Folgendes Schreiben habe ich an die Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland, Anna-Nicole Heinrich, per Mail versandt. Ich nehme Bezug auf die Ereignisse rund um die Tagung der 13. Synode der EKD vom 6.bis 9. November 2022 in Magdeburg.
Sehr geehrte Präses der Synode der EKD,
sehr geehrte Mitglieder der 13. Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland,
dass Sie sich auf ihrer letzten Synodentagung vom 6. bis 9. November 2022 mit dem Klimawandel und dem schöpfungsbewahrenden Handeln auseinandergesetzt haben, ist richtig und wichtig. Gott gab uns diese Erde, um sie zu bebauen und zu bewahren und nicht, um sie zu zerstören.
Dabei haben Sie als Synode jedoch Schaden über die Evangelische Kirche in Deutschland gebracht. Nach übereinstimmenden Medienberichten (sueddeutsche.de und welt.de) hielt Aimée van Baalen auf der Synode eine Rede, die im Anschluss mit “stehendem Applaus” (welt.de) gewürdigt wurde.
Aimée van Baalen ist Sprecherin des linksradikalen Aktionsbündnisses “Letzte Generation”. Die “Letzte Generation” hat in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder zu zivilem Ungehorsam aufgerufen und ihre Anliegen mit Aktionen durchgesetzt, die gesetzeswidrig sind und teilweise strafrechtlich verfolgt werden.
Ich frage Sie: Ist es Aufgabe der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland, den Schulterschluss mit dieser Organisation zu suchen, deren Protestaktion maßgeblichen Anteil daran hat, dass eine in Berlin gestürzte Fahrradfahrerin nicht gerettet werden konnte, da sich Aktivisten auf der Straße festklebten und somit den Rettungseinsatz behinderten? Die Berliner Feuerwehr hat ihren Bericht öffentlich gemacht und der “Letzten Generation” damit zumindest eine Beteiligung am Tod der Frau attestiert (nachzulesen unter tagesspiegel.de). Weithin bekannt sind Aktionen, in denen die Aktivisten mit Lebensmitteln in Museen um sich werfen und Gemälde beschmieren.
Fassungslos reagieren Menschen “an der Basis” unserer Landeskirchen über das, was sich dieser Tage in der Synodentagung in Magdeburg abspielte. Sie als Synode sympathisieren mit einer linksradikalen Gruppierung und rücken dadurch die Evangelische Kirche in Deutschland in ein dubioses Licht. Die Mehrheit der Pfarrerinnen und Pfarrer unserer landeskirchlichen Gemeinden möchten treu ihren Dienst vor Ort tun und Menschen seelsorgerlich begleiten und haben nicht im Entferntesten irgendetwas mit Linksradikalismus zu tun. Nun müssen sie aber für den Schaden gerade stehen, den Sie als Synode angerichtet haben.
Sie, liebe Frau Heinrich, sind selbst in den sozialen Medien aktiv und werden wahrgenommen haben, dass sich die Meldungen regelrecht überschlagen und die EKD in ein schlechtes Licht rücken. Es muss Konsequenzen haben, dass dieser Schaden von Ihnen als Synode angerichtet wurde.
Darüber hinaus hat die Synode einen Beschluss gefasst, in dem sie es für “geboten hält, bei allen PKW-Fahrten im kirchlichen Kontext ein Tempolimit von 100 km/h auf Autobahnen und 80 km/h auf Landstraßen einzuhalten, um Treibhausgas-Emissionen spürbar zu reduzieren.” (Nachzulesen unter diesem Link)
Es ist verstörend und erschreckend, wie sich die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland politisch äußert, aber das Evangelium dabei außen vorlässt. Natürlich hat der christliche Glaube immer eine politische Dimension im Sinne des verantwortungsvollen Handelns in der Gesellschaft. Dabei muss aber das genuin “Kirchliche”, das Evangelium, das Christliche eine Rolle spielen und nicht einfach nur politische Ansichten kolportiert werden.
Dieses Evangelium aber scheint in Vergessenheit geraten zu sein und politische Themen haben sich in den Vordergrund gedrängt. Damit gibt sich Kirche immer mehr selbst auf und verkennt ihren “unique selling point”, ihr Alleinstellungsmerkmal und das, was sie so besonders macht. Dies gründet einzig und allein im stellvertretenden Sühnetod Jesu für die Menschen – dies zu glauben und darin zu leben, ist Gnade. Erst vor wenigen Tagen haben wir den Reformationstag gefeiert und an die reformatorischen Grundbekenntnisse gedacht: Allein der Glaube. Allein die Schrift. Allein die Gnade. Allein Jesus Christus. Das gilt es, den Menschen in Deutschland zu verkünden und nicht, sich auf politische Spielwiesen zu begeben als Kirche, die ihre wahre Identität preisgibt.
Die Volkskirche (wenn es sie als solche überhaupt noch gibt), deren höchstes repräsentatives Gremium die Synode der EKD ist, hat kein strukturelles oder finanzielles Problem, sondern ein geistliches. Das hat diese Synodentagung sehr deutlich gemacht.
Die Menschen in Deutschland erwarten von der Politik Antworten auf ihre politischen Fragen. Von der Kirche erwarten Menschen Antworten auf Fragen des Glaubens. Weil diese Antworten aber immer weniger gegeben werden und immer mehr Politisches in Kirche und auf Kanzeln eine Rolle spielt, quittieren Menschen diesen Zustand mit ihrem Austritt.
Darüber bin ich nicht glücklich. Ich wünschte, die Menschen würden “in der Kirche bleiben”. Aber mag man es ihnen übel nehmen, wenn sie in der Kirche gar nicht mehr das finden, was sie suchen? Was sollen sie auch anfangen mit einer Kirche, die sich mehr schlecht als recht politisch äußert und immer weniger zum Glauben an Jesus Christus aufruft?
Ich bitte Sie, liebe Präses und liebe Mitglieder der Synode, sich ihrer Verantwortung bewusst zu sein und anzuerkennen, welch fatale Auswirkung die vergangene Synodentagung hat. Weder will ich es fordern noch kann ich es erwarten – ich kann es nur erbitten: Entschuldigen Sie sich bei den Menschen, die noch Mitglied der Kirche sind für den Fehler, die Sprecherin einer linksradikalen Gruppierung auf die Synode eingeladen zu haben und dadurch Linksradikalismus nicht nur eine Stimme gegeben zu haben, sondern auch noch mit stehendem Applaus gewürdigt zu haben.
Andernfalls würden Sie konstatieren, dass linksradikale Ideen, Äußerungen und Handlungen salonfähig werden dürfen in der Evangelischen Kirche in Deutschland.
Herzliche Grüße,
David Brunner
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