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Wo ist Gott, wenn man ihn mal braucht?

In der Ukraine tobt ein menschenverachtender Krieg, immer mehr Menschen kommen zu uns nach Deutschland. Das Leid ist unerträglich groß. Die Bilder sind teilweise nur schwer auszuhalten. Es ist die Hölle auf Erden. Kinder werden ermordet, Schulen und Kliniken bombardiert, unschuldige Zivilisten getötet, die Infrastruktur für Jahre am Boden, Städte dem Erdboden gleichgemacht – und wo ist Gott, wenn man ihn mal braucht?

Die Fragen kommen, die Zweifel nagen: Wieso greift Gott nicht ein? Wieso lässt er das zu, was in der Ukraine geschieht? Was denkt sich Gott eigentlich bei dem Ganzen?

Natürlich steckt dahinter die seit Jahrhunderten nicht geklärte „Theodizeefrage“ – verkürzt gesagt: „Warum lässt Gott Leid zu?“ Ich werde in diesem Beitrag auf diese Frage nicht eingehen. Sorry.

Mit diesem Beitrag möchte ich etwas ganz anders. Ich möchte dir Gedanken mitgeben, die dir helfen, mit dieser unerträglichen Situation konstruktiv umzugehen – denn: Wenn du diesen Artikel liest, bist du mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit kein direktes Kriegsopfer sondern schaust ähnlich wie ich fassungslos und manchmal wie in Schockstarre auf dieses Geschehen. Und immer mal wieder fragst du dich: „Wo ist Gott, wenn man ihn mal braucht?“

Vorausgesetzt, diese Frage rührt bei dir genauso wie bei mir daher, dass du dem Leid, der Not und dem Elend gerne ein Ende bereiten würdest und nicht daher, dass du ein übermächtiges Wesen anflehen möchtest, mit Blitzen aus dem Allerwertesten einem Tyrannen dessen Ende zu bereiten.

Am Ende des Artikels findest du Bibelstellen. Es sind Verse aus den „Psalmen“, einer großen Gebetssammlung in der Bibel. Diese bringen zum Ausdruck, was viele Menschen spüren: Ohnmacht. „Kleinsein“. Nicht-Wissen. Perspektivlosigkeit. Sie bringen aber noch etwas zum Ausdruck: Gottes Güte. Seine Gnade. Unendliche Liebe. Die Macht, dem Leiden ein Ende zu machen. Die Stärke, über jeden Tyrannen erhaben zu sein.

Denn genau davon bin ich überzeugt, auch wenn immer wider Zweifel um die Ecke kommt: Gott hat nicht die Kontrolle über diese Welt verloren (es ist auch nicht der erste Krieg, der auf dieser Welt tobt). Ebenso wenig hat er aufgehört, die Menschen zu lieben. Seine übernatürlichen und wundervollen Wege, Menschen zu helfen, sind ungebrochen real.

Wenn du dich das nächste Mal fragst: „Wo ist Gott, wenn man ihn mal braucht?“ lies zuerst diese Verse. Du wirst feststellen, dass schon viele Menschen vor dir genau diese Frage gestellt haben. Wo sie mit einem offenen Herzen und einem Mindset, in dem Hoffnung auf Gottes Eingreifen zu finden ist, sich seinem Wesen und Wirken nicht verschlossen haben, fanden sie Hoffnung und Perspektive.

Und das wirst auch du finden und alle, die unter dieser Situation leiden und sich immer wieder fragen: „Wo ist Gott, wenn man ihn mal braucht?“

Hab Erbarmen, Herr, mir ist so elend! Heile mich, Herr, ich habe keine Kraft mehr in den Gliedern! Ich weiß keinen Ausweg mehr. Wie lange noch, Herr? Lass ab von deinem Zorn! Rette mich! Hilf mir, du liebst mich doch!Psalm 6,3-5
Steh auf, Herr! Greif doch ein, Gott! Vergiss nicht die Schwachen, nimm sie in Schutz! Lass nicht zu, dass die Schurken dich missachten! Warum dürfen sie sagen: „Er straft uns ja nicht“? Aber du bist nicht blind! Du siehst all das Leiden und Unheil und du kannst helfen. Darum kommen die Schwachen und Waisen zu dir und vertrauen dir ihre Sache an.Psalm 10,12-14
„Weil die Elenden Gewalt leiden und die Armen seufzen, will ich jetzt aufstehen“, spricht der HERR, „ich will Hilfe schaffen dem, der sich danach sehnt.“Psalm 12,6
Ich vertraue auf deine Gnade. Ich freue mich, dass du mich retten wirst. Ich will dem Herrn ein Loblied singen, weil er so gut zu mir war.Psalm 13,6
Mit dir, mein Gott, erstürme ich Schutzwälle, mit dir springe ich über Mauern. Alles, was dieser Gott tut, ist vollkommen, was der Herr sagt, ist unzweifelhaft wahr. Wer in Gefahr ist und zu ihm flieht, findet bei ihm immer sicheren Schutz. Kein anderer als der Herr ist Gott! Nur er, unser Gott, ist ein schützender Fels! Er ist es, der mir Kraft zum Kämpfen gibt und einen geraden, gut gebahnten Weg.Psalm 18,30-33
Der Herr ist allen nahe, die verzweifelt sind; er rettet die, die den Mut verloren haben. Wer auf den Herrn vertraut, erleidet zwar vieles, doch der Herr errettet ihn aus aller Not.Psalm 34,19-20
Herr, erhöre meine Gebete, denn deine Gnade tröstet mich. Wende dich in deiner großen Barmherzigkeit zu mir und sorge für mich. Verbirg dich nicht vor mir, erhöre mich bald, denn meine Angst ist groß! Komm und rette mich, befreie mich von meinen Feinden.Psalm 69,17-19
Herr, aus tiefster Verzweiflung schreie ich zu dir. Herr, höre mein Rufen und vernimm mein Gebet! Herr, wenn du unsere Sünde anrechnen würdest, wer, Herr, könnte da bestehen? Doch du schenkst uns Vergebung, damit wir lernen, dich zu fürchten. Ich hoffe auf den Herrn von ganzem Herzen, und ich vertraue auf sein Wort. Ich warte auf den Herrn, mehr als die Wächter auf den Morgen, ja, mehr als die Wächter auf den Morgen.Psalm 130,1-6

Und am Ende bleibt: Wo immer wir hingehen, wie immer wir uns fühlen, was immer unsere Gedanken sind: Gott ist und bleibt gut – und er ist da. Im Leid. Bei den Menschen aus der Ukraine. Bei dir. Bei mir.

Doch ich gehöre noch immer zu dir, du hältst meine rechte Hand. Du wirst mich nach deinem Rat leiten und mich schließlich in Ehren aufnehmen. Wen habe ich im Himmel außer dir? Du bist mir wichtiger als alles andere auf der Erde. Bin ich auch krank und völlig geschwächt, bleibt Gott der Trost meines Herzens, er gehört mir für immer und ewig. Die aber, die dich verlassen, werden umkommen, denn du vernichtest alle, die sich von dir abwenden. Doch mir geht es gut, weil ich mich nahe an Gott halte! Ich setze meine Zuversicht auf den allmächtigen Herrn. Von seinen wunderbaren Werken will ich allen erzählen.Psalm 73,23-28

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Liebe EKD, ich bin stinksauer!

Liebe EKD,

2021 sind so viele Menschen aus der Kirche, äh also aus „dir“, ausgetreten wie noch nie in einem Jahr. Logisch, dass du dich dazu äußern musst in Pressemitteilungen und Statements. Aber warum um alles in der Welt offenbarst du darin wie sehr du dich von der Realität verabschiedet hast? Halt, Stop! Vielleicht ist das sogar gar nicht schlecht, damit die Menschen wissen, wie du wirklich tickst.

Ich habe in den vergangenen Tagen einen Artikel in der Online-Ausgabe der Zeitung „DIE WELT“ gelesen. In diesem Artikel kommen deine beiden ranghöchsten kirchenleitenden Personen zu Wort: Die EKD-Ratsvorsitzende Annette Kurschus und die Präses der EKD-Synode Anna-Nicole Heinrich. Und was die beiden da sagen, hat mir wirklich die Sprache verschlagen, mich mit offenem Mund dasitzen lassen und hätte mir wohl auch noch Kopfschmerzen bereitet, so oft wie ich meinen Kopf an die Tischkante hätte hauen müssen, was ich aber zum Glück unterlassen habe.

Frau Heinrich und Frau Kurschus haben tatsächlich nichts Besseres zu tun, als die Gründe für die massive Austrittswelle in der Sterblichkeit durch Corona zu suchen, die Aussagekraft von Zahlen klein zu reden oder zu behaupten, es ginge „um nichts Geringeres, als mit unseren grundlegenden Werten eine Welt in Frieden und Freiheit mitzugestalten“.

Super – da hast du dich mal wieder in eine schöne Floskel geflüchtet, die keinem Menschen etwas hilft. Unabhängig davon: Hast du dir schon mal Gedanken gemacht, dass „eine Welt in Frieden und Freiheit mitzugestalten“ die DNA von ganz vielen NGOs und Parteien ist, die das Ganze auch noch wesentlich besser können als du? Die WELT schreibt in ihrem Artikel zurecht, dass du dir die Menschen, denen das ein Anliegen ist, nun mit den Parteien und NGOs teilen musst.

Und die Menschen sagen offensichtlich: Tschüss, EKD, ich brauche dich nicht mehr! Kein Wunder - du hast dich viel zu sehr von dem entfernt, was Kirche wirklich ist und: Du hast dich von den Menschen verabschiedet.

Ich schwanke zwischen „peinlich“ und „arrogrant“ wie ich die Reaktion deiner beiden ranghöchsten kirchenleitenden Personen finden soll. Ganz im Ernst: Wie billig ist das denn, die Hände vor die Augen legen, um ja der Realität nicht in’s Angesicht blicken zu müssen und zu rufen: „Die anderen sind schuld! Ich nicht!“

Es ist zum Fremdschämen! Und ich bin stinksauer, das kannst du mir glauben. Wie kann man nur die Augen so sehr vor der Realität verschließen?

Liebe EKD,

ich glaube, dass dein größtes Problem aber ganz woanders liegt. Ich weiß, ich bin nur ein kleiner, unbedeutender Pfarrer vom Lande im äußersten Zipfel unserer Republik, aber ich mache mir halt so meine Gedanken und komme zu dem Schluss: Dein größtes Problem ist deine geistliche Selbstbeschränkung! Du scheust dich, darauf hinzuweisen, dass Jesus Christus ein Vermächtnis hinterlassen hat und du scheust dich, dieses Vermächtnis selbst zu leben. Es lautet nicht „soziale Gerechtigkeit“, auch nicht „Grüner Gockel“ und auch nicht „Interreligiöser Dialog“. Alles wichtige Dinge – aber nicht primäre Aufgabe der Kirche, wird von dir aber seit Jahren und Jahrzehnten rauf und runter propagiert, als ob es nichts Wichtigeres gäbe.

Dieses Vermächtnis, der Auftrag, den Jesus gegeben hat, steht in der Bibel - und ja, da wäre noch so ein Problem: Du - wohlgemerkt als Kirche - wirst jetzt lächeln und sagen: "Jetzt kommt der Brunner mit der Bibel an, der fromme Dorfpfarrer!" Ja, ich tu es. Und dieses Vermächtnis Jesu lautet: "Macht zu Jüngern alle Völker!" (Matthäus 28) 

Das ist dein Kernauftrag – Menschen zu Jüngern von Jesus zu machen. Und das versäumst du kolossal. Wie wäre es, du würdest dich wieder darauf besinnen? Eigentlich ist es nicht schwierig, aber es braucht Mut. Am Anfang steht die Verkündigung, die zum Ziel hat, Menschen zum Glauben an Jesus Christus einzuladen und, dass sein Tod am Kreuz die Vergebung aller Schuld bewirkt um als „neuer Mensch“ (2. Korinther 5,17) einen Unterschied in dieser Welt zu machen.

Wie wäre es, du würdest die Reihenfolge von Glaube und Ethik mal wieder richtig ordnen und erst zum Glauben rufen und nicht moralintriefend weltverbessernde Parolen durch die Gegend schleudern?

Das klingt dir zu fromm, gell?

Aber es ist der Dreh- und Angelpunkt. Du hast, wie Alexander Garth (seines Zeichens Pfarrer an der Wittenberger Stadtkirche, du weißt schon – die Stadt, in der schon mal eine Reformation losgetreten wurde) es bezeichnet, eine „beschädigte Christologie“. Falls du Zeit hast, lies doch mal sein großartiges Buch „Untergehen oder umkehren„.

Du hast Jesus zu einem Moralapostel und Weisheitslehrer verkommen lassen, aber akzeptierst einfach nicht, dass sein Tod am Kreuz allein der Ort ist, durch den Menschen vor Gott gerecht werden und für Zeit und Ewigkeit gerettet werden. Sogar dein Bodenpersonal, also die, die sich Pfarrer und Pfarrerin nennen, glauben nicht mal mehr alle, dass Jesus Gott ist. Was läuft da schief im Staate EKD?

Aus dieser beschädigten Christologie erwächst einfach so viel Ungutes: verkrustete Strukturen, altbackene Gottesdienste und eine verschobene Ekklesiologie, bei der sich die Menschen zurecht fragen: „Wozu um alles in der Welt benötige ich eigentlich noch die Kirche?“ Und noch viel schlimmer: Du machst dich schuldig an den Menschen, denen du ein falsches Evangelium verkündigst.

In dieser Form benötigen dich die Menschen auch nicht! Sie brauchen dich dann, wenn sie darin Antworten auf „die letzten Fragen“ finden und nicht Antworten auf Fragen, die sie entweder nicht stellen oder wo Parteien und NGOs die wesentlich glaubwürdigeren Antworten liefern.

Kleiner Hinweis am Rande. Du redest doch so gerne von Ökumene. Dann richte doch mal den Blick über die Grenzen der so genannten „Landes-“ oder „Staatskirchen“ und schau, wo weltweit Gemeindewachstum geschieht, wo Menschen in großem Maße zum Glauben an Jesus Christus kommen und Veränderungen von ganzen Gesellschaftsstrukturen stattfindet: Es ist dort, wo das Vermächtnis Jesu als Kern gepredigt und gelebt wird – und ob du es hören willst oder nicht: Es ist in Gemeinden und Gemeinschaften, die „frei“ sind und sich „Freikirchen“ nennen.

Liebe EKD,

es mag abgedroschen klingen, aber ich glaube du musst dich neu auf deinen "unique selling point" (USP) konzentrieren: Die Einzigartigkeit von Jesus Christus, das Verkündigen des Evangeliums, die Kraft des Glaubens, die Einzigartigkeit der Gnade Gottes - wie auch immer du es nennen magst, aber du hast doch etwas zu geben, was niemand sonst hat - kein Verein, keine Partei, keine andere Organisation. Du trägst einen Schatz in dir, den du nicht einmal kräftezehrend heben musst, sondern der dir anvertraut ist. Hör doch endlich auf, dich unter Wert zu verkaufen!

Dieser USP ist unveränderlich, dein Inhalt ist unveränderlich – die Form aber muss sich ändern und zwar schneller und öfters, als es dir wohl lieb ist, damit du wieder bei den Menschen ankommst, in ihren Alltag passt, mit ihrem Lebensgefühl korrelierst und nicht wie ein unliebsamer Fremdkörper wahrgenommen wirst.

Dummerweise machst du es genau andersrum: Du meinst, am Inhalt drehen zu müssen und die Form zu belassen, durch die du seit 1950 über die Hälfte deiner Mitglieder verloren hast.

Liebe EKD,

jetzt habe ich mir ein bisschen den Frust von der Seele geschrieben. Ich bin schon gar nicht mehr so sauer – enttäuscht aber trotzdem, wie du in aller Öffentlichkeit nur so scheinheilig daher kommen und die Augen schließen kannst vor den wirklichen Gründen deines großen Mitgliederschwundes.

Weißt du, was mich trotz allem wenigstens ein bisschen hoffnungsvoll bleiben lässt? Es gibt so viele Gemeinden und Initiativen die so ganz anders sind als du, obwohl sie irgendwie auch zu dir gehören, weil sie Landeskirche sind. Aber einige haben es sich nicht nehmen lassen und gehen treu ihrem USP nach. Dort geschieht geistliches Wachstum, dort sind Gemeinden lebendig, dort ist Christsein ansteckend und Gottesdienste gut besucht. Dort verändern Christen ihr Umfeld und nehmen Einfluss auf die Gesellschaft, dort sind sie im besten Sinne Influencer.

In den meisten Fällen geschieht das dort, wo du bei unverändertem USP ein ziemlich großes Anti-Aging-Programm bekommen hast. Da werden Gottesdienste in einer Sprache, mit einem Ablauf (du nennst es Liturgie) und mit Musik gefeiert, die Menschen im 21. Jahrhundert hören und ihr Alltagsempfinden widerspiegeln. Dort investieren Gemeinden nicht nur in Steine (um sich finanziell umzubringen beim Erhalt „altehrwüdiger“ Gebäude) sondern in Beine (weil sie in Menschen investieren und zusätzliches Personal anstellen) und treffen sich in vielen Kleingruppen, weil sie verstanden haben, dass (ganz nach Apostelgeschichte 2,42-47) Kirche immer „das Große“ (den Gottesdienst für alle) und „das Kleine“ (spezifische Kleingruppen) braucht. Dort wird Menschen aufopferungsvoll und leidenschaftlich dienend in den jeweiligen Herausforderungen hilfreich zur Seite gestanden und über die Maßen viel Geld gespendet.

Liebe EKD,

ich wünsche dir weniger peinliche Auftritte in der Öffentlichkeit und den Mut, dich klar zu Jesus Christus zu bekennen, was deinem Bodenpersonal mitunter schwerfällt, denn oft ist von „Gott“ die Rede, aber wenig von „Jesus“. Aber ein von dir vollkommen zurecht geschätzter Theologe sagte einmal:

Ein Christentum ohne den lebendigen Jesus Christus bleibt notwendig ein Christentum ohne Nachfolge, und ein Christentum ohne Nachfolge ist immer ein Christentum ohne Jesus Christus; es ist Idee, Mythos.Dietrich Bonhoeffer

Ich würde mich so freuen, eines Tages die Headline in der Zeitung zu lesen: „EKD besinnt sich auf ihr Alleinstellungsmerkmal: Jesus Christus“. Das wäre ein Fest, glaub mir! Damit würdest du – wenn es dir ein Anliegen ist – den rasanten Mitgliederschwund aufhalten können.

Oder um es auf eine einfache Formal zu bringen: Verändere dein Äußeres, nicht dein Inneres! Verändere deine Form, aber niemals deinen USP. Ich bin weder Prophet noch habe ich die Weisheit mit Löffeln gefressen. Aber ich könnte wetten, dass dieser Weg besser wäre. Einen Versuch wäre es doch wert, oder?

Ganz herzliche Grüße und Segenswünsche sendet dir

David Brunner


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Gebet für die Ukraine – Marathon statt Sprint

Seit ca. zwei Wochen ist Krieg in der Ukraine. Schnell haben sich viele Initiativen „Gebet für die Ukraine“ gegründet. Sei es täglich, einmal in der Woche oder in anderem Rhythmus. Der Schrecken des Krieges, die Gewaltexplosion, die Not der Menschen und die räumliche Nähe dieses Krieges haben viele Christen mobilisiert, praktisch zu helfen und im Gebet für die Menschen in der Ukraine einzustehen.

Je länger der Krieg dauert, desto offensichtlicher wird: Das Leid wird noch Jahre andauern. Selbst wenn es zu einer sofortigen Waffenruhe kommt – das Land ist zerbombt, die Infrastruktur auf Jahre am Boden, Millionen Ukrainer sind geflohen, tausende sind gestorben.

Das Gebet für die Ukraine also sollte kein Sprint sein, den wir in einer Kurzstrecke zurücklegen, sondern einem Marathon gleichen, der wesentlich länger andauert. Denn meine ganz menschliche Befürchtung ist, dass die Anfangseuphorie, für die Ukraine und Russland zu beten, in wenigen Wochen nicht mehr da sein wird – vielleicht sogar in wenigen Tagen. Das ist normal – und umso wichtiger ist es, dafür zu sorgen, dass das Gebet für die Ukraine nicht abebbt sondern kontinuierlich weitergeht.

Tipps für den Marathon

Ich gebe dir 5 Tipps, wie du aus dem Sprint einen Marathon machen kannst, wie du dranbleiben kannst und wie du weiter für die Ukraine beten kannst. Denn bedenke eines: Es geht um Menschen – auf allen Seiten dieses Konfliktes. Wir haben eines unserer beiden Gemeindehäuser zu einer Flüchtlingsunterkunft umgebaut (crazy Aktion, darüber werde ich vielleicht noch berichten). Wir haben schon zwei Frauen und zwei Kinder aus der Ukraine dort beherbergen dürfen. Der Krieg bekam für uns ein Gesicht. Das war herausfordernd, erschreckend und hat mich emotional sehr berührt.

Vergiss also nicht: Es geht um Menschen – deswegen ist es wichtig, dass wir weiter beten.

1 Online-Gebet

Während der Corona-Pandemie ist in vielen Gemeinden (und natürlich in der gesamten Gesellschaft) der Digitalisierungsprozess mit großen Schritten vorangegangen. Mach dir das zunutze, um für die Ukraine zu beten. Trefft euch online bei Zoom, WhatsApp oder Telegram – es ist einfacher, als du denkst. Ihr könnt schnell mit mehreren Leuten euch zusammentun und online beten. Denn: Gemeinsam mit anderen beten ist einfacher, als es nur alleine zu tun.

2 Reminder im Smartphone

Ich wette, dass du dein Smartphone täglich mehrmals rausholst und es dein ständiger Begleiter ist. Mach daraus einen Segen (auch wenn die Häufigkeit der Smartphone-Nutzung manchmal ein Fluch ist): Nimm deine Erinnerungs-App (im iPhone kannst du das auch ganz einfach mit der Wecker-Funktion in der Uhr machen) und richte dir eine regelmäßige, wiederkehrende Erinnerung ein – einfach mit dem Titel „Gebet für die Ukraine“. Setz die Erinnerung täglich, alle zwei Tage, wöchentlich – so, wie es für dich realistisch ist und du dir dann ein paar Minuten nehmen kannst, um für die Ukraine zu beten.

3 Verabrede dich

„Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei“ hat Gott schon in der Schöpfung gesagt. Und das gilt auch für das Gebet. Denn Gebet ist – leider – etwas, das wir sehr schnell vergessen oder darin nachlassen. Suche dir also einen Gebets-Buddy (oder zwei oder drei) und ermutigt euch immer und immer wieder, für die Ukraine zu beten.

4 Bete für konkrete Personen

Eine große Hilfe, um am Gebet dranzubleiben ist, wenn wir konkrete Menschen vor Augen haben. Es werden so viele Menschen noch flüchten, dass ich glaube: Die Möglichkeit, dass du jemanden, der aus der Ukraine fliehen musste, persönlich kennenlernst, wird immer größer. Vielleicht nehmt ihr als Gemeinde Flüchtlinge auf, vielleicht ist es die Nachbargemeinde, die das tut. Erkundige dich – soweit das natürlich auf Grund des Schutzes der Privatsphäre möglich ist – wie die Menschen heißen, wer sie sind, was sie benötigen – und dann bete konkret für diese Person(en).

5 Hilf praktisch!

Die Hilfsbereitschaft in den letzten Tagen hat Ausmaße angenommen, die gigantisch sind. Ich bin überwältigt, welche Großzügigkeit und Hilfsbereitschaft Menschen an den Tag legen. Mach es wie sie! Erkundige dich in deiner Kirchengemeinde, auf dem Rathaus in deinem Ort oder bei Flüchtlingsbeauftragten des Landkreises, wie du ganz praktisch helfen kannst: Von konkreten Sachspenden über Nachhilfeunterricht bis hin zum Bereitstellen von Wohnraum. Beten ist mehr als nur die Hände zu falten – beten heißt auch: Die Not sehen und Lösungen anbieten (…oder zumindest erst einmal suchen). Und ich wette (schon wieder): Wer praktisch hilft, muss an gesprochene Gebete nicht erinnert werden, denn was er sieht, lässt ihn zu keinem anderen Schluss kommen, als für die Menschen zu beten.

Du hast noch mehr Tipps? Schreib sie gerne in die Kommentare.


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Gebet für die Ukraine – bringt das was?

Ich stehe genauso fassungslos da wie du auch. Was dieser Tage durch die Medien aus der Ukraine berichtet wird, ist schlimm. Ich bin erschrocken und erschüttert darüber, wie skrupellos Wladimir Putin über die Ukraine hinwegfegt. Denn eines dürfen wir nicht vergessen: Selbst wenn in den Medien von „Truppen“, von „Flüchtlingen“, von „Soldaten“ und von „Ukrainern und Russen“ gesprochen wird: Dahinter verbergen sich Menschenleben. Und jedes einzelne Menschenleben ist etwas Wertvolles und Kostbares. Es sind Väter und Mütter, Freundinnen und Freunde, Brüder und Schwestern, Tanten und Onkels, Söhne und Töchter. Menschen!

Das kann uns nicht kalt lassen. Deswegen haben wir in unserer Kirchengemeinde wie viele andere Kirchengemeinden auch zum „Gebet für die Ukraine“ aufgerufen, am gestrigen Sonntag das erste mal abgehalten und in dieser Woche werden wir uns jeden Abend um 18 Uhr treffen Aber warum?

Martin Luther hat einmal so schön gesagt: „Bete, als ob alles arbeiten nichts bringt und arbeite, als ob alles beten nichts bringt.“ That’s it. Darum geht’s mir.

Hier in diesem Artikel will ich das Augenmerk auf die Frage lenken, was beten in dieser Angelegenheit bringt oder ob’s was bringt.

Denn ich fühle mich wahrscheinlich genauso wie du: Ohnmächtig, hilflos, erstarrt, frustriert, wütend, fragend, weit weg.

Ich bin der Überzeugung, das Gebet nicht nur etwas „bringt“, sondern die Verhältnisse der Welt neu ordnen kann. Das haben wir vor gut 30 Jahren bei der Wiedervereinigung Deutschlands auch erlebt.

Gebet für die Ukraine – was bringt’s?

Ermutigung für die Menschen in der Ukraine

Inzwischen habe ich schon so viele Berichte gelesen und Nachrichten bekommen, dass Menschen in der Ukraine einfach dankbar sind für unsere Gebete. Sie wissen dadurch: Sie sind nicht vergessen, es gibt Menschen auf der ganzen Welt die für sie beten. Das ist ein großer Schatz und eine große Ermutigung für sie.

Rückblickend waren es in vielen Krisenmomenten der Geschichte die Gebete anderer, die Menschen geholfen haben, schier Unmenschliches durchzustehen und auszuhalten.

Wenn du für die Ukraine betest, dann ist das mehr als nur eine nette Geste, mehr als nur ein „Schulterklopfen“ – es ist real erfahrbare Ermutigung, Stärkung und Hoffnung. Und ist es das nicht alleine schon wert für die Menschen in der Ukraine zu beten?

Vergewissern der Kräfteverhältnisse

Manche sagen: „Beten ist nichts anderes als Psychohygiene!“ Nun denn – ich bin absolut für eine gute Hygiene. Und ich würde sagen, dass sogar etwas dran ist an dieser Aussage – ohne das Wort „nur“ und ohne „Psycho“ als das zu verstehen, wonach es klingt.

Ich habe oft schon erfahren, dass beim Beten unter anderem eine Sache immer wieder geschieht: Ich werde mir bewusst, dass Gott alles unter Kontrolle hat, auch wenn es nicht so aussehen mag.

Berge mögen von ihrer Stelle weichen und Hügel wanken, aber meine Liebe zu dir kann durch nichts erschüttert werden und meine Friedenszusage wird niemals hinfällig. Das sage ich, der Herr, der dich liebt.Die Bibel - Jesaja 54,10

Was auch immer geschieht in dieser Welt: Es ändert nichts daran, dass Gott ewig, souverän und heilig ist. Und es ändert auch nichts daran, dass genau dieser Gott jeden einzelnen Menschen liebt. Im Gebet werde ich daran erinnert, weil ich mich der Gegenwart dieses Gottes bewusst mache und gar nicht anders kann, als anzuerkennen: Es gibt einen Gott, der alles im Griff hat, der alles zum besten lenken kann, der sich durch niemanden und nichts auch nur ansatzweise aus der Bahn werfen lässt.

Oder um es mit einem meiner Lieblingszitate über das Gebet zu sagen:

Gebet ist Atemholen für die Seele.John Henry Newman (1801-1890)

Mitkämpfen an Gottes Seite für andere

Wenn Christen beten, machen sie sich „mit Gottes Sache eins“. Gott will nicht, dass Menschen ermordet werden. Gott will keinen Krieg in der Ukraine. Gott will nicht, dass Städte der Ukraine vernichtet und auf Jahrzehnte hin die Infrastruktur in Trümmern liegt. Gott will nicht, dass Familien und Beziehungen auseinandergerissen werden. Gott will nicht, dass viele Kinder der Ukraine mit einem Kriegstrauma groß werden.

Gott will das Leben, die Freiheit, das Beste für den Menschen.

Wenn ich bete, stelle ich mich an Gottes Seite und spreche diese Wahrheit aus. Ich proklamiere, dass es einen König und Herrscher über diese Welt gibt – und das ist Gott allein, kein Despot, kein Diktator, kein Kriegstreiber.

Im Gebet spreche ich diese Wahrheit in die Kriegssituation hinein und spreche diese Wahrheit aus über dem ukrainischen Volk. Und diese Wahrheit hat Macht und Kraft, denn Gott sagt über sein Wort folgendes:

Genauso ist mein Wort: Es bleibt nicht ohne Wirkung, sondern erreicht, was ich will, und führt das aus, was ich ihm aufgetragen habe.Die Bibel - Jesaja 55,11

Jedes geistliche Wort, jede geistliche Wahrheit, die wir im Gebet aussprechen (= proklamieren) wird also das tun, was Gott vorhat. Crazy, oder? Das ist eine gewaltige Verheißung, die auf dem Gebet ruht!

Wäre „Nicht beten“ besser?

Tja. Muss ich dazu noch viel schreiben?

Es kann viele Gründe haben, weshalb du nicht betest:

  • „Es bringt nichts!“
  • „Ich bin zu faul!“
  • „Ich weiß es besser als Gott!“
  • „Ich habe keine Zeit!“
  • „Ich bin nicht so gläubig!“
  • „Ich weiß nicht, wie ich das anstellen soll!“

Tut mir leid. Für mich sind das alles nur Ausreden, also schwing dich hoch vom Sofa und bete! Oder bleib meinetwegen auf dem Sofa sitzen und bete dennoch.

Eine große Hilfe ist es, wenn du nicht alleine betest, sondern dich mit anderen zusammen tust.

Schau in deiner Gemeinde oder in einer Gemeinde in der Umgebung, ob sie etwas anbieten.

Mach über WhatsApp, Facetime oder Zoom schnell und einfach ein Online-Video-Call-Gebetstreffen.

Schreibe drei Freundinnen oder Freunden, ob sie mit dir mitbeten. Erstellt eine WhatsApp-Gruppe und teilt Gebetsanliegen.

Oder…..mach’s ganz anders. Wichtig ist nur, dass du es tust!

Wir werden in dieser Woche in unserer Kirchengemeinde jeden Abend um 18 Uhr für die Ukraine beten.
Wir tun dies in Form einer offenen Kirche mit Stationen. Wir haben zwölf Themenschwerpunkte. Wenn du das gebrauchen kannst und verwenden möchtest, kannst du die Grafiken gerne speichern und drucken.
Das Format ist optimiert für den Ausdruck als A3.


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Die Kunst des Leitens XII: Fakten sind deine Freunde

„Facts are your friends“ – ein simpler Satz, der eine große Wirkung zeigt. Bill Hybels (Gründer und ehemaliger Pastor der Willow Creek Community Church) hat ihn wie kaum ein anderer Leiter, von dem ich viel gelernt habe, geprägt.

Fakten sind deine Freunde – nicht deine Feinde! Aber leider behandeln wir sie im Kontext von Gemeindeleitung oft als solche.

Ich gebe dir ein Beispiel aus dem alltäglichen Leben, ehe ich auf die (Gemeinde-)Leitungsebene gehe.

Stell dir vor, du möchtest abnehmen – autsch! Nicht dieses Thema?! Doch! Keine Sorge. Es tut nicht weh.

Also. Du möchtest abnehmen. Was ist der beste Weg?

  1. Du stellst dich auf die Waage und machst den „Status Quo“-Check und hoffst, dass auf dem Display nicht erscheint: „Bitte nicht in Gruppen auf die Waage stehen!“
  2. Du überlegst dir ein gutes Konzept, was für dich stimmig ist, wie du X Kilo bis zu Tag X verlieren kannst.
  3. Du setzt dieses Konzept um.
  4. Du kontrollierst dein Vorhaben immer wieder durch den Gang auf (ganz wichtig: auf, nicht neben) die Waage.
  5. Du bist gnädig mit dir selbst, wenn der Weg doch steiniger wird als erwartet und du feierst Erfolge, wenn sie sich einstellen.

Fakten sind keine Feinde

Nun ist es so, dass viele schon Schritt 1 nicht gehen, weil sie Angst vor der Zahl auf der Waage haben. Dabei ist das aus zwei Gründen falsch: Zum einen wirst du schon ein (Körper-)Gefühl haben, das dir sagt, ob du mal ein paar Kilo abnehmen sollst oder nicht. Zum zweiten ist nicht die Zahl auf der Waage das Problem, sondern Dinge wie schlechte Ernährung, falsche Gewohnheiten oder mangelnde Bewegung. Die Zahl dokumentiert lediglich, was ohnehin schon gut oder schlecht läuft.

Fakten (im Sinne von Zahlen) sind also keine Feinde, sondern Freunde.

Nicht anders ist es in der Gemeinde. Ich mach es dir an einem ganz konkreten Beispiel deutlich.

In unserer Gemeinde feiern wir sonntags zwei Gottesdienste – um 09.30 Uhr und um 11.00 Uhr. Diese waren immer so gut besucht, dass wir uns gar keine Gedanken darüber machen mussten, ob das nun zu viel oder zu wenig Gottesdienste sind.

Nach zwei Jahren Pandemie oder besser gesagt schon im Verlauf der Pandemie stellten wir nach und nach fest: Wir benötigen keine zwei Gottesdienste am Sonntagmorgen, es ist ausreichend, wenn wir einen Gottesdienst feiern, denn die Anzahl der Besucher ist in der Pandemie zurückgegangen.

Fakten verursachen Schmerzen

Also was tun? Richtig: Wir reduzieren auf einen Gottesdienst.

Wir schauen der Realität und den Fakten ins Auge und erkennen, dass ein Gottesdienst ausreichend ist. Diese Entscheidung im Leitungsteam zu treffen, war nicht einfach, auch wenn sie ganz offensichtlich aussehen mag. Denn mit dieser Entscheidung ist ein Schmerz verbunden: Der Schmerz darüber, dass wir in der Pandemie kleiner geworden sind, was den Gottesdienstbesuch betrifft, obwohl wir doch unbedingt wachsen wollen.

Die Challenge an sich ist analog zur Frage nach dem Abnehmen nicht die tatsächliche Anzahl von Gottesdienstbesuchern, sondern die Umstände, die dazu führten. Und diese sind vielfältiger Natur, die von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich aussehen. Einige Gründe können sein:

  • die Pandemie mit ihren Herausforderungen
  • Gemeindeglieder laden andere nicht zum Gottesdienst ein
  • die Form des Gottesdienstes und die Art, wie er gefeiert wird
  • die Uhrzeit
  • das Setting (Kirchengebäude, Willkommenskultur, Ästhetik)
  • und logisch: ein generelles Desinteresse am Glauben

Auf unterschiedliche Art nun kann auf diese verschiedenen Faktoren reagiert werden. Und du merkst schon: Das ist nicht trivial. Nimm alleine nur mal das Stichwort „Willkommenskultur“. Dahinter verbirgt sich so viel. Ich will also nicht sagen, dass die ganze Angelegenheit einfach wäre.

Fakten bewahren dich vor größerem Unheil

Schau auf die Waage: Wenn die Zahl viel zu hoch ist, dann solltest du etwas unternehmen und dir nicht in die eigene Tasche lügen.

Wir haben als Gemeindeleitung auch auf die Fakten geschaut und ich meine, dass wir uns und unsere Gemeinde vor größerem Unheil bewahren. Denn man könnte ja einfach stur weitermachen und so tun als ob nichts ist. Das wird dazu führen, dass die Dinge nach und nach „den Bach runtergehen“. Oder du änderst etwas, auch wenn’s weh tut. Aber ich bin mir sicher: Es ist besser, als nichts zu tun!

Wir haben eine Exit-Strategie, weil wir wachsen möchten. Das heißt, wir schauen die Entwicklung der Zahlen ganz genau an und ab einem gewissen Punkt werden wir wieder zwei Gottesdienste anbieten – mindestens!

Ich ermutige dich: Schau die Fakten an und verschließe nicht die Augen vor ihnen. Ja, es kann schmerzhaft sein. Ja, es kann bedeuten, dass du zunächst einen Weg gehen musst, der nicht schön ist, den du dir anders ausgemalt hast und der sich nicht nach „Gewinnen“ anfühlt. Aber manchmal müssen wir diese (Um-)Wege gehen, damit Gott mit uns ans Ziel kommt.

Auf einen Missstand (wenn wir ihn als solchen wahrnehmen), können wir nur reagieren, wenn wir aktiv werden und eben nicht „die Dinge laufen lassen“. Das geschieht in Gemeinde leider viel zu oft – weil’s halt „schon immer so war“ und niemand den Mut hat, die Dinge anzusprechen. Wenn du in einer Leitungsposition bist, ist das aber dein Job! Du kannst nicht einfach drüber hinweg schauen und sagen „Ok, das wird schon…irgendwie…keine Ahnung wie, aber das wird schon.“

Also – mach’s konkret! Was läuft in deiner Gemeinde gerade nicht wie gewünscht und wo denkst du schon eine Weile: „Man müsste mal…“ Ändere es jetzt! Nicht „man“, sondern „ich“, nicht „müsste“, sondern „werde“, nicht „mal, sondern „jetzt“: Ich werde jetzt…!

Schau dir die Fakten an – sie sind deine Verbündeten auf dem Weg in eine bessere Zukunft!


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Wirklich glücklich

Er hat es schon wieder getan!

Die Rede ist von M. Florian Walz, der mit „Wirklich glücklich“ ein großartiges Follow-Up zu „Von Gott beschützt“ veröffentlicht hat.

Autor und Illustrator aus Leidenschaft

„Wirklich glücklich“ ist ein Kinderbuch mit wunderschönen Illustrationen und einer freien Übertragung von Matthäus 5,1-16 – einem Teil der Bergpredigt Jesu, genauer gesagt: Die so genannten Seligpreisungen.

Tja, da beginnt’s schon: Was um alles in der Welt sind Seligpreisungen? Sollte dich das jemand mal fragen – gib ihm einfach den Hinweis auf „Wirklich glücklich“ und er wird verstehen, was Seligpreisungen sind. Denn diese sind so formuliert, wie Kinder sie formulieren würden und vor allem wie Kinder sie verstehen.

Auf 40 Seiten erläutert und illustriert M. Florian Walz für Kinder, was Seligpreisungen sind. Ich folge ihm schon eine Weile auf Instagram und Facebook und nehme wahr, dass er ein Autor und Illustrator von Kinderbüchern ist – und zwar aus Leidenschaft. Die Zeichnungen sind im gleichen Stil wie auch schon im ersten Band „Von Gott beschützt“ – und ich bleibe bei meinem damaligen „Urteil“:

Das Gesamtpaket passt, ich habe mich sofort in das Buch “verliebt”, es in der Hand gehalten und gedacht “Wow!” Das ist das Ergebnis, wenn ein freiberuflicher Designer mit Leidenschaft und Überzeugung “am Werk ist”.

Das gilt für das Erstlingswerk „Von Gott beschützt“ genauso wie für „Wirklich glücklich.“ Als Familienvater weiß Walz natürlich genau, wie Kinderaugen immer größer werden, wenn sie tolle Illustrationen sehen.

Kinder werden große Augen machen

Auf einer Doppelseite des auch von der Haptik überzeugenden Buches findet sich jeweils eine Seligpreisung. Das Einzigartige des Buches ist, dass die illustrierte Szene auf jeder Doppelseite mitten aus dem Leben der Kinder gegriffen ist. Es geht um’s Teilen, um Versöhnung, um Vergebung und um Licht.

Damit du dir eine Vorstellung machen kannst, schau dir einfach mal die folgenden Seligpreisungen im Vergleich an:

Matthäus 5,6-7 (Luther)

Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit; denn sie sollen satt werden.

Selig sind die Barmherzigen; denn sie werden Barmherzigkeit erlangen.

Matthäus 5,6-7 (Walz)

Es wird dir gut gehen, wenn du möchtest, dass jeder fair behandelt wird. Denn Gott wird dafür sagen, dass eines Tages alle Ungerechtigkeit verschwindet.

Wenn du für andere Menschen da bist und ihnen gerne hilfst, wirst auch du jemanden haben, der sich um dich kümmert, wenn du Hilfe brauchst.

Viele Eltern fragen sich, wie sie ihre Kleinsten im Glauben stärken und fördern können. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass „Wirklich glücklich“ einen großen Beitrag dazu leistet. Unweigerlich kommt man ins Gespräch über die Text-Bild-Symbiose, die man nicht einfach nur überblättern kann, wenn eine Pizza, Daumen nach unten oder ein vom Skateboard gestürzter Junge zu sehen sind.

Natürlich „muss“ ich als Theologe einen Blick auf die biblischen Texte bzw. die freie Übertragung werfen und kann nur sagen, dass ich begeistert bin von der tollen Sprache, die aber keinerlei Tiefe des biblischen Textes verliert. In meinen Augen ist Walz hier wirklich etwas Großartiges gelungen, da manche biblischen Texte – auch Teile der Seligpreisungen – nicht einfach zu verstehen sind. Umso schöner, dass Walz einen Beitrag dazu leistet, dass nicht nur Kinder besser verstehen, was Jesus wirklich meinte.

Luxus-Problem

Das habe ich jetzt. Denn wir haben in der Gemeinde begonnen, „Von Gott beschützt“ u.a. bei Taufen zu verschenken bzw. bei anderen Anlässen mit kleinen Kids (oder Geschwisterkindern). Jetzt haben wir die doppelte Auswahl und „müssen“ uns entscheiden zwischen „Von Gott beschützt“ und „Wirklich glücklich“. Aber gut – dafür wird sich eine Lösung finden. Denn das ist das Schöne der Walzschen Bücher: Sie lassen sich wunderbar in Gemeinde, Reliunterricht oder zuhause einsetzen, regen zum Entdecken biblischer Wahrheiten an und sorgen so dafür, dass „Glaube leben“ auch schon mit kleinen Kindern einen Stellenwert bekommt.

Ich empfehle dir „Wirklich glücklich“ uneingeschränkt – ob als Mama, Papa, Tante, Onkel, Pastor oder Relilehrer. Du wirst eine Verwendung finden. Versprochen!

M. Florian Walz: Wirklich glücklich
40 Seiten
ISBN: 978-3-417-28929-9
Verlag: SCM-Verlag
Preis: 12,99 EUR

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Keine 3G-Regel für Gottesdienste – warum?

Letzte Woche habe ich dem Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann, einen Brief geschrieben. Diesen Brief veröffentlichte ich online mit der Möglichkeit, ihn zu unterzeichnen. Nach vier Tagen haben 8205 Personen diesen Brief mit unterzeichnet und er ging auf die Reise zum Ministerpräsidenten.

Es geht um die so genannte „3G-Regel“, welche das Land Baden-Württemberg ab dem 14. Februar auch für religiöse Veranstaltungen – und damit Gottesdienste – einführen wollte. Das bedeutet, dass der Zutritt zu einem Gottesdienst dann nur noch möglich gewesen wäre, wenn man den Nachweis bringt, dass man geimpft, genesen oder getestet ist. Achso ja, klar: Wir reden vom Corona-Virus.

Am 8. Februar wurde bekannt, dass diese 3G-Regelung nun doch nicht kommt für Gottesdienste, was mich sehr freut. Da der Brief für ziemlich viel Wirbel gesorgt hat und weil es um viel mehr geht als nur um eine Verordnung, schreibe ich dennoch ein paar Zeilen, was mich dazu gebracht hat, diesen Brief zu formulieren.

3G für den Gottesdienst ist falsch

Ich halte diese Regelung für falsch und habe das Herrn Ministerpräsident Kretschmann geschrieben und den Brief online gestellt und zur Mitunterzeichnung aufgefordert. Den Brief kannst du ganz am Ende dieses Beitrages lesen. Die Schutzkonzepte der Kirchen in zwei Jahren Pandemie haben gezeigt, dass sie gut sind und es keinerlei G-Regel für den Gottesdienst braucht. Unabhängig davon: In 2000 Jahren Kirchengeschichte gab es sicher schon wesentlich Schlimmeres – aber mir ist keine Zugangskontrolle für Gottesdienste bekannt. Das hat mit freier Ausübung der Religionsfreiheit nichts zu tun.

Was dann innerhalb von 4 Tagen geschah, hat mich überrollt. 8205 Personen unterzeichneten den Brief, unzählige Mails kamen bei mir im Pfarramt an (ich hatte den Brief auf der Homepage unserer Kirchengemeinde online), die Presse fragte an und ich erhielt jede Menge Messages über WhatsApp, Instagram und Co – interessanterweise: zu 90% zustimmend.

Am Samstag, 05. Februar, habe ich die Unterschriften auf die Reise geschickt – eine Antwort habe ich bisher noch nicht bekommen.

Und die Kirche?

Tja, die enttäuschte mal wieder. Zumindest mich. Seit die Verordnung rausgegangen war, dass die 3G-Regelung kommen solle, gab es keine einzige öffentliche Stellungnahme dagegen – zumindest nicht von „meiner“, der badischen Landeskirche. Ich weiß, dass intern juristische Schritte gegen die 3G-Regel geprüft wurden im Hintergrund, da sie sich auf ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofes Mannheim stützt, in dem Gottesdienste mit „ganz normalen Veranstaltungen“, die vergleichbaren Rahmenbedingungen unterliegen, gleichgesetzt werden.

Nur – was nimmt ein außenstehender Mensch wahr, der nichts über kircheninterne Prozesse weiß? Erstens, dass die Landesregierung für den Gottesdienst die 3G-Regel fordert und zweitens die Kirche nichts dagegen unternimmt und das einfach so hinnimmt.

Das war sinngemäß auch die Antwort, die ich vom Corona-Krisenteam der badischen Landeskirche bekam, als ich mich nach Bekanntwerden der neuen Verordnung sofort an meine Kirchenleitung gewendet hatte. Aber es geschieht nach außen hin – nichts. Für mich war das unverständlich und unfassbar, Enttäuschung auf ganzer Linie. Ich hätte erwartet und mir gewünscht, dass die Kirchenleitung sofort tätig wird und zumindest ein deutliches Signal nach außen setzt, dass eine 3G-Regelung für Gottesdienste eine „rote Linie“ ist, die nicht überschritten werden darf.

Dan Peter, Pressesprecher der württembergischen Landeskirche, schätzte, dass ca. 70% der Haupt- und Ehrenamtlichen der württembergischen Landeskirche „kein Verständnis für diese Auflage zum jetzigen Zeitpunkt“ habe und sieht die Zahl bei Kirchenmitgliedern ähnlich hoch. (Quelle: idea.de)

Fragen über Fragen

Zurück zum Brief. Im Vorwort“ zum Brief schrieb ich auf der Seite, auf der man unterzeichnen konnte, folgendes:

Mir ist wichtig, dass mit diesem Brief kein Unmut geschürt werden soll und auch nicht destruktiv zu demokratiegefährdendem Verhalten aufgerufen wird, denn von solch einem Verhalten distanziere ich mich ausdrücklich!

Absicht dieses Briefes ist es, in einem sachlichen, versöhnenden Ton einen durch die 3G-Regel für den Gottesdienst auftretenden Missstand zu benennen und um dessen Aufhebung zu bitten.

Auf Facebook, per Email und auch im Interview erreichten mich eine Menge Fragen (und auch als Vorwürfe formulierte Fragen), auf die ich eingehen will, um meine Sicht verständlicher zu machen. Ich will mich diesen Fragen stellen, weil sie aufkommen und weil sie wichtig sind. Und ich will mich nicht wegducken, nicht verstecken – das geschieht in der Kirche viel zu viel.

Warum bist du gegen die Einführung der 3G-Regel für Gottesdienste?

Ich erachte diese Regel für nicht notwendig. Zwei Jahre Pandemie haben gezeigt, dass die Schutzkonzepte von Kirchengemeinden gut sind und es keiner weiteren Beschränkung als einer „0G-Regel“ bedarf. Ich habe in zwei Jahren Pandemie vieles gelernt – unter anderem: Auf Fakten und Sachlichkeit vertrauen und nicht auf Meinungen und (Vor-)Urteile. Und die Fakten belegen, dass Schutzkonzepte von Kirchengemeinden gut und vollkommen ausreichend sind, dass Gottesdienste unter „0G-Regel“ gefeiert werden können.

Bei Sportveranstaltungen, im musisch-kulturellen Bereich oder in der Gastronomie gilt 2G oder 2G+. Ist da eine 3G-Regelung nicht schon moderat?

Das stimmt. Es gibt auch wesentlich Schlimmeres als eine 3G-Regel. Aber es bleibt für mich eine Frage der Perspektive, also woher man kommt. An sich betrachtet mag eine 3G-Regel moderat sein, aber relational betrachtet ist sie eine unnötige Verschärfung der Zugangsvoraussetzung für Gottesdienste. Mit relational meine ich „im Verhältnis“ gesehen – und das besteht darin, dass bisher für Gottesdienste „0G“ galt. Das schreibe ich auch deswegen, da nach offizieller Verlautbarung die 3G-Regel nur „zurückgestellt“ wurde, was bedeuten könnte, dass die Landesregierung von Baden-Württemberg sie zu einem späteren Zeitpunkt doch umsetzen möchte.

In anderen Bundesländern bzw. in anderen Landeskirchen gilt schon seit Monaten die 3G-Regel für Gottesdienste. Meinst du nicht, dass wir uns in Baden-Württemberg schnell daran gewöhnen?

Natürlich. Wir haben uns in der Pandemie schon an vieles gewöhnt und haben uns als recht anpassungsfähig gezeigt. Das ist generell auch gut – nur: Nicht alles, an das man sich gewöhnt, ist auch begrüßenswert. Ich nehme nach wie vor eine große Verunsicherung wahr, wenn man sich begrüßen möchte: Handschlag? Umarmung? Nein: Ghetto-Faust! Ich finde das nicht gut. Gerade bei Kasualgesprächen oder Seelsorgegesprächen bei der Begrüßung ein Händedruck – das ist ein größerer Ausdruck von Wertschätzung, Anteilnahme und Nähe als eine Ghetto-Faust oder auch gar nichts, wie es sich leider auch mehr und mehr einspielt in der Gesellschaft.

Oder schauen wir die Situation in Pflegeheimen an. Menschen, die ohnehin schon sehr einsam sind, werden noch einsamer, weil Besuche stark eingeschränkt sind. Wir haben uns damit als Gesellschaft scheinbar abgefunden – wir haben uns daran gewöhnt.

Ja, wir könnten uns auch an eine 3G-Regel im Gottesdienst gewöhnen – das zeigen die Landeskirchen, in denen das leider schon praktiziert wird. Nur ist es deswegen noch lange nicht richtig. Wann haben wir aufgegeben, zu hinterfragen? Dass es Zugangsbeschränkungen und Einlasskontrollen für Gottesdienste gibt, ist für mich mit meinem Verständnis von Glaube nicht zu vereinbaren. Wo Kirche diese Wege schon beschreitet, habe ich Respekt vor der Entscheidung, kann sie aber nicht nachvollziehen. Ich frage mich ernsthaft, ob wir nicht schon viel zu viel hinnehmen und uns damit abfinden ohne die Dinge zu hinterfragen. Es gibt Kirchen und Gemeinden, ja sogar landeskirchliche Empfehlungen, die sich für einen „2G-Gottesdienst“ aussprechen. Unfassbar! Menschen, die nicht geimpft oder genesen sind, werden vom Gottesdienst ausgeschlossen. Von wem? Von der Kirche selbst. Ich fass es nicht!

Aber durch 3G fühlen sich alle sicherer. Warum also nicht?

Wir haben auch schon vor der Pandemie durch Gottesdienste in der Gefahr gestanden, dass Menschen mit ansteckenden Krankheiten den Gottesdienst besuchen, ins Fußballstadion gehen oder neben mir im Kino sitzen. Zudem ist hinlänglich bekannt, wie unsicher Tests sind und wie man sich in Sicherheit wähnt, weil man geimpft ist, das aber ein großes Risiko in sich birgt, dass man doch mit dem Corona-Virus infiziert ist und dieses weitergibt. Darüber hinaus ist die derzeit vorherrschende Omikron-Variante wesentlich ungefährlicher, was einen schlimmen Verlauf der Krankheit bedeutet, als bspw. die Delta-Variante.

Die Sicherheit, die man sich durch eine 3G-Regel erhofft, ist in meinen Augen auch nicht mehr gegeben als durch das Einhalten der Schutz- und Hygienekonzepte, die in Kirchengemeinden existieren und unter deren Einhaltung Gottesdienste auch jetzt schon gefeiert werden. Eine „3G-Regelung“ ist insofern nicht nur nicht nachvollziehbar sondern auch nicht zielführend.

Viele haben kein Verständnis für Sonderrechte der Kirchen. Kannst du das nachvollziehen?

Ja, sehr! In einer mehr und mehr säkularen Gesellschaft ist das Argument der Religionsfreiheit und der freien Ausübung der Religion natürlich nicht mehr so ohne weiteres vermittelbar – da verstehe ich es gut, wenn Menschen kein Verständnis haben.

Gastronomie hat auch nur 2G – wieso bist du dann gegen 3G?

Das ist so ein bisschen wie „Wenn ich nicht darf, darf er auch nicht dürfen!“ Aber das ist der falsche Ansatz. Ich halte 2G in der Gastronomie ebenso für grundfalsch. Auch hier plädiere ich für 0G, denn es gibt Schutzkonzepte und es werden Vorsichtsmaßnahmen getroffen. So langsam aber sicher ist es Zeit, zurückzukehren zu einer menschenfreundlichen Normalität. Ich bin aber kein Gastronom, sondern Pfarrer. Und deswegen äußere ich mich im Bereich der Kirche und trete ein für Forderungen im Bereich der Kirche.

Am 2. Februar hat mich Achim Stadelmaier vom Evangelischen Medienhaus in Stuttgart zu dem Thema interviewt. Hier hast du die Möglichkeit, die unbearbeitete „Rohfassung“ des Interviews zu hören.


Der Brief an Ministerpräsident Winfried Kretschmann:

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Kretschmann,

mit großer Verwunderung haben wir den Mitteilungen der Landesregierung entnommen, dass ab 14. Februar 2022 die 3G-Regel auch auf Gottesdienste anzuwenden ist. Leider blieben vorausgehende Gespräche der Kirchenleitung unserer Landeskirche mit der Verwaltung der Landesregierung ohne Erfolg.

Die Unterzeichner bringen mit diesem Schreiben zum Ausdruck, dass sie mit diesem Vorgehen der Landesregierung nicht einverstanden sind.

Wir haben in den letzten beiden Jahren der Pandemie und auch jetzt volles Verständnis für die Regelungen zur Eindämmung der Pandemie aufgebracht. Wir haben diese Regelungen umgesetzt und auch in öffentlichen Stellungnahmen und Predigten mitgetragen, immer unter dem Grundsatz: Der Schutz von Menschen, vor allem von Menschen, die zu vulnerablen Gruppen gehören, hat hohe Priorität. 

Warum jetzt Einlassbedingungen für den Gottesdienst notwendig werden sollen, ist uns unverständlich. Gottesdienste sind besondere Äußerungen unseres kirchlichen Handelns, sie sind nicht Veranstaltungen im üblichen Sinne. Die erlassenen Regelungen machen Sinn für den Bereich unserer Veranstaltungen, nicht aber den Gottesdienst, der nach unserer Auffassung von jeglichen Einschränken solange wie möglich frei bleiben muss.

Die letzten beiden Jahre haben nachweislich gezeigt, dass unsere praktizierten Regelungen im Gottesdienst, die strikter als vom Staat gefordert umgesetzt wurden, dem Schutz der Menschen dienten. Es ist uns kein einziger Fall bekannt, durch den ein Gottesdienst zum “Hotspot” oder “spreading event“ geworden wäre. “Wir wollen allen Menschen die Teilnahme am Gottesdienst ermöglichen.” Von diesem Grundgedanken waren alle Entscheidungen und Bemühungen der Kirche in den letzte beiden Jahren geprägt. 

Die Religionsfreiheit sowie die Ausübung derer erachten wir als ein hohes, schützenswertes Gut.

Der nun erfolgte Eingriff in die Feier von Gottesdiensten ist weder mit dem verfassungsrechtlichen Grundrecht noch mit dem juristischen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in Einklang zu bringen. Unserem Verständnis nach wurde mit der Einführung der 3G-Regeln für Gottesdienste nicht derjenige Eingriff ausgewählt, der unser Interesse, das Ihrem entgegensteht, am wenigsten einschränkt. Dies ist jedoch nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit anzustreben. 

Wir können nicht nachvollziehen, warum die Alarmstufe gesenkt und gleichzeitig erstmals innerhalb der Pandemie die Zugangsregeln für den Gottesdienst verschärft wurden und die bisher in der Alarmstufe II geltenden Regeln sogar noch übertreffen.  

Der 3G-Regel nachzukommen würde bedeuten: Vor Beginn eines Gottesdienstes müssen Kontrollen durchgeführt werden. Damit ist der Zugang zu Gottesdiensten nicht mehr für alle Menschen uneingeschränkt frei. Darüber hinaus ist unerklärlich, weshalb es bisher möglich war, dass sowohl geimpfte und nicht geimpfte Menschen miteinander Gottesdienst feiern konnten, ohne dass es wie oben erwähnt zu “spreading events” kam und dies nun nicht mehr möglich sein soll.

Last but not least: In den vergangenen zwei Jahren haben sich viele Menschen in den beiden Landeskirchen unseres Bundeslandes sowie in den Freikirchen mit großem Engagement, Gewissenhaftigkeit und Verantwortungsbewusstsein für die Einhaltung aller Regeln eingesetzt und dafür Sorge getragen, dass Gottesdienste kein Risiko hinsichtlich des Infektionsgeschehen darstellen. Dieser Einsatz, diese Leidenschaft, diese Arbeit wird mit der von Ihnen angestrebten 3G-Regel nicht nur nicht wertgeschätzt sondern als nutzlos abgetan. Das kann dazu führen, dass gerade diese Menschen, die aufopferungsvoll und gewissenhaft alle Regelungen eingehalten haben, vor den Kopf gestoßen werden. Ist das im Sinne dieser Verordnungen?

Wir bitten Sie um eine Stellungnahme zu unseren Einwendungen und bitten die Landesregierung, die 3G-Regelung bei Gottesdiensten zurückzunehmen.

Für Ihre Arbeit in dieser herausfordernden Zeit wünschen wir Ihnen Gottes Segen und viel Kraft.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr

David Brunner

Pfarrer

Mitunterzeichner des Briefes sind:


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Generation lebensunfähig

Vorsicht! Die Lektüre dieses Buches kann dein Leben verändern, dein Denken sprengen und dich regelrecht schockieren. Ganz besonders dann, wenn du eigene Kinder hast oder immer wieder mit Kindern zu tun hast – sei es in der Familie und Verwandtschaft, Nachbarschaft, Vereinswesen oder Kirche.

Manches, was ich in „Generation lebensunfähig“ las, hat mir den Atem verschlagen. Vieles „ahnt man ja so“ – aber es schwarz auf weiß aus der Feder eines Fachmannes und als zweifachem Vater auch persönlich Betroffenem zu lesen, ist noch mal etwas ganz anderes.

Generation Alpha und die Frage nach Zufriedenheit

„Generation Alpha“ werden diejenigen genannt, die nach 2010 geboren wurden. Und ihre Kindheit ist so ganz anders als deine – denn ich gehe davon aus: Wenn du das hier liest, bist du mindestens zwanzig Jahre älter als die „Generation Alpha“.

Gleich zu Beginn des Buches beschreib Maas die Geschichte des zehnjärigen (!) Ryan – er hat im Jahr 2020 mit seinen YouTube-Videos 30 Millionen Dollar verdient. Crazy, oder nicht? Das Problem ist schnell gefunden:

Denn wir haben ein Maß an Wohlstand erreicht, in dem ein „Mehr“ nicht gleich ein psychologisches „Besser“ bedeutet. Im Gegenteil: Ab einem gewissen Wohlstand wird ein Plateau erreicht, ab dem sich die Zufriedenheit nicht durch mehr Produkte oder Möglichkeiten steigern lässt.Generation lebensunfähig, S.13

Worum es Maas dabei geht, ist alles andere als ein Technologie-Bashing und Rückkehr in die analoge Steinzeit. Vielmehr geht es ihm darum, Eltern (und ich ergänze: alle Erwachsenen, die mit Kindern zu tun haben) dafür fit zu machen, dass Kinder („Generaion Alpha“) heute in einer Welt aufwachsen, die auf seltsame Weise digital und analog zugleich ist. Als Vater von zwei Kindern, die zur „Generation Alpha“ gehören, weiß ich, was Maas‘ Anliegen ist und kann es nur gutheißen.

Aber Vorsicht: „Generation lebensunfähig“ ist kein Eltern-Ratgeber sondern die Darstellung verschiedener Studien im Bereich der Soziologie, Verhaltens- und Hirnforschung. Spannend zu lesen, sensibel und wertschätzend dargestellt: Maas haut niemanden in die Pfanne, er sucht auch keine Schuldigen – er sucht Lösungen. Er will – im positiven Sinn – diese Welt zu einem besseren Ort machen.

Emma – oder: Mitten aus dem Leben gegriffen

Die „Fallbeispiele“ seiner Studien flechtet er in den Gesamt-Duktus des Buches so reibungslos und schön ein, dass ich mich während des Lesens bei der Frage ertappt hatte: „Was ist das eigentlich? Ratgeber, Roman, Studienergebnis, Sachbuch, Biografie?“ Wahrscheinlich von allem ein bisschen – vor allem aber eines: faszinierend!

Denn auf den ersten Seiten wirst du Emma kennenlernen – die Tochter von Martina und Johannes. Ich will nicht spoilern, denn das würde eine Menge Leselust rauben – nur so viel: Maas zeichnet die Gedanken, die Haltung, die Einstellung zu Leben, Werten und Materiellem von Martina und Johannes wunderbar nach – und zwar von „Monate vor der Geburt“ bis in die erste Lebensphase (wie lange diese geht, verrate ich dir hier nicht) von Emma.

Später begegnen beim Lesen auch Finn und Julian – zwei Teenager, in deren Leben wir blicken dürfen.

Dabei macht er deutlich, welche Rolle „das Digitale“ im Leben von (jungen) Menschen heute spielt: Das Internet als Quelle grenzenlosen Wissens bis hin zur dauerhaften Arzt-Sprechstunde inklusive Diagnose und Heilungsplan – oder hast du etwa noch nie etwas von „Dr. Google“ gehört?

Dass diese Veränderungen etwas „mit uns Menschen machen“, dürfte jedem klar sein – wie viel sie sind und wie tief diese Veränderungen jedoch gehen, das hat mich beim Lesen nicht selten innerlich die Augen reiben lassen. Die (medialen) Einflüsse, denen sich Eltern heute ausgesetzt sehen und die sie (dankend) annehmen erzeugen eine Ambivalenz, die Maas in aller Kürze treffend bezeichnet:

Wir wollen die perfekten Eltern sein und lassen uns doch fremdbestimmen. Philosophen sprechen von einer „entmenschlichten“ Erziehung, die auch die kleine Emma beeinflussen wird.Generation lebensunfähig, S.56

Unvorstellbar und doch wahr – und real. Tagtäglich. Mitten in Deutschland. Das alles gipfelt im Eltern-Kind-Dilemma, das nahezu ein Rollentausch zu Tage fördert und Eltern-Kind-Beziehung lange nicht so hierarchisch gesehen wird, sondern Begriffe wie „auf Augen Höhe“ oder „Seite an Seite“ heutzutage in der Reflexion von Erziehungsmethoden Standard sind. Oder – und das steht jetzt nicht im Buch, sondern ist mein persönliches Erleben: Lehrer werden zu „Lernbegleitern“ und Schüler zu „Lernpartnern“.

Kann das gut gehen? Sagen wir mal so: Rüdiger Maas bringt es auf den Punkt und stellt die richtigen Fragen:

Wir erziehen heute also unsere Kinder zu Königinnen und Königen. Wir müssen aber überlegen: Was passiert mit einem Land voller Königinnen und Königen? Wer arbeitet dann noch, wer lässt sich noch etwas sagen? Und wo können und sollen sich die Königinnen und Könige dann einordnen?“Generation lebensunfähig, S.87

Curling-Eltern und Lebensunfähigkeit

Maas nimmt Bezug auf aktuelle Studien und beschreibt detailliert Ergebnisse eigener oder anderer Studien, er geht auf Kritik ein, aber vor allem begeistert mich eines: sein ungemein breites Spektrum an Indikatoren und Faktoren um nicht nur den Status Quo zeitgeschichtlicher Erziehungsmethoden und Erziehungsparadigmen darzustellen, sondern auch Wege aus dem ein oder anderen Dilemma aufzuzeigen.

Weder – siehe oben – ist „Generation lebensunfähig“ ein Eltern-Ratgeber noch ist es ein Pamphlet gegen Digitalisierung in Familie und Kinderzimmer. Maas wirbt um den richtigen Umgang. Er schreibt leidenschaftlich und begeisternd, authentisch und lebensnah. Ziemlich in der Mitte des Buches (S. 120ff) beschreibt Maas eine „andere“ Erziehung und die Anknüpfungspunkte – er bleibt eben nicht stehen beim Nennen der Probleme, sondern will Wege aufzeigen, es besser zu machen.

Dabei scheint mir ein Begriff eine wesentliche Rolle zu spielen: Die „Überbehütung“ – so bspw. auch bei Julian (16) und seiner Mutter Claudia (S. 153). Maas verwendet den Begriff (oder ähnliche Beschreibungen) auch an anderen Stellen im Buch. Dabei geht es schlicht darum, dass Kinder und Jugendliche immer weniger „in der analogen Welt“ zurechtkommen, weil sich ihre eigene Welt immer mehr im digitalen Raum abspielt und gleichzeitig die Eltern (meist die Mutter) den Kindern alles abnehmen, was ein „Klarkommen in der analogen Welt“ unterstützen würde.

Die Folge: Eltern sind auf dem besten Weg, die „Generation Alpha“ zur Lebensunfähigkeit zu erziehen. Es gibt nicht mehr nur die Helikopter-Eltern, sondern auch die Curling-Eltern.

Claudia ist eine Curling-Mutter. Sie sorgt dafür, dass Finn und Julian in der Offline-Welt unter keinen Umständen in eine schwierige Situation geraten können. Niemals. Wobei das, was „schwierig“ sein könnte, von Claudia selbst definiert wird. Jedenfalls in der analogen Welt. Und wie im Curling-Sport wischt sie alle Schwierigkeiten aus dem Weg. Natürlich steht Claudia auf der Matte, wenn Finn oder Julian schlecht benotet werden. Natürlich sind Finns Eltern sofort da, wenn im Fußball etwas schiefläuft. In der Offline-Welt mussten Finn und Julian noch nie etwas Schlimmes erleben. Dank ihrer Mutter.Generation lebensunfähig, S.137

„Wo ist das Problem?“ magst du dich fragen. In meinen Augen ist es ein verheerendes, auf welches die Generation Alpha zusteuert, wenn sie sich einerseits schon früh und größtenteils (mehrere Stunden täglich) in der Online-Welt aufhält, während in der Offline-Welt alles aus dem Weg geräumt wird – nämlich dieses hier:

Beide Söhne haben deshalb nie wirkliche Bewältigungsstrategien entwickeln müssen oder auch nur dürfen. Das heißt: Eigentlich sind beiden auf die Welt außerhalb des Dorfes überhaupt nicht vorbereitet.Generation lebensunfähig, S.137

Für mich so etwas wie der versteckte Mittelpunkt des Buches, um den sich alles dreht: Maas belegt mit Forschungs- und Studienergebnissen bildlich und signifikant die Bedeutung des Internets und der Digitalisierung im Leben von Kindern und Jugendlichen bei gleichzeitig zur Lebensunfähigkeit gereichenden Erziehungsmodellen seitens der Eltern. Was Maas unter „lebensunfähig“ versteht, zieht sich wie ein roter Faden durch das gesamte Buch. Dem Leser wird schnell deutlich, um was es geht und vor allem: Was auf dem Spiel steht.

Apokalypse now oder Zukunft gestalten?

Ganz ehrlich: Beim Lesen von „Generation lebensunfähig“ beschlich mich manchmal das Gefühl, dass wir auf ein apokalyptisches Szenario zusteuern – zumindest wenn man den Ausführungen von Rüdiger Maas Glauben schenkt und seiner rational-analytischen Weltsicht mit empirisch-evidenter Unterfütterung folgt – woran zunächst auch nichts Verwerfliches wäre, wenn dadurch nicht eine zu sehr deprimierende Sicht der Zukunft dargestellt würde. Also war ich gespannt, ob es am Ende noch irgendwie so etwas wie ein „Happy End“ oder zumindest eine positive Schau nach vorne gibt im Kapitel „Was bedeutet das alles für uns Eltern?„.

Zunächst war ich enttäuscht, dass dieses Kapitel nur vier Seiten enthält, wovon zwei Seiten eine – zugegeben sehr charmante – Aufgabe für den Leser beinhaltet.

Also habe ich mir die anderen beiden Seiten noch einmal durchgelesen und habe darin eine bittersüße Lektion gelernt, die das Buch weder zu einem „Happy End“ noch zu einer Apokalypse führt. Diese bittersüße Lektion besteht darin, dass…..nein. Das verrate ich an dieser Stelle nicht, denn alleine das vertiefte Nachdenken über diese zwei Seiten könnte dazu führen, dass „Generation lebensunfähig“ ein äußerst nachhaltiger Augenöffner in einer Zeit ist, in der wir gerne mal die Augen vor Problemen verschließen.

Die Veränderungen und Einflüsse, denen sich Kinder und Teeanger heutzutage ausgesetzt sehen, sind immens. Das hat zwangsläufig Auswirkungen nicht nur auf unsere Erziehung, sondern auch darauf, wie wir Gesellschaft und Vereinsleben, Gemeinde und Kirche mit, für und gerade auch wegen der „Generation Alpha“ gestalten wollen. Meine Befürchtung: Zu viele der Erwachsenen haben das, wie Maas es auch beschreibt: Einen „blinden Fleck“ (S. 213). Er benennt diesen hinsichtlich der Gefahren, welche vom Internet ausgehen für den „Homo Interneticus“, wie er ihn liebevoll bezeichnet. Ich würde noch einen Schritt weitergehen und behaupten, dass dieser blinde Fleck nicht nur im Blick auf die Gefahren, sondern auch auch im Blick auf Chancen und Potenzial des Internets im Blick auf die „Generation Alpha“ bei der heutigen Elterngeneration besteht. Oder hat dir (falls du Vater oder Mutter bist) dein Kind noch nie im Blick auf die digitale Welt gesagt: „Ach Mama/Papa: Das musst du so und so machen…“?

„Generation lebensunfähig“ trägt einen provokanten Titel, ja. Er könnte reißerisch daherkommen, wenn der Inhalt den Erwartungen nicht entsprechen würde. Das tut er aber. Und wie: augenöffnend, schonungslos, sachlich, analytisch und zukunftsweisend.

Deswegen empfehle ich das Buch sehr gerne – und werde mich jetzt der Aufgabe am Ende des Buches widmen.

Rüdiger Maas: Generation lebensunfähig
224 Seiten
ISBN: 978-3-96905-071-2
Verlag: YES Verlag (www.m-vg.de/yes/shop/article/21988-generation-lebensunfaehig/)
Preis: 19,99 EUR
Mehr Infos über den Autor und das „Institut für Generationenforschung“ findest du hier:

www.generation-thinking.de/maas-generation-z


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