Ein typischer Keller
“Stille Nacht – Heilige Nacht” ist ein typischer Keller: Pointiert. Liebevoll. Verständlich. Tiefgehend. So würde ich dieses Buch beschreiben. Aber irgendwie passt das auf fast jedes Buch von Tim Keller, deswegen wollen wir mal ein wenig ins Detail gehen. Keller erzählt nicht einfach die Weihnachtsgeschichte nach. Vielmehr schaut er genau hin. Und zwar ganz genau. Er nimmt die Hirten unter die Lupe, er schaut genau hin, was Maria erlebt hat und auch die “Weisen aus dem Morgenland” werden einer genauen Betrachtung unterzogen – und natürlich auch Herodes himself. Nicht zuletzt: Selbst der Stammbaum Jesu nach Matthäus bekommt eine Bedeutung bzw. wird so im Detail untersucht, wie es wohl noch wenige bisher getan haben. Bei alledem bleibt Keller nicht bei der Weihnachtsbotschaft an sich stehen. Er stellt uns die großen Themen vor Augen, die in der Weihnachtsgeschichte eine Rolle spielen:- Wieso – um alles in der Welt – kommt Gott als Mensch auf diese Erde?
- Wie kann ich einen hingebungsvollen Glauben wie Maria leben?
- Warum gehört es unbedingt dazu, auch mit dem Verstand zu glauben? (So widersprüchlich das klingen mag.)
- Könnte es nicht eigentlich egal sein, wer die Botschafter sind, wenn die Botschaft stimmt?
- Wieso ist es für den “König Jesus” so schwierig, auf den Thron unseres Lebens zu sitzen? (Spoiler: Weil wir uns selbst immer wieder darauf setzen.)
Es kann gut sein, dass Sie den Glauben schon mit der Muttermilch aufgesogen haben – aber wenn Sie buchstäblich nie kopfschüttelnd vor dem Evangelium gestanden und es lächerlich, unbegreiflich, unmöglich gefunden haben, dann haben Sie es wahrscheinlich nie richtig begriffen.S. 82
Eine alte Geschichte wird ganz lebendig
Es mag provokant klingen, was Keller da schreibt. Aber genau darum geht es: Wie erleben wir die Weihnachtsgeschichte? Ist das noch etwas, was uns herausfordert, begeistert, ins Staunen versetzt oder gar Ablehnung hervorruft? Oder ist es nicht leider eher so, dass wir “alle Jahre wieder” die gleiche Geschichte hören und sie uns gar nicht mehr so sehr in ihren Bann zieht, wie sie das sollte?Es sollte uns gerade so umwerfen wie damals Maria, dass Gott uns, die wir so klein und sündig sind, solch ein gewaltiges Geschenk macht. Das Staunen darüber, dass ich – ausgerechnet ich – von Gott geliebt bin und seine Gnade bekommen habe, es sollte uns als Christen ständig begleiten.S. 85
Warum wir Weihnachten heute noch feiern
Tja, wenn ich den Untertitel lese, dann fühle ich mich ein wenig ertappt – und gleichzeitig auch ein wenig betrübt darüber, was “Kirche” aus weihnachten macht. Wir versuchen, die Message von Weihnachten so umanstößig wie möglich rüberzubringen und irgendwie auf ein moralisch-ethisches Verhalten zu reduzieren, damit wir ja niemandem vor den Kopf stoßen, der an Weihnachten den Weg in die Kirche findet. Mich aber hat “Stille Nacht – Heilige Nacht” herausgefordert, noch einmal darüber nachzudenken, was an Weihnachten wirklich gefeiert wird. Vielleicht tut es das auch bei dir. Keller selbst beschreibt – und das macht ihn so sympathisch – immer wieder ganz alltägliche Momente, in denen diese Weihnachtsbotschaft eine Rolle spielt – auch in seinem Leben. Er erzählt auch von Momenten, in denen es bei ihm “klick gemacht” hat:Ein anderer Vortrag auf derselben Konferenz half mir zu dem, was ich die “theologische Fundierung” dieses Dienstes für Gott nennen möchte. Die Rednerin sagte unter anderem: “Wenn wir den Abstand zwischen der Erde und der Sonne – ungefähr 150 Millionen Kilometer – mit der Decke eines Papierblattes vergleichen, dann ergäbe die Entfernung von der Erde zum nächsten Stern einen Papierstapel von über 20 Meter Höhe und der Durchmesser der Milchstraße entspräche einem Stapel, der an die 500 Kilometer hoch wäre. Und im gesamten Weltall gibt es mehr Galaxien, als wir zählen können – womöglich mehr, als es Staubpartikel in der Luft oder Sandkörner an den Stränden der Erde gibt. Und wenn jetzt Jesus Christus all dies durch sein bloßes Wort zusammenhält (Hebräer 1,3) – ist er dann jemand, den man bittet, in seinem Leben der persönliche Assistent zu sein?” Diese schlichte Logik zerbrach meinen Widerstand dagegen, das zu tun, was Maria getan hatte. In der Tat: Wenn Gott so ist, wie kann ich dann auf die Idee kommen, ihn als Berater und Problemlöser zu behandeln und nicht als den Herrn aller Herren?S. 87
Infos:
144 Seiten
12,00 EUR
ISBN: 978-3-7655-0998-8
BRUNNEN Verlag