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Christsein ohne Gott?

“Das geht nicht!” magst du reflexartig sagen. Und du hast Recht! Ich frage mich nur: Wieso leben so viele Christen ihr Leben so, als gäbe es keinen Gott? Diese Frage ist die Folge von Überlegungen, die ich im Anschluss an ein Zitat von Peter Scazzero habe. Er drückt es natürlich viel feinfühliger und netter aus, als ich das mache.

In seinem Buch “Glaubensriesen – Seelenzwerge?” schreibt er Folgendes:

Eine Möglichkeit, um herauszufinden, wie stark wir unser Tempo verlangsamen müssen, ist es, einmal zu beobachten, wie gut wir während unserer vielfältigen Aktivitäten auf Gott hören.Glaubensriesen - Seelenzwerge?, S.57

Du siehst: Er macht das ganz nett – aber im Endeffekt sind wir uns da ganz nah. Scazzero schreibt darüber, dass wir unser Tempo verlangsamen müssen, um bei den alltäglichen Dingen auf Gott zu hören. In meinem Kopf ist der Umkehrschluss schon geschehen: “Wir machen viel zu viel, um wirklich auf Gott zu hören!” Und wenn wir nicht auf Gott hören, dann leben wir letztlich nicht mit Gott. Also: Christsein ohne Gott!?

Lass es mich ein bisschen erklären, ok? Schließ’ diesen Tab im Browser nicht sofort. Ich glaube nämlich wirklich, dass es möglich ist, sich selbst als Christ zu bezeichnen, sogar in den Gottesdienst zu gehen – aber das ganze “ohne Gott” zu machen.

Ohne Gott – wie geht das?

Gute Frage. Denn: Gott ist doch immer da, wie es in Psalm 139 steht. Er umgibt uns von allen Seiten und hält seine schützende Hand über uns – also: Wie geht das dann, “ohne Gott zu sein”?

Wir drehen die Perspektive um und schon sieht’s anders aus, weil wir genau dort gelandet sind, wo Peter Scazzero uns hinführt: Wie sehr hören wir in unserem Alltag auf Gott? Man könnte auch sagen: Wie sehr nehmen wir Gott überhaupt wahr? Wie sehr beziehen wir ihn ein in unseren Alltag? Wie sehr wissen wir uns abhängig von ihm und seiner Gnade oder meinen, dass wir die Dinge schon ganz gut selbst geregelt bekommen? Seine wir mal ehrlich:

Wir leben unseren Glauben meistens so, als ob wie Gott überhaupt nicht benötigen. Wir haben alles im Griff und erledigen die Dinge in den meisten Fällen, ohne Gott mit einzubeziehen.

Und nein: Zähneputzen ist damit nicht gemeint.

Ich glaube, dass du schon ganz gut weißt, was gemeint ist: Unser Alltag. Unsere Fragen und Anliegen, die wir im Beruf haben, in der Familie, in der Gemeinde aber genauso auch im Blick auf unsere Finanzen und unsere Zeitgestaltung. Welche Rolle spielt Gott dabei? Oder besser gefragt: Welche Rolle darf er denn spielen?

Einige Seiten zuvor schreibt Scazzero über die Offenbarung. In dieser kommt “das Tier” vor als Sinnbild für alles Widergöttliche (belassen wir es an dieser Stelle mal bei dieser groben Umschreibung). Ich finde, Scazzero bringt es ziemlich gut auf den Punkt, was wir “aus Gott gemacht haben”:

Die Prägung unserer Gesellschaft (das Tier?) hat die Kirche derart in ihrem Griff, dass sich viele so verhalten, als ob Gott bei uns angestellt sei und zu unserem persönlichen Assistenten wird, wenn wir ihn brauchen.Glaubensriesen - Seelenzwerge?, S.48

Gott wird zu unserem persönlichen Assistenten, wenn wir ihn brauchen.

Momentan befasse ich mich viel mit “künstlicher Intelligenz. Jaja, ich weiß, wir hätten uns erst mal mit menschlicher Intelligenz befassen sollen, ehe wir zu künstlicher Intelligenz switchen – aber etwas Faszinierendes hat das schon an sich. Neulich habe ich ein Video für eine Predigtreihe in der Gemeinde mit Hilfe von künstlicher Intelligenz erstellt. Und das ist cool – richtig cool, denn die künstliche Intelligenz kann ich beispielsweise in Form von Websites, die verschiedene Dienste anbieten, einfach abrufen, wenn ich sie benötige.

Ungefähr so leben viele Christen ihren Glauben: Sie rufen Jesus ab, wenn sie ihn brauchen – und wenn nicht, bleibt er halt still in der Ecke sitzen. Denn immerhin ist er ja mein persönlicher Assistent – und nicht andersrum. Abgesehen davon benötigen wir Jesus immer – aber auch das scheinen wir verdrängt zu haben.

Das Tempo drosseln

Ein weiterer Gedanke, den Scazzero generell in seinem Buch aber gerade auch an dieser Stelle stark macht, ist das Tempo unseres Lebens. Wie um alles in der Welt sollen wir denn Gottes Stimme hören, wenn es um uns und in uns so laut ist? Wie sollen wir wissen, wohin die Reise geht, wenn wir so viele Wege und Trampelpfade gehen können? Woher weiß ich, was Gott will, wenn ich manchmal noch nicht mal sicher bin, was ich überhaupt selbst will?

Alles nicht so einfach – oder doch? Ich finde schon.

Wir müssen unser Tempo drosseln und richtig großen Mut haben: Den Mut, im Alltag alles stehen und liegen zu lassen, um Zeit mit Jesus zu verbringen. An dieser Stelle gehe ich nur bedingt weiter darauf ein – was ich dazu noch zu sagen hätte, kannst du im Vorgänger” dieses Artikels “Christsein ohne Nachfolge?” nachlesen.

Es braucht Mut, nicht mehr zu allem “Ja” zu sagen, sondern ganz bewusst das “Nein” zu wählen.

Und es braucht Mut, dich darauf einzulassen, dass Gott dir mehr sagen darf, als du ihm eigentlich gestattest.

Aber dazu müssen wir unser Tempo drosseln. Dringend!

Immer mehr Studien belegen, dass bspw. in der so genannten “Generation Z” und jungen Teilen der “Generation Y” es scheinbar zum guten Arbeitszeugnis gehört, schon früh im Berufsleben einen Burn Out zu haben. Dabei ist ebenso augenscheinlich, dass diese Generation(en) weniger belastbar ist als noch die Generationen davor. Woher kommt das?

Ich glaube, es liegt ganz viel daran, dass wir in einer vollkommen überfrachteten und von unzählig vielen Reizen überfluteten Welt leben und nicht gelernt haben, damit umzugehen. Es fehlt eine zuverlässige Impulskontrolle, die unserem inneren Menschen verlässlich sagen kann, was ihm gut tut und was nicht. Auf dem Markt der säkularen Möglichkeiten gibt es deswegen jede Menge Yoga-Kurse, Achtsamkeitsseminare und Anleitung zu mehr “self awareness”, “Me Time” und Seelenwellness.

Als Christ benötige ich das nicht, wenn ich das Tempo runterfahre und auf Gott höre.

Tue ich das nicht, geschieht nämlich genau das, was ich oben beschrieben habe: Wir leben ein Christsein ohne Gott – was definitiv nicht geht, sprich: Wir leben kein Christsein. Wir leben ohne Gott, weil wir unsere Gedanken und Synapsen, unser Herz und unseren Verstand mit allen möglichen Dingen füllen – aber nicht mit Gott.

Dabei ist er (siehe oben, siehe Psalm 139) immer da, wartet auf uns, streckt seine Hand uns entgegen und redet andauernd zu uns. Und wir rasen auf der Überholspur des Lebens an Gott vorbei und fragen uns, weshalb er nicht zu uns redet. Und nein, ich meine mit Überholspur nicht das Leben mit “Sex, Drugs und Rock ‘n’ Roll” sondern das Leben mit einem vollen Terminkalender, einem (oftmals) hektischen Familienleben, Schicksalsschlägen, die uns oder Freunde/Verwandte treffen, ein Leben, das rund um die Uhr aus dem digitalen Orbit zugedröhnt wird, ein Leben, das sich im Land der 1000 Optionen abspielt.

Mit Gott – wie geht das?

Das einfachste und schwierigste zugleich ist, dein Alltag zu einem einzigen Gebet zu machen. Das heißt, dass du in allen Lebenslagen betest und damit im Gespräch mit Gott bist. Damit meine ich nicht, dass du dich in die Ecke setzt, die Hände faltest, die Augen schließt und besonders religiös klingst.

Vielmehr geht es darum, den Alltag so zu leben, dass du immer und immer und immer wieder mit Gott im Dialog bist. Sei es auf der Fahrt zur Arbeit (oder anderswo hin), beim Einkaufen, auf der Arbeit, im Sportverein, in der Gemeinde, beim Essen mit den Kollegen oder beim Faulenzen. Vollkommen egal – einfach mit Gott im Austausch. Leise oder laut – je nachdem, welche Reaktion du von den Menschen deiner Umgebung möchtest.

Hör nicht auf, zu beten! Hör nicht auf, mit Gott zu reden! Das kannst du inmitten des hektischen Alltags und inmitten jeden Trubels tun.

Aber ein zweites braucht es auch: Momente der Stille. Täglich. Den Motor runterfahren, dich selbst einfach mal auf den Parkplatz stellen, Zündung aus – und Stille. Oder besser gesagt: Fokus auf Gott.

Wir benötigen diese Momente, in denen nichts und niemand uns stören und von Gott ablenken darf. Täglich. Und wenn du es brauchst: mehrmals täglich.

Manchmal habe ich den Eindruck, dass wir aus dem Christsein so ein “Hole in one”-Ding gemacht haben. So nennt man es, wenn man beim Golfen vom Abschlag aus direkt ins Loch trifft. Ein Schlag, der sitzt – und fertig.

Und ebenso glaube ich, dass manche Christen denken: Einmal Bekehrung – und fertig. Ich habe mein Leben Jesus gegeben, das ist das Wichtigste, das war’s – jetzt kann ich einfach rödeln und machen und tun und ab und zu Jesus als meinen Assistenten um Rat fragen.

Das Gegenteil ist der Fall: mit diesem vermeintlichen “Hole-in-one” geht’s erst richtig los. Als Jesus diese Erde verließ und in den Himmel zurückkehrte, da sagte er, dass wir aus den Menschen Jünger machen sollten (Matthäus 28,18-20). Er sagte nicht, dass wir aus ihnen Hole-in-one-Bekehrte machen sollen, sondern Jünger, die ihren Lebensstil an Jesus ausrichten, die ihm nachfolgen, die ihm vertrauen.

In Anlehnung an ein deutsches Sprichwort könnte man auch sagen:

Jünger werden ist nicht schwer, Jünger sein dagegen sehr.

Ja ich weiß: Es ist nicht einfach, in dieser Zeit ein Jünger von Jesus zu sein. Aber es ist die beste Option, die wir haben.

Mit Gott leben heißt aber nicht nur, Zeiten mit ihm zu verbringen, mit ihm reden und in seinem Wort zu lesen. Es bedeutet auch, mutige Vertrauensschritte zu gehen.

Wie wäre es, du gehst jetzt gleich mal den ersten Schritt? Denn du weißt genauso wie ich: Jede Reise, jede Wanderung, selbst jeder Spaziergang beginnt mit dem gleichen: dem ersten Schritt.


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