Vor dieser Buchvorstellung habe ich mich ein halbes Jahr “gedrückt”. Jetzt schreibe ich einfach, auch wenn ich weiß: Der Größe und Tiefe, der Weisheit und Schönheit dieses Buches kann und werde ich nicht gerecht werden. Was Dallas Willard mit “Gott. Du musst es selbst erleben” produziert hat, ist meiner Meinung nach ein Meisterwerk jüngerer Theologiegeschichte und ein “MUST READ” für alle Pastoren und Leiter.
Kein anderes theologisches Buch hat mich in den letzten Jahren so sehr geprägt wie “Gott. Du musst es selbst erleben”. Das hält Einzug nicht nur in meine Theologie, in meinen Glauben, sondern auch in meine Verkündigung und vor allem: Das Buch “Gott. Du musst es selbst erleben” ist für mich der Schlüssel schlechthin, um zu verstehen, was mit der in der Bibel so oft vorkommenden Wendung “Reich Gottes” wirklich gemeint ist.
Ok, kommen wir zum Buch. “Gott. Du musst es selbst erleben” ist schon jetzt ein Klassiker. Warum? Es erschien 1997 im englischen Original “The Divine Conspiracy”. Für viele ist es das Buch schlechthin, das Dallas Willard geschrieben hat. Man kann dem Fontis-Verlag nicht dankbar genug sein, dass er “The Divine Conspiracy” mit “Gott. Du musst es selbst erleben” nun in deutscher Sprache veröffentlicht hat.
Ein Buch für das nächste Jahrtausend
Es mag “dick aufgetragen” klingen, aber was Richard J. Foster am Ende seines Vorwortes zur Originalausgabe 1997 schrieb, trifft es auf den Punkt:
Aber lassen wir den Autor mit seinem ersten Satz selbst zu Wort kommen – und es wird deutlich, auf was es Willard mit diesem 700-seitigen Meisterwerk ankommt:
Das gilt es beim Lesen dieses Buches immer und immer wieder zu berücksichtigen: Willard schreibt kein evangelistisches Buch nach seiner eigenen Aussage, auch wenn ich ihm widersprechen würde, denn “Gott. Du musst es selbst erleben” lässt die Tiefe und Schönheit des Evangeliums so sehr erstrahlen, dass ich davon überzeugt bin: Es hat auch eine evangelistische Dimension.
Willard aber kommt es auf etwas ganz anderes an. Er möchte diejenigen, die sich schon Christen nennen, provozieren, herausrufen, einladen und ermutigen, Jesus ganz neu kennen zu lernen. Und genau das ist der rote Faden, der sich durch das Buch zieht.
Gleich auf einer der nächsten Seiten habe ich bei folgendem Zitat an den Rand “aktueller denn je!” notiert.
Ich glaube in der Tat, dass “Gott. Du musst es selbst erleben” ein Buch für das “kommende Jahrtausend” ist – und da Foster dies im letzten Jahrtausend schrieb, sind wir mittendrin.
“Gott. Du musst es selbst erleben” verfolgt inhaltlich drei große Themenbereiche.
Da ist zum einen die Bergpredigt, die Dallas Willard (nahezu) vollständig und stringent auslegt. Zum zweiten ist es der immer wiederkehrende Begriff vom “Reich Gottes”, dessen wirkliche Bedeutung und Kraft Willard entfaltet. Und als drittes Kernthema ist “Jesus als Lehrer” etwas, womit viele nicht mehr rechnen oder viele kaum mehr Wert darauf legen. Nebenbemerkung: Wenn du die Bücher von John Mark Comer liest, wirst du einiges von Willards Gedanken bei ihm wiederfinden. Dazu empfehle ich dir bspw. das Buch “Das Ende der Rastlosigkeit” (hier geht’s zur Buchvorstellung – ein weiteres Buch, das mich maßgeblich in den letzten Monaten geprägt hat).
Die Bergpredigt – was Jesus wirklich meint
Wie oben schon erwähnt, ist das Herzstück dieses Buches die Auslegung der Bergpredigt. Ich habe vor 20 Jahren Theologie studiert, bin seit 17 Jahren im kirchlichen Dienst, lesen sehr viele theologische Bücher, höre jede Menge Podcasts zu theologischen, biblischen Themen und schaue mir Vorträge rund um Theologie und Gemeinde an.
Aber “Gott. Du musst es selbst erleben” hat mich das erste Mal sagen lassen: “Ach, das also hat Jesus mit seiner Bergpredigt wollen.”
Die Bergpedigt von Jesus steht in Matthäus 5-7. Darin äußert sich Jesus zu allen möglichen (und unmöglichen) Lebensbereichen des Menschen.
Man liest über die Bergpredigt alles Mögliche. Genauer gesagt: Es finden sich viele Auslegungsoptionen der Bergpredigt. Sie sei eine Anleitung, wie wir glücklich leben. Sie sei eine politische Rede Jesu gegen die Ungerechtigkeit und das Leid in dieser Welt. Sie sei eine Anweisung zu einem “christlichen Leben”. Selbst wenn in allen diesen Gedanken über die Bergpredigt etwas dran wäre – sie drückten nicht aus, was Jesus wirklich mit der Bergpredigt sagen wollte.
Und Dallas Willard soll es jetzt also geschafft haben, die Bergpredigt richtig auszulegen? Ja! Nach meiner Meinung schon. So dreist das klingen mag, ich sehe es so.
In seiner Auslegung zur Feindesliebe schreibt Willard:
Nur so macht es nämlich Sinn, dass Jesus von sich sagt: “Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen bin, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen; ich bin nicht gekommen aufzulösen, sondern zu erfüllen.” (Matthäus 5,17).
Willards Ausführungen über die Bergpredigt sind so alltagsnah, dass es manchmal schon fast unangenehm wird. Auch wenn er ein großer Denker, ein intelligenter Theologe und Philosoph ist, so sind es gerade die Ausführungen zu diesen unseren Alltag betreffenden Themen, die leicht verständlich und schwer verdaulich zugleich sind.
Das Reich Gottes
Ich habe vor 20 Jahren Theologie studiert, bin seit 17 Jahren im kirchlichen Dienst, lesen sehr viele theologische Bücher, höre jede Menge Podcasts zu theologischen, biblischen Themen und schaue mir Vorträge rund um Theologie und Gemeinde an.
Aber “Gott. Du musst es selbst erleben” hat mich das erste Mal sagen lassen: “Ach, das also hat Jesus mit “Reich Gottes” gemeint.”
Du merkst: Die Wiederholung war absichtlich, denn dieses Buch war für mich ein theologischer Augenöffner vor allem in genau dieser einen Frage: Was ist eigentlich das Reich Gottes?
Da bin ich jahrelang Pfarrer und Theologe und meine, “es erkannt zu haben”. Ist ja oft so im Leben, dass wir uns auf der Seite der Erkenntnis wähnen, Gott irgendwie nur den Kopf schüttelt und hofft, dass der Mensch doch noch zur Einsicht kommt.
Ja, gerade in Willards Ausführungen zum “Reich Gottes” habe ich mich im wahrsten Sinne eines Besseren belehren lassen und sehe gerade hier den größten Veränderungsprozess, den dieses Buch in mir angestoßen hat. Bevor nun aber jemand denkt, ich sei vom Glauben abgefallen oder denke nun “ganz anders” – nein, das Gegenteil ist der Fall.
Willard schafft es, mir die Kraft, die Dynamik, die (positive!) Sprengkraft von diesem biblischen Begriff “Reich Gottes” vor Augen zu führen. Es ist eher so, dass dich die Tiefendimension von “Reich Gottes” mehr und mehr verstanden habe, je mehr ich in seinem Buch las.
Auch hier gäbe es viele Zitate und ich empfehle dir besonders das Kapitel 3 “Unsere in Gott eingetauchte Welt: Was Jesus uns über den Kosmos lehrt”, aus dem folgendes Zitat stammt.
Natürlich habe ich immer geglaubt (und glaube es nach wie vor), dass Jesus und “das Reich Gottes” (biblisch: das Reich der Himmel) mitten unter uns in dieser Welt sind. Das war nie die Frage für mich. Aber die Tiefe, in die Willard den Leser mit hineinnimmt, wenn er vom “Reich Gottes” schreibt, ist unbegreiflich schön. Und das alles, ohne in liberales Denken zu verfallen und das Jenseitige nur im Diesseitigen zu verorten, das Übernatürliche im Natürlichen und biblische Aussagen rein analogisch und symbolisch zu verstehen. Das macht Willard unmissverständlich deutlich, wenn er schreibt:
Jesus als Lehrer
Zugegeben: Hier hat mich Dallas Willard “auf dem falschen Fuß” erwischt. Jesus ist für mich Sohn Gottes, der Messias, mein Retter und Erlöser. Aber Lehrer? Das wäre sicherlich nicht das erste Attribut, das ich Jesus zuschreiben würde. Vielleicht auch deswegen nicht, weil es v.a. in der liberalen Theologie viele Ansätze gibt, die Jesus nur noch zu einem religiösen Lehrer machen und seine soteriologischen Attribute (Retter, Erlöser, Messias) sowie seine Göttlichkeit außen vor lassen.
Willard aber hat mich eines gelehrt: Wir sollten nicht nur, wir müssen sogar Jesus als Lehrer neu in unserem Leben, in unserer Kirche und in unserer Verkündigung entdecken – und zwar ohne die göttlichen und soteriologischen Aspekte des Wirkens Jesu zur Seite zu schieben. Also: Jesus als Lehrer entdecken und ihn gleichzeitig Sohn Gottes, Messias, Retter und Erlöser sein lassen.
Der Gedanke, dass Jesus als Lehrer in unserer heutigen christlichen Verkündigung sowie im heutigen Gemeindeleben fehlt und das einen großen Schaden hinterlässt, führt Willard immer wieder aus. Für mich aber am prägnantesten an dieser Stelle:
Und als ob das nicht schon ausreichend wäre, schließt Willard diesen großartigen Abschnitt mit folgender Schlussfolgerung und Bestandsaufnahme.
Und hier liegt der Grund, warum wir Jesus als Lehrer in unserem Leben benötigen: Um weise zu leben, um verändert, transformiert und erneuert in einer Gesellschaft zu leben, die immer weniger nach den Geboten Gottes lebt.
Der Mensch nimmt reine Information auf und meint, damit schon Weisheit erlangt zu haben. Als ob Willard in’s Jahr 2023 hat vorausblicken können, um die ganzen Möchtegern-Influencer und Pseudo-Lebensverbesserer auf Instagram und in anderen sozialen Netzwerken zu entlarven. Denn genau hier geschieht es so oft: Wir werden mit nichts anderem als Information gefüllt – und meinen, weil es eine bestimmte Person gesagt hat, muss es gut, wahr und schön sein. Ist es aber nicht – es ist reine Information, von der noch nicht einmal gesagt werden kann, ob sie hilfreich ist oder nicht. Das alles geschieht tagtäglich tausendfach in den sozialen Netzwerken – auch auf Profilen von Christen. Man muss schon genau hinhören und sehen, wo es Weisheit und wo es reine Information gibt.
Für Willard maßgeblich ist Jesus als Lehrer – und um es fortzuführen: Genau das ist es, was wir heute benötigen: Influencer und Leiter, Normalos und Menschen wie du und ich, die Jesus als Lehrer akzeptieren, ihm nachfolgen und das weitergeben.
Die letzten Seiten / Kapitel des Buches widmet Willard der Frage, wie dies nun alles ganz praktisch umgesetzt werden kann – unter anderem auch in Jüngerschaftskursen in der theologischen Ausbildung.
Du musst es selbst erleben
Und damit meine ich das Buch. Denn es ist ein Erlebnis “Gott. Du musst es selbst erleben” zu lesen – aber eigentlich nicht nur zu lesen, sondern aufzunehmen, zu verarbeiten und umzusetzen.
Ich gebe dir aber zwei Tipps: Zum einen mach dir bewusst, dass das Lesen dieses Buches ein Marathon ist und kein Sprint. 700 Seiten lesen sich nicht mal nebenbei und es empfiehlt sich meiner Meinung nach auch nicht, irgendwo im Buch anzufangen, sondern es chronologisch zu lesen. Zum zweiten sollten Stift und Textmarker zu deinem ständigen Begleiter gehören, wenn du “Gott. Du musst es selbst erleben” liest. Nur so ziehst du den größten Gewinn aus der Lektüre.
Unterstützt wirst du dabei vom wirklich gelungen Layout des Buches, welches das Lesen vereinfacht und dir am Rand ausreichend Platz lässt für eigene Notizen und Anmerkungen. Und das, obwohl sich am Rand immer wieder zusammenfassende Sätze bzw. Zitate aus dem Text finden, was ich sehr hilfreich finde, um nicht selbst den Überblick zu verlieren.
Details zum Buch
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