StartGedanken2024: Antisemitismus in Deutschland

2024: Antisemitismus in Deutschland

Ich habe lange überlegt, wie ich den Artikel zum Jahresrückblick gestalten soll. Was waren Höhen, was waren Tiefen? Auf was lohnt es sich, am Ende des Jahres nochmals aufmerksam zu machen? Was sollen meine Leser unbedingt noch einmal sich zu Gemüte führen?

Ich habe mich dagegen entschieden, verschiedene Themen zu platzieren, weil ich über eine Entwicklung, die 2024 stattgefunden hat, zutiefst enttäuscht, entsetzt und wütend bin: 2024 war das Jahr, in dem Antisemitismus in Deutschland laut, präsent und äußerst perfide zu sehen und zu erleben war.

Mich betrübt das und macht mich extrem traurig. Juden leben in Deutschland unter Angst. Sie haben Angst, sich auf der Straße öffentlich als Juden zu erkennen zu geben. Familien, die jüdische bzw. israelische Vorfahren haben oder direkt aus Israel sind, müssen ihre Identität verschweigen, da sonst unvorhersehbare Dinge geschehen. Kinder aus jüdischen bzw. israelischen Familien, die in Deutschland leben, wachsen mit dem Gefühl auf: In Deutschland kann ich nicht jüdisch sein, weil sonst schlimme Dinge geschehen.

Mir fehlen die Worte, wenn ich diese Entwicklung in unserer Gesellschaft sehe. Ganz ehrlich: Ich weiß kaum wirklich Rat, was man dagegen tun kann – aber eines weiß ich: Zur schweigenden Mehrheit will ich nicht gehören. Ich möchte mir nicht eines Tages vorwerfen lassen müssen, dass ich geschwiegen habe, als Israelhass und Antisemitismus in Deutschland wieder erstarkte. Wohlgemerkt in Deutschland, wo vor 80 Jahren eine dämonische Ideologie herrschte, die sechs Millionen Juden weltweit das Leben kostete. Der Holocaust.

Am 7. Oktober überfiel die islamistische Terrororganisation Hamas Israel und an einem Tag wurden über 1.000 Menschen in Israel getötet. Sehr viele davon waren Juden. Man könnte nun meinen, dass eine Welle der Solidarität durch die Welt schwappt, durch die sich Menschen an die Seite Israels und der Juden stellen. Doch weit gefehlt. Das Gegenteil scheint der Fall zu sein.

Im Folgenden möchte ich vier Bereiche nennen, die mir wirklich Sorgen bereiten, was Israelhass und Antisemitismus betreffen.

Antisemitismus im linken Milieu

Es ist kein Geheimnis, dass im gesellschaftlich und kulturellen linken Milieu Antisemitismus niemals verschwunden, sondern unter der Oberfläche immer präsent war. In diesem Jahr bahnte sich dieser Antisemitismus im linken Milieu jedoch auf eine hässliche Weise den Weg an die Öffentlichkeit.

Stellvertretend dafür sei das genannt, was an deutschen Hochschulen vor sich geht. Wohlgemerkt: Hochschulen sind Orte, an denen vermeintlich gebildete Menschen sind, die sich nicht nur, aber auch geisteswissenschaftlich und gesellschaftspolitisch bilden – bzw. als Dozenten dort lehren. In der Folge des oben erwähnten Terroranschlages der Hamas hat sich nun ausgerechnet an deutschen Hochschulen vermehrt eine Entwicklung breit gemacht, die mich schmerzt. Pro-palästinensische Demonstrationen und Kundgebungen, welche die Vernichtung des jüdischen Staates Israel lauthals fordern durch den Slogan “From the river to the sea”, was dafür steht, dass vom Mittelmeer bis zum Jordan “palästinensisches Gebiet” sein soll und damit der Staat Israel für immer und ewig vernichtet sein soll.

Das alles findet an Hochschulen statt und nicht in irgendwelchen (rechts)extremen Hinterhöfen, wo sich im Schutz der Dunkelheit ein Mob zusammenrottet. Das alles geschieht am hellichten Tag dort, wo Menschen lehren und studieren, die sich auf akademische Berufe vorbereiten.

Nicht nur der Slogan “From the river to the sea” war dort zu hören und auf Wänden zu lesen, sondern auch das berühmte rote Dreieck, mit dem die Hamas Orte markiert, an denen sie Jude vermuten, die vernichtet werden müssen. Dieses rote Dreieck ist inzwischen ein verbotenes Symbol, was jedoch einen evangelischen Pfarrer und eine evangelische Kirchengemeinde in Darmstadt nicht davon abhält, es auf ihrem Weihnachtsmarkt zu verwenden – doch dazu später mehr.

Social Media und antisemitische Abgründe

Dass die “sozialen Medien” ein Abgrund der menschlichen Psyche darstellt, ist nicht erst im Blick auf Antisemitismus bekannt. Die Schärfe und Gewaltbereitschaft, wie dieser Abgrund seinen Schlund im Blick auf Antisemitismus auftut, verschlägt mir jedoch die Sprache. Immer wieder habe ich auf Instagram Beiträge geteilt, mit denen ich mich an die Seite Israels und des jüdischen Volkes stellte. Regelmäßig kamen “Free Palestine”-Trolle vorbei und kommentierten entsprechend.

Wenn man jedoch Personen folgt, die noch weit mehr Reichweite als ich besitzen, wird man Zeuge davon sein, dass diese übelste Morddrohungen und Gewaltfantasien abbekommen. Beispielhaft möchte ich hier die Aktivistin Karoline Preisler nennen, die sich mutig mitten in propalästinensische “Demos” begibt und meistens nur ein Schild vor sich hält mit der Aufschrift: “Rape is not resistance” – zu deutsch: “Vergewaltigung ist kein Widerstand”. Damit spielt sie auf die krude Theorie an, dass die massenhaft belegten und auf bestialische Weise ausgeführten Vergewaltigungen am 7. Oktober 2023 und in Folge auch an den Geiseln verübt, bagatellisiert werden sollen.

Islamistischer Antisemitismus

Es war im Frühjahr dieses Jahres als auf den Hamburger Straßen eine große mit weit über 1.000 Teilnehmern Kundgebung stattfand. Deren Vertreter forderten lautstark ein Kalifat mitten in Europa. Unter Kalifat versteht man einen islamistischen Staat bzw. eine islamistische Herrschaft über eine Region als direkte Folge des Propheten Mohammed, jedoch nicht auf – wie ich als Christ es nennen würde – spirituell-offenbarende Weise, sondern administrativ und militärisch. Der Begriff “Gottesstaat” mit der Scharia (Gesetze und Normen die aus dem Koran und der Sunna direkt abgeleitet werden) als Grundlage dürfte hier durchaus angemessen sein.

Solche Kundgebungen zeigen, dass wir ein massives Problem im Blick auf Integration haben. Da dies jedoch kein politischer Blog ist, werde ich hier auch nicht weiter politisieren, sondern lediglich meine Bedenken äußern, dass wir in der Migrationspolitik viele schwerwiegende Fehler gemacht haben, deren Folgen wir nun ernten: Massenhaft eingewanderte Menschen (zumeist junge Männer), die mit ihren Gewalt- und Kalifatfantasien das Existenzrecht Israels nicht nur ablehnen, sondern Vernichtungsgedanken gegenüber Israel und Juden lautstark zum Ausdruck bringen und damit vor allem junge Menschen beeinflussen.

Antisemitismus in der (evangelischen) Kirche

Traurig aber wahr: Die “Deutschen Christen” waren in der Zeit der Naziherrschaft davon überzeugt, dass die nationalsozialistischen Ideologien und der christliche Glaube miteinander vereinbar wären. Als ob wir aus der Geschichte nichts gelernt haben, ereignen sich im Jahr 2024 Dinge, die nahe an diese Zeit heranreichen.

So hat die evangelische Michaelsgemeinde in Darmstadt am Wochenende vom 3. Advent einen “antikolonialistischen Weihnachtsmarkt” veranstaltet. Auf diesem Weihnachtsmarkt waren verschiedene Anbieter und verkauften Dinge, wie man sie eben auf Weihnachtsmärkten kaufen kann: Kleinigkeiten, Nippes und Selbstgemachtes.

Was es auf diesem Weihnachtsmarkt auch gab: Jede Menge Hamas-Propaganda und Selbstgemachtes mit “Free Palestine”-Sprüchen sowie dem oben schon erwähnten roten Dreieck:

Wie gut, dass es Menschen gab, die hier Strafanzeige erstattet haben: Von Privatpersonen bis hin zur Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (hier geht es zur Stellungnahme), zu der die Michaelsgemeinde in Darmstadt gehört. Der Pfarrer versuchte sich im Nachhinein herauszureden, jedoch ist öffentlich zu erkennen, dass im Vorfeld des Weihnachtsmarktes klar kommuniziert wurde, wer als Aussteller/Standbetreiber aktiv sein wird.

Ich bin gespannt, wie das Verfahren ausgehen wird. Der Pfarrer darf zum heutigen Stand vorerst sein Amt nicht ausführen. Gut so. Auch tagesschau.de hat darüber berichtet.

Doch nicht nur in der evangelischen Landeskirche gibt es eine Verharmlosung von Judenhass und Antisemitismus. Ich nehme diese Tendenzen auch zunehmend unter manchen der so genannten postevangelikalen bzw. progressiven Theologen und Pastoren wahr. Das verwundert deswegen nicht, da Vertreter dieser progressiv-postevangelikalen Theologie mehr und mehr Theorien und Annahmen des linken Milieus für sich in Anspruch nehmen – und dazu gehört wie oben schon beschrieben nun mal auch Israelhass und Antisemitismus. Dieser wird oftmals nicht ganz offen zur Schau gestellt, meistens jedoch durch Relativierung klarer Sachverhalte, einem Vermeiden eines klaren Standpunktes pro Israel oder der beliebten “Ja, aber Israel hat auch…” geäußert.

Informiere dich und bete!

Ich könnte diesen Artikel noch endlos lang fortsetzen, aber an dieser Stelle bitte ich dich um zwei Dinge: Informiere dich und bete!

Bete für Israel, für das jüdische Volk (in Israel und der restlichen Welt) und für die politische Lage bzw. politische Bemühungen. Bete für die Regierung in Israel, die wie jede andere Regierung Fehler begeht und lange nicht alles richtig macht.

Bete dafür, dass der Antisemitismus in Deutschland sich nicht noch weiter ausbreitet und dass Menschen, die sich antisemitisch äußern, die ganze Härte des Gesetzes zu spüren bekommen.

Und informiere dich in Quellen, die objektiv und gut recherchiert berichten. Viele der öffentlich-rechtlichen Medien gehören ausdrücklich nicht dazu. Ich empfehle dir, folgenden Personen zu folgen bzw. ihre Berichterstattung anzuschauen.

Sarah Maria Sander (Aktivistin und freie Journalistin, die aus Israel und Deutschland berichtet)

www.sarahmariasander.com

www.youtube.com/@sarahmariasander

www.instagram.com/sarahmariasander

Karoline Preisler (Politikerin, Bloggerin, Aktivistin)

www.instagram.com/karopreisler

Tom David Frey (freier Journalist, der aus dem Nahen Osten und Deutschland berichtet)

www.tomdavidfrey.de

www.youtube.com/@tomdavidfrey

www.instagram.com/tomdfrey

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Christen an der Seite Israels (“Als Christen stehen wir mit Herz und Hand an der Seite Israels und des jüdischen Volkes.”)

www.csi-aktuell.de


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Meinen Podcast “Einfach glauben” findest du auf allen gängigen Podcast-Plattformen. Anklicken, anhören, abonnieren.

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2 Kommentare

  1. Danke für diesen wichtigen Beitrag!
    Diese Entwicklung macht mich sprachlos, aber auch wütend. Und sie spaltet die Gesellschaft, teilweise sogar Familien, so erlebe ich es.
    Sind Ihnen Fälle bekannt, bei denen die Gewaltandrohungen auf social media in die Tat umgesetzt wurden? Ich hoffe es nicht.
    Danke für die Zeit, die Sie hier investieren. Und bei diesem Beitrag für Ihren Mut!

  2. Guten Tag, David Brunner!
    Deinen Artikel über den zunehmenden Antisemitismus habe ich aufmerksam gelesen. Deinen Argumenten kann ich folgen und stimme dir auch weitgehend zu.

    Bereits als junger Mensch habe ich des Öfteren politische Debatten verfolgt. Nicht selten geschah es, dass ich mich zunächst der einen Seite zugehörig fühlte und dann im Laufe der Redezeit der anderen Partei merkte: „Gar keine schlechte Argumentation! Da ist ja echt was dran.“ So konnte ich meinen Meinungsbildungsprozess neu durchdenken.

    Das fehlt mir in Ihrem Statement.
    Sie bemängeln in Ihrem Artikel wie folgt: „Dieser wird oftmals nicht ganz offen zur Schau gestellt, meistens jedoch durch Relativierung klarer Sachverhalte, einem Vermeiden eines klaren Standpunktes pro Israel oder der beliebten “Ja, aber Israel hat auch…” geäußert.“

    Völlig offen lassen Sie den Aspekt, dass wir von anderen damit konfrontiert werden, dass das zunehmende Unverständnis Israel gegenüber im Wesentlichen dann begann, als man das Gefühl bekam, dass die Reaktion der politischen Entscheidungsträger Israels im Gazastreifen absolut nicht im Verhältnis stand – zumal ja auch viele Menschen dem folgenden Leid ausgesetzt waren, die mit der völlig eindeutig zu verurteilenden Attacke der Palistinänser auf Israel nichts zu tun hatten.

    Gelten die Gebote des alten Testaments „Du sollst nicht töten!“ nur für andere Völker?

    Die Bibel gibt in diesem Zusammenhang auch noch andere Hinweise: „Die Rache ist mein! spricht der HErr!“

    Ganz zu schweigen von dem neu-testamentlichen Hinweis: „Wenn dich jemand auf die eine Wange schlägt, dann halte ihm auch die andere hin.“

    Auch ich bin der Meinung, dass dieses (nennen wir es mal „friedliches“ Verhalten der Juden in der Zeit des Nationalsozialismus der Nährboden für immer dreisteres Vorgehen gegen die Juden war (so konnte sich der Antisemitismus ungehindert ausbreiten!)

    Hinzu kam die Tatsache, dass – ähnlich wie heute in China, Russland, Nordkorea und weiteren totalitäre Staaten – das Erheben der Stimme gegen die Machthaber Ängste bei vielen ausgelöst hat.

    Doch Sie wischen diese Aspekte mit einer Randbemerkung mal kurz an die Seite, anstatt die Chance zu nutzen, uns Christen Hilfen an die Hand zu geben, wie wir mit solchen oben geschilderten Argumenten umgehen können.

    Das finde ich sehr schade!

    Liebe Grüße!
    Martin Krause aus Herten im schönen Ruhrgebiet

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