Eigentlich fehlen mir die Worte. Manchmal starre ich nur so vor mich hin, denke an das, was das jüdische Volk und der Staat Israel in diesen Tagen durchmacht, und weiß einfach nicht, was ich sagen soll.
Als am 7. Oktober die islamistische Terrororganisation Hamas Israel überfiel, bekam ich es erst nicht so richtig mit. Dann las ich auf X einen Beitrag von Ahmad Mansour, der sinngemäß lautete: “Diese Welt wird nach diesem Tag nicht mehr die gleiche sein.” Dann recherchierte ich, schaute auch in den kommenden Tagen immer wieder diverse Accounts an, von denen ich wusste, dass sie sachgemäß, realitätsnah und wahrheitsgetreu über die Lage in Israel berichten – und erschauderte. Was ich las und sah, verschlug mir den Atem. Und übrigens: Das tut es heute noch. Erst vorhin habe ich ein Foto gesehen, auf dem ein mutmaßlicher Hamas-Terroris eine Israelin wegführt. Unterschrift des Bildes: “Ihr seht, dass die Frau rektale Blutungen und eine durchtrennte Achilles-Sehne hat.” Was mit ihr passiert und was noch mit ihr passiert ist, kann sich jeder denken. Aber ehrlich: Ich will das gar nicht denken. Ich will mir diese barbarischen Gräueltaten weder denken noch vorstellen, aber was wir in den letzten Wochen erfahren mussten, zu was Menschen in der Lage sind, verschlägt mir den Atem und raubt mir die Luft zum Atmen.
Gleichzeitig schrieb ich immer wieder WhatsApp-Nachrichten mit einer Frau aus unserer Gemeinde, die gerade in Israel war und an einem Sonntag im Oktober, als sie wieder zurück war, unterhielten wir uns lange nach dem Gottesdienst. Sie ist arabische Christin, kommt aus Israel, hat Freunde sowohl in Israel als auch in Palästina und ich hörte einfach nur zu. Ihre Worte und Gedanken, die sie mir mitteilten, sorgten dafür, dass dieser “Nahost-Konflikt”, wie es so verharmlosend immer wieder heißt, noch tiefer in mich drang und ich mir noch mehr Gedanken machte.
Auf Instagram und Facebook schrieb ich immer wieder Beiträge, in denen ich mich mit Israel solidarisierte und zum Gebet für Israel aufrief. Ein Kollege meines Kirchenbezirks hängte in ein Fenster seines Pfarrhauses eine Israel-Flagge, die beschmutzt wurde – immer mal schrieben wir Mails, auch über eine unsägliche Veranstaltung unserer Landeskirche:
Ein Studientag, der Stand heute (Samstag, 11. November) nicht abgesagt wurde, obwohl es Protestmails im Oberkirchenrat hagelte. Ich selbst habe mich auch beschwert – erhielt zunächst nur eine Copy & Paste-Antwort mit dem Statement des zuständigen Oberkirchenrates, das ich zuvor schon auf X gelesen habe, die weitere Mail war dann eher arroganter Natur und ich sah mich einer unwilligen Kirchenleitung und Kirchenbezirksleitung bzw. Erwachsenenbildungs-Leitung gegenüber, welche keinen Grund sahen, den Studientag abzusagen. Dabei muss man sich nur mal vor Augen halten, um was es bei diesem Studientag ging.
Im Ankündigungstext dieses Studientages war von der “Antisemitismus-Keule” die Rede und den “beständigen Menschenrechtsverletzungen des Staates Israels”. Hinzu kommen äußerst fragwürdige Referenten. Karin Wetterau kritisiert immer wieder geltende Bundestagsbeschlüsse bspw. im Blick auf die BDS-Bewegung, welche die vollständige Isolierung Israels möchte. Zudem war mit Frau Krone-Schmalz eine Journalistin eingeladen, die im Blick auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine krude Thesen verbreitet und sich einem Rechtsstreit mit der Nahost-Expertin Franziska Davies gegenübersah – den sie verlor. (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Franziska_Davies)
Ich bin unbedingt für den Diskurs und Debatte. Aber dieser Studientag hinterlässt bei mir ein ganz komisches Gefühl, denn ich weiß nicht, wo Teile meiner Kirche und Kirchenleitung im Blick auf Israel, das jüdische Volk und das Existenzrecht Israels stehen. Was gelten öffentliche Stellungnahmen und Verlautbarungen im Blick auf Antisemitismus in Deutschland, wenn innerhalb der Landeskirche in Baden ein Studientag stattfindet, welcher im Vorfeld pro-palästinensische Signale sendet? Ist das meine Kirche? Kann das meine Kirche sein? Ist das überhaupt noch Kirche als Leib Christi, der in den Ölbaum (das Volk Gottes, die Juden) “eingepfropft” ist, wie es im Neuen Testament (Römer 11,24) zu lesen ist?
Nein, das ist nicht meine Kirche – und ich erwarte Konsequenzen bis hin zu personellen Konsequenzen. Denn der Schaden, den die Verantwortlichen dieses Studientages (und damit meine ich nicht die Referenten) über die Evangelische Landeskirche in Baden gebracht haben, ist unermesslich hoch.
Nur um es noch einmal deutlich zu skizzieren: Ein Studientag ist geplant, der im Vorfeld von “Antisemitismus-Keule” spricht (dieses Wort aber weder in Anführungszeichen setzt oder ein “so genannter” davor setzt) sowie den “beständigen Menschenrechtsverletzungen des Staates Israel”. Dies alles im Kontext des brutalen Hammas-Terrors. Beschwerden gehen im Oberkirchenrat ein bis auf höchste Ebene – und nichts geschieht außer einem Statement, in dem von Distanzierung die Rede ist, die faktisch aber nicht geschieht. Es ist eine Katastrophe, es ist zum Fremdschämen!
EDIT 13.11.2023: Der Studientag fand statt. Die Landeskirche hat es nicht für nötig erachtet, sich dafür einzusetzen, dass er abgesagt wird.
Ich bin innerlich sehr zerrissen in diesen Tagen. Wir gedachten am 9. November der Reichspogromnacht 1938. Synagogen brannten, Juden wurden ermordet. Vor einem Monat sah sich das jüdische Volk und der Staat Israel einer bestialischen Terror-Attacke der militant-islamistischen Terrororganisation Hamas ausgesetzt.
Auf deutschen Straßen skandieren Tausende antisemitische Parolen, wollen ein Kalifat ausrufen und sympathisieren mit der Hamas. Mit der AfD sitzt eine Partei im Bundestag, die in Teilen nachgewiesen rechtsextrem ist und damit Antisemitismus den Boden bereitet oder selbst propagiert. Alex von den O’Bros filmte Anfang der Woche in München eine Instagram-Story, weil er über dieses Thema etwas sagen möchte – und dann ruft ein Mann laut über den Platz in der Münchener City “Heil”.
Es scheint, als hätten ganz viele gar nichts gelernt.
Es scheint, als wäre der Hass auf Israel und das jüdische Volk heute nicht kleiner als damals.
Es scheint, als stünden wir einer Bestie gegenüber, die ihre hässliche Fratze zeigt und dafür kein Halt macht vor Politik, Kirche und dem Nachbarn von nebenan, der immer so unscheinbar wirkt.
Was bringen Hashtags wie #neveragain oder #niewieder, wenn wir nicht erkennen, dass Antisemitismus überall um sich greift und wir diesem schon im Kleinsten, wo er aufkeimt, begegnen sollen? Als Christ bete ich für Israel, meinen “großen Bruder”. Ich bete für das jüdische Volk, denn Antisemitismus ist keine menschliche Sache. Es ist eine geistliche Sache, weil hinter dem Antisemitismus der Vater der Lüge, der Satan selbst, steckt. Im Neuen Testament steht:
Deswegen kämpfen wir, die wir nicht in Israel leben, nicht gegen Fleisch und Blut, sondern gegen Mächte und Gewalten, gegen Dämonen und die unsichtbare Welt.
Das ist deswegen so wichtig, weil wir nicht den Fehler machen dürfen, alle Palästinenser zu verteufeln. Gleichzeitig scheint die Hamas das personifizierte Dämonische zu sein.
“Aber was kann ich tun?” frage ich mich immer wieder. Beten geht immer. Israel segnen. Meinem “großen Bruder” im Gebet zur Seite stehen. Gleichzeitig kann ich Solidarität zeigen – sei es in den sozialen Netzwerken, auf meinem Blog, in Gesprächen. Aber auch durch klare Zeichen. Wir werden nun an den Kirchen Israelfahnen hissen und ich werde ebenso eine auf unserem Balkon anbringen. Die Welt soll sehen, auf wessen Seite wir stehen.
Gleichzeitig können wir überall Antisemitismus entgegentreten. Ihn erkennen und benennen. Verantwortliche zur Verantwortung ziehen. Die Stimme erheben, wo wir Antisemitismus wahrnehmen. Und er steckt überall, wie ich es dir oben beschrieben habe. Es sind nicht nur die “krassen Fälle”, diese Seuche ist so präsent in unserem Alltag.
Und sie beginnt ganz aktuell dort, wo immer wieder das “ja aber” zu hören ist im Blick auf Israel.
“Ja, aber Israel feuert doch auch Raketen ab….”
“Ja, aber Israel betreibt eine aggressive Siedlungspolitik…”
“Ja, aber Israel begeht auch Verbrechen…”
Oder wie unlängst UN-Generalsekretär António Guterres sagte, dass der Hamas-Terror am 7. Oktober “nicht im Vakuum erfolgt”. Mit anderen Worten: Israel trägt selbst Schuld an dem Terror, der über unzählige Zivilisten am 7. Oktober gekommen ist. Wenn das nicht Antisemitismus ist – was ist es dann? Kein vernünftig denkender Mensch würde einem Missbrauchsopfer sagen: “Ja, aber das ist ja auch nicht im Vakuum geschehen, was dir angetan wurde.” Das traut man sich ja nicht mal zu denken. Aber gegenüber Israel wird es laut ausgesprochen, was aber wiederum auch nicht überraschend ist, da die UN schon in den vergangenen Jahren sich immer wieder als israelfeindlich präsentiert hat.
Wir kämpfen auf der Seite des Siegers, denn Jesus ist gekommen, um die Werke des Teufels zu zerstören. (1. Johannes 3,8) Auch wenn sich der Antisemitismus mitten in Deutschland von seiner hässlichsten Seite zeigt, werde ich nicht müde, meine Stimme zu erheben und für Israel einzutreten.
Das kannst auch du tun: Für Israel beten, Israel segnen – auch wenn das nur ein Nebeneffekt ist und nicht der Grund, weshalb wir an der Seite Israels stehen, schau mal was da steht: “Gut gehen soll es allen, die dich (Jerusalem) lieben.” Krass, oder?
Aber nicht deswegen sollen wir für Israel beten, sondern weil das jüdische Volk Gottes auserwähltes Volk ist und bleibt und sich im Staat Israel versammelt und Israel sein Land ist.
Du merkst: Das sind keine sortierten Gedanken, denn dazu ist mein Hirn im Moment nicht fähig. Es sind eher ganz viele Fragen, die sich zur bedingungslosen Solidarität & Gebet für Israel gesellen:
- Wie kan das sein, dass so schnell so viele tausende Menschen auf deutschen Straßen öffentlich ihrem Hass auf Israel und das jüdische Volk freien Lauf lassen?
- Werden die Politiker unseres Landes ihren Worten Taten folgen lassen und diese Menschen ausweisen?
- Wieso stehen Teile meiner Landeskirche nicht konsequent hinter Israel sondern veranstalten einen solchen unsäglichen Studientag? Müsste das nicht personelle Konsequenzen haben?
- Was kann ich in meinem Umfeld noch tun, damit Menschen die Augen öffnen und Antisemitismus sehen?
- Wieso muss Gottes Volk so leiden?
- Wie kann ich außer durch Gebet den Opfern beider Seiten des Krieges helfen bzw. “gerecht” werden?
- Was hat dieses Geschehen geistlich zu bedeuten im Blick auf biblische Verheißungen und Prophetien das jüdische Volk und den Staat Israel betreffend?
Am Ende empfehle ich dir eine Predigtreihe. Das ICF München hat sich spontan dazu entschieden, eine geplante Predigtreihe auszusetzen und vier Sonntage über das aktuelle Geschehen in Israel zu predigen. Bisher habe ich erst die erste Predigt gehört – aber schon diese war so ein großer Segen und Gewinn.
Ich wünsche dir, dass du selbst aufmerksam bleibst gegenüber Antisemitismus in diesen Zeiten. Ich wünsche dir Mut und Zivilcourage deinen Mund aufzumachen, ein Zeichen zu setzen, Dinge beim Namen zu nennen.
Ich hoffe, du bist mit im Boot, wenn es um’s Beten für Israel geht. Lass davon bitte nicht ab! Die Menschen benötigen unsere Gebete.
Ich weiß, mein Musikgeschmack ist nicht immer mainstream-kompatibel. Aber: Ich liebe die Songs und Lyrics der Band “Saviour Machine”, die vor allem biblische Prophezeiungen vertont und verarbeitet haben in ihren Songs. Besonders passend finde ich den Song “The Promise”. Wenn du willst: Schau und hör mal rein. (Der Song ist Teil der Gesamtaufnahme eines Konzerts.)
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