Start Blog Seite 28

City Changers

Dieses Buch hat mich aktuell wie kaum ein anderes Buch theologisch begeistert und herausgefordert zugleich. Ich hörte mich mehrmals „Ja und Amen“ rufen (natürlich nur leise und innerlich) und sah mich gleichzeitig mehrfach den Kopf auf die Tischkante schlagen – natürlich nur im übertragenen Sinne.

Genie und Wahnsinn. Wahrheit und Irrlehre. Herausfodernd und überfordernd. Ich hoffe, spätestens jetzt deine volle Aufmerksamkeit für dieses Buch zu haben, denn: Ich kann es dennoch von Herzen empfehlen, vor allem Menschen, die theologisch differenziert denken können.

Alan Platt beschreibt in „City Changers“ im Prinzip nichts anderes als seinen ganz persönlichen Mindset-Wechsel, den er vor Jahren vollzogen hat.

Es war jedoch vor allem der nächste Teil meines Gesprächs mit Gott, der mein Leben veränderte. Gott hatte mir bereits klargemacht, wer mit den Glauben an das exponentielle Wachstum unserer Gemeinde geschenkt hatte. Nun spürte ich, wie der Heilige Geist mir aufs Herz legte: „Ich gebe dir nun den Glauben daran, dass ich auch eine Stadt verändern kann.“City Changers, S. 26

Und ab da begann eine faszinierende Reise, die in der Gründung der „Doxa Deo“ Gemeinde (www.doxadeo.org). Das Grundverständnis dieser Gemeinde – und das für Platt gleich zu Beginn des Buches aus – besteht aus dem Verhältnis, welches das Volk Gottes in seinem Exil im 6. Jahrhundert vor Christus zu Babylon hatte – oder gehabt haben sollte, wie es bspw. bei den Propheten Daniel und Jeremia überliefert ist und in einem Vers wohl am besten beschrieben werden kann:

Suchet der Stadt Bestes, dahin ich euch habe wegführen lassen, und betet für sie zum HERRN; denn wenn’s ihr wohlgeht, so geht’s euch auch wohl.Die Bibel - Jeremia 29,7

Ein beeindruckendes „Konzept“

Platt stellt in „City Changers“ das gesamte Konzept vor, das aus seinem Verständnis von Gemeinde und ihrer Beziehung zur Gesellschaft heraus resultiert. Und dieses ist wirklich beeindruckend und mehr als nur ein „Konzept“.

Es spiegelt eine Haltung wider, welche sich nicht kontrakulturell sondern inkulturell versteht. Gemeinde als Gemeinschaft von Christen, die wiederum Teil einer gesellschaftlichen und politischen Gemeinschaft ist. Das vergessen leider viele Gemeinden bzw. Christen, wenn sie über ihre Gemeinde nachdenken. Nicht umsonst betitelt sich der „deutsche Zweig“ von Doxa Deo als „Die Stadtreformer“ (www.die-stadtreformer.de). Es geht also um nichts weniger als die Transformierung einer Gesellschaft, indem Christen ihre Identität als Teil dieser Gesellschaft wahrnehmen und „von innen heraus“ diese Gemeinschaft verändern.

Das alles ist nicht neu – vor Jahren tauchte die „Emerging Church“ auf, tauchte Jahre später wieder ab, es entstand in der Theologie der Begriff „missional„, stark geprägt von der „Fresh Expressions„-Bewegung der anglikanischen Kirche und jetzt eben „City Changers“ – oder „Die Stadtreformer„.

Theologisch sicherlich herausfordernd ist die immer wiederkehrende Betonung, dass die Allmächtigkeit Gottes bedeutet, dass er Herr über alles ist – und mit alles, ist alles gemeint. Für manch evangelikalen im dualistischen Denken groß gewordenen Christen sicherlich eine Herausforderung, die aber absolut wichtig und richtig ist. Sehr hilfreich ist an dieser Stelle eine Grafik im Buch (S. 81), die sich auch auf www.die-stadtreformer.de findet, in welcher die Gesellschaft in verschiedene Bereich eingeteilt wird und aufzeigt, wie wir als Christen in dieser Gesellschaft zu „City Changers“ werden.

Nichts Neues unter der Sonne?

Könnte man meinen, aber genau hier setzt „City Changers“ auf brillante Weise an – weshalb ich das Buch auch sehr zum Lesen empfehle. Denn in City Changers bekommt der Leser in gewisser Weise eine „Methodologie“ an die Hand, die sich nicht nur aus theoretischen Zahlen und Fakten speist, sondern den Weg aufweist, den Doxa Deo bzw. „Die Stadtreformer“ gegangen sind und immer noch gehen.

Der Leser bekommt ganz praktische Tipps und Ideen an die Hand, wie er in seiner Gemeinde selbst „Stadtreformer“ ausbilden, trainieren und befähigen kann – aber noch viel wichtiger: Dem Leser erschließt sich sowohl theologisch als auch kybernetisch die Mechanismen und Ideen, welche grundlegend wichtig sind, um als Gemeinde, als Christen „Jesus in deiner Welt sichtbar zu machen“. Denn darum geht es, wie der Untertitel des Buches es zum Ausdruck bringt.

Darüber hinaus – so habe ich es zumindest verstanden – legt „City Changers“ bzw. das dahinterliegende Gemeindeentwicklungskonzept viel Wert und vielleicht sogar den Schwerpunkt darauf, dass sich Gemeinde als Gemeinschaft vieler Stadtreformer versteht und ihr Hauptaugenmerk nicht darauf richtet, welche Programme geboten werden, sondern wie ihre Mitglieder zu „Stadtreformern“ werden. Das bedeutet in erster Linie, eine entsprechende Haltung anzunehmen wie Daniel im babylonischen Exil – gleichzeitig aber konkret Einfluss nehmen, dort wo sie stehen.

Theologische Problemanzeige

Je mehr ich mich mit dem Buch befasste (und ich habe es sehr lange, sehr aufmerksam, sehr intensiv gelesen und lange mit dieser Rezension gewartet) desto deutlicher wurde, wo ich die im Anfang schon beschriebenen theologischen Probleme sehe.

Wir empfangen auch heute noch die Kraft, um Jesus zu bezeugen. Es geschehen auch heute noch Wunder, insbesondre dann, wenn sie dazu dienen, das Wort und das Zeugnis von Christus in der Welt zu verbreiten. Ich habe es mit eigenen Augen erleben dürfen.
Aber wenn das stimmt, warum sehen wir Gott nicht überall auf der Welt Wunder tun? Wenn Gottes Macht ein Schlüssel für die Veränderung Babylons ist, warum sind Wunder dann so dünn gesät?
Ich glaube, es liegt daran, dass die Christen nicht darauf vertrauen, dass Gott Wunder tut. Vielleicht wurde ihnen auch eingeredet, dass Gott an ihrem Ort keine Wunder tun will. In der Bibel finden wir Anzeichen dafür, dass Jesu Macht in gewisser Weise eingeschränkt war, vielleicht durch ihn selbst, wenn er sich an Orten befand, an denen die Menschen nicht an ihn glaubten (vgl. Matthäus 13,58). Es scheint ein Prinzip zu sein, dass die wunderbare Macht Gottes nur selten an Orten oder in Menschen sichtbar wird, die Gottes Eingreifen nicht erwarten.City Changers, S.230.

Klingt auf den ersten Blick plausibel, nicht wahr? Ist es aber beim besten Willen nicht, weil dem Menschen hier viel zu viel Macht gegeben wird. Wenn es am menschlichen Vertrauen liegt, ob Gott Wunder tut oder nicht, bestimmte letzten Endes der Mensch über die Wirksamkeit Gottes und steht über Gott selbst. In ähnlicher Weise kommen diese Gedanken im Buch immer wieder vor, vor allem dann, wenn es darum geht „Mehr Himmel auf die Erde zu bringen“ – ein weiterer Slogan und Schlagwort, das ich ebenfalls kritisch sehe, weil wir dazu nicht berufen sind.

Es liegt in Gottes alleiniger Souveränität, wo und wie er wirkt. Die Aufgabe von Christen ist lediglich, Jesus in dieser Welt zu bezeugen – aber wie sagt Jesus in seinen letzten Worten auf Erden: „Mir ist gegeben alle Macht, im Himmel und auf Erden“ (Matthäus 28,18).

Dennoch empfehle ich dieses Buch von Herzen gerne weiter. Kein Mensch hat für sich „die wahre Lehre“ gepachtet – du und ich, wir haben alle unsere kleinen und großen „Irrlehren“ – insofern: Kritisch lesen, das Gute behalten – denn davon gibt es jede Menge in diesem Buch!

City Changers
256 Seiten
ISBN: 978-3-417-26871-3
Verlag: SCM Verlag
Preis: 16,99 EUR

Bleib auf dem Laufenden und abonniere meinen Newsletter:

Paulus und der menschengemachte Klimawandel

Mich verwundert die momentane Klima-Debatte sehr – vor allem, wenn sie aus und in kirchlichen Kreisen geführt wird. Warum? Weil sie am eigentlichen Problem ziemlich vorbei schrammt. In einer zu großen Teilen gottlosen Gesellschaft wird die Klimarettung zur neuen Religion. In einer Kirche, in der Moralismus und Relativismus Einzug gehalten haben, wird Klimarettung zu einer willkommenen Gestalt, an Stelle eines geistlichen Vakuums zu treten. Mit Moralismus und Relativismus meine ich die Erscheinungsform von Kirche, in der sehr viel Wert gelegt wird auf äußerlich gute Taten (Moralismus) bei einer geistlichen Unschärfe, durch welche nicht mehr deutlich ist, was der Kern der biblischen Botschaft ist (Relativismus).

Achtung. Spoiler! Der Umkehrschluss ist nicht erlaubt. Nicht jeder, der sich für das Klima und die Umwelt einsetzt, tut dies aus neoreligiösen Überzeugungen. Und ich würde noch einen draufsetzen und behaupten: Wenn nicht Christen – ja wer denn dann bitteschön soll sich für die Schöpfung einsetzen? Wo aber liegt dann das Problem?

In meinen Augen liegt es dort, wo Christen (und damit meine ich auch „die Kirchen“) vergessen haben, auf das eigentliche Problem hinzuweisen und es an der Wurzel („radix“ = lateinisch = Wurzel) zupacken und nicht an den Symptomen.

Es ist so wichtig, dass Christen sich wirklich und nachhaltig für Gottes gesamte, gute Schöpfung einsetzen. Ohne Wenn und Aber. Paulus thematisiert das im Römerbrief aus einer anderen Perspektive, durch die er aufzeigt, wie Gottes gesamte Schöpfung und der geistliche Fall des Menschen zusammenhängen – und wir somit an der Radix, der Wurzel, des Dilemmas landen:

Denn ich bin überzeugt, dass dieser Zeit Leiden nicht ins Gewicht fallen gegenüber der Herrlichkeit, die an uns offenbart werden soll. Denn das ängstliche Harren der Kreatur wartet darauf, dass die Kinder Gottes offenbar werden. Die Schöpfung ist ja unterworfen der Vergänglichkeit – ohne ihren Willen, sondern durch den, der sie unterworfen hat –, doch auf Hoffnung; denn auch die Schöpfung wird frei werden von der Knechtschaft der Vergänglichkeit zu der herrlichen Freiheit der Kinder Gottes. Denn wir wissen, dass die ganze Schöpfung bis zu diesem Augenblick seufzt und in Wehen liegt.Die Bibel - Römer 8, 18-22

Das eigentliche Problem

Das eigentliche Problem besteht darin, dass wir meinen, „Die Schöpfung“ aka „Die Umwelt“ aka „Das Klima“ aka „Der Klimawandel“ aka „Die Natur“ sind eigenständige Größen, sozusagen Subjekte im großen Weltgeschehen. Naturvölker, die animistischen Überzeugungen anhängen, glauben das auch und sind der Überzeugung, dass die Natur als solche beseelt ist. Dadurch wird die Natur zu einem handelnden Subjekt und für den Menschen zu einem Gegenüber auf Augenhöhe. Biblisch ist dieses Verständnis jedoch nicht und wird auch von den meisten postmodernen Menschen abgelehnt, zumal wenn es sich um agnostische oder atheistische Zeitgenossen handelt.

Die Natur [aka s.o.] ist jedoch keine eigene Größe, sondern existiert in Abhängigkeit vom Menschen. Denn an diesen ist der Bewahrungs- und Schöpfungsauftrag ergangen:

Und Gott segnete die Menschen und sagte zu ihnen: „Seid fruchtbar und vermehrt euch! Füllt die ganze Erde und nehmt sie in Besitz! Ich setze euch über die Fische im Meer, die Vögel in der Luft und alle Tiere, die auf der Erde leben, und vertraue sie eurer Fürsorge an.“Die Bibel - 1. Mose 1, 27+28

Dies wird auch an anderen Stellen in der Bibel wiederholt: Der Mensch ist sozusagen „die Krone der Schöpfung“ – und mag das in den Ohren des postmodernen Menschen auch arrogant klingen: Es ist kein selbst zugeschriebener Titel, sondern Gott selbst hat sich das gedacht, wie in Psalm 8 zu lesen ist und was dem Menschen nicht nur eine große Ehre, sondern gleichzeitig auch eine große Verantwortung zuteil werden lässt.

Du hast ihn [den Menschen] zum Herrn gemacht über deiner Hände Werk, alles hast du unter seine Füße getanDie Bibel - Psalm 8,7

Nun aber nahm die Geschichte ihren verhängnisvollen Verlauf (nachzulesen in 1. Mose 3) und der Mensch sorgte dafür, dass er ab sofort in einer „gefallenen Welt“ lebt: Eine Welt, in der die Sünde nicht mehr wegzudenken ist und jeden Augenblick ihr Unwesen treibt – strukturell verankert und omnipräsent.

Das bedeutet nun aber auch, dass die gesamte Schöpfung unter dieser Sünde leidet. Paulus drückt es im Römerbrief eben so aus:

Die Schöpfung ist ja unterworfen der Vergänglichkeit – ohne ihren Willen, sondern durch den, der sie unterworfen hat –, doch auf Hoffnung; denn auch die Schöpfung wird frei werden von der Knechtschaft der Vergänglichkeit zu der herrlichen Freiheit der Kinder Gottes. Denn wir wissen, dass die ganze Schöpfung bis zu diesem Augenblick seufzt und in Wehen liegt.Die Bibel - Römer 8, 18-22

Geistlich gesprochen können wir gar nicht anders, als nicht nur anzunehmen, sondern deutlich zu machen: Ja, wir reden von einem „menschengemachter Klimawandel“. Der Mensch ist schuld am Klimawandel, an der Zerstörung der Natur und an allen unschönen und katastrophalen Konsequenzen, die das alles hat. Der Grund aber liegt nicht zuerst darin, dass der Mensch spätestens seit der Industrialisierung raffgierig und auf Profit aus ist und damit verbunden ihm die Auswirkungen seines Tuns auf die Natur scheinbar egal sind. Der Grund, dass wir von einem menschengemachten Klimawandel sprechen müssen (!) liegt seit dem Sündenfall in der grundsätzlich gestörten Beziehung zwischen Mensch und Gott – und damit auch zwischen Mensch und Natur.

Weder lässt sich das gut verkaufen, noch ist das so gut greifbar wie eine CO2-Emission, Verschmutzung der Weltmeere oder das Abbrennen des Regenwaldes. Diese Dinge sind katastrophal, entsetzlich und verheerend weil der Mensch ist, wie er ist und nicht weil er tut, was er tut.

Was der Mensch tut entspringt seinem gottlosen Sein. Das ist nicht anders wie mit jeder anderen Sünde auch: Entscheidend ist nicht die Tat, sondern die ontologische Dimension der Sünde: Sie ist da, sie ist existent, sie ist von der menschlichen Existenz und Natur nicht zu trennen – leider.

Analog verhält es sich mit dem menschengemachten Klimawandel: Dieser ist in der strukturellen Sünde, welche die Menschheit durchdringt, schon angelegt und äußert sich in den oben beschriebenen verheerenden Phänomenen.

Das eigentliche Problem ist also geistlicher und nicht menschlicher Natur.

Die Lösung

Tja, die gibt’s nicht. Zumindest nicht, solange nicht eingetreten ist, was im letzten Buch der Bibel beschrieben ist:

Dann sah ich einen neuen Himmel und eine neue Erde. Denn der vorige Himmel und die vorige Erde waren vergangen, und auch das Meer war nicht mehr da.Die Bibel - Offenbarung 21,1

Gott wird einen neuen Himmel und eine neue Erde erschaffen – und nicht der Mensch. Das sollten wir uns immer wieder vor Augen halten. Gerade weil der Klimawandel ein geistliches Problem ist, macht es keinen Sinn zu suggerieren, wir könnten ihn aufhalten oder gar die Erde selbst erneuern. Das wird nicht gehen.

Also – die Hände in den Schoß legen? Von wegen! Aufstehen! Den Mund aufmachen! Taten folgen lassen! Das eigene Leben ändern! Das Ganze sehen, nicht nur einen kleinen Teil!

Aber auf keinen Fall in irgendeiner Weise eine Weltflucht oder auch nur den ansatzweisen Versuch an den Tag legen. Auch wenn es sich manchmal wie ein großes Dilemma oder gar Missverständnis anfühlt, in dieser Welt zu leben, die strukturell von Sünde durchzogen ist – das wusste auch schon Paulus, als er an die Gemeinde in Korinth schrieb:

Das wissen wir: Unser irdischer Leib ist vergänglich; er gleicht einem Zelt, das eines Tages abgebrochen wird. Dann erhalten wir einen neuen Leib, eine Behausung, die nicht von Menschen errichtet ist. Gott hält sie im Himmel für uns bereit, und sie wird ewig bleiben. Voll Verlangen sehnen wir uns danach, den neuen Leib schon jetzt überzuziehen wie ein Gewand, damit wir nicht nackt, sondern bekleidet sind, wenn wir unseren irdischen Körper ablegen müssen. Solange wir in diesem Körper leben, liegt eine schwere Last auf uns. Am liebsten wäre es uns, wenn wir nicht erst sterben müssten, um unseren neuen Körper anziehen zu können. Wir möchten den neuen Körper einfach über den alten ziehen, damit alles Vergängliche vom Leben überwunden wird. Auf dieses neue Leben hat uns Gott vorbereitet, indem er uns als sicheres Pfand dafür schon jetzt seinen Geist gegeben hat. Deshalb sind wir jederzeit zuversichtlich, auch wenn wir in unserem irdischen Leib noch nicht bei Gott zu Hause sind. Unser Leben auf dieser Erde ist dadurch bestimmt, dass wir an ihn glauben, und nicht, dass wir ihn sehen.Die Bibel - 2. Korinther 5, 1-7

Für alle fatalistisch veranlagten, die jetzt sagen: „Siehste, selbst Paulus hatte kein Bock mehr, hier Probleme zu lösen!“ Es kam ganz anders. Die nächsten beiden Verse sind die entscheidenden, da sie zum Ausdruck bringen, wie eine wirklich von Gott geschenkte Haltung und Einstellung aussieht – zu den Problemen dieser Welt generell, aber im speziellen auch in der ganzen Debatte und Diskussion rund um den Klimawandel.

Unser Leben auf dieser Erde ist dadurch bestimmt, dass wir an ihn glauben, und nicht, dass wir ihn sehen. Aber wir rechnen fest damit und würden am liebsten diesen Leib verlassen, um endlich zu Hause beim Herrn zu sein. Ganz gleich ob wir nun daheim bei ihm sind oder noch auf dieser Erde leben, wir möchten in jedem Fall tun, was Gott gefällt.Die Bibel - 2. Korinther 5, 8-9

Auch wenn die Sehnsucht nach der Ewigkeit und unserem Zuhause bei Gott groß ist, führt sie (zumindest bei Paulus) nicht zu einer Weltflucht, sondern motiviert im Hier und Jetzt alles für Jesus zu geben und zu tun, was Gott gefällt. Und das heißt nichts weniger als ein verantwortlicher und nachhaltiger Umgang mit seiner guten und wunderbaren Schöpfung – die Mensch, Tier und Natur beinhaltet.

Mein Wunsch

Ich bin Pfarrer und Theologe, kein Biologe oder Klimaforscher. Also kann ich auch nicht als Biologe oder Klimaforscher sprechen, sondern nur als Pfarrer und Theologe. Und hier ist mein großer Wunsch, dass wir endlich aufhören, dieser postmodernen Ersatzreligion weiterhin zu huldigen und so tun, als könnte der Mensch alleine (!) dieses Problem lösen. Gerade als protestantische Kirche ist uns doch klar, dass der Mensch nicht aus Werken gerecht wird. Allerdings habe ich manchmal den Eindruck (und ja, das ist sehr subjektiv), dass es fast schon unverzeihlich ist, nicht bei „Fridays for future“ mitzulaufen oder die Kirchenglocken zu läuten.

Mein Wunsch ist es, dass die Kirche das eigentliche Problem des „menschengemachten Klimawandels“ benennt und nicht auseinander dividiert, was von je her zusammengehört: Der Fall des Menschen und der Fall der ganzen Schöpfung.

Oder warum sonst kommt Paulus auf die Idee zu schreiben:

Denn ich bin überzeugt, dass dieser Zeit Leiden nicht ins Gewicht fallen gegenüber der Herrlichkeit, die an uns offenbart werden soll. Denn das ängstliche Harren der Kreatur wartet darauf, dass die Kinder Gottes offenbar werden. Die Schöpfung ist ja unterworfen der Vergänglichkeit – ohne ihren Willen, sondern durch den, der sie unterworfen hat –, doch auf Hoffnung; denn auch die Schöpfung wird frei werden von der Knechtschaft der Vergänglichkeit zu der herrlichen Freiheit der Kinder Gottes. Denn wir wissen, dass die ganze Schöpfung bis zu diesem Augenblick seufzt und in Wehen liegt.Die Bibel - Römer 8, 18-22

Die Schöpfung leidet genauso unter dem „Sündenfall“ (1. Mose 3) wie es der Mensch tut. Das dürfen wir nicht vergessen und das heißt auch: Wir dürfen nicht so tun, „als sei das alles nicht so schlimm“. Das höre ich in kirchlichen Kreisen leider auch immer wieder. Fatal – denn der Schöpfungs- und Bewahrungsauftrag sieht anders aus. Und ganz sicherlich erschöpft sich dieser nicht in einer „Mir doch egal“-Haltung gegenüber der Natur und dem Klima.

Die ganze Schöpfung leidet und seufzt unter dieser Last. In der Verkündigung des Evangeliums von Jesus Christus hat die Kirche einen großartigen Schatz, den sie aber leider zu einer billigen Kopie von Werkgerechtigkeit und Moralismus durchdrungenen Gedanken hat verkommen lassen. Es ist Zeit, das zu ändern und das Evangelium vom stellvertretenden Leiden des Sohnes Gottes für die gesamte Schöpfung wieder neu zur Sprache kommen lassen.

Ich wünsche mir, dass in kirchlichen Äußerungen im Blick auf den Klimawandel und die Bewahrung der Schöpfung der geistliche Zusammenhang nicht nur negativ, sondern positiv zum Ausdruck gebracht wird.

Negativ wird der geistliche Zusammenhang insofern zum Ausdruck gebracht, als dass die Gottlosigkeit des Menschen meist als Egoismus und Rücksichtslosigkeit dargestellt wird, aus der das verheerende und abscheuliche Verhalten gegenüber der Natur angeprangert wird – aber keine geistliche Lösungsoption aufgezeigt wird.

Positiv zum Ausdruck gebracht wird der geistliche Zusammenhang dort, wo dem Menschen ein Ausweg aus diesem Dilemma aufgezeigt wird und auf Jesu stellvertretendes Leiden und Sterben am Kreuz hingewiesen wird, das dem Menschen ermöglicht, „eine neue Kreatur“ (2. Korinther 5,17) zu werden, was sich wiederum auf den Umgang des Menschen mit der Natur widerspiegeln wird, wo diese Neuschöpfung eines Menschen gelebt und nicht nur als Lippenbekenntnis vor sich hergetragen wird.

Oder kurz gesagt: Das eine tun – das andere nicht lassen!

Denn die Lösungansätze für einen menschengemachten Klimawandel können niemals beim Menschen, sondern nur bei Jesus und seiner dem Menschen und der gesamten Schöpfung zugewandten Art zu finden sein.

Heldenschmiede

Hätte es doch solch ein Buch nur in meiner Teenie- und Jugendzeit gegeben! Echt mal! Das ist kein „Clickbait“ und auch kein „Jetzt lies aber bitte auch unbedingt weiter“-Trick. Es ist einer der ersten Gedanken, die ich hatte, als ich mich der „Heldenschmiede“ widmete. Dieses Buch enthält das Potenzial, das Leben vieler junger Männer und Jugendlichen zu verändern: nachhaltig und positiv.

Unsere Gesellschaft leidet darunter, dass „Mannsein“ vollkommen undefiniert, unklar und nicht selten einfach nur von Stereotypen durchzogen ist. Woher das kommt? Weil heranwachsende junge Männer im Teenie- und Jugendalter nie die Chance hatten, sich selbst und ihr Mannsein zu entdecken und zu entwickeln. Es fehlt an Vorbildern und „echten Männern“. Es fehlt an Männern, die ihre Identität nicht nur aus Testosteron ableiten. Es fehlt an Männern, die wissen, was einen echten Mann ausmacht.

Genau hier kommt die „Heldenschmiede“ ins Spiel.

Wer hilft mir, ein Mann zu werden?

Krasse Frage, oder nicht? Aber wenn jemand diese Frage stellen würde – ich würde ihm die „Heldenschmiede“ in die Hand drücken und sagen: „Schau nach. Lies nach. Hör genau hin. Und tu, was dort drin steht!“

Das wirklich Wunderbare an diesem Buch ist nämlich, dass es sich nicht in grauer entwicklungspsychologischem und soziologischem Blabla verliert, sondern handfeste Tipps an die Hand gibt. Es geht um Beziehungen, Freundschaft, Sexualität, Pornografie, Selbstbefriedigung, Identität, Selbstannahme, Ziele, Träume, den eigenen Charakter, Gruppendruck, cooles Aussehen, Musik – schlicht und einfach: Es geht um alles, was einen (junger) Mann in seiner Entwicklung beschäftigt.

Die einzelnen Themen sind super lesbar aufbereitet in kurze Einheiten von 2-3 Seiten, gegliedert in fünf große Kapitel.

1 Wie Helden geboren werden

2 Startschuss fürs Heldentraining

3 Beziehungshelden

4 Helden im Alltag

5 Heldentraining für Fortgeschrittene

Die einzelnen Einheiten sind alltagsnah, praktisch und leicht verständlich geschrieben. Am Ende jeder Einheit gibt’s eine kleine Ermutigung bzw. Aufforderung, Dinge konkret in die Tat umzusetzen. Das ist natürlich grandios, um das Thema nicht nur in der Theorie durchzunehmen, sondern praktisch umzusetzen, auch wenn mir manche Aufforderungen bzw. Postulate ein bisschen zu plakativ sind – aber wahrscheinlich ist das so nötig, um ihnen Gehör zu verschaffen.

Ein besonderes „Schmankerl“ sind die vielen verschiedenen Männern, die auf besondere Weise zu Wort kommen in dem Buch (was alleine schon grafisch ein Augenschmaus ist). Sie lassen das, was Waidelich so treffend beschreibt, noch einmal sehr lebensrelevant und vor allem biografisch verortet zu Wort kommen – sozusagen Versuchskaninchen ohne Versuche, sondern vielmehr authentische Lebenszeugnisse, die von dem berichten, was die „Heldenschmiede“ möchte. Inwiefern kommen sie besonders zu Wort? Verrate ich nicht! Dazu musst du das Buch schon kaufen!

Wenn ein Autor weiß, wovon er schreibt

…kommt genau solch ein Buch heraus. Marc Waidelich ist manchen vielleicht noch als Mitglied der Band normalgeneration? bekannt. Schon damals lag ihm – und den Mitstreitern seiner Band – die gute Entwicklung einer jungen Generation am Herzen. So ist es kein Wunder, dass Waidelich eben solch ein Buch schreibt – authentischer geht’s wohl kaum. Und das spürt man, das merkt man, das springt beim Lesen entgegen, zumal Waidelich immer wieder auch Einblicke in seinen eigenen Weg „zum Helden“ gewährt.

Das Buch eignet sich wunderbar als Geschenk zur Konfirmation – und darüber hinaus auch als Möglichkeit, in einer Kleingruppe mit Jungs/jungen Männern durchzunehmen und sich gegenseitig Rechenschaft zu geben, was natürlich eine große Vertrauensbasis voraussetzt – aber gemeinsam sich auf diesem Weg zu begleiten, kann für alle nur ein Gewinn sein.

Heldenschmiede
256 Seiten
ISBN: 978-3-7751-5886-2
Verlag: SCM Verlag
Preis: 14,99 EUR

Ich glaube – hilf meinem Unglauben!

Was wäre, wenn diese Jahreslosung von viel tieferem Vertrauen spricht als es auf den ersten Blick den Anschein macht? Was wäre, wenn mit „Unglauben“ eigentlich eine „Untreue“ gemeint ist und kein kritisches Zweifeln? Es wäre ein Gamechanger par excellence. Vor allem deswegen, weil die Frage nach dem Vertrauen und der Treue eine wesentlich tiefere ist als die Frage nach dem Zweifel, was zur Folge hat, dass das Staunen über das Geschenk des Glaubens noch größer wird. Aber – der Reihe nach:

Der Kontext

Ein Vater ist verzweifelt. Sein Sohn ist in einer ausweglosen Notlage. Doch für Jesus ist bekanntlich nichts unmöglich. Also wendet sich der Vater in seiner ganzen Verzweiflung an Jesus. Er bittet ihn, zu helfen, wenn er denn etwas ausrichten kann. In diesem Akt der absoluten Hinwendung an Jesus als Ausdruck der „letzten Option“ spiegelt sich eines wider: Glauben. Vertrauen. Deswegen sagt Jesus zu ihm: „Alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt!“ (Markus 9,23)

Das wiederum veranlasst den Vater diese denkwürdige Aussage zu treffen, die knapp 2.000 Jahre später zur Jahreslosung 2020 wird:

Ich glaube; hilf meinem Unglauben.Die Bibel - Markus 9,24

Aber was meint der Vater damit? Er drückt ja explizit aus: „Ich glaube! Ich zweifle nicht! Ich vertraue dir, Jesus! Tu endlich was!“ ….aber: „Hilf meinem Unglauben!“ Hä?

Allenthalben liest, sieht und hört man nun, dass der „Zweifel doch zum Glauben dazugehöre“. Zweifelsohne! Dem setze ich nichts entgegen, weil ich glaube, dass ein Glaube, der durch Zweifel gegangen ist, ein gefestigter Glaube ist. Zweifel zeigt uns, dass der Glaube auf keinen Fall unser eigener Verdienst ist, sondern immer angefochten bleibt. Doch spielt der Zweifel hier in dieser Begebenheit gar keine Rolle. Zumindest nicht der Zweifel, wie wir ihn oft meinen – doch dazu später mehr.

Unglaube

Der Vater bittet Jesus, er solle seinem „Unglauben“ helfen. Im griechischen Text steht das Wort „ἀπιστία“ (gesprochen: apistia). Dieses wiederum leitet sich ab vom griechischen Wort „πίστις“ (gesprochen: pistis), was „Glauben“ – oder noch zutreffender: „Vertrauen“ bedeutet. Glauben im biblischen Sinn ist nicht das Gegenteil von Wissen oder das Fürwahrhalten bestimmter Dinge, sondern Ausdruck einer vertrauensvollen Gottesbeziehung. Es meint ein vertrauensvolles Einlassen auf ein Gegenüber wobei die Grundlage, dass diese Beziehung Sinn macht, nicht im herkömmlichen Sinne bewiesen werden kann sondern geglaubt und im Vertrauen angenommen wird.

Nicht umsonst wird das Wort „ἀπιστία„, das mit „Unglauben“ in den meisten Bibelübersetzungen wiedergegeben wird, dann aber auch als „Untreue“ übersetzt. Interessant, oder nicht? Für mich ergibt das noch mal eine neue Perspektive und tiefe Dimension dieser Begegnung.

Zurück zur eigentlichen Geschichte: Ich stelle mir den Vater vor, wie er vor Jesus kapituliert, ihm sein Vertrauen gesteht und ausspricht. Und dass er eben genau das tut, was oben beschrieben ist: Dass Jesus ihm hilft, dass er selbst Jesus vertrauen kann und dass es besser wird mit ihm und seinem Sohn – das kann er nicht „beweisen“, das kann er nur glauben und das Wagnis eingehen, Jesus zu vertrauen.

Und weil er weiß, dass es in seinem Leben nichts Besseres gibt, als dem Sohn Gottes zu vertrauen, bittet er Jesus, ihm (in) seiner Untreue abzuhelfen und sein Vertrauen in ihn zu stärken. Er hat das erkannt, was Jahre später der Apostel Paulus in vielen seiner Briefen an die erste Christengeneration immer und immer wieder auf unterschiedliche Weise betont: Der Glaube, das Vertrauen in Jesus, ist ein Geschenk, das wir annehmen – aber nicht „machen“ können.

Spüren wir in uns selbst etwas, das den Glauben und das Vertrauen in Jesus zu schwächen scheint, ist der erste und beste Weg, zu Jesus zu gehen. Ohne Angst, ohne Scham, ohne schlechtes Gewissen. Nur mit diesem herzlichen Verlangen wie beim Vater: „Hilf mir in meiner Untreue.“ Denn das ist doch interessant: Der Vater war sich seiner eigenen Untreue bewusst und schämte sich dennoch nicht, sich vertrauensvoll an Jesus zu wenden. Eine rigorose absage an alles fromme Leistungsdenken unserer Zeit.

Zweifel

Der Zweifel aber, wie ich ihn oben schon kurz angesprochen habe, spielt auch eine ernst zu nehmende und wichtige Rolle in der Bibel wie auch im Glauben – keine Frage. Aber an anderer Stelle. Exponiert und explizit in Jakobus 1:

Er bitte aber im Glauben und zweifle nicht; denn wer zweifelt, der gleicht einer Meereswoge, die vom Winde getrieben und aufgepeitscht wird.Die Bibel - Jakobus 1,6

Das griechische Wort „διακρίνω“ (gesprochen: diakrino), das hier für „zweifeln“ steht, entstammt der Wortwurzel „κρινω“ (gesprochen: krino). Und das wiederum meint gerade nicht ein mangelndes Vertrauen, für das wir nichts können, sondern ein „ins Gericht gehen“ mit etwas oder jemandem, etwas/jemanden verurteilen und richten. Hier erhebt sich der Mensch vom Objekt zum Subjekt des Glaubens und stellt die Dinge nicht aus einem Vertrauensdrang sondern aus einem Kontrollzwang heraus in Frage. Typisch postmodern: Der Mensch versucht, sich die Realität und den Glauben zu konstruieren, selbst zu erschaffen.

Hier ist kein vernünftiges Hinterfragen mehr gemeint, sondern eine sich selbst erhebende Vorrangstellung des Menschen vor dem ewigen und heiligen Gott, seinem Wort und seiner ewig gültigen Wahrheit. Das ist genau das, was ich momentan fast schon schiffbruchartig in Deutschland wahrnehme: Der Mensch erhebt sich zum Subjekt und beginnt, über Inhalte des Glaubens zu richten und zu urteilen. Der Mensch erhebt sich als scheinbar Weisungsbefugter über den Glauben und die ewig gültigen Aussagen der Bibel.

Ich denke, wir sollten uns immer wieder bewusst machen, dass Christen des 21. Jahrhunderts in der Abfolge von Christen aus 20 Jahrhunderten zuvor stehen. Und da gibt es beispielsweise die guten alten Bekenntnisse der „Alten Kirche“, der Reformation oder der Bekennenden Kirche (Barmen), die für mich eine gute Hilfe sind, die Bibel “richtig” zu lesen.
Beim besten Willen aber sollten wir uns davor hüten, zu glauben, dass wir den Glauben aus 20 Jahrhunderten nun “neu erfinden” könnten in der Postmoderne und ihrem (de-)konstruktivistischen Denken. Das wiederum wäre ein „ins Gericht gehen“, ein „Zweifel“, der nicht gut ist – und nicht gut tut. Niemandem.

„Stärke meinen Glauben!“

Das aber ist eine komplett andere Situation als der „Unglaube“ in der Jahreslosung. Hier trifft ein verzweifelter und liebender Vater auf den Sohn Gottes und bittet ihn inbrünstig, ihm seinen Glauben zu stärken.

Und Jesus? Der beginnt keine theologische Diskussion sondern handelt einfach. Er befreit den Sohn von einem Dämon – und klärt damit die Angelegenheit auf seine Weise. Jesu Antwort auf die Bitte, „den Glauben zu stärken und das Vertrauen zu mehren“ ist, dass er in das Leben heilsam eingreift. Irgendwie so typisch Mann eben: Nicht viele Worte, sondern einfach mal machen.

Das ist etwas, was ich von dieser Jahreslosung mitnehmen will: Es reicht, Jesus zu bitten und ihm mein mangelndes Vertrauen entgegenzuhalten mit der Bitte, diesem abzuhelfen. Wie Jesus das tut, bleibt immer noch seine Sache – aber er tat es recht eindrücklich und wird das auch noch 2020 in deinem und meinem Leben tun.

Und so steht am Ende dieser Jahreslosung nicht der Zweifel und das mangelnde Vertrauen im Mittelpunkt. Vielmehr geht es um einen Gott, dem ich mich unverschämt nähern darf, keine Scham mich abhalten darf auf Grund mangelnden Glaubens und Vertrauens – denn ich könnte versäumen, wie er heilsam und heilend in mein Leben und in das Leben mir lieben Menschen eingreift.

2019 – Ein Jahr voller Helden!

„Was schreibe ich eigentlich für einen Abschluss-Beitrag zum Jahr 2019?“ Diese Frage habe ich mir in den vergangenen Tagen immer wieder gestellt. Bei allem, was mir so in den Sinn kam, dachte ich: „Das interessiert doch niemanden, was du hier schreibst.“

Gut, ok. Neu überlegt. 2019 ist langsam aber sicher Geschichte – was bleibt von diesem Jahr übrig? Viele Erinnerungen werde ich mitnehmen in das Jahr 2020. Jede Menge schmerzhafte Momente aber auch Momente des Glücks und der Freude.

Ich werde mich erinnern an Dinge, die „gut liefen“ und ich werde mich an Dinge erinnern, die in die Rubrik „Musst du nicht noch mal haben“ fallen. Besonders beruflich war es ein sehr herausforderndes Jahr und ich bin dankbar, dass ich verschiedene Menschen an meiner Seite haben, die mich begleiten.

Und deswegen habe ich mich für einen etwas anderen „Jahresrückblick“ entschieden. Ich schreibe gar nicht, was ich so alles gemacht habe, sondern ich will dir ein paar Heroes vorstellen, die mich dieses Jahr geprägt und begleitet haben.

Ich stelle dir Helden vor, die mein Leben geprägt haben im vergangenen Jahr 2019 – mal mehr, mal weniger. Dabei spielt es keine Rolle ob „mehr“ oder „weniger“ – Fakt ist: Sie haben mein Jahr mit geprägt und ich möchte sie ehren. Weil sie absolut coole Menschen sind.

Manche davon wissen, dass sie mich geprägt haben – manche wissen es nicht einmal. Manche werden es wohl nicht mal wissen, obwohl es jetzt im Worldwide Web steht.

Meine Familie

Es klingt echt banal und jeder dahergelaufene Autor und Blogger wie ich dankt seiner Familie. Ich tu es aus tiefstem Herzen. Dieses Jahr an der Seite meiner wunderbaren Frau Damaris und meinen beiden Kindern Lucas und Maleen zu erleben, war einzigartig. Es gab viele, viele Momente, in denen wir gelacht haben – und geweint haben. Und ich habe einmal mehr festgestellt: „Heimat“ und „Zuhause“ verbinde ich nicht mit einem Ort – das verbinde ich mit diesen drei Menschen – die wichtigsten in meinem Leben! Ich liebe euch!

Immer wieder betone ich, dass Gott den Menschen in unterschiedlichen Beziehungsdimensionen erschaffen hat – und diese biblisch gesehen eine strikte Reihenfolge haben:

Beziehung zu Gott | Beziehung zur Familie | Beziehung zur Gemeinde

Lange bevor es in der Menschheitsgeschichte und in der Bibel dokumentiert so etwas wie „Gemeinde“ gab, gab es schon längst die Familie.

Ich muss es immer und immer wieder aber auch mir selbst sagen und auf die Fahne schreiben: Meine Familie ist wichtiger als „meine“ Gemeinde. Es tut gut, dass ich in einer Familie bin, in der ich Fehler machen darf, auch wenn ich diese natürlich minimieren möchte. Es ist für mich ein unglaubliches Privileg und eine Ehre zugleich, die mich mit tiefer Dankbarkeit und Liebe erfüllt, genau diese drei wunderbaren Menschen an meiner Seite zu haben! [Leute, echt mal, holt die Taschentücher raus – das ist ja schon fast sentimental – aber egal: Ehre, wem Ehre gebührt!]

Manchmal braucht es für solche Einsichten Ratgeber und Begleiter an der Seite. Und das führt mich zu zwei ganz besonderen Personen.

Ein wunderbares Ehepaar

Meine Frau und ich hatten lange Jahre einen innigen Wunsch, weil wir merkten, wie sehr dieser Beruf nicht nur mich als Person betrifft. Auf besondere Weise hat der Beruf des Pfarrers Einfluss auf das Privatleben. Kolleginnen und Kollegen wissen, was ich meine – für manch andere erschließt es sich vielleicht nicht ganz – einen kleinen Einblick aber bekommst du in diesem Artikel.

Zurück zu unserem Wunsch. Wir wünschten uns schon lange Zeit ein Pastorenehepaar, das uns einige Schritte voraus ist: an Erfahrung, an Lebensjahren, an geistlicher Tiefe, an Lebensweisheit, an Glauben. Wir wünschten uns schon lange, ein solches Ehepaar als Coaches zu haben, die mit uns einen Weg gehen, die uns coachen und beraten – und Gott hat uns mit Reto & Marlies Pelli von der „Kirche im Prisma“ (www.prisma.ch) dieses Paar als Coaches an die Seite gestellt. Unbelievable. Genial! Ich könnte seitenweise schreiben, was wir in diesen Coaching-Einheiten schon gelernt haben – und manches davon sogar schon ganz praktisch umsetzen konnten.

Reto & Marlies – ihr seid Helden! DANKE für euren Einsatz, eure Liebe, eure Geduld, eure Weisheit, von der wir profitieren dürfen!

Freunde, Wegbegleiter und #Inspirencer

Viele Menschen haben im Jahr 2019 meinen Weg gekreuzt. Mit manchen habe ich zusammengearbeitet, mit manchen mich einfach nur ausgetauscht. Mit manchen hatte ich vielleicht nur wenig Kontakt, aber sie haben mich inspiriert, zum Lachen gebracht, motiviert, fasziniert oder schlicht und einfach wieder „on track“ gebracht, weil sie das, was sie tun, voller Leidenschaft tun! #Inspirencer eben – was ein mega Wort!

Karsten ist wohl der, auf den alles zutrifft. No words! Du bist ein wahrer Held! Und du weißt warum. Mehr muss ich hier nicht schreiben! Wir sehen uns bald! 🙂

Viel zu selten sehen wir uns – aber dafür telefonieren (haha, ja, wir als Männer!) wir regelmäßig miteinander. Thilo ist ein großartiger Mann im Reich Gottes – wer ihn kennt, weiß, wie inspirierend er ist und wie sein Herz voller Leidenschaft für Jesus ist.

Joachim ist so ein Mensch, den ich schon seit vielen, vielen Jahren kenne. Damals gab es noch SOUND7.DE, was auf ihn zurückging. „CINA“ hieß damals die „Christliche Internet-Arbeitsgemeinschaft“ und es war noch während meines Studiums, als sich unsere Wege kreuzten. Eigentlich sehen wir uns nur ein bis zweimal im Jahr. Wenn überhaupt – wobei dieses Jahr war es ganz besonders schön! Joachim ist nicht nur der einzige Mensch, den ich kenne, der von Jahr zu Jahr jünger aussieht, sondern führt mit „Stängle Consulting“ Menschen, Gemeinden, Kirchen und Unternehmen in die „digitale Gegenwart“. Großartiger Mensch, großartiges KnowHow und großartige Mission.

Corinna und Regine sind nicht nur zwei „Kolleginnen“, weil sie Pfarrerinnen sind, sondern haben von Gott auf besondere Weise eine große Portion Kreativität und künstlerisches Feingefühl bekommen. Also quasi das, was ich überhaupt nicht habe, haben sie um den Faktor „unendlich“ mehr. 🙂 Bilder sagen mehr als Worte – schaut es euch an unter www.corinna-schubert.de und www.regine-born.de.

In diesem Jahr haben wir nur paar Mails geschrieben. Aber in unserer Gemeinde gab es den „Ladies Tag“ und mit diesem haben wir ihre Arbeit finanziell ein bisschen unterstützt. Julia, was Du machst (www.herzwerk-wien.at), ist einfach nur genial! Und ich bin tief beeindruckt davon. Way to go! Ich bin gespannt, ob das mit der „Predigt“ klappt – cool wär’s!

In unserer Kirchengemeinde habe ich mit Andre Reich und Marc Hönes zwei Kollegen, mit denen kannst du Pferde stehlen. Ich habe zwar keine Ahnung, was man mit einem gestohlenen Pferd anstellen kann – aber sei’s drum. Da gehe ich als alter KSC-Fan sogar in die Mercedes Benz-Arena, um das Fußballspiel VfB Stuttgart vs. 1. FC Nürnberg anzuschauen – inklusive Weichei-Decke, Stadionbier, Wurst und Weihnachtsmarktbesuch bei Dauerregen.

Wenn ihr zwei Helden der Gemeindearbeit kennen lernen wollt – dann müsst ihr UNBEDINGT Andre und Marc kennenlernen. Und das ist kein Geblubber und Honigumsmaulschmieren. Das ist die Wahrheit! Mit diesen beiden Reich Gottes zu bauen und Gemeinde zu gestalten, ist einfach der Wahnsinn! DANKE, Jungs! (….und irgendwann gehen wir dann mal zum KSC!)

Meine Schwägerin Dani – du solltest ein Buch schreiben! Echt mal! Deine Facebook-Einträge über die Absurditäten (d)eines Alltagslebens sind einfach legendär und jedes Mal verschlinge ich sie – meistens muss ich herzhaft lachen, manchmal habe ich aber auch das Bedürfnis, mit dem Kopf unsanft die Tischkante zu berühren – aber das lasse ich lieber.

Das Schöne an der digitalen Welt ist ja, dass mich Menschen inspirieren, die ich in „real life“ noch nicht einmal getroffen habe. Das ist einerseits schade, aber andererseits bin ich dankbar für die technischen Möglichkeiten, die es heute gibt.

Markus Till schreibt absolut geniale Beiträge auf seinem Blog. Apologetik ist dabei ein ganz großes Thema – und ich kann dir nur empfehlen, seine Beiträge zu lesen. Ich empfinde gerade die letzten wenige Jahre als sehr turbulente Jahre in der kirchlichen Landschaft. Da sind seine Beiträge Gold wert und mehr als lesenswert: http://blog.aigg.de/.

Ebenfalls in der Blogger-Landschaft anzutreffen sind Paul und Peter Bruderer. Mit ihrem Blog „Daniel Option“ (www.danieloption.ch) haben sie ein Vakuum geschlossen, das in der deutschsprachigen Theologie der letzten Jahre existierte. Sie schaffen es – ganz im Sinne des alttestamentlichen Propheten Daniel – gesellschaftsrelevante Texte zu verfassen, die theologisch höchst brisant, notwendig und pointiert sind.

Wie auch Markus Till bloggen sie in einer ganz anderen Liga als ich. Das, was die Jungs auf ihren Blogs schreiben, ist höchstes Champions League-Niveau! Also – wer gerne Blogs liest, dem kann ich www.danieloption.ch und http://blog.aigg.de („aigg“ steht übrigens für „Aufatmen in Gottes Gegenwart“) nur empfehlen!

Wenn man sich dann noch so ein bisschen auf Instagram bewegt, dann findet man ja jede Menge. Interessant, amüsant und inspirierend finde ich hier besonders Peter Statz, Gunnar Engel, Nicolai Opifanti und Bernhard Friesen.

Letzterer ist übrigens Pastor der „Kirche für Oberberg„, die ich erst im Zuge des K5-Leitertrainings kennengelernt habe. Unglaublich, wie versteckt sie sein kann, wenn man am (gefühlt) anderen Ende der Republik wohnt. Aber was diese Kirche leistet, ist genial! Und da muss ich und will ich natürlich auch ihren Pastor Artur Siegert erwähnen, der mich unglaublich inspiriert hat im vergangenen Jahr.

Logisch, dass Lena hier nicht fehlen darf als jemand, der sich Gott zur Verfügung stellt, auf seinen Ruf hört und dann halt so crazy Sachen macht am Momentum College.

Apropos „sich Gott zur Verfügung stellen“. Das tun auch Daniel und Ecki. Mit beiden habe ich wenig Kontakt gehabt dieses Jahr – aber Jungs: Ich lese eure Rundbriefe immer sehr aufmerksam, auch wenn ich nicht antworte. Aber ich bin inspiriert und wirklich bewegt von dem, was ihr für Gott tut und wie ihr Menschen dient. Chapeau!

Für manche ist es ein „alter Bekannter“ – zumindest für Fußball-Fans: Michael Sternkopf. Seine Lebensgeschichte, seine Ehrlichkeit, sein tiefer Glaube, seine Liebe zu Jesus – absolut inspirierend und heldenhaft. Danke, Michael!

Und naja, was soll ich sagen – er liest es nicht, aber ich will ihn dir empfehlen: Craig Groeschel ist ein Pastor, von dem ich unglaublich viel lerne. Momentan lerne ich wahrscheinlich von ihm am allermeisten, was Leadership betrifft – so wie ich theologisch ganz viel von Tim Keller lerne. Zwei absolute Helden und ganz begnadete Menschen.

Und dann? Dann gibt es noch jede Menge Menschen, die sich in unserer Kirchengemeinde (www.wutachblick.de) einbringen. Ich verzichte jetzt – leider – darauf, euch alle namentlich zu nennen oder gar zu verlinken, da ich vermutlich jemanden vergessen würde. Und das wäre mir unangenehm. Manche von euch kenne ich gut, manche besser. 🙂 Und auch das ist schön, dass man auf diese Weise zu Weggefährten wird.

Was ihr das Jahr über an Einsatz bringt, das ist phänomenal. Und das, obwohl ihr das „nur“ ehrenamtlich macht – zusätzlich zu eurem Job, eurem Familienleben, euren eigenen Sorgen und Belastungen, euren Kämpfen mit Krankheit, Tod und Verlusten und der Tatsache, dass man wohl nie 100% „zufrieden“ mit der Gemeinde ist, ihr aber darüber hinwegschauen könnt, weil ihr wisst, dass es um viel mehr geht. Ihr seid wirklich grandios!

Gerade jetzt an Weihnachten, wo wir großartige Aktionen am Start hatten, wurde mir wieder deutlich, dass da ganz, ganz viele Helden am Start sind! Ihr seid mega! DANKE! (Einblick 1 | Einblick 2 | Einblick 3 in unserer Weihnachts-Aktionen)

Jesus

War klar, oder?

Ich bin schon viele Jahre Christ. Aber ich habe nie „ausgelernt“. Es wäre schlimm, wenn ich das denken würde. Jesus begeistert mich, fasziniert mich, motiviert mich mehr denn je. Die Beziehung zu ihm zu pflegen wird mir immer und immer wichtiger. Durch Gebet, durch das Lesen in seinem Wort (=Bibel), das Erforschen seines Wortes – das hat mich im vergangenen Jahr mehr umgetrieben und begeistert als die Jahre zuvor. Manchmal hatte ich den Eindruck, als ob ich geistliche Wahrheiten und Schätze das erste Mal überhaupt entdecke. Verrückt.

Ich bin Jesus dankbar, dass das, was über ihn in der Bibel steht, wahr ist. Und ich bin ihm dankbar, dass er so ’ne coole Idee mit der Bibel hatte, weil es kein Buch der Weltgeschichte gibt, das so gut bezeugt und belegt ist, dass es eben KEINE Überlieferungsfehler gab. Crazy. Danke, Jesus, du bist nicht nur mein Held – du bist mein Herr! Und das nicht nur 2019 sondern auch 2020.

Ich will ihn nicht einfach nur bewundern und „cool finden“ oder den „best buddy“. Ich möchte seine Heiligkeit und seine aufopferungsvolle Liebe noch mehr verinnerlichen und ihm nachfolgen, so gut ich es kann. In der Gemeinde haben wir 2020 so etwas wie ein Jahresthema: „Zwei Seiten einer Medaille. Jüngerschaft und Evangelisation“. Ich glaube, da werde ich selbst noch eine Menge lernen können und freue mich jetzt schon drauf.

Ich sage an dieser Stelle DANKE an alle Helden, die ich hier erwähnt habe und die, die ich nicht erwähnt habe. Ihr habt 2019 zu einem besonderen Jahr gemacht – und ich bin mir sicher: Nicht nur für mich!

Das haben wir schon immer so gemacht!

Dieser Satz ist eine Lüge, er bremst aus und ist geistlich gesehen Irrlehre. Warum schreibe ich dann darüber? Ganz einfach: Diese Aussage begegnet mir sehr, sehr oft – und wenn du dich im kirchlichen Kontext aufhältst, wirst du ihm auch schon sehr oft begegnet sein.

Ich halte diesen Satz zudem für äußerst gefährlich! Er kann in Gesprächen und Begegnungen sofort jede Dynamik absorbieren und das Gefühl einer Ohnmacht hervorrufen – oder wenn’s schlimmer ist: das Gefühl von Wut, Enttäuschung und Frust. Das alles ist aber in Gemeindeentwicklung nicht sonderlich förderlich. Deswegen ist es mir ein Anliegen, diesen Satz „auseinanderzunehmen“ im Sinne von: „Schauen wir doch mal genauer hin, was dieser Satz zum Ausdruck bringt.“ Damit gebe ich dir gleichzeitig Ideen an die Hand, wie du diesem Satz begegnen kannst oder konkret: Wie du dein Gegenüber, der diesen Satz gesprochen hat, liebevoll und werbend mitnehmen kannst in ein Denken, das die Fehler und die Sinnlosigkeit dieses Satzes deutlich macht.

1Nur Gott ist „immer“ – sonst nichts und niemand

Was heißt denn „immer“, wenn jemand sagt: „Das haben wir schon immer so gemacht?“ Sicherlich meint diese Person nicht (hoffe ich zumindest), dass der von ihr bevorzugte Sachverhalt von Ewigkeit her war. Die Sehnsucht nach Beständigkeit und Kontinuität, die gerade in unserer schnelllebigen Zeit ein sehr kostbares Gut ist, darf nicht zum Primat über Notwendigkeiten in der Gemeindeentwicklung werden. Wir dürfen die Notwendigkeit der Erneuerung von Kirche nicht auf dem Altar falschen Traditionsdenkens opfern.

Versteh mich nicht falsch: Tradition ist nichts Schlechtes – im Gegenteil. In der Bibel heißt es in Galater 4:

Als aber die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau und unter das Gesetz getan, auf dass er die, die unter dem Gesetz waren, loskaufte, damit wir die Kindschaft empfingen.Die Bibel, Galater 4, 4+5

Ich finde das Wort „erfüllt“ an dieser Stelle so schön. Gott sagt nicht: „Alles bisher war Quatsch. Jetzt rocken wir mit Jesus die Weltgeschichte mal ganz neu.“ Ok, den zweiten Teil hat er so ähnlich schon gesagt – aber den ersten Teil überhaupt nicht. Gott ist ein Gott der Geschichte, sein Handeln lässt sich nicht nur historisch belegen, sondern ist ein Handeln über Epochen, Zeitgeschichten und Jahrhunderte hinweg. Damit ist Gott selbst in sich kontinuierlich.

Wenn Tradition aber verkommt im Sinne von „Früher war alles besser“ – dann nichts wie weg damit! Denn das stimmt einfach nicht. Früher hatten wir noch die Prügelstrafe in der Schule, Frauen hatten weniger Rechte als Männer und wir hatten Weltkriege. Und du willst allen Ernstes behaupten „Früher war alles besser“?

Insofern ist Tradition das Bewahren und Weitergeben des Besten aber nicht das Glorifizieren einer toten Vergangenheit.

Darüber hinaus: Nichts außer Gott ist ewig.

Ja, bevor die Berge geboren wurden, noch bevor Erde und Weltall unter Wehen entstanden, warst du, o Gott, schon da. Du bist ohne Anfang und Ende.Die Bibel, Psalm 90,2

Gott aber ist ewig. Kein Anfang, kein Ende. Er ist „immer“. Sonst niemand und nichts.

2Proklamation geistlichen Stillstands

„Das haben wir schon immer so gemacht“ versperrt jedweden Zugang zu göttlicher Offenbarung. Dieser unsägliche Satz impliziert: „Und weil wir das schon immer so gemacht haben, werden wir das auch weiterhin so tun.“ Damit ist dieser Satz komplett unnatürlich und streng genommen lügt sich jeder selbst in die Tasche, der diesen Satz gebraucht.

Als ich ein kleiner Junge war, habe ich anders geglaubt, als ich heute glaube. In meiner Jugend entwickelte sich erst ein Gottesbild, das ich heute habe, das ich so in dieser Form als Kind noch nicht hatte. Unser Glaube verändert sich – er war nie „schon immer so“.

Insofern ist im kirchlichen Kontext ein „Das haben wir schon immer so gemacht“ gleichbedeutend mit geistlichem Stillstand nach dem Motto: „Was ich glaube und geistlich erlebe, das reicht mir, so wie es jetzt ist.“ Aber wer bist du, lieber Mensch, dass du selbst darüber entscheiden kannst, was dir „geistlich reicht“ und was nicht?

Ich halte es aus geistlicher Sicht für ein Armutszeugnis, wenn ein „Das haben wir schon immer so gemacht“ dazu führt, dass wir uns geistlich nicht weiterentwickeln, denn wie gesagt: Wir tun das seit unseren Kindesbeinen an.

Wissen wir, was Gott noch alles für uns „in petto“ hat?

Können wir jemals erahnen, was Gott Großes mit unserem Leben vorhat?

Haben wir einen Blick hinein in seine Vorstellungen über unsere Gemeinde und die Entwicklungen der nächsten Jahre und Jahrzehnte?

Solange wir auch nur auf eine dieser drei Fragen mit „nein“ antworten, können wir auch niemals sagen: „Das haben wir schon immer so gemacht!“ Sollten wir auf alle drei Fragen mit „ja“ antworten – nun, dann…..brauchst du nicht mehr weiterlesen.

3Menschliche Logik steht über göttlicher Möglichkeit

Denn das ist letzten Endes der Motor, der diesen unsinnigen Satz „Das haben wir schon immer so gemacht“ am Laufen hält. Ich meine, es ist ja schon anmaßend, aber letzten Endes ist es nichts anderes als der billige Versuch, Gott limitieren zu wollen. Als ob wir das könnten.

Die innere Logik hinter diesem Satz könnte man wie folgt beschreiben: „Weil ich nicht glauben will, dass da noch mehr geht / Weil ich nicht in der Lage bin, weiter zu denken / Weil ich nicht möchte, dass sich etwas ändern…..deswegen muss alles so weitergehen, wie es bisher auch schon der Fall war, denn: Das haben wir schon immer so gemacht.“

Nichts gegen menschliche Logik – also wirklich nicht! Ich mag sie. Manchmal habe ich sogar den Eindruck, ein bisschen davon abbekommen zu haben. Aber die Hybris des Menschen besteht darin, zu meinen, Gott limitieren zu können und ihn in die Schranken zu weisen. Das geht – und das geht nicht. Hä?

Das geht, weil du in deinem Glauben auch nur Dinge zulässt und erfahren wirst, die du zulassen willst und erfahren willst. Bis zu einem gewissen Grad, an dem Gott dann sagt: „Guckst du, nicht mit mir! Ich bin größer als deine Logik, als dein Verstand, als dein Denken! Ich werde dir jetzt mal meine schöne, große, weite, neue Welt zeigen und dich mit hinein nehmen in meine Möglichkeiten.“

Und dann macht es BÄM! Manche haben diese Erfahrung schon gemacht – manche stehen noch davor. Ich frage mich nur: Wieso zögern wir diese großartige Erfahrung selbst heraus und versuchen Gott zu limitieren, indem wir sagen: „Das haben wir schon immer so gemacht!“

Wäre es nicht schön, viel früher von Gott die Augen geöffnet zu bekommen für seine Möglichkeiten, für seine Schönheit, seine alles umfassende Gnade und Wahrheit, für seine Liebe und Güte, für seine Treue und seine Fürsorge?

Vielleicht ist dieser Artikel etwas herausfordernd, einseitig und provokant. Eines ist er ganz sicher: unfertig. Da gibt’s noch viel zu entdecken. Aber alles davon ist gewollt!

Denn eines bitte ich dich von Herzen: Sage nicht mehr „Das haben wir schon immer so gemacht!“ Und wenn dir jemand diesen Satz entgegenbringt, dann sei nicht böse, wütend oder frustriert, sondern versuche, deinem Gegenüber aufzuzeigen, was für wunderbare, schöne, heilsame und gnadenvolle Dinge möglich wären, wenn er diesen Satz nicht mehr sagt und glaubt.

Darf ich als Christ trauern?

„Was ist das für eine bescheuerte Frage?“ Ja, du hast ja recht. Aber weißt du was? Es begegnen mir immer wieder in Gesprächen Aussagen von Menschen, die mich zum Schluss kommen lassen: Es gibt Christen (und Gemeinden), die Trauer zu schnell übergehen oder gar abtun nach dem Motto: „Als guter Christ trauert man nicht.“ What? Ja genau! Da zieht’s mir auch die Schuhe aus.

In den Statistiken meines Blogs finden sich immer wieder auch Suchanfragen, über die Leserinnern und Leser auf meine Seite kamen, die beginnen mit „Darf ich als Christ….“ Warum also nicht diese Frage stellen. Als Christ trauern? Unbedingt! Aber wie?

Was ist Trauer?

Gestern war Ewigkeitssonntag. An diesem Sonntag wird nicht nur der Blick auf die Ewigkeit gerichtet, sondern bewusst und mehr als sonst der Trauer Raum gegeben. Ich habe darüber gesprochen, wie Christen trauern. Dabei habe ich versucht, in einem ganz einfachen Satz zusammenzufassen, was Trauer ist. Der klingt dann so:

Trauer ist der Umgang mit bzw. die Reaktion auf eine existenzielle Schmerzerfahrung.

Diese existenzielle Schmerzerfahrung muss nicht zwangsläufig der Tod sein. Das kann auch eine Schmerzerfahrung im Blick auf unsere zwischenmenschlichen Beziehungen sein, im Blick auf die Familie, im Blick auf die Gesundheit, den Arbeitsplatz oder unsere Finanzen – bis hin zu unserer Würde.

Entscheidend nun ist, dass wir ganz unterschiedlich auf solch eine Schmerzerfahrung reagieren. Der eine wird wütend, während ein anderer versucht, „die Sache“ zu verdrängen (so lange, bis er merkt, dass das überhaupt nicht funktioniert). Wieder andere werden melancholisch oder beginnen zu zweifeln – und zwar an allem: an Menschen, an Gott, an der Liebe.

Hier gibt es kein „richtig“ oder „falsch“. Jeder Mensch trauert anders wie sich auch jeder Mensch auf andere Weise freut. Während der eine in ekstatisches Lachen und Jubeln gerät, freut sich der Introvertierte eher innerlich, still – aber nicht weniger herzlich.

Im zweiten Teil der Bibel, dem Neuen Testament, schreibt Paulus an die Gemeinde in Thessaloniki zwei Briefe. Im ersten Brief – einem der ältesten Dokumente des Neuen Testaments – schreibt er (wohl auf Anfrage aus der Gemeinde) einige Verse über die „letzten Tage“, das Leben nach dem Tod sowie die Wiederkunft Jesu.

Wir wollen euch aber, liebe Brüder, nicht im Ungewissen lassen über die, die entschlafen sind, damit ihr nicht traurig seid wie die andern, die keine Hoffnung haben.
Denn wenn wir glauben, dass Jesus gestorben und auferstanden ist, so wird Gott auch die, die entschlafen sind, durch Jesus mit ihm einherführen.
Denn das sagen wir euch mit einem Wort des Herrn, dass wir, die wir leben und übrig bleiben bis zur Ankunft des Herrn, denen nicht zuvorkommen werden, die entschlafen sind.
Denn er selbst, der Herr, wird, wenn der Befehl ertönt, wenn die Stimme des Erzengels und die Posaune Gottes erschallen, herabkommen vom Himmel, und zuerst werden die Toten, die in Christus gestorben sind, auferstehen.
Danach werden wir, die wir leben und übrig bleiben, zugleich mit ihnen entrückt werden auf den Wolken in die Luft, dem Herrn entgegen; und so werden wir bei dem Herrn sein allezeit.
So tröstet euch mit diesen Worten untereinander.Die Bibel, 1. Thessalonicher 4, 13-18

Trauern erlaubt!

Mit keiner Silbe verbietet Paulus den Christen in Thessaloniki das Trauern. Im Gegenteil. Er führt es näher aus, weshalb sie nicht „traurig sein sollen wie die, die keine Hoffnung haben“.

Es ist so unglaublich wichtig für unsere Seele und unseren Glauben, dass wir der Trauer Raum geben und sie nicht verdrängen. Schon gar nicht sollten wir als Christen jemals auch nur den Satz denken „Jetzt stell dich nicht so an!“. Weder uns selbst gegenüber noch jemand anderem gegenüber.

Wenn Trauer eine existenzielle Schmerzerfahrung ist, dann schlägt der Grund dieser existenziellen Schmerzerfahrung eine Wunde in unserer Seele und vielleicht sogar in unserem Glauben. „Jetzt stell dich nicht so an“ zu sagen wäre genauso schwachsinnig, wenn ich das jemandem sage, der sich soeben das Bein gebrochen hat.

Leider begegnet mir im Blick auf Trauer immer wieder diese übergestülpte „Happy End“-Polemik, wie ich sie auch manchmal in der Osterzeit wahrnehme nach dem Motto: „Wieso soll ich an Karfreitag ernst sein, wenn ich doch schon weiß, dass ich am Sonntag an einem leeren Grab tanze?“

Leider ist das ziemlich oberflächlich gedacht. Genauso oberflächlich ist die Haltung „Stell dich nicht so an – XY ist jetzt bei Jesus, es geht ihm gut und wir werden ihn wiedersehen.“ Aber der Schmerz ist da. Der Verlust ist da. Die Lücke, die ein Mensch hinterlässt, schließt sich nicht.

Und der Mensch nimmt einen Schmerz wahr, der tiefer geht als manches körperliches Leiden. Ein Schmerz, der sich in die Tiefen unserer Seele gräbt und bearbeitet werden möchte.

Insofern ist die Frage „Darf ich als Christ trauern?“ für mich falsch gestellt. Die Frage müsste besser lauten: „Wie soll ich als Christ trauern?“.

Hoffnungsvoll trauern

Und hier gibt uns Paulus einen Ratschlag, den ich zusammenfassen möchte mit dem Claim „hoffnungsvoll trauern“. Am Anfang des oben zitierten Abschnitts schreibt er:

Wir wollen euch aber, liebe Brüder, nicht im Ungewissen lassen über die, die entschlafen sind, damit ihr nicht traurig seid wie die andern, die keine Hoffnung haben.Die Bibel, 1. Thessalonicher 4, 13

Hoffnungsvoll trauern setzt Hoffnung voraus – was aber ist Hoffnung? Sicherlich gibt es viele gute Definitionen dafür – mein Versuch lautet:

Hoffnung ist die Zusage für bzw. die Einstellung zum Leben, die damit rechnet, dass der IST-Zustand nicht der Beste ist.

Warum so kompliziert? Weil wir Hoffnung manchmal in uns tragen – und manchmal überhaupt nicht. Da braucht es die Zusage von außen, ein gutes Wort, eine Ermutigung, ein Bibelvers, ein Freund – whatever. Sozusagen intrinsische und extrinsische Hoffnung, wie es ja auch die intrinsische und extrinsische Motivation gibt. Schräg wird es nur dann, wenn wir meinen, immer und zu jeder Zeit eine intrinsische Hoffnung an den Tag legen zu müssen. Auch Christen kommt die Hoffnung abhanden. Und da braucht es den Zuspruch, die Zusage von außen, wie schon Dietrich Bonhoeffer sagte:

Der Christus im eigenen Herzen ist schwächer als der Christus im Worte des Bruders; jener ist ungewiss, dieser ist gewiss.Dietrich Bonhoeffer

Ja, das ist eines meiner Lieblingszitate von Bonhoeffer – deswegen findest du es auch in dem Artikel „5 Gründe, warum Christsein ohne Gemeinde nicht funktioniert„. Es gibt gerade in Zeiten der Trauer die unbedingte Notwendigkeit, dass mir jemand diese Hoffnung von außen zuspricht, weil in mir alles dunkel und hoffnungslos scheint.

Worin nun diese Hoffnung besteht, werde ich im letzten Teil dieses Artikels beschreiben – denn jetzt kommt sozusagen ein kleiner aber nicht unerheblicher Einschub.

Problemzone Gefühle

Der postmoderne Mensch scheint in erster Linie ein fühlender Mensch zu sein. Solange wir „Gott spüren“, ist alles ok. Solange wir „fühlen, dass mich jemand liebt“, schauen wir nach vorne. Aber wehe, wenn die Gefühle weg sind – oder wir sogar das Gegenteil „fühlen“, was bei Trauer ja alles andere als unwahrscheinlich ist.

Da fühlen wir schnell mal Gott – nicht. Da spüren wir schnell mal, dass wir von Gott weit entfernt zu sein scheinen.

Auf der Gefühlsebene widerspreche ich gar nicht. Das ist übrigens nicht erst das Problem von Menschen unserer Zeit, sondern ein Phänomen, das sich durch die gesamte Menschheitsgeschichte zieht, dass wir uns mal mehr mal weniger geliebt, verstanden oder getröstet fühlen.

Gefühle sind aber nicht alles – und sie werden uns zum Fallstrick, wenn wir ihnen die Macht geben, dass sie uns geistliche Wahrheiten rauben. Eine dieser geistlichen Wahrheit ist, dass Gott trauernden Menschen nahe ist und sie alles andere als weit entfernt sind von ihm.

Der HERR ist nahe denen, die zerbrochenen Herzens sind, und hilft denen, die ein zerschlagenes Gemüt haben.Die Bibel, Psalm 34,19

Wird diese Wahrheit nun durch meine eigenen Gefühle außer Kraft gesetzt? Natürlich nicht! Ist Gott mir wirklich nahe, wie sein Wort es verspricht, auch wenn ich es nicht fühle? Natürlich ist er das!

Gerade in Zeiten der Trauer als Reaktion auf eine existenzielle Schmerzerfahrung stehen wir in der Gefahr, uns auf unsere Gefühle zu verlassen. Das ist in diesem Zusammenhang aber alles andere als ratsam. Es gilt, die geistlichen Wahrheiten und göttlichen Verheißungen weiterhin ernst zu nehmen – so fern sie auch scheinen mögen. Und gerade deswegen benötigt es immer wieder die Zusage der Hoffnung von außen. Denn diese Hoffnung ist kein Wunschdenken – sie ist eine begründete Hoffnung.

Begründete Hoffnung

Als Paulus seine Briefe an die ersten Gemeinden schrieb, standen diese vor einer Herausforderung, die wir heute in der Form gar nicht kennen. Die ersten Christen starben nämlich. Das klingt trivial, aber wenn wir davon ausgehen, dass Paulus seine Briefe grob gesagt ca. 20-30 Jahre nach Jesu Tod und Auferstehung schrieb und damals vor allem erwachsene Menschen zum Glauben an Jesus kamen und sich taufen ließen, dann bedeutet das auch, dass nun eben die große Frage im Raum stand, wie man „richtig“ mit dem Tod umgeht – und wie es nach dem Tod weitergeht. Letzteres beschrieb Paulus in dem oben zitierten Abschnitt im ersten Thessalonicherbrief.

Im ersten Brief an die Gemeinde in Korinth begründete er die Hoffnung, die Christen haben, mit der Auferstehung Jesu.

Ist aber Christus nicht auferstanden, so ist unsre Predigt vergeblich, so ist auch euer Glaube vergeblich. Wir würden dann auch als falsche Zeugen Gottes befunden, weil wir gegen Gott bezeugt hätten, er habe Christus auferweckt, den er nicht auferweckt hätte, wenn doch die Toten nicht auferstehen. Denn wenn die Toten nicht auferstehen, so ist Christus auch nicht auferstanden. Ist Christus aber nicht auferstanden, so ist euer Glaube nichtig, so seid ihr noch in euren Sünden; so sind auch die, die in Christus entschlafen sind, verloren. Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christus, so sind wir die elendesten unter allen Menschen.
Nun aber ist Christus auferstanden von den Toten als Erstling unter denen, die entschlafen sind.
Die Bibel, 1. Korinther 15, 14-20

Ich finde Paulus ganz generell recht cool – aber was er hier schreibt bzw. wie er seine Aussagen auf die Spitze treibt, ist schon genial. In der Tat wären Christen die „elendesten“ – auf gut deutsch: die größten Vollpfosten – aller Menschen, wenn Jesus nicht auferstanden wäre, weil ihr gesamter Glaube sonst auf einem Hirngespinst aufgebaut wäre.

Nun aber – so Paulus – ist Jesus auferstanden! Und er muss es wissen, schließlich ist er dem Auferstanden begegnet (nachzulesen in Apostelgeschichte 9). Und das Interessante ist doch: Paulus argumentiert an keiner Stelle im Neuen Testament mit eben dieser Auferstehung nach dem Motto: „Jetzt komm‘ mal runter! Ist doch alles nicht so wild! Das wird schon wieder!“

Nein. Vielmehr ist die Auferstehung Jesu für ihn das feste Fundament, auf dem Christen hier leben – und trauern. In der Gewissheit, dass „das Beste“ erst noch kommt und dass der IST-Zustand niemals der beste Zustand sein kann.

Das lässt die Hoffnung, dass „die Dinge besser werden“, in einem neuen Licht erscheinen, weil es tatsächlich Hoffnung und nicht Wunschdenken ist. Es ist kein „Sicht-selbst-am-Schopf-Packen“ wie Baron Münchhausen sondern eine Hoffnung, die eben gerade nicht von mir abhängig ist, sondern „extern begründet“ ist.

Diese Hoffnung hat auch ein Ziel und beschreibt die Grundhaltung, welche Christen auf der Erde haben sollten.

Denn hier auf der Erde gibt es keinen Ort, der wirklich unsere Heimat wäre und wo wir für immer bleiben könnten. Unsere ganze Sehnsucht gilt jener zukünftigen Stadt, zu der wir unterwegs sind.Die Bibel, Hebräer 13,14

Weltflucht? Jenseitsvertröstung? Beim besten Willen nicht! Gott hat dir und mir das Leben auf dieser wunderbaren Erde geschenkt. Dieses Leben gestalten und genießen wir. Der Vers im Hebräerbrief ist aber deswegen die Grundhaltung eines Christen, weil er eines ausdrückt: Unsere wirkliche Heimat, ein endgültige Ankommen und Zufriedensein wird es hier auf der Erde niemals geben – sondern erst in der Ewigkeit bei Gott.

Manchmal wird das gerne vergessen und sorgt dafür, dass man sich diese Erde als „letzte Heimat“ schön einrichtet und vergisst: Das ist nicht alles! Schon gar nicht das Beste! Und auch nicht das Ende!

Denn das Beste kommt erst noch. Jesus verspricht allen, die an ihn glauben, etwas wirklich Großartiges:

Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt.Die Bibel, Johannes 11,25

Der Tod eines mir lieben Menschen ist wahrscheinlich die äußerste Form einer existenziellen Schmerzerfahrung. Aber nicht die einzige. Wie oben schon erwähnt gibt es diese in ganz unterschiedlichen Bereichen unseres Lebens: die Ablehnung durch einen Freund, der unlösbare Konflikt innerhalb der Familie, die niederschmetternde Diagnose des Arztes, das finanzielle Fiasko oder die Tag für Tag wiederkehrend untragbare Situation am Arbeitsplatz.

Ein Gott, der den Tod besiegt, ist stark genug, uns in jeder existenziellen Schmerzerfahrung zur Seite zu stehen, uns zu trösten, uns zu stärken, zu heilen und Zuversicht zu geben. Das tut er durch sein Wort, die Bibel oder indem er durch den Heiligen Geist zu uns spricht. Er lässt es aber auch dort geschehen, wo ein lieber Mensch mir stärkend, tröstend und verständnisvoll zur Seite steht. Er tut es in seiner Gemeinde, dem real existierenden Leib Jesu, wo du Trost und Stärkung empfängst, wie Paulus am Ende des Abschnittes an die Gemeinde in Thessaloniki schreibt:

So tröstet euch mit diesen Worten untereinander.Die Bibel, 1. Thessalonicher 4,18

In alledem gilt, dass Christen ihrer wirklichen Heimat und dem letzten Ort der Geborgenheit und Zufriedenheit erst noch „entgegen leben“. Und bis dahin wird es auf dieser Erde immer wieder Momente existenzieller Schmerzerfahrung geben. Leider. Aber es gilt entgegen aller widersprüchlichen Gefühle in uns: In diesen Momenten Gott ganz besonders nahe. Und niemand kann dem menschlichen Herzen und der menschlichen Seele so viel Gutes und Balsam geben wie der Schöpfer des Universums, der zugleich ein liebender Vater ist.

Nur eines müssen wir dabei unbedingt beachten: Trauern erlaubt!

Bruderherz

Dass nicht nur die „fromme Welt“, sondern auch und gerade unsere Gesellschaft unter einem verkorksten Männerbild leidet, ist offensichtlich. „Bruderherz“ ist dagegen kein Patentrezept, sondern eher so etwas wie eine Bestandsaufnahme und Diagnose, warum die Lage so ist, wie sie ist.

Eines vorab: Ich habe mich ein wenig vom Klappen und Werbetext beeinflussen lassen und dachte, in diesem Buch geht es primär um Männerfreundschaften. Dem ist nicht so – aber das ist nicht weiter tragisch, denn indirekt geht es doch auch darum. Denn der Untertitel beschreibt es treffend: „Echte Männer, echte Freunde“. Erst Mann – dann Freund, so könnte man es sagen und so ist es sicherlich dann auch wieder gerechtfertigt, sich von diesem Buch einige Tipps im Blick auf „echte Männerfreundschaften“ zu erwarten.

Das Ende einer Täuschung und das Beste zum Thema

Allerdings, und vielleicht ist das sowohl der Kern meiner „Enttäuschung“ (denn jede „Enttäuschung“ ist das „Ende“ einer „Täuschung“ auf Grund falscher Erwartungen) als auch der Kern des Buches: es geht ans Eingemachte! Liebe Männer, das ist keine leichte Lektüre. Sie wird euch an eure Abgründe und schwarzen Löcher führen, sie wird euch schonungslos über euch selbst Dinge offenbaren, von denen ihr dachtet, dass sie euch nicht betreffen. Das Buch wird euch herausfordern, ein „echter Mann zu werden“. Und ich würde so weit gehen, dass Wes Yoder so viel Tiefgang, so viel Authentizität, so viel Biografie und so viel Ehrlichkeit in das Buch hineingelegt hat, dass es mit Abstand das Beste ist, was ich im Blick auf „Mannsein“ bisher gelesen habe.

Yoder selbst hat aber auch jede Menge zu berichten und zu diesem Thema beizusteuern. Aufgewachsen unter den „Amischen“ und den Mennoniten, hat er den Glauben nicht nur mit der Muttermilch mitbekommen – er hat ihn in seinen schönen wie auch in seinen einengenden Seiten kennengerlernt. Das führte dazu, wie er in seinem Buch immer wieder beschreibt, dass er sich in seinen jungen Erwachsenenjahren sehr distanzierte vom Glauben, einige Dinge tat, die allesa ndere als förderlich für ihn (und sein Umfeld) waren, zurückfand zu Gott und schließlich Unternehmer wurde.

Er war Teil des „Jesus Movement“ in den USA, verhalf einigen christlichen Bands und Künstlern zu ihrem Durchbruch und ist heute Präsident von „Ambassador“ – einer Agentur für Autoren und Sprechern und war dadurch u.a. Medienvertreter der weltweiten Bestseller „Leben mit Vision“ von Rick Warren oder „Die Hütte“ von William Paul Young. Letzterer schrieb das Vorwort zu „Bruderherz“.

Eine Einladung zum Gespräch

So versteht Wes Yoder sein Buch und schreibt als Vorbemerkung:

Herzlich willkommen, ihr Brüder, die ihr im Leben verletzt worden seid, die ihr feststeckt und denen nicht so ganz klar ist, was sie als nächstes tun sollen. Herzlich willkommen, ih Väter, die ihr euren Kindern und den zukünftigen Generationen in geistlicher wie menschlicher Hinsicht etwas Authentisches hinterlassen wollt. Herzlich willkommen, ihr Männer, die ihr tiefgründige stille Wasser seid […]. Herzlich willkommen, ihr Söhne, die ihr euch danach sehnt, mit euren Vätern und anderen Männern eine Unterhaltung zu führen. […] Dies ist eine Einladung zu einem Gespräch.Bruderherz, S.9

Entsprechend ist das Buch gegliedert, denn man möchte manchesmal am liebsten einhaken und fragen: „Wie genau meinst du das, lieber Wes?“ Manche Gedankengänge scheinen etwas konfus order retardierend. Antworten auf die Fragen erhält man aber im Lauf des Buches, als ob Yoder sagen würde: „Warte ab, Bruder, die Antwort wirst du in diesem Buch schon noch finden.“ Also liest Mann weiter, legt das Buch nicht aus der Hand, erfährt die nächste Anekdote aus dem Leben eines faszinierenden Mannes oder ist be(un)ruhigt darüber, dass es allen Männern doch irgendwie ganz ähnlich geht: Es geht um Zerbruch, um Scham, die Geschichte mit dem eigenen Vater, der Umgang mit Sexualität, die Versuchungen und Verlockungen des Alltags, herbe Enttäuschungen, Lust und Frust im Glauben, erfahrenes Leid sowie um Enttäuschung. Das alles aber so, dass nicht einmal der Gedanke kommt. „Ach, komm schon, Wes, das ist jetzt aber schon bisschen schubladenmäßig.“

Gefühlt – aber dass mag wirklich sehr subjektiv sein – geht es in diesem Buch sehr viel um das, was Männer in ihrem Leben an Negativem erfahren haben und wie es sie mehr prägt und formt, als sie das vielleicht wahrhaben wollen. Es kommer aber weder schablonenhaft noch platt daher. Es begegnet imer wieder in den unterschiedlichen Facetten, wie es auch Yoder erlebt hat.

Ich empfehle dieses Buch jedem (!) Mann und jedem männlichen Individuum, das auf dem Weg ist, ein „echter Mann“ werden zu wollen. Auch das schreibt Yoder, was das denn ist bzw. „wer ein echter Mann ist“. Aber das hier vorwegzunehmen wäre Spoilern im Quadrat. Deswegen lasse ich es und hoffe, dass Du, lieber Leser, dieses Buch lesen wirst und Du, liebe Leserin, dieses Buch einem männlichen Freund, deinem Ehepartner, Vater, Bruder oder Sohn zu lesen empfiehlst.

Ein letzter Gedanke

Ich empfehle, dieses Buch nicht zu sehr „scheibchenweise“ zu lesen, sondern in großen Happen, da der große Bogen sonst verloren gehen kann bzw. die oben angesprochenen im Buch „versteckten“ Antworten nicht gefunden werden. Yoder liefert auch sehr, sehr viele konkrete Tipps und Anregungen zum Nachdenken – aber nicht über’s Buch verstreut, sondern in kompakten Dosierungen. Wer es also praktisch mag, muss schon einige Seiten lesen, um immer wieder an diese ganz praktischen Ratschläge zu kommen.

Bruderherz
240 Seiten
ISBN: 9783957345127
Verlag: Gerth Medien
Preis: 15 EUR

Bleib auf dem Laufenden und abonniere meinen Newsletter:

Beliebteste Beiträge der letzten Woche

Beiträge zum Thema "Leitung"

Medien, die ich empfehle

Mutiger beten

Glaube = Risiko

Der Wettlauf des Glaubens

Die Essenz des Seins

Auslöschung