In diesem Kapitel geht es vor allem um eines: Vertrauen. Für Maxwell spielt die Vertrauenswürdigkeit eines Leiters ein immens große Rolle. Und ich glaube, er hat Recht. Vertrauen ist das A und O eines guten Führungs- und Leitungsstils, das wie ein Fundament (= “Fester Boden”) allen Dingen zugrunde liegt.
Das “Prinzip vom festen Boden” ist für Maxwell ein Zusammenspiel von Charakter und Vertrauen:
Kompetenz, Kooperation und Charakter
Für Maxwell sind es genau diese drei Eigenschaften, welche eine gute Führungsperson vertritt. Ich denke, dass wir in der Selbstverständlichkeit dieser drei Eigenschaften in dieser Reihenfolge auch keine Probleme hätten, sie sofort zu unterschreiben und sagen: “Natürlich benötigt ein guter Leiter Kompetenz in den Bereichen, die er leitet. Und sicherlich ist es nicht schlecht, wenn er kooperiert und auch gut im Team arbeiten kann. Und ja, ok, von mir aus – auch sein Charakter sollte ok sein.”
Wenn wir so denken, ist das der “Tod im Topf”. Ich bin froh, dass Maxwell, ein international seit Jahrzehnten anerkannter Coach, Redner, Berater, Autor und Pastor diesen Dreischritt fast umdreht und in seinem Kapitel über den “festen Boden” folgendes Zitat des ehemaligen us-amerikanischen Generals Norman Schwarzkopf anführt:
…und wenn das mal ein General sagt.
Natürlich bedeutet das nicht, dass wir unsere Kompetenzen nicht weiter ausbauen sollten. Aber in meinem Beitrag “Wenn der Charakter die Kompetenz frisst” gehe ich ausführlich darauf ein, wie dieser “Fressvorgang” geschieht und welche Folgen er hat. An ganz praktischen Beispielen wirst du erkennen: Charakter hat immer (!) das Potenzial, das niederzureißen, was wir mit unseren Kompetenzen (mühsam) aufgebaut haben.
Aber kommen wir noch einmal zurück zum Vertrauen. Maxwell schreibt sehr pointiert, dass Vertrauen Führung möglich macht.
Wie Vertrauen gestärkt wird
Es muss jede Führungsperson interessieren, wie das Vertrauen, das ihre Mitarbeiter in sie setzen, stärker oder tiefer werden kann. Denn je stärker und tiefer das Vertrauen in einen Menschen ist, desto leichter fällt es mir, diesem Menschen zu folgen, seine Meinung zu hören und Kritik von ihm anzunehmen.
Stell dir jetzt eine Person vor, die für dich eine Führungs- oder Leitungsposition besitzt – egal, ob das im Verein, in der Gemeinde oder bei der Arbeit ist. Wie groß ist dein Vertrauen in diese Person? Abhängig davon: Wie dankbar bist du, dass genau diese Person dein(e) Leiter(in) ist? Was würde das Vertrauen in diese Person stärker und tiefer werden lassen?
Vielleicht überrascht es – aber auch Maxwell führt es aus: Fehler erkennen, zugeben und um Vergebung bitten. Oder um es anders zu sagen:
Ich habe genau das schon erlebt. Also eigentlich alles davon. Fehler habe ich jede Menge gemacht und ich würde sagen, dass ich die meisten auch als solche erkannt habe. Dann ist die Frage: Wie gehe ich damit um? Überspiele ich den Fehler? Versuche ich gar, den Fehler auf andere abzuwälzen oder das Adam-und-Eva-Spielchen zu spielen und zu sagen: “Die anderen sind schuld!” oder in den Worten meiner Kinder zu sprechen: “Der hat aber angefangen!” Hoffentlich erkennst du, wie sinnlos ein solches Verhalten ist und wie sehr das Vertrauen darunter leidet – und damit auch deine Möglichkeit, Menschen, Gemeinde, einen Bereich oder eine Organisation zu führen.
Aber, aber, aber…!
Ich kann mir vorstellen, dass nicht alle Leiter und Pastoren das cool finden. Ja – es gibt Schöneres, als eigene Fehler zuzugeben. Das fällt uns zwischenmenschlich schon schwer – wie viel mehr dann erst in der Gemeinde. Und ich rede hier noch nicht einmal davon, dass du dich vor die Gemeinde(versammlung) stellst und einen Fehler zugibst (was ich auch schon gemacht habe und glaub mir: Das ist nicht vergnügungssteuerpflichtig).
Das beginnt dort, wo du im Vier-Augen-Gespräch einem Mitarbeiter/einer Mitarbeiterin sagst, dass du einen Fehler gemacht hast und dass es dir leid tut. Das ist auch nicht immer easy – aber unumgänglich. Und nur mal so als Nebenbemerkung: Fehler zu machen, ist menschlich. Theologisch gesprochen ist es in einer von der Sünde beherrschten und nach dem Sündenfall existierenden Welt unumgänglich, dass wir Fehler machen. Es gehört zu unserem nach dem Sündenfall existierenden Wesen dazu – auch wenn es ursprünglich anders gedacht war. Aber:
Es würde den Rahmen sprengen (und ist auch nicht Inhalt von Maxwells Ausführungen), wie wir damit umgehen, wenn mein Gegenüber diese Entschuldigung a) annimmt und entsprechend mit einem vergebenden Herzen lebt, b) annimmt, aber mit einem bitteren Herzen darauf reagiert, c) nicht annimmt und entsprechend lebt und d) sich selbst nicht entschuldigt für selbst begangene Fehler im gleichen Kontext. Too much für den Moment.
Mir geht es schlicht und einfach darum, dass wir als Pastoren und Leiter nicht so tun, als müsse sich alle Welt bei uns entschuldigen. Nein! Wo wir als Pastoren und Gemeindeleiter Fehler machen, müssen wir uns dafür entschuldigen. Punkt! Und eines ist doch klar: Uns fallen nicht alle Situationen auf und ein, in denen wir uns falsch verhalten oder etwas Falsches gesagt haben. Manchmal empfindet unser Gegenüber auch ganz anders, als wir das meinten. Keine Frage. Es geht mir nicht darum, nun alle Schuld auf Leiterinnen und Leiter zu legen, sondern es geht mir um diese Momente, in denen wir auf unser Herz hören und erkennen, dass wir uns falsch verhalten haben.
Zu guter Letzt
Mein Anliegen für euch, liebe Leiterinnen und Leiter, liebe Pastorinnen und Pastoren, ist recht einfach – die Umsetzung mag schwieriger sein: Welche Person fällt dir just in diesem Moment ein, bei der du dich entschuldigen solltest, damit Vertrauen wieder (mehr) wachsen kann?
Maxwell drückt es am Ende des Kapitels recht drastisch aus – aber ich “befürchte”, er hat Recht:
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