Tag 9
Warum hast du mich verlassen?
Matthäus 27,46
Die schmerzvollste Frage aller Zeiten. Seit ich Kind bin, fasziniert mich diese Szene bei der Kreuzigung Jesu. Matthäus beschreibt es, wie Jesus am Kreuz hängt und verzweifelt nach Gott, dem Vater, schreit. Ich weiß noch, wie mein Vater (er war auch Pfarrer) mir die hebräischen/aramäischen Worte erklärte, die auch bei Matthäus wörtlich genannt werden: “Eli, eli lama asabtani? Mein Gott, mein Gott: Warum hast du mich verlassen?” Jesus, der Sohn Gottes, er schreit. Am Kreuz. Verlassen. Aber ist dem wirklich so?
Ich möchte dir heute Gedanken mitgeben, die deinen Blick auf diesen Schrei von Jesus hoffentlich ein bisschen klarer machen. Jesus schreit nicht einfach nur “Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?” Es ist davon auszugehen, dass Matthäus einfach nicht mehr überliefert hat – aber Jesus das ganze Gebet gesprochen hat. Gebet? Welches Gebet? Psalm 22. Was Jesus hier schreit, ist der Beginn von Psalm 22. Und in diesem Psalm schreibt König David einerseits wie es ist, sich von Gott verlassen zu fühlen. Gleichzeitig aber schreibt er auch davon, wie groß, wie mächtig, wie heilig Gott ist.
Ich glaube, wir landen theologisch irgendwo im Straßengraben, wenn wir meinen, dass Gott der Vater seinen Sohn Jesus am Kreuz wirklich verlassen hat. Nach dem Motto: “Geh du mal die Welt retten, ich bin erst mal weg.” Und übrigens: Wohin denn? Wie kann der Sohn Gottes vom Vater im Himmel verlassen werden? Nein, wie so oft: Kontext ist König. Und Jesus schreit hier nicht einfach nur ein paar Gefühle heraus, sondern er betet Psalm 22. Wie wäre es, wenn du das jetzt auch machst? Schnapp dir deine Bibel(-App) und lies Psalm 22. Danke Gott und lobe ihn dafür, dass wir niemals von ihm verlassen sind, sondern es sich nur so anfühlt. Das ist schlimm genug, ich weiß. Aber wer auf Jesus vertraut, der ist niemals von Gott verlassen.