Das ehrlichste Buch, das ich bisher zum Thema “Sex – und was Gott sich dabei gedacht hat” gelesen habe. Und das hat für mich einen klaren Grund: Es ist die Lebensgeschichte von Christian Rossmanith. Wie ehrlich er in diesem Buch über Sex, One Night Stands, Enttäuschungen, Sehnsüchte und Lust schreibt, ist mir bisher in noch keinem frommen “Sex-Ratgeber” untergekommen. Aber der Reihe nach.
Zutiefst ehrlich
Es ist nicht nur die Story von Chris Rossmanith, welche das Buch so authentisch macht – es ist auch Tobi Teichens (Senior Pastor des ICF München sowie Leiter des ICF Movements Deutschland) ganz ehrliche Sichtweise auf Sexualität und Ehe. Beide – Chris und Tobi – gehen diese ganze “Sache” wie im Dialog an. Chris Rossmanith erzählt seine Story, seine Gedanken, seine Gefühle, seine Entscheidungen, seine Erlebnisse. Genauer: Er erzählt, seine Story, seine Bettgeschichten, seine Einstellung zu Sex, seine Erfahrungen mit One Night Stands in seinen frühen 20ern. Kurzum: Er war ein Kind seiner Zeit und ließ – so will ich das mal ein wenig salopp sagen – nichts anbrennen. Nicht, dass er von Bett zu Bett sprang, aber Sex ohne Beziehung, One Night Stands und eben “Freundschaft plus”, wie das heutzutage heißt, war sein Standard.
Demgegenüber der brave Herr Pastor Teichen – nein! Natürlich nicht! Auch er war nicht immer Pastor, war nicht immer von dem überzeugt, wie er heute über Sexualität denkt. Das schreibt Tobi ganz ehrlich. Dennoch ist er es, der in diesem Buch die biblischen Prinzipien über Sexualität darlegt und was das für einen (jungen) Menschen im 21. Jahrhundert bedeutet. Er spart nicht an Beispielen aus seiner Ehe mit Frauke.
Genialer Dialogstil
Was dieses Buch so einzigartig macht, sind zwei Faktoren.
Zum einen ist es die ganz ehrliche Geschichte von Christian Rossmanith, wie ich oben schon geschrieben habe. Er lebte eine Einstellung zu Sex und Beziehung, wie sie alles andere als von Gott gedacht war. Im Buch wird es auch erwähnt, dass er mit seinen Fragen und Ansichten, mit seinen Zweifeln und seinem Hinterfragen durchaus eine große Challenge für andere war. So schreibt Tobi über ihn:
Die persönliche Entwicklung von Chris Rossmanith (und hier will ich nicht zu viel spoilern) im Buch mitzuverfolgen, ist einfach großes Kino! Alleine das macht schon Spaß und das Buch zu einem echten Volltreffer.
Zum zweiten ist es aber der dialogische Stil. Es ist nicht so, dass Tobi und Chris die ganze Zeit im Frage-Antwort-Spielchen schreiben, das wäre auf Dauer dann doch recht anstrengend und eintönig. Aber auf Erlebnisse und Erfahrungen, die Christian berichtet, “antwortet” Tobi Teichen mit theologischen/biblischen Ausführungen. Und das Schöne: er antwortet nicht platt. Was ganz am Anfang des Buches steht, zieht sich wie ein roter Faden durch selbiges:
Und genau diese “Liebe und Wertschätzung” wird nicht nur inhaltlich in der Frage nach einer gesunden Beziehung auf den ersten Platz gestellt, sondern auch methodisch, weil niemand – egal welches Lebenskonzept er vertritt – durch die Ausführungen der beiden Autoren schlecht gemacht oder abgelehnt wird. Die Liebe und Wertschätzung, welche die beiden als “Erfolgsgarant” in Beziehungen sehen, ist für sie Handlungsmaxime im Schreiben dieses Buches. Das spürt man zwischen den Zeilen – und das tut so gut.
Ohne, dass es ein Pastoren-Pingpong wird, ist diese Abwechslung richtig gut gelungen. Das Zusammenspiel zwischen Chris und Tobi gibt dem Buch die gewisse Würze, das Extra, das Besondere. Vor allem gegen Ende des Buches sind es noch weitere authentische Kurzberichte von jungen Menschen mit ihren Erfahrungen rund um Sex.
Das Schöne: an keiner Stelle wird das Buch peinlich, voyeuristisch oder obszön. Dennoch ist es ehrlich, “auf die 12” und redet nichts schön. Diesen Spagat muss man erst mal schaffen – in “Love. Sex. God.” ist er geglückt.
Göttliche Prinzipien und Q&As
Inhaltlich geht es um göttliche Prinzipien, die in dem oben erwähnten dialogischen Stil nicht einfach nur abgearbeitet sondern alltagsrelevant durchdacht und reflektiert werden. Es geht um Themen wie Bindung, Reinheit, Lust und “3 Gründe für Sex innerhalb der Ehe“.
Besonders spannend (klar, als Theologe) fand ich das kurze Kapitel “Parallelen zu Jesus“.
Ohne es explizit zu nennen oder es gar als Werbebanner auf jeder Seite zu drucken, ist “Love. Sex. God.” ein großes Plädoyer für die Ehe – nein: Eben nicht nur für “Sex gehört in die Ehe” (auch wenn das deutlich wird), sondern für die Ehe als solche.
Es geht um die Frage nach dem eigenen Wert, nach der eigenen Identität – aber auch darum, wie wir den Mitmenschen, den Nächsten und vor allem das Gegenüber sehen, das für eine Beziehung in Frage käme: Ist der andere dafür da, meine sexuellen Bedürfnisse zu erfüllen oder wäre das nicht eine verkürzte Sicht auf den anderen? Klar – die Antwort liegt auf der Hand. Aber entfalte das mal theologisch, anthropologisch, alltagsrelevant für junge Menschen im 21. Jahrhundert ohne zu verurteilen, zu verletzen aber auch ohne mit der eigenen Meinung hinter’m Berg zu halten.
Warum es Tobi und Chris gelingt? Weil ich ihnen ihre Story, ihre Fragen, ihre Überzeugungen abnehmen – das nennt man “Authentizität”. Und diese zieht sich von Anfang bis zum Ende durch dieses Buch.
Genial ist der Gedanke mit den “Q&As” oder “Fragen und Antworten”, wie das 11. Kapitel genannt wird. Dort geht’s um ganz praktische und lebensnahe Fragen wie:
- Wo steht in der Bibel, dass ich keinen Sex außerhalb der Ehe haben sollte?
- Wie weit sollten wir körperlich gehen?
- You want to try before you buy?
- Was ist das Problem mit Pornografie?
- Wie gehe ich damit um, wenn andere mich für meine Sichtweise mobben?
- Ist kein Sex vor der Ehe eine Garantie für guten Sex in der Ehe?
Absolut genial ist die Umsetzung dieser Q&As: Sie werden schon – rot markiert – in den vorherigen Kapiteln angeführt bzw. der Leser darauf verwiesen nach dem Motto: “Dir kommt gerade diese Frage? Dann schau mal hinten nach – dort haben wir sie in den Q&As beantwortet.”
Ebenso gibt es immer wieder Zusammenfassungen und “Next Steps”-Anregungen. Dadurch behält das Buch seinen praxistauglichen und lebensnahen Charakter.
Das Auge liest ja bekanntlich mit – und es kommt auf seine Kosten mit schönen Fotos, tollem Layout, Zeichnungen/Sketches und einer Gesamtaufmachung, die einfach “was hermacht”.
Gesamtgestaltung: Sophia Lasson, München (www.sophialangner.com)
(Nicht nur) für junge Menschen
Immer wieder habe ich mich beim Lesen gefragt: “Wem würde ich dieses Buch eigentlich empfehlen?” Meiner Meinung nach braucht es eine gewisse kognitive Voraussetzung, um manche Zusammenhänge aber auch Fragestellungen zu verstehen, die sich aber ganz organisch aus den Lebenszusammenhängen junger Menschen ergeben, die sich im späten Jugendalter und vor allem im jungen Erwachsenenalter befinden.
Also genau das Alter, in dem es um Sexualität, Beziehungen und auch Ehe geht. Aber natürlich beinhaltet das Buch selbst jede Menge Wahrheiten und Einsichten, die auch erwachsenen Menschen altersunabhängig gut tun im Blick auf ihre Sexualität.
Natürlich ist der Inhalt vom christlichen Glauben geprägt und mit vielen Stellen aus der Bibel unterlegt – das ist auch gut so und das sollte nicht verwunden, wenn man sich den Titel “Love. Sex. God.” anschaut. Dennoch bin ich nicht der Ansicht, dass dieses Buch nur für Christen geeignet wäre – im Gegenteil. Was Chris und Tobi nämlich auf wunderschöne Weise herausarbeiten und immer wieder klarstellen: Gott hat dem Menschen die Sexualität geschenkt, damit der Mensch diese in Würde und gegenseitiger Achtsamkeit genießt. Von wegen “Christen sind Spaßbremsen” und so – das mag auf manche Christen zutreffen, aber nicht auf Gott. Insofern ist dieses Buch auch ein großartiges Plädoyer dafür, dass Gott und Sex keine Gegensätze sind, sondern Sexualität eine wunderschöne “Erfindung” Gottes ist.
Zwei Nachbemerkungen
Und für alle, die jetzt schon kritisieren: Natürlich ist das Buch von zwei Männern geschrieben und damit sehr “Männerperspektive-lastig”. Logisch. Kann man aber drauf kommen, wenn man sich schlau macht, dass es zwei Männer sind, die das Buch schreiben. Es kommen gerade in den Erzählungen von wahren Erlebnissen auch Berichte von Frauen vor, es überwiegt aber bei weitem die Sicht von Chris und Tobi. Dessen muss man sich einfach nur bewusst sein, weswegen ich aber nicht sagen würde, dass dieses Buch nur für Männer wäre.
Ebenso mag es nicht für jeden Single geschrieben sein. Aus meiner Erfahrung in der Gemeindearbeit erlebe ich Singles sehr unterschiedlich. Da sind die einen, die sich mit Themen rund um Partnerschaft und Ehe auseinandersetzen und es gibt die, denen es schwerfällt, über ihr Singlesein hinaus zu denken und es als den “Normalfall” deklarieren. Heißes Eisen also.
In der Bibel – vor allem im Neuen Testament – ist jedoch deutlich und mehrfach die Rede davon, dass der “Normalzustand” die Ehe ist und nicht die Ehelosigkeit. Insofern darf hier nicht die Kritik aufkommen, dass es ein großes Plädoyer für die Ehe sei, was das Buch in meinen Augen berechtigterweise nämlich ist. Gleichzeitig gilt es natürlich vor allem in diesen bindungsgestörten und bindungserschwerenden Zeiten sensibel dafür zu sein, dass eine lebenslange und in gegenseitiger Liebe verantwortete Beziehung nicht vom Himmel fällt. Aber auch das verschweigt “Love. Sex. God.” nicht.
Insofern: Ich bleibe bei meiner Einschätzung, die ich zu Beginn getroffen habe, dass dieses Buch das ehrlichste und inspirierendste Buch ist, das ich zu diesem Thema bisher gelesen habe.
Keine platten Antworten, keine fromme Floskeln, sondern ehrliche Geschichten, in denen es um Sehnsucht nach Leben, die Frage nach der eigenen und des anderen Identität geht – und Leid. Es geht um Leid, um Schmerz, um Verlust – und um Versöhnung, Gnade und Vergebung.
Wäre es ein Roman, würde ich sagen: Es ist alles drin! Aber es ist mehr als ein Roman – es ist ein Ratgeber, ohne besserwisserisch daherzukommen. Es ist vollgepackt mit göttlichen Prinzipien – ohne mit der frommen Keule zu drohen. Es ist ehrlich und authentisch – ohne peinlich zu sein.
Kurzum: Es ist das beste Buch, das ich bisher zum Thema “Sex. Liebe. Gott. Und wie das alles miteinander zusammenhängt” gelesen habe.