In Gesellschaft, Kirche und Politik benötigen wird dringend Menschen, für die Innovation kein Fremdwort ist. Die Geschichte zeigt: Ohne sie würden wir heute noch mit der Kutsche zur Arbeit fahren, Abends die Kerze auslöschen und uns zum Schlafen auf Stroh betten.
Da es aber in der gesamten Menschheitsgeschichte immer wieder innovative Köpfe gab und gibt, macht unser Leben, unser Lebensstandard und unsere Lebensumstände erstaunliche Fortschritte – dank Innovation.
Wir benötigen mehr denn je Innovation in der Kirche
Mehr denn je benötigen wir auch in der Kirche innovative Köpfe, die sich mit dem “Status Quo” nicht zufrieden geben und denen ein “Das war schon immer so” herzlich egal ist. Nein, besser: Die ein “Das war schon immer so” erst so richtig anspornt, es anders zu machen.
Ich ärgere mich über solch einen Satz nur noch bedingt – mich spornt er an, meinem Gegenüber ganz einfach zu zeigen: “…und deswegen machen wir es jetzt mal ganz anders, weil es uns nicht sonderlich weit gebracht hat.”
Es gibt so ein Mythos, der besagt, dass innovative Köpfe innovativ geboren werden und wenn du nicht dazu gehörst, hast du einfach Pech gehabt. Ich sage: Nein! Definitiv nicht! Ich bin der festen Überzeugung, dass innovativ zu sein eine Gabe ist, die wir geschenkt bekommen – aber die wir auch zumindest teilweise erlernen können. Sicherlich ist ein gewisses Grundtalent nicht von schlechten Eltern. Und dennoch glaube ich aber, dass wir vieles lernen können, was Innovation angeht. Allen voran können wir über unsere Haltung und unsere Einstellung zu Innovation selbst entscheiden.
Dieser Artikel soll dir ein paar Gedankenanregungen geben, wie du innovativer werden kannst und wie du in deiner Gemeinde Innovation noch mehr den Boden bereiten kannst, als du es ohnehin schon tust. Vielleicht musst du in diesem Kontext gar nicht selbst der Innovator an sich sein, sondern bereitest anderen innovativen Köpfen in deiner Gemeinde den Weg. Das wird euch einen richtigen Schub nach vorne geben.
Leaders are readers
Dieser Grundsatz gilt für Leiter. Klar. “Leiter sind Lesende”. Definitiv. Aber ich würde sagen: Das gilt auch für Menschen, die innovativ sind. Sie lesen, lesen, lesen – weil dadurch ihr “think tank” immer mehr angefüllt wird. Und sie lesen nicht nur Fachliteratur – sondern kreuz und quer alles, was ihnen in die Finger kommt.
Blogartikel, Fachmagazine, Ratgeber, Sachbücher, Romane, den kicker – whatever. Ich glaube, es ist eine unterschätzte Grundfertigkeit: Lesen! Aber nicht das Lesen alleine ist es, was einen Menschen zur Innovation treibt, sondern wie er liest.
Ich entdecke mich immer wieder dabei, wie ich schon beim Lesen in Gedanken das Rad weiterspinne, die Geschichte weiter entwickle oder mich frage, wieso hier nicht etwas anderes steht. Und selbst wenn ich den “kicker” lese, beginne ich im Kopf nach Parallelen zur Gemeindearbeit zu suchen und was mich von dem, was ich da lese, jetzt inspirieren kann, meine Gemeinde noch besser werden zu lassen.
Darüber hinaus ist es schlicht und einfach auch die Menge an Content, welche ein Wissen vergrößert und verbreitert – und das kann nie schaden, weil Innovation niemals eindimensional verläuft.
Fokus auf die Innovation
Innovative Menschen, die mich am meisten inspirieren und prägen sind die, deren Fokus vollkommen klar ist. Sie verzetteln sich nicht mit tausend Dingen, sie wollen es erst recht nicht allen recht machen und sie wissen darum, dass sie nicht alles schaffen. Sie wissen aber auch: Die Zeit, die Kraft, die Ideen, die sie haben – die wollen sie richtig einsetzen. Das heißt nicht nur “volle Kraft voraus”, sondern: Voller Fokus auf die Innovation.
Gerade im kirchlichen Kontext höre ich dann immer wieder gerne Sätze wie: “Aber wir müssen doch alle mitnehmen” oder “Aber es beginnt doch alles ganz klein” oder “Jesus hat es auch nicht allen recht gemacht” – richtig. Gerade letzter Satz ist ein Eigentor aller Innovationswiderspenstigen in der Kirche.
Und ich bin der festen Überzeugung: als evangelische Landeskirche stehen wir beim besten Willen nicht in der Gefahr, unseren Fokus zu sehr auf Innovation zu richten. Solange immer noch davon ausgegangen wird, dass der liturgische Gottesdienst “Standard” ist und alle weiteren Gottesdienstformen “ergänzend” sind, hat das Schiff ziemliche Schieflage und bewegt sich alles andere als auf Innovationskurs.
Und wieso bedeutet Innovation bei manchen Menschen automatisch, man wolle andere Menschen “nicht mitnehmen”? Das ist eine bsolut irrationale Verhaltensweise und Argumentation, die einen Grund hat: die Angst vor Veränderung. Und die wiederum ist verständlich. Klar. Das Gehirn sucht nach Analogien, findet keine – also bekommt es ein wenig Muffensausen und fragt sich: “Wie wird das alles nur werden? Da bleibe ich doch lieber in der kuscheligen Komfortzone, die ich schon so lange kenne.”
Aber Leute, so wird das nix. Wenn wir uns als Kirche Innovation gegenüber in den Weg stellen, dann werden wir mit der Zeit sehen, dass Kirche einen noch viel größeren Relevanzverlust im Blick auf die Gesellschaft zu beklagen hat, als sie das ohnehin schon tut.
Gleichzeitig geschieht dieses “in den Weg stellen” sehr subtil – und oftmals auch gar nicht beabsichtigt – hoffe ich zumindest! Und ich rufe allen zu, die ihr Innovation möchtet:
“Haltet durch! Ihr seid nicht alleine!”
Fokus auf die Menschen
Ich möchte keinen Innovation um der Innovation willen, denn diese hat weder Nachhaltigkeit noch Sinnhaftigkeit. Deswegen geht der Blick und Fokus auch dorthin, wofür die Innovation sein soll. Auf deutsch: die Menschen!
Als Gemeindepfarrer beispielsweise ist es meine Aufgabe, für eine Gesamtgemeinde zuständig zu sein – und nicht für einzelne Gruppierungen. Es ist meine Aufgabe, dafür Sorge zu tragen, dass der Kurs, den wir als Gemeinde nehmen, der richtige ist für die Gesamtgemeinde – und nicht nur für einzelne Gruppierungen.
Ich bin froh und dankbar, dass ich das nicht alleine bewerkstelligen muss, sondern ein Team aus Haupt- und Ehrenamtlichen habe, einen Coach und nicht zuletzt eine wunderbare Ehefrau, die mir alle auf unterschiedliche Weise Kraft, Feedback aber auch Korrektur geben auf dem Weg.
Nur Sadisten erfinden etwas, das der Menschheit schadet. Kluge innovative Köpfe wollen mit ihrer Innovation der Menschheit dienen.
Das bedeutet: Lenke den Blick einfach mal auf die Menschen. Als Gemeindepfarrer gesprochen: Auch auf die, die noch gar nicht jeden Sonntag oder zu den Angeboten unter der Woche erscheinen. Warum? Sie haben keine Stimme!
Der Kirchenchor, die Jungscharen, die Senioren, die Alteingesessenen, die Jugendlichen – sie alle kommen vor. Wenn sie in deiner Gemeinde vertreten sind, dann haben sie auch eine Stimme und werden diese verwenden. Diejenigen aber, die noch gar nicht zur Gemeinde gehören, haben logischerweise keine Stimme. Und es ist deine Aufgabe als Leiter, gemeinsam mit deinem Leitungsgremium dieser Gruppe auch eine Stimme zu geben, damit das Orchester vollständig ist. Das vergessen leider nur viele.
Das bedeutet konkret: Wer sind diese Menschen? Wo leben sie? Wie leben sie? Was machen sie im Alltag? Wo sind ihre Lieblingsplätze? Was ist ihre Kultur? Wo “treiben sie sich rum”?
Fragen, die du ganz konkret anschauen kannst, um den Blick weg zu richten von der Innovation an sich und hin zu den Menschen, denen die Innovation zugute kommen soll.
Probieren geht über studieren
Innovative Menschen begeistern mich – weil sie etwas riskieren. Sie tüfteln ihre Ideen nicht bis zum Sanktnimmerleinstag aus, sondern sie erwischen gerade den richtigen Zeitpunkt, um in Aktion zu treten. Natürlich muss vieles bedacht und geplant werden – nicht umsonst sind wir Deutsche. Das Volk der Dichter, Denker und Ingenieure. Ich glaube, in kaum einem anderen Land wird so viel geplant und durchdacht, ehe etwas an den Start geht.
Nur leider – davon bin ich überzeugt – verpuffen viele, viele Ideen, weil sie nie “in Aktion treten”. Warum? Weil wir glauben, alles müsse zu 100% durchdacht, geplant, verschriftlicht und “wasserdicht” sein. Aber ganz ehrlich: Das ist stinklangweilig.
Lass uns doch von Kindern lernen! Mein Sohn ist ein grandioser Baumeister. In seinem Kopf formen sich Ideen und Gedanken und es vergeht kaum eine Woche, in der er nicht irgendetwas Faszinierendes gebaut hat. Und zwar nicht immer aus dem gleichen Material, nein – sondern ganz unterschiedlich.
Kinder machen sich auch ihre Gedanken, ob etwas funktionieren kann, wie etwas zusammenpassen kann. Aber sie treten viel früher “in Aktion” als wir Erwachsenen. Ansonsten würden wir nicht so viele Kinderaugen strahlen sehen, weil ein Gedanke, eine Idee, eine “Erfindung” tatsächlich funktioniert.
Ich möchte noch mehr Erwachsenenaugen strahlen sehen!
Und ich glaube, das ist dort möglich, wo wir nicht alles bis ins letzte Detail durchdacht, geplant und vorbereitet haben. Das ist dort möglich, wo unsere kindliche Sehnsucht und unsere Innovationskraft aufeinander treffen und sie einander sagen: “Ich halte es nicht mehr länger aus. Lass uns in Aktion treten!”
Der Punkt, an dem das virulent wird, ist eigentlich recht einfach zu identifizieren. Zu Beginn einer jeden Innovation steht eine Leidenschaft, eine Idee, es folgen Planungen, Treffen, Gespräche, Vision Casting und weitere Treffen auch mit anderen Leiterinnen, Leitern und Mitarbeitenden. Alles bekommt eine größere Dynamik, nimmt Fahrt auf. Pläne entstehen, Checklisten werden abgearbeitet – es geht vieles voran.
Und dann. Der Moment. Der Moment, in dem du merkst: Irgendwie geht’s gar nicht mehr voran. Die Planungen sind zwar alle schön und gut, aber sie wecken die Leidenschaft nicht in noch mehr Menschen und die eigene Leidenschaft wird auch nicht größer. Spätestens jetzt ist der Moment erreicht, in dem zumindest ein Teil der Innovation Realität werden muss – oder alles verpufft. Und das will kein Mensch!
Denk an die Menschen, für welche du diese Innovation vorantreibst. Ihr Leben wäre ärmer ohne diese Innovation!
Vertrauen auf Gottes Innovationswillen
Ja, diesen Begriff habe ich bewusst gewählt: Innovationswillen. Für mich drückt es nämlich noch viel mehr Gottes Wesen aus als der Begriff “Innovationskraft”, den du hier vielleicht erwartet hättest.
Gottes Wesen, sein Willen, ist durchdrungen von Innovation, von Erneuerung, von Neuschöpfung.
Als Gott begann, diese Erde, das Universum und alles Schöne zu erschaffen, war es sein Wille, der das alles begann. Dass er die Kraft dazu hat? Geschenkt! Aber den Willen, etwas ganz Neues zu erschaffen, musst du erst mal an den Tag legen. Gott war aber so sehr getrieben von seiner Liebe zu den Menschen, dass er nicht anders konnte, als diesem Innovationswillen nachzugehen (nicht nachzugeben!) und alles ins Rollen zu bringen, so dass wir eine wunderbare Schöpfung heute genießen können (und ja, leider, leider viel zu schlecht mit ihr umgehen).
Betrachten wir die Geschichte Gottes mit seinem Volk, so erkennen wir an vielen, vielen Stellen Gottes Willen zu Innovation. Er zeigt sich darin, dass er bereit war, ganz neue Wege zu gehen, ganz neue Dinge zu erschaffen, um seine geliebten Menschen zu retten und mit ihnen weiter den Weg zu gehen, den er mit ihnen gehen möchte.
- Noah ließ er eine Arche bauen – ohne Wasser weit und breit
- Abraham rief er aus gewohntem Umfeld heraus und führte ihn in ganz neues Land
- mit den Königen und Richtern schrieb Gott teils wundersame Geschichten
- Elija versorgte er übernatürlich
- Jona ließ er mithilfe eines Wals am Leben
- Jesus tat Wunder um Wunder
- die Jünger taten Wunder um Wunder
- die größte Bekundung des göttlichen Innovationswillen geschah am ersten Ostermorgen, als er Jesus von den Toten auferweckte
- die Apostel gründeten etwas Neues, was sie “die Gemeinde” nannten
- bis heute hört Gott nicht auf, mit seinem Willen zu bezeugen: er liebt Innovation
Innovation im Rahmen der Kirche trägt in sich eine zutiefst göttliche Verheißung, weil Gott selbst Innovation möchte.
Gott möchte nicht, dass seine Gemeinde, seine Braut, sein Leib, seine Kirche nur irgendwie daherkommt und ihr Dasein fristet. Nein, Gott liebt es, wenn seine Gemeinde, seine Menschen, für Innovation stehen, weil sie verstanden haben:
Ohne Innovation geht eine Kirche zugrunde.
Lass dich nicht entmutigen! Nicht jede Innovation zündet sofort. Aber keine Innovation ist auch keine Lösung. Lass dich nicht davon abbringen, sondern bleib dran.
Analysiere die Situation, bete und kommuniziere mit dem Heiligen Geist, umgib dich mit einem inspirierenden Team – und dann leg los. In Theorie und Praxis!
[…] Also. Nicht jammern, wenn was fehlt, sondern innovativ denken und handeln. Wie? Das kannst du hier nachlesen. […]