gesagt: wir. Meine wunderbare Frau und ich. Das Gemeindehaus liegt auf der anderen Seite unseres Gartens, jeden Tag haben wir mit den aus der Ukraine geflohenen Menschen zu tun: Entweder spielen die Kids bei uns im Garten oder “wir gehen mal eben rüber”, um etwas zu besprechen oder abzuklären. Oder man winkt sich einfach zu – wie Nachbarn das eben tun. So sind sie uns inzwischen sehr ans Herz gewachsen nach gerade einmal zwei Wochen.

Das alles schaffen wir aber nicht alleine und schon gar nicht sind wir die hellsten Leuchten. Es sind so viele Menschen, die mit anpacken, die Zeit investieren, Liebe geben, Geschenke packen, ihre Wohnung vermieten (obwohl sie weit mehr einnehmen könnten, wenn sie die Wohnung als Ferienwohnung vermieten), Sachen spenden und beten.

Das ist großartig und berührt mich sehr. Von Jung bis Alt, von Kindern bis Senioren: es sind so viele Menschen, die sich für diese Option entschieden haben und aus einer persönlichen Betroffenheit heraus helfen. Das macht Mut und Hoffnung – aus einer Situation der Ohnmacht heraus.

Gott macht es uns vor

In alledem bildet sich eine geistliche Wahrheit ab, die sich an vielen Stellen in der Bibel findet: Aus dem größten Chaos kann Gott noch etwas Gutes entstehen lassen.

Die Schöpfung war zu Beginn ungeordnet, wüst und leer – und Gott macht etwas Wunderschönes daraus.

Jesus stirbt am Kreuz einen qualvollen Tod – und besiegt diesen am dritten Tag durch seine Auferstehung.

Hiob erleidet Unsägliches – und wird am Ende seines Lebens mehr gesegnet als jemals zuvor.

Paulus war ein großer Christenhasser – und wurde zum leidenschaftlichen Jesus-Nachfolger und Völkermissionar.

Im Neuen Testament gibt es eine Zusage an Paulus, die Jesus selbst ihm gibt und die bis heute ihre Gültigkeit nicht verloren hat und so viele Menschen in ihrem Leben schon erfahren haben – und treffend ist für das, was ich mit der “Kraft der Ohnmacht” meine:

Jesus sagt: “Meine Gnade ist alles, was du brauchst! Denn gerade wenn du schwach bist, wirkt meine Kraft ganz besonders an dir.” Darum will ich vor allem auf meine Schwachheit stolz sein. Dann nämlich erweist sich die Kraft von Christus an mir.Die Bibel - 2. Korinther 12,9

Wenn das wahr ist, dass Gottes Kraft in unserer Schwachheit zur Vollendung kommt und ganz besonders wirkt, ist überhaupt nichts Verwerfliches dran, sich schwach und ohnmächtig zu fühlen. Im Gegenteil: Es ist der Nährboden für Gottes Kraft.

Ich weiß, wir können uns oftmals nicht selbst aus der Misere rausholen, wie Baron Münchhausen sich am eigenen Schopf aus dem Sumpf gezogen haben will. Doch bedenke in deiner nächsten Phase der Ohnmacht, dass es deine Entscheidung ist, wie du darauf reagierst: Mit Kreativität und Tatendrang – oder Lethargie und Kapitulation. Sicher kannst du dir in einer Sache sein: Gottes Kraft vollendet sich und kommt zur vollen Geltung in deiner Schwachheit. Dann wirkt seine Kraft ganz besonders!

Der erste Schritt könnte also sein, deine Ohnmacht anzuerkennen und nicht negativ zu bewerten – was in unserer Gesellschaft schon ein mutiger Schritt ist. Du bist kein schlechter Mensch oder Versager, nur weil du dich schwach und ohnmächtig fühlst. Du kannst in dieser Schwachheit jedoch Gott die großartige Chance geben, dass seine (nicht deine) Kraft zur Vollendung kommt. Paulus sagt es ja: Am liebsten bin ich stolz darauf, schwach zu sein, weil dann Jesus umso stärker wirkt. Eine paradoxe Logik, die uns nicht so recht einleuchten mag – aber so ist das nun mal mit geistlichen Prinzipien.

Wir erleben das immer wieder in diesen Tagen und Wochen, wo wir emotional und physisch oft “am Ende” sind, was aber immer noch nichts ist im Vergleich zu dem, was unsere ukrainischen Freunde (ja, ich nenne sie bewusst so) durchgemacht haben: Gottes Kraft ist da. Sie wirkt und ist der Grund, warum aus Ohnmacht Kraft entsteht.

Immer wieder kamen mir die Tränen angesichts des Leides. Wir standen eines Sonntagmittags im Garten, unterhielten uns mit unseren ukrainischen Freunden und dann zeigten sie uns auf dem Handy Videos von der Zerstörung ihres Heimatortes und ihrer Kirche. Unfassbar. Noch schlimmer und kaum zu ertragen war der Anblick ihrer ersten Nächte zuhause im Keller als Schutz vor den Fliegerangriffen. Unbeschreiblich.

Und dennoch erleben wir es, dass Gott uns segnet. Es gibt so viele schöne und lustige Momente mit unseren “ukrainischen Freunden”, ich lerne so viel über ihre Kultur und ihre Werte, ihre Haltung, ihren Glauben und ihren Lifestyle.

Probier’s aus!

Ich ermutige dich, auszuprobieren schwach zu sein – und darin Gottes Kraft zu erleben. Wenn du nicht weißt wie, dann schau dich einfach um, wie du den Menschen helfen kannst, die aus der Ukraine fliehen müssen. Informiere dich über die Presse und Social Media, was und wo in deiner Nähe Hilfsangebote stattfinden: Egal ob es Hilfstransporte sind, Unterkünfte, die gesucht werden, Deutschunterricht, der erteilt werden muss, Hilfe bei Behördengängen und der Schule/Kita für die Kinder oder Freizeitbeschäftigung für Kinder.

Und nein – das alles ist nicht nur im Blick auf die Ukraine so. Du kannst jede Notlage, jede Situation der Schwachheit und Ohnmacht nehmen. Entscheide dich für Kreativität und Tatendrang und du wirst sehen:

Die Not ist groß, die Ohnmacht auch. Die Kraft Gottes aber ist größer und stärker!

Wetten?

Die Bilder, die du unten findest, geben einen kleinen Einblick – natürlich lange nicht so, wie wenn du auch die vielen Menschen darauf sehen würdest, aber da ich ihre Privatsphäre schützen möchte, veröffentliche ich keine Bilder von ihnen.


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