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Auf dem Wasser laufen

An diesen Beitrag habe ich mich lange nicht herangewagt.

Aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Mal wieder geht mir ein Lied nicht aus dem Ohr. “Meer” – die deutsche Übertragung des Liedes “Oceans” von Hillsong United.

Wie ist es eigentlich um mein Vertrauen in Gott bestellt?

Diese Frage stelle ich mir jedes Mal, wenn ich dieses Lied höre. Und das kann momentan durchaus im zweistelligen Bereich pro Tag liegen. Aber es ist keine schlechte Frage. Denn vom Vertrauen hängt alles ab.

Führ mich dorthin, wo ich unbegrenzt vertraue. Lass mich auf dem Wasser laufen, wo immer du mich hinführst. Führ mich tiefer als ich selber jemals gehen kann, dass ich fest im Glauben stehe in der Gegenwart des Retters.

Ehrlich gesagt weiß ich oftmals gar nicht, ob ich das eigentlich will: Dorthin zu gelangen, wo ich unbegrenzt vertraue.

Einerseits ja. Denn ich wünsche es mir, ein Vertrauen in Gott zu haben, das allen Stürmen und Wellen trotzt. Ein Vertrauen, das echt und tief ist. Ein Vertrauen, das nicht erschüttert werden kann. Ein Vertrauen, das nicht nur in der Theorie ein Fallenlassen in die Arme Gottes ist, sondern sich in ganz praktischen und alltäglichen Situationen zeigt: im Umgang mit Geld, mit meinen Mitmenschen, in meiner Familie, im Beruf und bei allen großen und kleinen Entscheidungen des Alltags.

Andererseits: Sind solche Situationen des unbegrenzten Vertrauens nicht gerade die Situationen, in denen ich merke, dass ich die Dinge und mein Leben nicht selbst in der Hand habe? Dabei habe ich das doch so gerne. Ich möchte die nächsten Schritte und Wege meines Lebens genau wissen und planen – und dann auch gehen. Ja, Pläne sind dafür da, dass sie über den Haufen geworfen werden. Aber es gibt auch Situationen, in denen ist es total frustig, wenn ein Plan nicht aufgeht.

Ich streite mich mit mir selbst. Und am Ende? Ja am Ende muss es doch einen Sieger geben dieser beiden Meinungen.

Die folgenden Überschriften dieses Beitrages sind Zitate aus dem Lied “Meer”.

Mein Glaube trägt im tiefen Meer

Schöner Satz in diesem Lied. Aber ist das so? Trägt mich mein Glaube wirklich im tiefen Meer? Dann, wenn alles über mich hereinbricht? Dann, wenn ich mich selbst nicht ausstehen kann und im Meer des Selbstmitleids bade? Dann, wenn sich ein Meer voller Fragen und Sorgen bis zum fernen Horizont erstreckt? Dann, wenn meine Wünsche und Sehnsüchte im großen Meer der Realität unterzugehen drohen?

Und dann denke ich an meinen Konfirmationsvers, den mein Vater für mich ausgesucht hatte – wohl in väterlicher Weisheit und Weitsicht, dass ich ihn des öfteren mal gebrauchen könnte:

Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat.
(Die Bibel, 1. Johannes 5,4)

Entweder an diesem Vers ist was dran, oder ich kann die Bibel in die Ecke schmeißen. Da ich Letzteres nicht mache, kann ich nur vertrauen – da haben wir es schon wieder -, dass dieser Vers wahr ist. Und schaue ich auf mein Leben zurück, dann weiß ich: Er ist wahr! Mein Glaube trägt wirklich – was aber wiederum nicht bedeutet, dass ich alles aus mir heraus schaffe.

Mein Glaube ist ja auch der Glaube des anderen Christen. Ein Mitchrist oder eine Mitchristin hat auch diesen Glauben, wie er im 1. Johannesbrief beschrieben ist. Und oftmals benötigen wir im Meer das Rettungsboot des Zuspruchs.

Den anderen, die andere, die mir göttliche Verheißungen zuspricht und mich vor’m Untergehen rettet – eben wie ein Nebellicht.

Und deinen Namen ruf ich an

Wohl kaum eine Geschichte aus dem Leben Jesu wird heute so metaphorisch verwendet wie die, als er auf dem Wasser ging und Petrus, einen seiner Freunde, aus dem Boot zu sich rief. Zögernd setzte Petrus einen Fuß nach dem anderen auf das Wasser. Unsicher. Tapsend. Staunend. Fasziniert. Er ging einen Schritt. Und noch einen. Tatsächlich. Das Wasser trägt ihn. Unfassbar. Dann sieht Petrus die Wellen. Den Sturm. Und er beginn, sich zu fürchten.

Doch als Petrus merkte, wie heftig der Sturm war, fürchtete er sich. Er begann zu sinken. “Herr”, schrie er, “rette mich!” Sofort streckte Jesus seine Hand aus und hielt ihn fest. (Die Bibel, Matthäus 14,30+31)

Ja, so erlebe ich das im Alltag auch immer wieder. Wer den Namen Jesu anruft, der wird gerettet. Aus seiner Ichbezogenheit, aus manchen Problemen und aus dem Meer der größten Nöte. Schaue ich auf Jesus, dann wird mein Leben hell, schaue ich auf mich und das Meer, in dem ich zu versinken drohe, wird mein Leben dunkel.

Und immer wieder wirft Jesus sich als Rettungsring hinein in meinen Alltag, einen ganz gewöhnlichen Alltag, wie ihn sieben Milliarden Menschen auf dieser Erde haben. So wichtig bin ich ihm. So sehr liebt er mich. So sehr zeigt er mir immer wieder: “Ich bin vertrauenswürdig. Rufe mich an in der Not und ich will dich retten – und du sollst mir die Ehre geben!” (nach Psalm 50,15)

Und dann frage ich mich, warum ich das nicht öfters in Anspruch nehme. Warum ich so weit planen und schauen will, wie es eigentlich schon längst hinter meinem mir möglichen Horizont liegt. Und mir kommt eine weitere Zeile des Liedes in den Sinn:

Ich schau so weit ich sehen kann

Reicht das nicht aus? Nein, denke ich oft. Ich will doch mein Leben in der Hand haben. Ich will selbst planen und die Dinge beeinflussen. Ich nehme mir dieses und jenes vor – und merke am Ende des Tages, dass vieles doch ganz anders gekommen ist.

Projekte in der Gemeinde gehen nicht so, wie ich mir das vorgestellt habe.

Menschen in meinem Umfeld verhalten sich anders, als ich mir das wünsche – und ich gehe mal fest davon aus, dass ich mich auch oft anders verhalte, als sie es sich wünschen.

Einer der größten Fehler, die wir machen können, ist der, dass wir mehr wollen, als wir sehen. Dass wir weiter planen, denken und Dinge erreichen wollen, als sie uns vor Augen sind. Meist wollen wir den zweiten Schritt vorm ersten machen – aber dann stolpern wir aus dem Boot ins Wasser und drohen zu sinken.

Und deswegen ist es doch gerade ein Ausdruck von Vertrauen, wenn ich nur das tu, was ich vor Augen habe – und den Rest getrost Gott überlasse.

Jesus sagte einmal:

Macht euch keine Sorgen um den nächsten Tag! Der nächste Tag wird für sich selbst sorgen. Es genügt, dass jeder Tag seine eigene Last mit sich bringt. (Die Bibel, Matthäus 6,34)

Irgendwie ist immer etwas Wahres dran an dem, was Jesus sagt. Und dieser Satz klingt so lapidar – und doch ist er so tief. Wenn wir einfach mal “nur” die Dinge vor Augen haben, die uns heute begegnen und uns keine Sorgen machen um das, was noch kommen wird, dann nennt man das Vertrauen. Und das muss ich als ein Mensch, der gerne plant, organisiert und strukturiert, wohl noch ziemlich lernen.

Aber es wäre doch mal eine gute Herausforderung, oder nicht? Sozusagen ein Vertrauens-Test: Sorge dich heute mal nur um die Dinge, die heute dran sind – und das Morgen kannst du getrost und vertrauensvoll in Gottes Händen lassen. Ich merke, dass alleine der Gedanke daran nicht nur für mich herausfordernd sein könnte.

Und kommt die Flut, hältst du mich fest in deinem Arm

Und dann kommt sie doch. Eine Welle der Enttäuschung über andere Menschen. Eine Welle des Frusts über nicht in Erfüllung gegangene Wünsche und Träume. Eine Welle der Ernüchterung, wenn Dinge nicht so laufen, wie geplant. Ein paar Wellen zusammen – und schon kommt die Flut.

Aber Gott sagt:

Wenn du durch tiefes Wasser oder reißende Ströme gehen musst – ich bin bei dir, du wirst nicht ertrinken. (Die Bibel, Jesaja 43,2)

Mit dieser Zusage im Rücken müsste es doch eigentlich möglich sein, die Flut zu ertragen. Eigentlich. Wenn da nicht das mangelnde Vertrauen wäre und der Kreis von vorne beginnt. Dabei ist die Bibel doch voll mit Zusagen Gottes, dass er uns gerade dann ganz sicher in seinen Armen hält, wenn die Flut des Lebens über uns hereinbrechen will. Und das kann schon in ganz normalen Alltagssituationen der Fall sein: Wenn wir in der Erziehung unserer Kinder nicht so reagieren, wie wir uns das gewünscht haben. Wenn sich die Arbeit bei der Arbeit türmt und immer höher wird. Wenn die Aussage eines lieben Menschen uns verletzt. Wenn Menschen, denen wir vertraut haben, den Rücken kehren. Wenn der Arzt etwas ausspricht, was aber mal so was von überhaupt nicht angenehm ist.

Dann? Ja dann bin ich gehalten. Wie ein kleines Kind, das friedlich und geborgen in den Armen des Vaters einschläft, auch wenn dieser dafür einige Runden durch die Wohnung gehen musste und seinen geliebten Sohn in den Schlaf wiegen musste. (Ich habe dabei alle Strophen von “Der Mond ist aufgegangen” auswendig gelernt. Hat ja auch was.)

Oder wie ein größeres Kind, das sich schluchzend und traurig in die Arme des Papas wirft, weil es in diesem Moment an keinem anderen Ort der Welt lieber wäre, als in diesen bergenden und schützenden, festen und starken Armen.

Wie viel mehr ist Gott genau das für mich, wo ich als immer wieder Fehler machender menschlicher Papa schon das Beste für meine Kinder will? Eben. Er ist es unglaublich viel mehr. Und dieses Mehr trägt und hält mich im Meer meines Lebens, dessen Wellen der Enttäuschung, des Frusts und der Ernüchterung dann doch gar nichts tun können gegen die Liebe, mit der Gott mich Tag für Tag, Stunde um Stunde liebt.

And the winner is:

Ja, ich will dorthin, wo mein Vertrauen in Gott unbegrenzt ist. Denn dann lebe ich das Leben, zu dem ich bestimmt bin. Das Leben, das Gott sich für mich gedacht hat. Ein Leben voller Abenteuer, voller Liebe, voller Vorwärtsgehen und nicht so sehr Nachhintenschauen. Ein Leben, das erfüllt ist von seiner Gegenwart – heute. Morgen auch, ja. Aber das Heute zählt!

Eigentlich eine schöne Vorstellung – und dann auch gar nicht mehr so schwer, zu vertrauen – oder doch?

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