Umgangssprachlich leistet einen Offenbarungseid, wer schonungslos die ganze Wahrheit ans Licht bringt – wobei das nicht immer gewollt sein muss. So geschehen zu Beginn dieses Jahres, als die Synode der evangelischen Kirche im Rheinland tagte.
Auf der Tagesordnung stand auch die Frage nach dem Zusammenleben und dem Dialog zwischen Christen und Muslimen. Ein wichtiges Thema. Ein sehr wichtiges Thema. Der Beschluss, den die Synode traf, ist demnach nicht nur ein Offenbarungseid, sondern ein theologisches Desaster und geistliche Katastrophe.
Damit beziehe ich mich auf die inhaltlich-sachliche Wirkung, welche dieser Beschluss hat. Ich bin der festen Überzeugung, dass es sich die Synodalen nicht leicht gemacht haben, dass aufrichtig und ehrlich gerungen und gestritten wurde und jeder Synodale nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt hat. Eine persönliche Beurteilung der Synodalen steht mir weder zu, noch möchte ich das. Mir geht es lediglich um den inhaltlichen Beschluss der Synode als Ganzes.
Nachzulesen ist der Beschluss und die darin enthaltenen Punkte unter folgendem Link:
www.ekir.de/www/downloads/LS2018_B_Fuer-die-Begegnung-mit-Muslimen.pdf
theologisches Desaster I
In diesem Beschluss sind sehr viele wichtige und gute Entscheidungen getroffen, was bspw. die Religionsfreiheit, das Zusammenleben zwischen Christen und Muslimen aber auch das besondere und “andere” Verhältnis zwischen Christentum und Judentum betrifft.
Das theologische Desaster sehe ich an zwei Stellen.
Die erste Stelle ist der letzte Satz unter I.1.:
Sie [die evangelische Kirche im Rheinland] nimmt den Glauben muslimischer Menschen als Bindung an den einen Gott wahr.
Nach dieser Auffassung glauben Christen und Muslime also an den gleichen Gott. Das kann ich überhaupt nicht unterstreichen und sehe es theologisch höchst kritisch, das mal eben so in einem Satz dahin zu schreiben. Christen glauben, dass Gott, der Vater und Schöpfer aller Dinge, sich in seinem Sohn Jesus Christus vollständig offenbart hat und mit ihm und dem Heiligen Geist als eine Drei-Einheit herrscht und regiert und die Menschen liebt von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Kein Moslem kann diese Aussage auch nur ansatzweise unterstreichen, da er sich wiederum auf den Koran bezieht. Jesus ist im Islam bzw. im Koran nicht mehr als ein Prophet (wenn auch ein besonderer). Und ein Gott, der sich dreifach äußert, ist für den muslimischen Glauben Vielgötterei.
Das sind für mich theologisch unüberwindbare Differenzen im Kern – und nicht an der Peripherie. Wie um alles in der Welt kann man auch nur ernsthaft glauben, Christen und Muslime würden an den gleichen Gott glauben? Und das nur mal rein christologisch betrachtet. Man könnte nun auch noch den Blick in die Wirkungsgeschichte der jeweiligen Religionen richten. Oder das Ganze mal pneumatologisch betrachten und feststellen, dass der Isalm hierzu sehr wenig bis gar nichts zu sagen hat – geschweige denn ekklesiologisch oder missionstheologisch.
Wie kann ein kirchliches Gremium in solch einer Position solch eine Aussage fast schon als Präambel an den Anfang des Beschlusses setzen? Für mich ist das nicht nur theologisch falsch, sondern unverantwortlich.
theologisches Desaster II
Der zweite Teil des theologischen Desasters findet sich unter I.3. im letzten Satz:
Der Dialog zielt auf das gegenseitige Kennenlernen, das gemeinsame Handeln, das Aushalten von Differenzen sowie eine vertiefte Wahrnehmung der je eigenen Traditionen, nicht aber auf eine Konversion zur jeweils anderen Religion.
Kann ich den ersten Aussagen noch zustimmen, versteckt sich das Desaster ganz am Ende. Der Dialog darf also nicht darauf zielen, dass der jeweils andere konvertiert, sich also zum anderen Glauben bekennt oder frommdeutsch gesagt: “sich bekehrt”. Nein, das will die rheinische Kirche nun wirklich nicht. Abgesehen davon, dass es im weltweiten Kontext der momentan stattfindenden Erweckungen und “Konversionen” wirklich keinen Menschen interessieren sollte, was eine Synode im Rheinland beschließt, ist es gleichsam an Frechheit und Dreistigkeit nicht zu überbieten, was diese Synode hier tut: Sie stellt sich bewusst gegen Jesus und sein Vermächtnis, seine letzten Worte an seine Jünger, seinen Auftrag an die Kirche aller Zeiten:
Macht alle Menschen aus allen Völkern zu meinen Jüngern, indem ihr zu ihnen geht, indem ihr sie auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes tauft und indem ihr sie lehrt, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe. (Die Bibel, Matthäus 28,19+20)
Mit ihrem Beschluss sagt die evangelische Kirche im Rheinland: “Wir erklären das für nicht mehr gültig.” Gut, abgesehen davon, dass das genauso sinnvoll und wirksam ist, als wenn ein Schüler zum Lehrer sagt: “Ab heute erkläre ich die Schule für beendet.” So ist es doch in meinen Augen frech, einfach nur frech, sich auf solche Weise gegen Jesus, den Herrn der Kirche, zu stellen.
Für mich sind beide Tatsachen – die Frage nach dem Glauben an den einen Gott und das Ablehnen des Missionsauftrages – theologische Desaster deswegen, weil es eben nicht um Kleinigkeiten geht, sondern es geht um das Zentrum, den Kern des christlichen Glaubens.
geistliche Katastrophe
Die Synode einer Kirche ist auch ein geistliches Leitungsorgan. Und da befinden wir uns wieder auf Katastrophengebiet. Wie soll eine christliche Kirche geistlich wachsen, blühen, Einfluss nehmen, die Gesellschaft verändern und Menschen zum Glauben an Jesus Christus führen – wenn zumindest gegenüber einer bestimmten Bevölkerungsgruppe letzteres untersagt ist?
Wir reden hier ja nicht über irgendwelche Finanzbeschlüsse oder Bauanträge, über die man immer noch streiten und diskutieren kann. Hier stellt sich die Synode qua Beschluss einer geistlichen Entwicklung ihrer eigenen Kirche in den Weg. Als ob sie an genau dem Ast sägt, auf dem sie sitzt. Die Frage muss legitim sein, was die Synodalen dazu bewogen hat, mit überwiegender Mehrheit für dieses Dokument zu stimmen? Hier wird einem Kulturprotestantismus par excellence der Weg geebnet. Eine Kirche, die sich selbst ihrer Kraft rauben will. Man sollte nicht zu oft den Kopf schütteln, sonst werden die Kopfschmerzen nur größer.
Persönlich kann ich mir überhaupt nicht vorstellen, dass diese Entscheidung auch nur ansatzweise eine geistlich richtige Entscheidung war – aber lassen wir doch einfach die Realität für sich sprechen und schauen, wie sich die evangelische Kirche im Rheinland entwickelt. Vielleicht wird sie ja tatsächlich das Epizentrum geistlicher Erweckung in Deutschland.
Allein mir fehlt der Glaube, ganz ehrlich. Wenn ich in die große weite Welt schaue, dann sehe ich schon viele Erweckungen und Menschen, die zum Glauben an Jesus Christus finden. Wo geschieht das? Dort, wo Jüngerinnen und Jünger Jesu voller Liebe Menschen begegnen, die noch nicht an Jesus glauben. Und sie wissen eines: Die “gute Nachricht” (Evangelium) von Jesus gilt allen Menschen. Jeder einzelne Mensch hat das Recht dazu, von Jesus zu hören. Und nicht nur das: Er hat das Recht, sich zu diesem Jesus Christus zu bekennen – auch wenn das eine Konversion von seiner bisherigen religiösen Überzeugung bedeutet.
Einladung zum Glauben ist mehr als Bekenntnis
Und genau das ist nämlich möglich: Menschen in Liebe zu begegnen – und gleichzeitig sie dazu zu ermuntern (nie zwingen!), zu Jesus zu konvertieren. Eigentlich ist die Liebe erst dann vollkommen, wenn ich möchte, dass der andere zu Jesus Christus umkehrt und gerettet wird vor allem, wovor er gerettet werden muss – in Zeit und Ewigkeit.
…und was die Synode der evangelischen Kirche im Rheinland betrifft, da wusste schon Martin Luther die Antwort. Es war im Jahr 1519, als er in Leipzig mit dem Theologieprofessor Johann Eck sich einer theologischen Disputation stellte. Dabei sagte er einen Satz, der damals bahnbrechend war, heute noch gilt – und ganz schlicht ist:
“Auch Konzilien können irren.” (Martin Luther)
Und diese Aussage ist so wichtig, weil sie uns zeigt: Es kommt nicht darauf an, was Konzilien (=Synoden) beschließen oder worüber sie abstimmen. Wichtig ist, dass Menschen, die sich Christen nennen, andere Menschen einladen, auch an diesen Christus zu glauben. Warum? Weil es das Beste ist, das einem Menschen geschehen kann.
Einladung war immer üblich
Das Wichtigste, das du als Christ tun kannst, ist andere Menschen einzuladen, an Jesus zu glauben. Das beginnt mit dem Zeugnis – wie es die Synode im Rheinland ja auch möchte – aber bleibt dort eben nicht stehen. Nach dem Zeugnis kommt die Einladung, auch an diesen Jesus zu glauben.
Wäre das durch die Geschichte der christlichen Kirche nicht geschehen, gäbe es die Kirche in der Form heute überhaupt nicht. Wären vor vielen hundert Jahren nicht iroschottische Mönche nach Deutschland, Frankreich, Schweiz und Italien gekommen und hätten die Menschen eingeladen, an Jesus zu glauben – wer weiß, wie es heute aussehen würde?
Also. Nur Mut! Bezeuge Jesus und lade Menschen ein, an diesen Jesus zu glauben – sie haben das Recht darauf!