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Die Kunst des Leitens V: Fehler machen

Eigentlich ja ganz simpel: Aus Fehlern lernt man, also sollten wir Fehler machen, weil wir so lernen. Easy? Ich finde schon. Die Herausforderung dabei ist, wie man als Leiter nun eine Atmosphäre schaffen kann, in der Exzellenz und Fehler sich nicht ausschließen, sondern gegenseitig befeuern.

Fehler machen

Jawohl, Fehler machen! Trau dich! Selbst wenn du unterwegs stolperst und hinfällst – du bist immer noch schneller, zielgerichteter und lebendiger als jeder, der auf der Couch sitzen bleibt. Wenn wir warten, bis der Weg so klar ist, dass wir ihn ohne Fehler gehen können, ist es meistens ohnehin viel zu spät.

Leiten heißt: Fehler machen. Natürlich bedeutet es auch, diese einzugestehen und wo nötig, sich zu entschuldigen. Das steht außer Frage und sollte selbstverständlich sein. Aber Vorsicht: Nicht alle Fehler sind auch ein “Fehlverhalten”. Das gilt es, ganz klar zu trennen. Wenn du nach bestem Wissen und Gewissen handelst, können dir dennoch Fehler passieren – na und? Ganz ehrlich: Wenn wir aus Fehlern lernen, dann ist es doch gut, Fehler zu machen. Und zwar auch als Leiter. Genau. Auch als Leiter. Was meinst du, wie viele Fehler ich schon gemacht habe? Jede Menge! Ob ich sie bereue? Nicht, solange ich aus ihnen gelernt habe.

Fehler ermöglichen

Das bedeutet aber auch, dass du Fehler ermöglichen sollst als Leiter. Deine Mitarbeiter und weiteren Leiter müssen unbedingt das Wissen (nicht nur das Gefühl) haben, dass es in Ordnung ist, wenn sie Fehler machen. In deiner Gemeinde sollte also eine “Fehlerkultur” aber keine fehlerhafte Kultur gelebt werden.

Der Gedanke, Fehler machen zu dürfen, hat etwas extrem Befreiendes und fördert den Kreativitäsprozess ungemein. Wenn du ständig unter dem Druck stehst, nur ja keine Fehler zu machen und dich ganz korrekt zu verhalten, dann wird dein Leitungsstil und deine Mitarbeit in der Gemeinde auch nur das wiedergeben: Etwas “Korrektes” – und das, sorry, inspiriert einfach niemanden. Wenn du ständig dem Druck ausgesetzt bist, keine Fehler machen zu dürfen, wirst du nicht experimentieren, nichts riskieren und dich immer nur in den Bahnen des Gewohnten bewegen – und das ist so spannend wie die Zeitung von vorgestern.

Der Druck, alles richtig machen zu müssen, keine Fehler machen zu dürfen, ist der Innovationskiller Nummer 1!

Deswegen, liebe Leiterin und lieber Leiter, ist es deine Aufgabe, eine Kultur zu entwickeln, in der jede und jeder Fehler machen darf! Das benötigen deine Mitarbeiter unbedingt – und am besten, du lebst es ihnen vor.

Learning by looking

Denn was für die Kindererziehung gilt, das gilt auch für Gemeinde: Wir lernen durch abschauen! Kinder tun dies schon ganz zu Beginn ihres Lebens, dass sie lernen, indem sie von anderen abschauen – vor allem natürlich von Eltern und der Familie. Aber je älter sie werden, sind das dann auch Erzieher(innen), Lehrer, Trainer, Mitarbeiter in der Gemeinde.

Deswegen ist es so wichtig, als Leiter auch Fehler zu machen, weil nur dann Mitarbeiter auch diese abschauen können. Ich kann das von mir selbst nicht anders behaupten. Ich lerne so viel, indem ich schaue, wie großartige Leiter ihre Gemeinde leiten, Veränderungsprozesse initiieren und durchführen und wie sie Fehler machen und dazu stehen.

Wenn du meinst, als Leiter perfekt sein zu müssen, sitzt du einer Lüge auf, die aber fatale Konsequenzen haben wird, weil deine Mitarbeitenden den Eindruck haben, auch sie müssten perfekt sein.

Exzellenz bewahren

Das Gegenteil von Perfektion aber ist Exzellenz. Und diese gilt es, bei allem zu bewahren und zu fördern. Exzellent zu leiten und Gemeinde zu gestalten heißt, dass du das Beste aus den dir zur Verfügung stehenden Ressourcen machst. Es bringt nichts, dich einem Zerrbild der Perfektion zu unterwerfen, wenn die Ressourcen dafür überhaupt nicht vorhanden sind.

Ja, ich finde es auch total beeindruckend, was großartige Gemeinden wie bspw. die Willow Creek Community Church in Chicago oder das ICF in Zürich alleine was den Gottesdienstraum und die technischen Umsetzungen (sorry, da bin ich einfach ein Freak) betrifft, auf die Beine stellen. Und jetzt? Soll ich das Gleiche machen? Geht gar nicht! Abgesehen davon, dass es kontexteull vielleicht gar nicht passt – meine “Bühne” (churchy nennt man das “Altarraum”) ist ein Bruchteil von dem, was Willow Creek oder dem ICF zur Verfügung steht. Es wäre also totaler Quatsch, diesem “Zerrbild der Perfektion” zu unterliegen und das auch genau so machen zu wollen.

Aber: Ich lasse mich inspirieren. Ich schaue ab und lerne, ich versuche zu kapieren und nicht zu kopieren und letzten Endes zu transferieren, was von all diesen genialen positiven Eindrücken umsetzbar ist – in einer exzellenten Weise, das heißt: Im Rahmen der mir zur Verfügung stehenden Ressourcen will ich das Beste geben, weil ich es für den gebe, der das Beste für mich gab. Und ich weiß: Da bin ich noch lange nicht am Ende der Fahnenstange angelangt. Aber so was von noch lange nicht!

Aber….ich kann ausprobieren, experimentieren, Fehler machen. Ja, das kann ich. Das will ich.

Und ich will noch etwas: Gnädiger werden. Denn andere machen ja auch Fehler. Und sollen das. Und dann ist “Gnade” das Wort der Stunde. Ein großes Wort, das so oft in der Bibel vorkommt – und viel zu selten gelebt wird.

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