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Kind des Höchsten

Wer bin ich eigentlich?

Diese Frage kann man sich in Anbetracht unseres Lebens ja schon mal stellen. Wer bin ich eigentlich? Bin ich der, für den ich mich halte? Bin ich der, für den mich die anderen halten? Und wer sind denn “die anderen”? Sehen meine Kinder in mir den gleichen wie meine Freunde oder die Leser dieses Blogs?

Wer bin ich?

Kaum eine Frage treibt uns mehr um. Nicht zu wissen, wer man ist, muss grausam sein. Die Bestimmung der eigenen Identität schafft nicht nur Klarheit nach außen, sondern nach innen. Sie schafft Heimat und Geborgenheit. Sie gibt Sicherheit und lässt uns gleichzeitig mutig nach vorne gehen. Auch wenn das Schritt für Schritt geschieht.

Wer bin ich? Was macht mich im Letzten aus? Wer bin ich heute, morgen und auch dann, wenn ich meinen letzten Atemzug nehmen werde, ehe ich in eine andere Realität übergehe?

Viele Attribute und Zuschreibungen von außen könnten nun mein Wesen, meine Identität bestimmen. Aber immer nur unzureichend. Menschliche Kategorien und Denkmuster kommen an ihre Grenzen. Ich bin Pfarrer – zumindest bis zur Pensionierung. Ich bin jung – zumindest dachte ich das mal. Ich bin humorvoll – bis Situationen kommen, in denen das Lachen zum Kloß im Hals wird.

Wer bin ich eigentlich?

Ein Kind des Höchsten

Es gibt eine Beschreibung der Identität eines Christen, die bleibt. Heute, morgen und in Ewigkeit. Johannes, einer der Biographen Jesu, schreibt Folgendes von ihm:

All denen jedoch, die ihn aufnahmen und an seinen Namen glaubten, gab er das Recht, Gottes Kinder zu werden. (Johannes 1,12)

Ich bin ein Kind Gottes. Ein Kind des Höchsten. Ein Kind dessen, der mich in dieses Leben geliebt hat. Ein Kind dessen, der Himmel und Erde gemacht hat. Ein Kind dessen, der dieses Universum in seiner Länge, Breite und Tiefe erschaffen hat. Ein Kind dessen, der verschwenderische Liebe und unerschöpfliche Kreativität in die Gestaltung seiner Schöpfung gelegt hat. Ein Kind dessen, der sich nicht zu schade war, selbst als Kind auf diese Erde zu kommen. Ein Kind dessen, der als einziger von sich behaupten kann, dass er der vollkommene Vater ist, wie es Jakobus im Neuen Testament schreibt:

Alles, was Gott uns gibt, ist gut und vollkommen. Er, der Vater des Lichts, ändert sich nicht; niemals wechseln bei ihm Licht und Finsternis.  (Jakobus 1,17)

Es wird Ereignisse und Situationen in unserem Leben geben, die uns bis ins Innerste erschüttern. Dagegen sind wir nicht gefeit. Als Kind Gottes weiß ich aber, dass sich bei meinem Vater im Himmel die Dinge nicht ändern. Er ist nicht heute so und morgen anders. Er ist und bleibt und wird es immer sein: gut und vollkommen. Als Vater. Mein Vater!

Beschenkt vom Höchsten

Wenn ich ein paar Tage unterwegs bin und nach Hause komme, fragen meine Kinder immer mal wieder: “Papa, hast du uns Geschenke mitgebracht?” Manches ändert sich wohl nie. Und manchmal muss ich die Frage mit “Nein” beantworten, manchmal habe ich etwas im Gepäck – zur Freude meiner Kinder.

Gott, der Vater, hat alle, die an seinen Sohn Jesus glauben und ihm vertrauen, schon längst ein wunderbares Geschenk gemacht, mit dem wir jeden Tag spielen sollten:

Weil ihr nun seine Kinder seid, schenkte euch Gott seinen Geist, denselben Geist, den auch der Sohn hat. Deshalb dürft ihr jetzt im Gebet zu Gott sagen: “Lieber Vater!” (Galater 4,6)

Können wir einen kurzen Moment innehalten?

Den, der auf dem ewigen Thron sitzt und von den himmlischen Engelscharen in einem unvergleichlich schönen Lobpreis angebetet wird.

Den, dessen Güte, Liebe und Barmherzigkeit nie versiegt.

Den, der unaufhörlich damit beschäftigt ist, dir seine Liebe zu zeigen.

Den darfst du “Papa” nennen. Das aramäische Wort “Abba” ist nichts anderes, als wenn ein kleines Kind das erste Mal “Papa” sagt. Ein wenig gelallt, aber aus tiefstem Herzen.

Weil Gottes Geist in dir lebt, kannst du dich so vertrauensvoll an Gott wenden. Papa. Mein Papa.

In der Gegenwart des Höchsten

Meinen Kindern ist es letzten Endes egal, was ich mit ihnen anstelle: ob wir etwas spielen, toben oder Stockbrot grillen. Für sie ist eines wichtig: die Nähe zu ihrem Papa. Das wird wohl den meisten Kindern so gehen.

Und nichts anderes wäre auch im Blick auf den himmlischen Papa eine ganz gute Entscheidung. Seine Gegenwart suchen. Tag für Tag. Einfach vor ihm sein. Mit ihm reden, auf ihn hören. Erfüllt werden von seinem Geist. Spüren, wie er dich liebt. Gestärkt in den Alltag gehen.

Warum machen wir das eigentlich so selten? Warum sind wir so oft mit uns beschäftigt, aber so wenig mit Gott? Warum meinen wir, Antworten auf unsere Fragen und Geborgenheit in unseren Zweifeln überall zu finden – aber nicht bei Gott?

Jesus bringt das – wie so oft – ganz gut auf den Punkt, wenn er sagt:

Wenn also ihr, die ihr doch böse seid, das nötige Verständnis habt, um euren Kindern gute Dinge zu geben, wie viel mehr wird dann euer Vater im Himmel denen Gutes geben, die ihn darum bitten. (Matthäus 7,11)

Niemand lässt sich gerne sagen, dass er böse ist. Aber es ist ja nicht weiter verwunderlich. Auch du bist es. Ich auch. Wir denken, sagen und tun Dinge, die sind böse. Gleichzeitig schaffen wir es aber auch, Gutes zu denken, sagen und tun.

Wie viel mehr muss Gott für den bereit haben, der ihn sucht, ihn bittet und bei ihm erfüllt werden möchte? Immerhin gibt es bei Gott ja nur Gutes. Nichts Schlechtes. Nichts Böses. Und nochmal: Wir reden hier von dem Gott, der dieses Universum liebevoll erdacht und raffiniert erschaffen hat, bei dem Du keine Nummer bist, sondern ein geliebter Mensch.

Wie das Baby auf dem Bild in diesem Moment den Herzschlag seines Vaters spürt. Wie der Vater auf diesem Bild die Nähe seines Kindes genießt. Nicht anders verhält es sich mit dir und deinem himmlischen Vater. Nah an seinem Herzen, in seiner Gegenwart bekommst du alles geschenkt, was du zum Leben brauchst.

Glauben – tragfähig, standhaft, mutig.

Liebe – unwandelbar, unveränderlich, ewig.

Hoffnung – unaufhörlich, beständig, fest.

Und hier erhältst du Antwort auf die Frage: “Wer bin ich eigentlich?”

Stärker als jede Furcht

Dass in der Musik Kraft liegt, wissen nicht nur Musiktherapeuten. In er Bibel gibt es unzählige Stellen, an denen die Gemeinde aufgefordert wird, Gott Loblieder zu singen und sich mit diesen Liedern gegenseitig zu stärken. Und dann gibt es ja diese Lieder, die einen ganz besonderen Impact haben.
Lieder, die man rauf und runter hört – und sie werden nicht langweilig.
Lieder, die auch nach langer Zeit nichts von ihrer Kraft verlieren.
Lieder, die deswegen so stark sind, weil in ihnen eine große Kraft liegt.
Lieder, die nicht Nebensächliches thematisieren, sondern Wahrheit aussprechen.

No longer slaves

Ein solches Lied ist für mich zur Zeit „No longer slaves“.
Um es in eigenen Worten zu sagen, was in diesem Lied ausgesagt wird:
Ich bin kein Sklave der Furcht – ich bin ein Kind Gottes. Und er selbst wird das Meer vor mir teilen, so dass ich hindurch gehen kann.
Eine großartige Wahrheit: Als Kind Gottes muss ich mich nicht der Furcht ergeben. Ich muss ihr keine Macht über mein Leben geben. Im Gegenteil: Im Glauben spreche ich aus und proklamiere, dass Jesus stärker ist als alle Furcht, alle Angst, alles Nichtwissen um die Zukunft.

Unglaublich gut, diese Wahrheit – mit einem Haken.

Der Haken

Der Moment, in dem man am Ufer steht und wartet, dass Gott das Meer endlich teilt.
Der Moment, in dem die Wogen des Meeres so bedrohlich und die Weite des Meeres so unüberwindbar scheinen. Was dann? Resignieren? Aufgeben? Alles doch nur Illusion?

Vor einer ähnlichen Situation stand Gottes auserwähltes Volk, als er selbst es aus Ägypten herausgeführt hat. Sie waren in der Zwickmühle: Vor ihnen das Meer – hinter ihnen, am Horizont, konnten sie schon den aufgewirbelten Staub der bedrohlichen Reiterscharen des Pharaos sehen, der es sich alles nochmal anders überlegt hatte.

Jetzt sitzen sie in der Klemme. Da tritt Mose vor Gott. Bittet. Fleht. Weint. Klagt.
Und dann hat er nach seinem Zwiegespräch mit Gott eine Botschaft an die verzweifelten Menschen:

„Der Herr selbst wird für euch kämpfen, wartet ihr nur ruhig ab!“ (2. Mose 14,14)

Die Kraft des Wartens

Deswegen wohl gibt es ein weiteres wunderschönes Lied mit dem Titel „Es liegt Kraft in dem Warten auf den Herrn“.

Für mich macht es die Situation oft nicht leichter – aber erträglicher.
Nicht kürzer – aber erfüllter.

Ich weiß: Wenn ich am Ufer stehend den Blick über das Meer schweifen lasse und mir einfach keine Lösung kommt, dann will ich ruhig sein. Ruhig bleiben. Im Vertrauen darauf, dass Gott selbst für mich kämpft.

Denn es geschieht nicht Nichts, wenn wir meinen, es geschieht nichts. Gott selbst hat ein Auge auf seine Kinder und nutzt diese Momente des Wartens, des Aushalten, des Nichtwissens, um für seine Kinder zu kämpfen. Und manchmal steht er ja vielleicht wie auf dem Bild der Vater der neben dem Kind, hält unsere Hand und flüstert uns leise zu: „Sei ganz ruhig. Habe keine Angst. Ich werde für dich kämpfen und dir den Weg durch das Meer bahnen!”

Was könnte es Besseres geben?

Gnadenthron

Manchmal bewirkt ein Blick in die andere Realität Wunder, denn das Leben kann ja manchmal schon gemein sein. Wir sehen, was vor Augen ist. Wir sehen, was uns diese Realität bietet. Wir sehen – wenn wir es denn sehen – das, was uns tagtäglich so umgibt. Aber das ist nicht alles. Um nicht zu sagen: Das ist nur ein kleiner Teil. Ein Bruchteil. Das Unwesentliche.
Es gibt mehr. Viel mehr.
Und manchmal, da treibt uns die Sehnsucht, dieses „Mehr“ sehen zu wollen. Erfahren zu wollen. Schmecken zu wollen. Dadurch verändert zu werden. Neu begeistert und mit Feuer entfacht zu werden.

Sehnsucht nach mehr

Falls du sagst „Ja, das kenne ich!“, sage ich nur: Herzlichen Glückwunsch. Du tust nichts anderes als der Sehnsucht nachzugehen, die in jedem Menschen angelegt ist.
„Gott hat die Sehnsucht nach dem Ewigen in das Herz des Menschen gelegt.“
(Prediger 3,11)
Anders gesagt: Solltest du diese Sehnsucht zumindest nicht ab und an verspüren, dann wäre es ganz gut, einen Moment innezuhalten und dich zu fragen, warum das so ist.
Gott hat uns Menschen zu weit mehr erschaffen als für Arbeit, Sport und Spiel. Wobei das ja auch schon ganz nette Dinge sind. Er hat uns dazu erschaffen, ihn zu erfahren, ihn zu erleben, ihm zu begegnen, verändert zu werden durch seine Gnade in seiner Gegenwart.
Ich finde es eine ungemein befreiende Botschaft: Du musst nicht so bleiben, wie du bist. (Sorry hiermit an das Unternehmen, das mit seiner Butter einen ziemlich entgegenlaufenden Slogan vertritt.) Und ich würde sogar noch einen drauf setzen: Wenn wir uns Gott immer und immer wieder aussetzen, seine Nähe suchen und ihn an uns arbeiten lassen, dann sage ich: Du wirst nicht so bleiben, wie du bist. Du wirst verändert werden. Du wirst zwar der gleiche Mensch bleiben – aber doch ein ganz anderer.

Der Ort der Anbetung

Viele erleben das im Lobpreis. Also an dem Ort, an dem wir uns ganz auf Gott ausrichten, uns bewusst machen, wer er ist – und wer wir (nicht) sind. Der Ort, an dem wir Gott einfach anbeten. Staunend, dankbar, erfüllt. Ihm Lieder singen.
„Eines aber habe ich vom HERRN erbeten, das ist mein tiefster Wunsch: alle Tage meines Lebens im Haus des HERRN zu wohnen, um die Freundlichkeit des HERRN zu sehen und dort über ihn nachzudenken – dort in seinem Heiligtum.“ (Psalm 27,4)
Natürlich ist dieses Wort ursprünglich im Blick auf den Tempel, das Heiligtum schlechthin, geschrieben worden. Aber Gott wohnt nicht in Gemäuern. Gott wohnt dort, wo wir ihn anbeten.
“Du bist doch heilig, du wohnst dort, wo dein Volk Israel dir Loblieder singt.”
(Psalm 22,4)
Das ist ein richtig starkes Bild. Erst einmal auf das Volk Israel bezogen. Keine Frage. Da ich aber glaube, dass Gottes Wesen sich nicht ändert, wohnt er auch dort, wo wir ihm heute Loblieder singen.
Wenn wir Gott anbeten und zu seiner Ehre Lieder singen, dann ist das mehr als nur Musik. Dann ist das Sein und Bleiben in der Gegenwart deines Schöpfers, dessen Liebesstrom niemals versiegt. Das meine ich mit “wohnen” – es ist ja ein geflügeltes Wort in der frommdeutschen Szene – “Gott wohnt im Lobpreis seines Volkes” (auf die unterschiedlichen Übersetzungsmöglichkeiten von Psalm 22,4 will ich hier aber nicht eingehen). Aber es ist doch so: Wenn wir Gott in seiner Gegenwart suchen, dann wird er sich auch zu uns nahen.
“Sucht die Nähe Gottes, dann wird er euch nahe sein.” (Jakobus 4,8)

Der ewige Lobpreis

Und wenn wir so in dieser heilenden und heilsamen Gegenwart sind, dann sind wir das niemals alleine – selbst wenn wir nur für uns Gott anbeten – im stillen Kämmerlein sozusagen. Wir sind eingereiht in den himmlischen Lobpreis, der jetzt vor Gottes Thron schon Tag für Tag die himmlischen Sphären erfüllt.
Und jetzt einfach einmal Ausatmen. Dich mit hinein nehmen lassen in diesen himmlischen Lobpreis. Weit entfernt von vielem, was du hier auf Erden an Lobpreis erfahren hast. Eintauchen in den jetzt gerade in diesem Moment vor dem Thron Gottes stattfindenden Lobpreis:
Und sooft sie dem Ehre erweisen, der auf dem Thron sitzt und in alle Ewigkeit lebt, sooft sie ihn rühmen und ihm ihren Dank bringen, werfen sich auch die vierundzwanzig Ältesten vor ihm nieder und beten ihn an – ihn, der auf dem Thron sitzt und in alle Ewigkeit lebt. Sie legen ihre Kronen vor seinem Thron nieder und rufen: “Würdig bist du, Herr, unser Gott, Ruhm und Ehre zu empfangen und für deine Macht gepriesen zu werden! Denn du bist der Schöpfer aller Dinge; nach deinem Willen wurde alles ins Dasein gerufen und erschaffen.“ (Offenbarung 4, 9-11)
Wir machen uns eins mit den Engeln und Heerscharen, die vor Gottes Thron anbeten und uns eine ungemein schöne Sache voraushaben: Sie sehen Gott schon von Angesicht zu Angesicht. Wir bekommen einen Blick in diese Realität, ein Ahnen, ein Erfülltsein, ein von Gottes Geist an diesen Ort Emporgehobenwerden. Vielleicht klingt es für dich ein wenig verrückt – aber ich glaube, dass Gott uns immer wieder gerne einen kleinen Einblick in das gibt, was jeden erwartet, der Jesus vertraut.
Genz ehrlich: Ich habe kein Interesse daran, den christlichen Glauben einfach so als ein Weltverbesserungskonzept zu verstehen. Oder – um es mit Worten von Jan Fleischhauer vom SPIEGEL zu sagen: “Greenpeace mit Handauflegen”. Ebenso wenig geht es mir darum, eine gewisse Lehre des Christentums zu verbreiten oder die Bibel als ein rein literarisches Werk zu untersuchen.
Ich habe erlebt und erfahren, dass an diesem Gott weit mehr dran ist, als wir ihm das andichten wollen. Und dann ist ihm nichts unmöglich. Und immer wieder lässt er uns durch seinen Geist Dinge erleben, erfahren und sehen, die nach menschlichem Ermessen nicht möglich sind – aber dennoch geschehen. Uns reinholen in seine Gegenwart, in seine Realität.
Wenn dem so ist, dann sollten wir eines tun: Laufen. Rennen. Eilen. Zum Gnadenthron. Dem Ort, an dem wir Vergebung und Heilung für unser Leben hier und in der nächsten Realität empfangen. Hin zu dem Thron, auf dem kein irdischer Despot sitzt sondern der, von dem für unser Leben alles ausgeht, was wir benötigen.
Wir wollen also voll Zuversicht vor den Thron unseres gnädigen Gottes treten, damit er uns sein Erbarmen schenkt und uns seine Gnade erfahren lässt und wir zur rechten Zeit die Hilfe bekommen, die wir brauchen. (Hebräer 4,16)
 Thron ist ja das eine. Gnade das andere. Für mich ist es ein Wunder. Etwas unbeschreiblich Schönes, dass Gott sagt: “Komm zu mir. Komm vor meinen Thron. Du wirst es dort aus einem Grund aushalten: Gnade!” Aber das ist keine willkürliche Gnade. Das ist Gnade aus Liebe. Das ist gewollte Gnade. Das ist Gnade, weil Gott sich danach sehnt, dass wir zu ihm kommen. Das schreibt sich so schnell – und ist doch ein ganz tiefer Gedanke: Gott sehnt sich nach dem Menschen. Gott sehnt sich nach dir. Jetzt in diesem Augenblick.

Und mitten hinein in den Alltag

Und das holt das ganze Geschehen wieder mitten hinein in unseren Alltag. Nicht, dass du jetzt denkst, wir sollten in himmlische Sphären entfliehen und das Leben um uns herum vergessen. Im Gegenteil.
Oder anders gefragt: Was gibt es Besseres, als vor den Thron Gottes zu kommen, um von dort wieder in unseren Alltag zu gehen? Der Alltag kommt so oder so. Das ist die schlechte Nachricht. Die gute Nachricht ist: Du kannst ihn vom Thron der Gnade kommend erfüllt und gesegnet gestalten.
Ja auch und gerade dann, “wenn dir nicht so danach ist”. Vielleicht gerade dann? Vielleicht gerade in Momenten, in denen du eher alles – ok, manches – hinschmeißen willst. Momente, in denen das Leben echt nicht schön mit dir spielt. Momente, in denen viel mehr schiefläuft als du dir jemals hast träumen lassen. Vielleicht gerade dann solltest du immer wieder vor den Thron Gottes kommen.
Übrigens musst du damit nicht bis Sonntag im Gottesdienst warten. Das geht auch zuhause. Und wenn das mit dem Instrumentspielen nicht so deins ist – dann höre doch die Musik, die dich vor diesen Gnadenthron bringt. Und dann laufe. Eile. Renne. Hin – und zurück. Mitten in deinen Alltag. Gestärkt. Erfüllt. Geheilt. Vergeben.

Pfauenglaube

Nein, nein. Du hast schon richtig gelesen. Ich schreibe hier nicht über das leckere Pfauenauge vom Bäcker deines Vertrauens, sondern über den Pfauenglauben.

Den Kerl da oben habe ich fotografiert, als ich mit meinen Kindern im Züricher Zoo war. Klar, man sagt dem Pfau auch nach, dass er stolziert mit seiner Federpracht.

Mir kam aber etwas ganz anderes in den Sinn. Verhält es sich mit unserem Glauben nicht manchmal auch so, wie mit dem prächtigen Federgewand des Pfaus?

Es gibt Momente, da strahlt unser Glaube in seiner ganzen Pracht. Geistlich gesehen würden wir am liebsten Bäume ausreißen, erleben Gott, hören das Flüstern des Heiligen Geistes und erkennen in der Bibel mehr als nur das geschriebene Wort.

Es drängt uns – ganz gleich ob wir es schaffen oder nicht – dass auch andere von der Schönheit Jesu fasziniert sind. Es drängt uns, diese Welt zumindest soweit zu verändern, wie es in unserer Hand liegt.

Dann strahlt unser Glaube in seiner ganzen Pracht wie das wunderschöne Gefieder des Pfaus.

Aber der Pfau läuft ja nicht die ganze Zeit so rum. Als wir im Zoo waren, haben wir einige seiner Artgenossen gesehen, die ihr Federkleid eingepackt hatten. Es war nur zu erahnen, was sich unter der Fülle der Federn verbirgt.

Ähnlich wie bei uns, wenn wir durch Zeiten der Anfechtung gehen. Zeiten der Dunkelheit. Zeiten des Zweifels. Oder wie es König David in Psalm 23 ausdrückt:

Und geht es auch durch dunkle Täler, fürchte ich mich nicht, denn du, Herr, bist bei mir. Du beschützt mich mit deinem Hirtenstab. (Psalm 23,4)

In solchen Zeiten ist unser Glaube nicht “weg”. Er wird vorbereitet.

Vorbereitet auf den Moment, in dem er wieder in seiner ganzen Schönheit strahlen kann.

Vorbereitet auf den Moment, in dem wir auf lichten Wegen und nicht in dunklen Tälern gehen.

Vorbereitet auf den Moment, in dem wir alle Welt sehen lassen wollen: “Schaut her. So ist er. Mein Glaube. Weil ich an den glaube, der immer da ist. Immer da war. Und immer da sein wird. Und der mich durch so manches dunkle Tal schon hindurch geführt hat.”

Was Jesus im Leben eines Menschen tun kann, sucht seinesgleichen. Ein Wort aus dem Buch des Propheten Jesaja jedoch drückt es für mich schon mal ziemlich gut aus:

Wenn du durch tiefes Wasser oder reißende Ströme gehen musst – ich bin bei dir, du wirst nicht ertrinken. Und wenn du ins Feuer gerätst, bleibst du unversehrt. Keine Flamme wird dich verbrennen. Denn ich, der Herr, bin dein Gott, der heilige Gott Israels. Ich bin dein Retter. (Jesaja 43, 2+3)

Und dann ist da doch der kleine aber wichtig Unterschied zum Pfau: Wir tragen unseren Glauben nicht aus Stolz zur Schau, sondern aus Dankbarkeit dem gegenüber, der uns durch so manch dunkles Tal geführt hat, vor manch reißenden Strömen bewahrt hat und der uns in der Hitze des Lebens vor einem Hitzschlag bewahrt hat.

 

Ostern ist immer!

Wann war noch mal Ostern?

Gestern fragte mich meine Tochter: “Papa, ist am Sonntag Ostern?” (Je nachdem, wann du diesen Beitrag liest: Das Osterfest war vor vier Tagen.)

Ich wollte schon ganz schnell sagen: “Nein, das haben wir doch am Sonntag gefeiert!” – hielt einen Moment inne und dachte: Typisch. Da fasten und kasteien wir uns 7 Wochen lang, um uns auf Ostern vorzubereiten, und dann soll Ostern nach zwei Feiertagen schon wieder rum sein?

Das kann’s doch nicht sein, oder?

Dazu ist das, was an Ostern geschehen ist zu groß, zu gewaltig, zu verändernd, zu wahr, zu hell, zu stark, zu faszinierend, zu mystisch, zu verheißungsvoll, zu schön – um wahr zu sein? Nein! Denn die Wahrheit ist:

Jesus hat uns gerettet und uns dazu berufen, ganz zu ihm zu gehören. Nicht etwa, weil wir das verdient hätten, sondern aus Gnade und freiem Entschluss. Denn noch ehe diese Welt bestand, war es Gottes Plan, uns in seinem Sohn Jesus Christus seine erbarmende Liebe zu schenken. Das ist jetzt Wirklichkeit geworden, denn unser Retter Jesus Christus ist gekommen. Das ist die rettende Botschaft: Er hat dem Tod die Macht genommen und das Leben – unvergänglich und ewig – ans Licht gebracht.
(2. Timotheus 1, 9-10)

Paulus schreibt seinem Schüler Timotheus ins Stammbuch. Aber mal gehörige Zeilen. Und er schreibt sie auch uns.

Jesus hat dem Tod die Macht genommen und das Leben – unvergänglich und ewig – ans Licht gebracht.

Der Tod hat ja viele Gesichter. Zumeist sind es hässliche Fratzen. Und eines Tages – da wird es auch uns erwischen. Das Leben endet in den allermeisten Fällen tödlich. Dagegen können wir nichts tun – oder doch?

Es gibt einen Feind des Menschen, gegen den scheinbar kein Kraut gewachsen ist – und das ist der Tod. Dieses schreckliche Ereignis wird jeden von uns treffen. Ob wir das jetzt gut finden oder nicht, ob wir darauf vorbereitet sind, oder nicht. Ob wir wissen, wie es danach weiter geht oder nicht.

Und Paulus sagt seinem Freund Timotheus:

“Der, der den Tod zerstört hat, hält deine Hand.

Der, dem du folgst, der dich kennt, der dich liebt, der dich erlöst hat, der eine starke Hand hat, hält deine Hand, jeden Tag, rund um die Uhr.”

Das können wir doch nur glauben und hoffen, weil dem Tod die Macht genommen ist – ein für allemal! (Würdest du jetzt bitte aufstehen und eine Runde jubeln? Danke!)

Damit aber noch nicht genug. Dieses Geschehen, was wir “Ostern” nennen, hat zwei Dimensionen, deren Tiefe ich wohl niemals ganz durchdringen werde, aber es versuche.

Ewigkeitsgewissheit

Die erste Dimension ist die, dass du durch Ostern und den Heiligen Geist Gewissheit hast, wo du die Ewigkeit verbringst.

Ich bin da ein bisschen old school. Ich glaube daran, dass wir alle auferstehen werden. Und ich glaube, dass alle Menschen ewig leben werden. Ich glaube aber auch, dass es zwei Orte geben wird, an denen das geschehen wird: Der eine Ort ist in der Gegenwart Gottes – viele nennen ihn Himmel. Der andere Ort ist nicht in der Gegenwart Gottes – viele nennen ihn Hölle.

Und ich bin dankbar, dass ich durch Ostern weiß, dass es “den Himmel gibt”.

Keine Sorge: Falls du – wie ich – jetzt nicht so der Sänger bist, dann musst du nicht befürchten, dass wir eine Ewigkeit lang nur Lieder singen werden. Wobei das ja auch schön ist, wenn sie gut klingen.

Aber vielmehr erwartet dich ungetrübte Gemeinschaft mit Gott, ewig.

Kein Schmerz. Kein Leid. Keine Tränen. Kein Geschrei. Ewig.

Keine Begrenzungen. Keine Krankheiten. Keine Angst. Kein Zweifel. Ewig.

Kein “Ich schaff das nicht mehr.” Kein “Ich kann nicht mehr.” Kein “Wie lange muss ich das noch aushalten?” Ewig.

Nein, ich glaube nicht, dass wir dann auf einer Blümchenwiese mit fliegenden Pferden den ganzen Tag herumtollen werden. Ich glaube eher, dass wir dann das Leben leben, das Gott sich vor Zeiten schon gedacht hat für jeden Menschen.

Ich kann da nur staunen. Mich packen lassen. Fasziniert sein. Wenn Worte fehlen, einfach Gott danken.

Das wartet auf mich, wenn ich eines Tages hier das Zeitliche segnen werde. Und ich freue mich jetzt schon so sehr darauf, dass ich mir wünschte, diese Freude noch mehr zu erleben. Mitten im Alltag. Und damit hat die zweite Dimension zu tun.

Auferstehungskraft

Ich nenne sie die Auferstehungskraft. Wenn Paulus schreibt, dass Jesus durch Ostern ein “unvergängliches und ewiges” Leben gebracht hat, dann ist genau das damit gemeint, wovon Jesus einmal einer Frau “so nebenbei” beim Wasserschöpfen am Brunnen erzählt hat. Da Jesus ein Meister darin war, seine Worte in eine bildhafte Sprache zu packen, verglich er dieses “unvergängliche und ewige Leben” mit Wasser. Warum auch nicht. Damit hantierten die beiden ja grad rum. Also sagte er zu der Frau:

“Wer von dem Wasser trinkt, das ich ihm gebe, der wird nie wieder Durst bekommen. Dieses Wasser wird in ihm zu einer Quelle, die bis ins ewige Leben hinein fließt.” (Johannes 4,14)

 

Ich liebe diesen Vers. Er ist für mich der Inbegriff dafür, das das ewige Leben nicht erst nach dem Tod beginnt, sondern schon hier auf der Erde. Mitten im Alltag. Auferstehungskraft.

Jesus sagt ja nicht: “Hör mal zu, gute Frau. Wenn du mir vertraust, dann gebe ich dir Leben, das nach dem Tod beginnt und nie endet.” Nein. Er sagt etwas anderes: “Ich gebe dir Leben, das bis in das ewige Leben hinein fließt.” Auferstehungskraft.

Wenn Jesus nicht nur eine Rolle spielt in deinem Leben, sondern die Regie führt, dann ist dieses ewige Leben schon in dir. Auferstehungskraft.

Das bedeutet: In dir ist eine Kraft, die ihresgleichen sucht. Gut. Da kann sie lange suchen, denn es gibt nichts, das ihr gleichkommt.

Seit Ostern gibt es eine Kraft, die stärker ist als deine Ohnmacht, weiter als deine Begrenzungen und hoffnungsvoller als alle deine Hoffnungslosigkeit. Auferstehungskraft.

Irgendwo muss es sich doch zeigen, was es heißt, Jesus zu glauben und zu vertrauen. Das zeigt sich eben nicht erst in der Ewigkeit, sondern hier und jetzt und heute.

Wenn du diese Zeilen liest und dich selbst als Christ bezeichnest, weil Jesus für dich mehr ist als nur ein spanischer Vorname, dann bitte ich dich: Lass dich nicht unterkriegen. Seine Auferstehungskraft lebt in dir. Lass sie raus. Lass sie sichtbar werden.

Denn ich bin ganz sicher: Weder Tod noch Leben, weder Engel noch Dämonen, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, noch irgendwelche Gewalten, weder Hohes noch Tiefes oder sonst irgendetwas können uns von der Liebe Gottes trennen, die er uns in Jesus Christus, unserem Herrn, schenkt. (Römer 8, 38+39)

Übrigens. Meiner Tochter antwortete ich: “Weißt du, wir haben zwar vor drei Tagen das Osterfest gefeiert. Aber eigentlich feiern wir jeden Sonntag Ostern und denken im Gottesdienst daran, dass Jesus den Tod besiegt hat und uns neues Leben schenkt!”

Nebellichter

Nicht immer geht es im Leben geradeaus. Manchmal gehen wir unsere Lebensschritte auf einem schmalen, steinigen und von Wurzeln als Stolperfallen gespickten Weg.

Wenn wir ehrlich sind: nicht nur manchmal sondern vielmals bis oft. Naja. Eigentlich immer. Seien wir doch mal ganz ehrlich. Wo geht’s schon immer geradeaus?

Und als ob das nicht schon reicht, gesellt sich dann ein fieser Nebel dazu. Er macht das Ganze erst so richtig eklig, weil er uns die Sicht versperrt, unseren Blick trübt und uns nicht mal den steinigen Weg unseres Lebens erkennen lässt.

Nebel

Dieser Nebel hat viele Namen:

Trauer.

Krankheit.

Depressionen.

Einsamkeit.

Hoffnungslosigkeit.

Lebensangst.

Versuchungen.

Verstrickungen.

Und dieser Nebel ist gemein. Sehr gemein.

Er lässt uns nicht mal den nächsten Schritt sehen, den wir gehen sollen. Und wenn wir ihn dann tun, fühlt sich unser Leben wie ein einziges zaghaftes Stolpern und Nichtwissen um den richtigen Weg an. Das ist einfach kein schönes Gefühl.

Wir hören auf, das Schöne um uns herum wahrzunehmen – wie auch: Wir sehen es durch den Nebel nicht.

Und mit der Zeit vergessen wir sogar, dass es Dinge um uns herum gibt, die schön sind. Wir haben vergessen, wie schön sie sind, weil der Nebel uns über so lange Zeit die Sicht versperrt hat:

Freunde.

Familie.

Mitmenschen.

Natur.

Leidenschaften.

Hobbys.

Gott.

Alles scheint eingetaucht in diesen Nebel, der sich auf unser Herz legt und es uns schwer macht zu atmen. Die Luft wird knapp und der Nebel ist selbst an Sonnentagen da.

Wo bei anderen die Sonnenstrahlen dieser Frühlingszeit die Lebenslust und Lebensfreude wachkitzeln, scheinen sie bei anderen gar nicht durch den Nebel hindurch zu dringen.

Dieses Lebensgefühl ist so unglaublich schmerzhaft und unschön, dass es dringend etwas braucht, das diesen Nebel durchbricht.

Ein Leuchtturm

Und da kommt mir ein Lied in den Sinn, das ich das erste Mal bei Willow Creek im Gottesdienst gehört habe: “My Lighthouse” von Rend Collective.

Lighthouse. Ein Leuchtturm. Das ist es. Genau das braucht es im Nebel. Boote und Schiffe orientieren sich am Licht des Leuchtturms, das meilenweit in die See hinausragt, die manchmal genauso stürmisch sein kann wie unser Leben.

Ein Leuchtturm macht nichts anderes, als zu leuchten. Aber seine Strahlkraft ist so immens, dass er Schiffen hilft, sicher im Hafen anzukommen. Mögen es kleine Segelboote sein oder große Schiffe mit großer Besatzung: Der Leuchtturm leuchtet. Durch den Sturm und das Unwetter hindurch. Sein Licht ist heller als die Dunkelheit und durchdringt den stärksten Nebel – und wenn vom Lichtkegel auch nur weit entfernt ein kleiner Lichtpunkt erkennbar ist. Das Licht ist da. Das Licht leuchtet.

Jesus sagte einmal:

“Ich bin das Licht für die Welt. Wer mir nachfolgt, irrt nicht mehr in der Dunkelheit umher, sondern folgt dem Licht, das ihn zum Leben führt.” (Die Bibel, Johannesevangelium 8,12)

Ja, Jesus ist dieses Licht, das nicht nur in der Dunkelheit sondern auch im Nebel scheint. Manchmal sehen wir dieses Licht heller, manchmal weniger hell strahlen. Das ist leider so. Ich glaube aber nicht, dass es an der Stärke des Lichts liegt, sondern an unserer Wahrnehmung und der Schwere und Dicke des Nebels, der unser Leben überschattet.

Und doch: seine Liebe ist uferlos, seine Treue ist ewig beständig, seine Gnade immerwährend. Manchmal wünsche ich mir, nur ein ganz kleines bisschen von dem zu sehen, wer Jesus wirklich ist – und mich würde es wahrscheinlich umhauen. So bleibt mir nur zu ahnen, zu hoffen, zu glauben, dass seine Arme der Liebe stärker und weiter sind, als ich mir das jemals auch nur in meinen kühnsten Träumen erträumen kann. Und dass er als der Leuchtturm meines Lebens niemals aufhören möge zu leuchten und mir den Weg zu weisen.

Denn mein Leben gleicht nicht selten den tosenden Wellen des Meeres, den stürmischen Winden auf offener See – schutzlos, haltlos, verloren und in der Weite ziellos dahintreibend, wenn da nicht dieser Leuchtturm wäre!

Aber die Überschrift dieses Beitrages trägt doch den Titel “Nebellichter”, also Mehrzahl?

Ganz genau.

…und viele kleine Lichter

Als Christen sind wir aufgerufen, einander Nebellichter zu sein. Im doppelten Sinn: als Nebellichter, die im Nebel leuchten und als Nebellichter, die den Nebel lichten.

Jesus sagte zu seinen Freunden:

“Ihr seid das Licht der Welt!” (Matthäus 5,14)

Ein Widerspruch zu dem Vers oben? Nein. Eine Erweiterung.

Weil Jesus, das Licht, in jedem Christen lebt, werden wir ganz automatisch auch zu Lichtern. Auch wenn du sonst vielleicht von dir denkst, nicht die hellste Kerze auf der Torte zu sein, kann ich dir versichern: Wenn Jesus sagt “Ihr seid das Licht der Welt!”, dann verteilt er seine Stahlkraft nicht wie Kinder: “Zwei für mich, eins für dich, drei für mich, eins für dich,…”

Dann gibt er alles – in dich hinein, wenn du ihm nachfolgst. Seine ganze Kraft der Auferstehung, die wir an Ostern feiern ist in dir – mehr Licht geht nicht.

Und so wirst du als Jesusmensch beides: Du wirst von einem unglaublich schönen und strahlenden Licht durch den Nebel nicht geblendet, sondern geleitet.

Und du bist selbst ein Nebellicht für andere, die gerade im Nebel umherirren und dringend das Licht brauchen. Und vielleicht brauchen sie ja gerade dich als kleine Leuchte, die ihnen den Weg zur großen Leuchte zeigt.

Und glaube mir: Zu sehen, wie ein Mensch mehr und mehr erfüllt wird von diesem Licht und strahlt, ist so ziemlich das Schönste, das ich mir vorstellen kann. Und ich weiß, wovon ich rede, denn zu diesem Beitrag hat mich ein besonderes “Nebellicht” inspiriert.

Auf geht’s! Lass dein Licht strahlen!

 

Billiger Gott, billiger Glaube, billige Spiritualität!

Komische Überschrift? Abwarten. Die ist gar nicht so verkehrt.

Ich lese gerade im Buch “Gott ungezähmt” von Johannes Hartl und komme zu folgendem Abschnitt. (Hinweis: Stell vorsichtshalber deine Kaffeetasse weg – sie könnte sonst über dem Laptop landen, weil sie dir aus der Hand fällt):

“Während der gutmütige Pfarrer über den Regenbogen als Hoffnungszeichen für die Menschen predigt, zu mehr Mitmenschlichkeit aufruft und den Gläubigen versichert, die drastischen Worte Jesu im Evangelium über Hölle und Gericht seien nur Bilder und seine Wunder keineswegs historische Fakten, surft ein junger Mann in der näheren Umgebung, um sich über Voodoo zu informieren. Der Gottesdienst findet mittlerweile in der gut geheizten Kirche statt. Über Fasten, Spenden oder voreheliche Enthaltsamkeit wird hier nie gepredigt und jeder Gottesdienstbesucher kann beruhigt sein: Hier wird ihm niemals dreingeredet.

Zum Beginn des Schuljahres werden alle Kinder nach vorne geholt und bekommen vom Diakon ein Geschenk, am späten Nachmittag dann die Haustiersegnung. In einem benachbarten Kloster findet ein Kurs für meditatives Malen statt und in jeder Bahnhofsbuchhandlung kann man sich darüber informieren, dass eine Wanderung nach Santiago de Compostela auch der eigenen ganzheitlichen Weiterentwicklung dient. Fasten nur, wenn es der Entschlackung hilft. Buße nur, wenn man sich deshalb psychologisch ausgeglichener und daher besser fühlt. Die “Lass-uns-mal-drüber-reden”-Spiritualität, die auch vor dem Beten nicht Halt macht. Beten nicht als anbeten, sondern kumpelhafter Austausch. Religiöse Anstrengung, das passt nicht ins Anforderungsprofil einer Wellness-Religion von heute, stört nur in unserer spirituellen Komfortzone.” (S. 56f)

Als ich diese Zeilen las, dachte ich: So treffend. So realistisch. So wahr. Und so traurig.

Alles muss sich um das eigene Ego drehen – auch Gott. Solange sich das Ego bei der ganzen Geschichte noch wohlfühlt, ist es in Ordnung. Solange das Ego seine Bedürfnisse stillen kann, ein wenig Balsam für die Seele bekommt – solange ist es gut. Solange kann das Ego in die Kirche gehen. Solange kann das Ego an Gott glauben.

Aber das ist nichts weiter als eine billige Mogelpackung und wird dich kein Stückchen weiterbringen – weder im Leben, noch im Glauben, noch im Sterben. Noch danach!

Paulus dreht den Spieß um und schreibt in seinem Brief an die Gemeinden in Galatien:

Nicht mehr ich bin es, der lebt, nein, Christus lebt in mir. Und solange ich noch dieses irdische Leben habe, lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mir seine Liebe erwiesen und sich selbst für mich hingegeben hat. (Galater 2,20)

Und weil ich glaube, dass die Bibel nicht nur Gottes Wort enthält, sondern Gottes ewig gültiges und so tiefes Wort an mich ist, glaube ich, dass Paulus einen regelrechten Gegenentwurf zum “Selfie-Glauben” unserer Zeit entwirft. Und noch schlimmer – oder besser, je nachdem, was dein Ego grad so macht: Dieser Gegenentwurf ist das, was Gott sich für das Leben des Menschen vorgestellt hat.

“Nicht mehr ich bin es, der lebt, nein, Christus lebt in mir.” Wow. Diese Vorstellung ist von bahnbrechender Schönheit. Christus lebt in mir. Mein Ego wird verdrängt. An seine Stelle kommt Christus. Aber nicht irgendein Christus. Ich meine – die gibt es ja zuhauf, wenn man so landauf landab mit offenen Augen und Ohren durch die kirchliche Landschaft tingelt. Was einem da alles verkauft wird als “Christus”.

Aber wie beschreibt es Paulus?

“…der mir seine Liebe erwiesen und sich selbst für mich hingegeben hat.”

Ups. Knackpunkt. Sühne. Uncool. Passt auch nicht in diese Wellness-Religionsschiene. Ein Gott, der sich für mich hingibt? Ein Gott, der für mich stirbt? Ein Gott, der sein Leben an meiner Stelle in den Tod gibt, damit ich frei bin und mein Ego nach und nach gleichgeformt wird mit Christus? Alter Schwede. Starker Tobak für einen Montagmorgen, was?

Ich glaube aber, dass der Hund genau hier begraben ist oder anders gesagt: Das Ego könnte genau hier zu Grabe getragen werden.

Es ist ja leicht zu sagen, dass ich an Jesus glaube. Dass sein Tod eine Relevanz für meinen Glauben hat.

Wenn dem so ist, betrifft das auch mein Ego. Meine Schaltzentrale. Die innere Hauptplatine. Das Kontrollzentrum meines Lebens. Und da ist jetzt eben die Frage: Darf da Jesus sitzen oder mein Ego?

Wahrscheinlich ist das die entscheidende Schwelle, die noch genommen werden muss, damit passiert, was Paulus an anderer Stelle schreibt:

Gehört jemand zu Christus, dann ist er ein neuer Mensch. Was vorher war, ist vergangen, etwas Neues hat begonnen. (2. Korinther 5,17)

Und das hat ganz unweigerlich Auswirkung auf unsere Gemeinden. Wir würden es nämlich schaffen, Gemeinde so zu leben, dass sie wirklich die Hoffnung dieser Welt ist, weil wir uns nämlich nicht um uns selbst drehen, sondern um die Menschen, die noch ihrem eigenen Ego hinterherrennen und sich von ihrem Ego bestimmen lassen und nicht von dem Gott, der sie liebt.

Mich begeistert der Gedanke immer mehr, dass eine solche Gemeinde alles daran setzen würde, wie sie anderen Menschen dient – und wie sie Gott dient. Wie sie andere Menschen einlädt in eine Beziehung zu diesem Gott – und wie sie die Größe, die Erhabenheit, die Heiligkeit, das Faszinosum Gottes wieder neu entdeckt und einfach nur staunend und anbetend vor ihm steht, kniet, liegt, singt, tanzt, weint…was auch immer.

Ich wünsche mir so sehr, dass diese Neuschöpfung auch zu einer Neuschöpfung der Gemeinde kommt. Dass nicht mehr von “Ich will…” sondern von “Lasst uns…” die Rede ist. Dass wir mehr und mehr damit rechnen, hoffen, darum beten und ringen, dass Gott übernatürlich (übrigens: genau mit diesem einen Wort wird die Predigtreihe der evangelischen Kirchengemeinde Wutachtal von Pfingsten bis zu den Sommerferien überschrieben sein) eingreift in diese egozentrische Welt….und Kirche.

Und das bedeutet natürlich auch, dass wir den unbequemen Wahrheiten der Bibel nicht aus dem Weg gehen. Und auch, wenn es eine eigene Blogbeitragsserie wert wäre, nur so viel dazu: Viele Entwicklungen innerhalb der Kirche – und damit schließe ich ausdrücklich auch die Freikirchen mit ein -, die sich mehr und mehr auf Diesseits konzentrieren sind gleichsam Grund und Folge dieser Selfie-Kirche. Und vieles davon ist nichts anderes als liberale Theologie in einem frommen Gewand.

Zu diesen unbequemen Wahrheiten gehört das, was Johannes Hartl in dem Abschnitt in seinem Buch schreibt. Ich habe über das Fasten, Enthaltsamkeit, Spenden, Hölle und Gericht relativ wenig gehört in den letzten Jahren in unserer Kirche – und andererseits reicht ein Blick in die weltweite Christenheit, dass dort, wo man sich dieser unbequemen Wahrheit stellt und sie zur Sprache bringt, die Kirchen und Gemeinden wachsen.

Gut, das wird jetzt seitens der westlichen Kirche oft als “charismatische Auswüchse, die auch wieder vorbeigehen” bezeichnet, aber das ist genauso, wie man vor einigen Jahren sagte: “Das Internet ist nur eine sporadische Erscheinung. Durchsetzen wird sich das nicht.”

Lasst uns (ich lerne selbst aus meinem Geschreibe) ganz neu die Größe und Heiligkeit Gottes ernst nehmen – und damit auch das, was eben nicht auf Anhieb runtergeht wie Öl. Aber es lohnt sich. Daran wird Kirche und Gemeinde wachsen – und das wird jedem gut tun, der mit solch einer Gemeinde in Berührung kommt.

Ach ja: Das eingangs erwähnte Buch “Gott ungezähmt” trägt übrigens den Untertitel: “Raus aus der spirituellen Komfortzone”. Wie treffend. Ich nehme es mir vor. Ich will es. Zumindest versuchen. Und bin gespannt!

Nachtrag (29.02.2016):
Da der Artikel munter auf Facebook geteilt und diskutiert wird, habe ich dort einen Kommentar geschrieben, den ich hier noch als Ergänzung bringen möchte, da er meines Erachtens vor Missverständnissen schützen kann:

“Ich möchte noch eine wichtige Unterscheidung reinbringen, die im Artikel fehlt: Es geht um das Ego als das “Selfie” im Sinne von “Auf sich selbst fokussiert” – und NICHT um das Individuum als der von Gott einzigartig und wunderbar erschaffene Mensch. Denn dann wäre es in der Tat wenig wertschätzend und nicht liebevoll – aber für mich gibt es eben einen Unterschied zwischen “Ego” und “Individuum”.”

Fundamentalistische Fundamentalismuskritiker

Ich schreibe einen Kommentar.

Ich schreibe ihn nicht.

Ich schreibe einen Kommentar.

Ich schreibe ihn nicht.

Ich schreibe ihn.

Ich lösche ihn.

Ich bin erleichtert.

Bis zum nächsten Kopfschütteln.

So sieht es manchmal bei mir aus, wenn ich auf Facebook wieder einmal etwas von den Kampfliberalen, den wenig toleranten Toleranten, den Besserwissenden – oder kurz: den fundamentalistischen Fundamentalismuskritikern gelesen habe.

Dabei frage ich mich ernsthaft oft: Bin ich auch so? War ich so? Ich will so nicht sein!

Auf der einen Seite Toleranz und Liberalität einfordern – aber wenn dann mal was nicht so ganz passt, dann wird das niedergebügelt.

Nein – ich meine hier keine politischen Diskussionen und Posts – ich rede von theologischen Auseinandersetzungen. Da sehe ich das Ganze irgendwie noch potenziert.

A sagt etwas über den theologischen Sachverhalt B und positioniert sich mit einer sehr überzeugten – und manchmal auch überzeugenden – Meinung.

C findet, dass man B ganz anders – nämlich als D – sehen muss, weil A doch schon sehr recht(s)gläubig und fundamentalistisch (ohne den Begriff erklären zu können) sei und lehnt A kategorisch ab, damit C nicht länger C bleiben, sondern sich in D verwandeln darf.

Dumm nur, C dadurch auch nicht wirklich offener und tolerante ist als A – außer in der eigenen Wahrnehmung.

Spannend wird es dort, wo C vor einiger Zeit und Jahren noch die gleiche Meinung wie A – nämlich B – hatte, jetzt aber vehement D vertritt und sowohl A als auch B ablehnt.

Verwirrt? Ich auch. Zumindest manchmal. Und ich wünsche mir, dass A und C wieder zueinander finden.

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