Welche Bedeutung hat eigentlich das “Alte Testament” für den christlichen Glauben?

Schaut man sich landauf landab in der kirchlichen Szene ein wenig um, könnte man den Eindruck bekommen, dass die Antwort lautet: “Nicht wirklich eine große!”

Aber leider ist das schlecht und dem christlichen Glauben alles andere als zuträglich. Oder um es noch deutlicher zu formulieren: Die ganz persönliche Gottesbeziehung eines Christen ist defizitär, wenn man sich keine Gedanken darüber macht, wie das “Alte Testament” und das “Neue Testament” zusammenhängen und inwiefern Gott der selbe im “Alten” wie im “Neuen” Testament ist.

Insofern kann ich schon vorab sagen, dass ich Tobias Teichen, Pastor des ICF München (www.icf-muenchen.de) und Leiter des ICF Movements Deutschland (www.icf.ch/movement/) zutiefst dankbar bin, dass er dieses Buch geschrieben hat und eine – wie ich finde – äußerst treffende Entscheidung vorgenommen hat: Er bezeichnet nach einigen Seiten des Buches das “Alte Testament” als den “ersten Teil der Bibel” und das “Neue Testament” als den “zweiten Teil der Bibel”.

Ganz einfach aus dem Grund, da die Bezeichnungen “alt” und “neu” suggerieren, dass das Neue das Alte ersetzen und das Alte nun nicht mehr wichtig oder aktuell wäre. Wenn doch im Sprachgebrauch der Theologie und Verkündigung dies noch mehr berücksichtigt werden würde – ich fasse mich an der eigenen Nase.

Inhaltlich ist dieses Buch eine Schatzkiste aus vielen, vielen kleinen und großen funkelnden Edelsteinen. Mitunter konnte ich das Buch einfach nicht aus der Hand legen und musste mich manchmal schon dazu zwingen, weil andere Dinge einfach dran waren.

Teichen betrachtet den Bund mit Abraham, mit Mose und mit David. Soweit so gut. Alleine die Schätze, die in diesen Kapiteln zu Tage kommen, sind schon sehr groß. Doch größer wird der Schatz dadurch, dass Teichen eine theologische Entscheidung trifft und diese auf jeder Seite des Buches durchzieht: Er betrachtet den ersten Teil der Bibel mit meiner bestimmten Brille, wodurch der zweite Teil nichts anderes als einfach nur die logische Fortsetzung des ersten Teils ist, in dem sich Jesus Christus immer wieder findet. Dieses Erkenntnisse sind absolut spannend und genau das Essentielle, das in meinen Augen dieses Buch ausmacht und ein echter Gewinn ist.

So wird natürlich ganz besonders deutlich, weshalb der erste Teil der Bibel auch heute noch eine Relevanz für Christen hat und weshalb er nicht einfach “überholt” ist – eben: erster/zweiter und nicht alt/neu. Die Sensibilität in der Benennung der Teile macht durchaus Sinn, weil sie mehr als eine äußerliche Klassifizierung ist sondern ein inhaltliches Statement.

In den letzten beiden Kapiteln widmet sich Teichen zum einen der Frage, welche Bedeutung das heutige Israel für Christen hat und wie man als Christ zu Israel stehen sollte. Dabei skizziert er pointiert unterschiedliche Standpunkte und benennt schonungslos auch negative Tendenzen innerhalb der Kirche im Blick auf Israel.

Zum anderen spielt zum Abschluss die Frage eine Rolle: “Juden und Christen – Geschwister mit Zukunft?” Welches Verhältnis sollten Christen heute zu (messianischen) Juden haben? Und wie sieht das für die Zukunft aus? Was sagen biblische Texte und Verheißungen dazu? Spannend! Absolut spannend, informativ, lesenswert und aktuell!

Das Schöne an diesem Buch ist, dass Tobias Teichen seinen Predigtstil verschriftlicht hat: Verständlich, auf den Punkt, locker, akzentuiert und herausfordernd. Das macht es natürlich äußerst angenehm, dieses Buch zu lesen. Zudem verwendet er viele Beispiele aus dem persönlichen oder gemeindlichen Leben, die das Thema noch wesentlich anschaulicher machen.

Auffallend ist darüber hinaus natürlich die grafische Gestaltung. Ein echter Hingucker. Das kann man nicht beschreiben – das muss man gesehen haben. Die Illustrationen und Fotos regen ebenso zum Nachdenken an wie der Text an sich. Also alles andere als eine trockene theologische Abhandlung. Versprochen! Und das, obwohl ich sagen würde, dass ich alleine aus diesem Buch sehr viel mehr gelernt haben und “gezogen” habe, als aus vielen, vielen anderen “trockenen Büchern” über den ersten Teil der Bibel (…ich lerne dazu…).

Oder um es einfach zu sagen: Inhaltlich bietet dieses Buch momentan für mich mit Abstand den meisten Gewinn, was das Verstehen und die Bedeutung des ersten Teils der Bibel betrifft. Und das würde ich persönlich eben genau an der Frage festmachen: Wer ist Jesus? Es gibt viele Bücher, welche den Zusammenhang aus erstem und zweitem Teil der Bibel darstellen. Das Besondere für mich an diesem Buch ist der Fokus darauf, wie Jesus schon im ersten Teil der Bibel vorkommt. Natürlich ist dies auch eine theologische Positionierung – aber ohne diese müsste die Frage doch wirklich gestattet sein, welche Bedeutung der erste Teil der Bibel für Christen heute noch hat. Weil aber Jesus selbst im ersten Teil so oft vorkommt, erklärt es sich von alleine, dass dieser Teil der Bibel nicht “überholt” für Christen sein kann.

Alles in allem kann ich sagen: Ein absolut gelungenes Buch für jeden Christen, der den Wurzeln seines Glaubens auf die Spur kommen möchte. Aha-Effekte sind garantiert und ich würde es am liebsten als “Standardwerk” empfehlen für alle, die predigen oder in irgendeiner Weise leitend verantwortlich sind in einer Gemeinde, da das Wissen und das Fragen nach den Ursprüngen christlichen Glaubens meines Erachtens kein nettes Gimmick sondern Basics des Glaubens und der Lehre sein sollten.

Roots. Auf der Suche nach dem Ursprung des Glaubens
Tobias Teichen: Roots. Auf der Suche nach dem Ursprung des Glaubens

Verlag: SCM Hänssler

240 Seiten / 16,95 EUR

Überblick der Rezensionen
Relevanz
10
Lesbarkeit
8
Erscheinungsbild
9
roots-auf-der-suche-nach-dem-ursprung-des-glaubensVerständlich, auf den Punkt, locker, akzentuiert und herausfordernd. Die Ursprünge de christlichen Glaubens relevant und lebensnah erklärt. Das Verhältnis von "Altem Testament und "Neuem Testament" grundlegend erklärt. Jetzt schon ein Klassiker! Wetten!?

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