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Kirche, öffne dich!

Dieses Buch ist faszinierend – oder besser gesagt: sein Autor, Harald Glööckler. Zugegeben: Bisher habe ich ihn lediglich als den extravaganten Modeschöpfer wahrgenommen, wie ihn die Medien darstellen – und weniger (bis gar nicht) als den Menschen, der eine bewegte Glaubensbiografie hat und die wirklich wichtigen Fragen des Lebens stellt und Antworten sucht. “Kirche öffne dich” wirft ein ganz neues Licht auf die Figur und den Menschen Harald Glööckler. Ich entdecke einen Menschen, der sich nicht nur auf einer Metaebene Gedanken über den (christlichen) Glauben macht, sondern seine eigenen Erfahrungen mit Kirche, Christen und dem Glauben teilt. Und diese Erfahrungen haben die ganze Bandbreite von “wunderschön” über “katastrophal” bis “unglaublich” zu bieten. Glööckler ist im christlichen Glauben aufgewachsen, groß geworden, hat die Kirche von innen kennen gelernt – und leider auch ihre Schattenseiten.
“Man stellt Gott und die Kirche nicht in Frage, Kind, versündige dich nicht!”, hörte ich die Erwachsenen abwiegeln, wann immer ich etwas genauer wissen wollte. “Das ist eben so. darüber diskutiert man nicht!”, das war die Standardantwort.S. 10
Und das ist noch ein harmloses Zitat darüber, was Glööckler mit Kirche und Glauben erlebt hat – aber ich will ja nicht spoilern sondern vielmehr die Neugier wecken, das ganze Buch zu lesen. Immer wieder kam mir beim Lesen ein Gedanke: “Respekt, dass Glööckler sich noch nicht komplett von Glaube und Kirche abgewandt hat nach dem allem, was er innerhalb und durch Kirche erleben musste.” “Er hat meinen höchsten Respekt” klingt total daneben und gönnerhaft, das ist überhaupt nicht meine Intention. Eher bin ich beeindruckt davon, dass Glööckler nach wie vor mit Kirche nicht abgeschlossen hat. Auch wenn er allen Grund dazu gehabt hätte, wie man bspw. auf Grund eines Erlebnisses mit einer evangelischen Pfarrerin verstehen könnte – aber auch hier gilt: Kein Spoiler. Selber lesen! “Kirche öffne dich” ist in 18 Kapitel unterteilt, die mit einem passenden Zitat bzw. wachrüttelnden Statement beginnen und im Prinzip nichts außer Acht lassen, was einem zum Thema “Kirche” und “christlicher Glaube” in den Sinn kommt. Das Erscheinungsbild ist absolut ansprechend und lässt das Buch noch mehr zu einem Erlebnis werden.

Was sich ändern muss

So lautet der Untertitel und man bekommt schon beim Lesen der Kapitelüberschriften einen Eindruck, worum es Glööckler geht und was sich bei Kirchens seiner Meinung nach ändern muss. Stellvertretend seien nur einige der 18 Kapitel genannt:
  • Homosexualität und Kirche (Kapitel 3)
  • Der Himmel ist in uns (Kapitel 6)
  • Ist Gott eine Frau? (Kapitel 8)
  • Toleranz der Religionen (Kapitel 12)
  • Die Bibel – das Kochbuch des Lebens (Kapitel 13)
  • Der Reichtum Gottes – oder: Würde Jesus rote Schuhe von Prada tragen? (Kapitel 16)
Ungefähr in der Mitte des Buches findet sich ein Zitat, das meines Erachtens sehr gut deutlich macht, worum es Glööckler geht:
Ein im Glauben verankertes Leben hat nichts zu tun mit Moral, sondern mit Rechtschaffenheit, Ehrlichkeit, Liebe und Verständnis. Ein Christ ist per definitionem ein Nachfolger und Nachahmer von Jesus Christus. Und Jesus selbst hatte sehr viel über Nächstenliebe und gute Lebensführung zu sagen – aber auffällig wenig über Moral.S. 80
Für Glööckler ist der Glaube in der Tat nichts Moralisches sondern eher etwas, das ihn auf die Suche schickt nach den wirklich wichtigen Fragen des Lebens. Was sich mir beim Lesen seines Buches aber leider immer wieder aufdrängt ist die Vermutung, dass er im Laufe seiner Glaubensbiografie leider immer mehr Fragen und immer weniger Antworten bekommen hat. Nicht, dass Fragen an sich schlecht wären – im Gegenteil: Ein Mensch, der eines Tages aufhört zu fragen, hört auch auf zu glauben und zu leben. Aber wenn sich so gut wie keine Antworten einstellen, ist die ganze Glaubensreise auch eher ein Umherirren als ein Ans-Ziel-Kommen. Verstehe ich ihn richtig, muss sich Kirche vor allem genau dahingehend ändern, dass sie Menschen in Freiheit führt, dass sie Menschen auf ihre Suche und ihrem Fragen nach Gott begleitet – und nicht als oberste moralische Instanz auftritt.

Die Basis von Glööcklers Argumentation

Natürlich – und das ist theologisch gesehen der Haken, biografisch betrachtet aber vollkommen logisch – argumentiert Glööckler auf Grund seiner ganz persönlichen Theologie. Sein Gottesbild umschreibt er so:
Wenn Gott allmächtig und allgegenwärtig ist, wie kann er dann fern von uns sein? Und wenn er nicht fern ist, wieso sollten wir ihn suchen? Gott ist bei uns, Gott ist in uns – wir sind seine Kinder und damit selbst göttlich. Wir sind Gott! Es ist so simpel: Alles, was wir suchen, haben wir bereit in unserem Herzen.S. 155
Natürlich regt sich da in mir so mancher Widerspruch, zum Beispiel, dass die Bibel deutlich davon spricht, dass diejenigen Gottes Kinder sind, die Jesus in ihr Leben aufnehmen (Johannes 1,12) – und nicht automatisch alle Menschen, gleichwohl alle Menschen Gottes Geschöpfe sind. Was seinen persönlichen Glauben und den der postmodernen Gesellschaft betrifft, schreibt er:
Einige Gläubige, und dazu zähle ich auch mich selbst, klicken sich gerne aus verschiedenen Angeboten den perfekten Cocktail fürs Leben heraus. Und dennoch hätte ich die evangelische Kirche nie verlassen, hätte ich das Gefühl gehabt, von ihr verstanden und akzeptiert zu werden. Dieses Gefühl gab mir der Buddhismus viel eher; allerdings stört mich im Buddhismus die Verleugnung vom Gott.S. 157
Und wenn Glööckler im Folgenden dann vom “morphischen Feld” erzählt und dass er eine gewisse Hellsichtigkeit besitzt – nun ja. Da kann ich in nur zu gut verstehen, dass er sich selbst als Teil dieser “Cocktail-Klicker” versteht.

Warum mich Glööckler fasziniert und sein Buch fesselt

…ist eigentlich recht einfach zu beantworten: Glööckler erzählt authentisch von seiner Glaubensreise, seinen Fragen und Zweifeln, seinen Überzeugungen und Erwartungen im Blick auf Glaube und Kirche. Ich lese von einem Menschen, der stark ist, der kämpft, der nicht kleinbeigibt, obwohl er allen Grund dazu hätte, der Kirche den Rücken zu kehren. Ich lese von einem Menschen, dessen Glaubensüberzeugungen ich nicht in allen Dingen teile, mit dem ich aber am allerliebsten mal einen Kaffee trinken würde und ihm zeigen würde: Es geht auch anders! Kirche geht auch anders! Kirche geht auch nicht-moralisierend und den Menschen, so wie er ist, annehmend. Liebend gerne würde ich ihm sagen, wie sehr ich es bedauere, dass er Kirchen-Vertretern (im Haupt- oder Ehrenamt) begegnet ist, denen es mehr um die Institution ging als um Jesus selbst. Und ich merke, wie mich seine Zeilen, seine Gedanken, seine Erfahrungen, seine Bewertungen, seine Überzeugungen hinterfragen und das, was ich tue, auf den Prüfstand stellen.

Eine liebenswerte Vision von Kirche

Und wie gerne würde ich ihm sagen, dass ich seiner “Vision von Kirche” aus tiefstem Herzen zustimme, wenn er schreibt:
Ich frage deshalb Sie, liebe Kirchenvorsteher, Pfarrer, Gemeinderäte und Mitarbeiter: Was ist Ihr Traum, Ihre Vision für Ihre Kirche? Wie sehen Sie sie in der Zukunft? Lebendig, positiv und voller glücklicher Menschen statt grau und öde? Ist das nicht ein herrliches Bild? Träumen Sie voller Romantik, mutig, in bunten Farben und immer ein bisschen größer, als Sie es sich vorstellen können! Denn Gottes Möglichkeiten sind unerschöpflich! Und dann fangen Sie an alles zu tun, was nötig ist, um diesen Traum Wirklichkeit werden zu lassen. Denn von nichts kommt nichts, das ist auch ein Fakt des Lebens. Überlegen Sie sich neue, kreative Maßnahmen, wie Ihre Kirche wieder attraktiver werden könnte. Suchen Sie sich Verbündete. Laden Sie Künstler ein und interessante Sprecher, die frischen Wind auf Ihre Kanzel bringen. Und das können ruhig auch mal etwas kontroverse Leute und Ideen sein. Trauen Sie sich was, und haben Sie keine Angst vor Neuem, vor Veränderungen und vor Andersdenkenden! Angst immer ein schlechter RatgeberS. 157
Ja und am liebsten ende ich diese vielleicht etwas ungewöhnliche Rezension mit einer ungewöhnlichen Einladung:

Lieber Herr Glööckler, wie wäre es, wenn Sie genau solch ein Künstler und kontroverser Mensch wären, der in meiner Gemeinde (www.wutachblick.de) in einem ganz besonderen Format zu Wort kommt? Hiermit lade ich Sie ganz herzlich dazu ein! Ich würde mich freuen!

Infos:
208 Seiten 22,00 EUR ISBN: 9783863342135 adeo Verlag
Einen Einblick in das Leben von Harald Glööckler kannst du hier bekommen:

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Das Prinzip der eigentlichen Führungspersönlichkeit

“Führungskraft sein ist wie eine Dame sein: Wenn man es den Leuten erst sagen muss, dann ist man keine.” So wandelt Maxwell ein Ausspruch Margarete Thatchers ab im Blick auf die “eigentliche Führungspersönlichkeit”.

Was soll ich sagen? Ich glaube, dass im Blick auf Gemeinde sich einige Gemeindeleiterinnen und Gemeindeleiter einmal hinterfragen müssten, ob das oben genannte Zitat nicht auf sie zutrifft. Ich habe es nicht selten erlebt, dass manche Leitung- oder Führungskräfte im kirchlichen Kontext genau so aufgetreten sind: “Eigentlich bin ich ja nicht so von “oben herab”, aber hier oder da musste ich schon mal sagen, wer eigentlich die Leitung innehat und wer nicht.”

Ja, es gibt Situationen, in denen ist es nötig, sich klar zu positionieren nach dem Motto: “Es gibt eine Leitung in der Gemeinde – und Du bist es nicht!” Aber: Das ist in meinen Augen dann nötig, wenn Gemeindeglieder Leitung als solche nicht akzeptieren. Aber es ist dann – ganz im Thatcherschen Sinne – vollkommen deplatziert, wenn ich durch solche Äußerungen deutlich machen möchte: Ich bin die Leitung!

Ein heikles Thema

John Maxwell spricht in diesem Kapitel ein wirklich heißes Eisen an, da es um die Glaubwürdigkeit eines Pastors, einer Pastorin als Führungskraft innerhalb der Gemeinde geht.

Nicht selten kommt es vor, dass es in Gemeinden Personen gibt, welche die eigentlichen Meinungsführer sind. Die Frage ist nicht, ob das gut oder schlecht ist – die Frage ist, wie ich als Gemeindeleiter damit umgehe. Und da trifft Maxwell eine sehr interessante Unterscheidung oder besser gesagt, charakterisiert den “Leiter nach der Stellung” und “Leiter nach dem Ansehen”:

LEITER NACH DER STELLUNG LEITER NACH DEM ANSEHEN
Reden zuerst Sprechen später
Brauchen den Einfluss des eigentlichen Leiters, um zum Ziel zu gelangen Gebrauchen allein ihren eigenen Einfluss, um zum Ziel zu gelangen
Beeinflussen nur die anderen positionalen Leiter Beeinflussen alle Anwesenden

Achte doch in einem deiner nächsten Meetings einmal darauf, wer die eigentliche Führungskraft ist – am Verhalten lässt sich das leicht erkennen. Aber nicht nur daran, sondern an einem noch viel einfacheren Merkmal.

Wer folgt dir?

Wer führt und leitet, muss auch Menschen haben, die ihm folgen. Das klingt simpel und easy – und ist es auch. Maxwell schreibt kurz und knackig:

Denn Führung beweist sich im Folgen anderer.Die 21 wichtigsten Führungsprinzipien, S. 62

Wenn du niemanden hast, der dir folgt, leitest und führst du auch nicht. Du magst es vielleicht von dir denken – aber die Realität sagt etwas anderes.

Dabei geht es nicht um Zahlen. Nicht immer ist die Mehrheit im Recht, nicht immer ist es die Minderheit. Deswegen lässt es Maxwell zurecht offen, dass es nicht auf die Anzahl ankommt, sondern darauf, ob dir überhaupt jemand folgt. Die große Herausforderung könnte natürlich darin bestehen, dass dir die “eigentlichen Führungspersönlichkeiten” folgen.

Zwischenbilanz ziehen

Deswegen ist es manchmal gar nicht schlecht, Zwischenbilanz zu ziehen. Natürlich kann der Dienst eines Pastors (von “Erfolg” will ich gar nicht sprechen) nicht an nackten Zahlen und Fakten gemessen werden. Denn Gott mag “Erfolg” ganz anders definieren, als wir das tun.

Dennoch ist es gut, innezuhalten, zu resümieren und eine Art Zwischenbilanz zu ziehen und zu schauen: Wer folgt mir? Folgt mir überhaupt jemand? Bin ich eher “Leiter nach Ansehen” oder “Leiter nach Stellung”? Maxwell skizziert in diesem Kapitel auch kurz, dass er oft auch zunächst “Leiter nach Stellung” war – vor allem ist das dann der Fall, wenn man als Pastor/Pfarrer eine neue Stelle annimmt. Zum “Leiter nach Ansehen” zu werden, braucht auch seine Zeit.

Dein nächstes Meeting als Leiter steht vor der Tür? Dann gehe mal bewusst in dieses Meeting hinein mit der Frage, ob du als “Leiter nach Stellung” oder als “Leiter nach Ansehen” Teil des Teams bist.


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Alle Beiträge aus der Reihe “Die 21 wichtigsten Führungsprinzipien”:

Warum wir uns nach Heilung sehnen

Der Mensch ist unheilbar sehnsuchtsvoll. Und das ist gut so! Sehnsucht treibt unsere Seele an, sich nicht mit dem Status Quo abzufinden. Sie lässt uns “mehr” erwarten, hoffen und ist der Motor dafür, mutig und kühn in die Zukunft zu schauen und nicht zu resignieren.

Sehnsucht nach dem Ewigen

In letzter Zeit ist mir das durch viele Begegnungen, Gespräche und Situationen deutlich geworden. Dabei kommt mir immer eine Bibelstelle in den Sinn, die im Kontext eines recht bekannten Abschnitts der Bibel steht. In diesem Abschnitt geht es darum, dass alles auf dieser Erde seine jeweils eigene Zeit hat: Geboren werden und sterben; lachen und weinen; streiten und versöhnen – und noch vieles andere. Nachzulesen in den ersten Versen im ersten Teil der Bibel in Prediger 3.

Am Ende dieser Aufzählung steht ein auf den ersten Blick etwas unscheinbarer Satz, der leider kaum zitiert wird, aber mein Nachdenken über Gott und den Menschen regelrecht in eine neue Dimension katapultiert hat:

Gott hat allem auf dieser Welt schon im Voraus seine Zeit bestimmt, er hat sogar die Ewigkeit in die Herzen der Menschen gelegt. Aber sie sind nicht in der Lage, das Ausmaß des Wirkens Gottes zu erkennen; sie durchschauen weder, wo es beginnt, noch, wo es endet. Die Bibel: Prediger 3,11 (Neues Leben. Die Bibel)

Ich finde das faszinierend. Gott hat uns als Menschen damit ausgestattet, in unserem Herzen eine Sehnsucht nach der Ewigkeit zu haben. Das im Hebräischen zugrunde liegende Wort meint dabei die Ewigkeit nicht nur als einen zeitlich unbegrenzten Abschnitt, sondern vielmehr als ein “Leben, das im Kontext der Unendlichkeit und Ewigkeit Gottes” stattfindet.

Diese Ewigkeit und genauer gesagt diese Sehnsucht danach, trägt jeder Mensch in seinem Herzen – mal schütten wir es mit alltäglichen und irdischen Dingen ganz gut zu – manchmal blitzt diese Sehnsucht in uns aber auch durch. Vor allem dann, wenn wir Situationen, Beziehungen oder Erlebnisse als unheilvoll, unvollständig, fragmentarisch oder einfach nicht zufriedenstellend wahrnehmen. Und Hand auf’s Herz: davon gibt es jede Menge!

Heilung und Heilsein als Inbegriff von Ewigkeit

Wie aber sieht diese Ewigkeit, dieses “Leben im Kontext der Unendlichkeit und Ewigkeit Gottes” aus? Darüber gibt uns die Bibel eine sehr klare Auskunft – in ihrem letzten Buch, der Offenbarung:

Ich hörte eine laute Stimme vom Thron her rufen: “Siehe, die Wohnung Gottes ist nun bei den Menschen! Er wird bei ihnen wohnen und sie werden sein Volk sein und Gott selbst wird bei ihnen sein. Er wird alle ihre Tränen abwischen, und es wird keinen Tod und keine Trauer und kein Weinen und keinen Schmerz mehr geben. Denn die erste Welt mit ihrem ganzen Unheil ist für immer vergangen.” Und der, der auf dem Thron saß, sagte: “Ja, ich mache alles neu!”Die Bibel:Offenbarung 21, 3-5 (Neues Leben. Die Bibel)

Danach sehnt sich unser Herz. Nach einem Leben ohne Tränen, ohne Tod, ohne Trauer, ohne Weinen und ohne Schmerz. Die Sehnsucht nach der Ewigkeit, nach dem Ewigen, nach der ungetrübten Gegenwart Gottes auf unendliche Zeit hat einen ganz konkreten Inhalt: nichts Unheilvolles, nur noch Heilvolles.

Deswegen ist es nicht nur legitim oder “erlaubt”, nach Heilung zu fragen und Gott um Heilung zu bitten – es ist vielmehr eine ganz logische Folge dessen, was Gott selbst in unser Herz gelegt hat.

Dabei geht es sowohl um körperliche Heilung als auch um Heilung von Beziehungen und allem Unheilvollem, dem wir in unserem Leben immer wieder finden und das wie in unserem Leben und in unserer Biografie immer wieder aufspüren.

Oder um es noch deutlicher zu sagen: Gott freut sich, wenn wir uns nach Heilung sehnen und ihm das auch sagen!

Leben in einer “gefallenen Welt”

Nun erleben wir es aber nicht, dass alles Unheilvolle und Fragmentarische in unserem Leben wieder heil und ganz wird. Im Gegenteil. In manchen Situationen stehen wir kurz davor, regelrecht zu verzweifeln, weil Heilung (noch) nicht eintritt und wir vieles als immer noch und nach wie vor unheilvoll erleben.

Das hat auch einen Grund. Wir leben in einer “gefallenen Welt”, das heißt: Wir leben nach dem Sündenfall, von dem die Bibel in 1. Mose 3 berichtet. Der Mensch entfernte sich von Gott und tut dies auch heute immer und immer wieder. Je größer diese Lücke zwischen Gott und Mensch wird, desto mehr Platz ist für Unheilvolles und Zerstörerisches.

Aus diesem Grund kann hier auf Erden gar nicht alles heil werden – so sehr wir uns danach sehnen – da uns dieser Zustand erst für die Ewigkeit verheißen ist, also für die Zeit, die anbricht, wenn Jesus auf diese Erde zurückkehrt.

Bis dahin gilt es, die “eschatologische Spannung” zwischen “schon jetzt” und “noch nicht” auszuhalten.

Schon jetzt” zeichnet das Leben eines Christen aus, dass er “Gottes wunderbare Wort und die Kräfte der kommenden Welt kennen gelernt hat” (Hebräer 6,5) aber “noch nicht” in dieser lebt, “denn die ganze Schöpfung wartet sehnsüchtig auf jenen Tag, an dem Gott offenbar machen wird, wer wirklich zu seinen Kindern gehört.” (Römer 8,19)

Die eschatologische Spannung aushalten

Und deswegen gilt, dass wir uns dieser Spannung immer wieder bewusst sein müssen. So sehr sich unser Herz danach sehnt, dass Dinge in ihre ursprüngliche und von Gott wunderbar erdachte und erschaffene Ordnung kommen, so sehr gilt es aber auch anzuerkennen, dass wir nicht mehr und noch nicht “im Paradies leben”.

Und das ist absolut nicht einfach und dennoch mache ich dir Mut, um Heilung zu beten und die Sehnsucht nach Heilung nicht aufzugeben. Wann, wie und auf welche Weise Gott Heilung schenkt, ist seine Sache – und manchmal gilt, Gottes Souveränität anzuerkennen, was natürlich wesentlich leichter fällt, wenn ich glaube, dass Gott es gut mit mir meint, weil sein eigentliches Wesen das eines vollkommenen Vaters ist.

Diese eschatologische Spannung veranlasst uns nicht, unsere Hände in den Schoß zu legen, nichts zu tun und das Pendel auf die Seite “noch nicht” ausschlagen zu lassen. Vielmehr sollte sie uns immer und immer wieder ins Gebet treiben und das Vertrauen lehren, dass es ein “schon jetzt” gibt. Jeden Tag auf’s Neue oder wie Paulus sagt:

Denn Gott hat gesagt: “Ich will dein Gebet erhören. Es wird eine Zeit der Gnade für dich geben, einen Tag, an dem du meine Hilfe erfährst!” Genau diese Zeit ist jetzt da, der Tag der Rettung ist nun gekommen. Die Bibel:2. Korinther 6,2 (Hoffnung für alle)

Wenn du also das nächste Mal diese Sehnsucht nach Heilung und Heilsein in dir verspürst und Situationen, Erlebnisse oder Beziehungen als unheilvoll und fragmentarisch erlebst – dann bitte Gott genauso um Heilung wie bei Krankheit. Sei nicht enttäuscht, wenn (zunächst) nichts geschieht, aber wird dein Vertrauen nicht weg, denn es birgt in sich eine große Belohnung (Hebräer 10,35).

Ich möchte nicht einem fatalistisch ertragenen Unheil das Wort reden. Genauso wenig will ich unverantwortlich behaupten, dass Gott für alles Heilung schenken wird. Ich glaube und hoffe aber fest darauf, dass nicht nur das “noch nicht” gilt – sondern auch und erst recht das “schon jetzt”.

Schon jetzt heilt Gott, lässt uns Anteil haben an seinem ewigen Heil, gewährt uns einen Blick in seine Ewigkeit und weder schaut er weg noch hört er weg, wenn seine Kinder zu ihm beten.

Und ich muss an ein Wort von Dietrich Bonhoeffer denken, der einmal sagte:
Gott erfüllt nicht alle unsere Wünsche, aber alle seine Verheißungen.

10 Dinge, die ein Pastor nicht tun kann

Irgendwie dachte ich mir: Das hat doch was. “10 Dinge, die ein Pastor nicht tun kann.” Pastoren (und hier sind sowohl die Pastorinnen, Pfarrer und Pfarrerinnen ebenso gemeint) sollen jede Menge können. Sollen! In den Augen anderer – vor allem in den Augen ihrer “Schäfchen” und anderem Bodenpersonal Gottes. Manchmal gibt es kaum etwas Schlimmeres als eine Zusammenkunft von Pastoren. Nach dem Motto “Mein Haus, mein Auto, mein Urlaub” werden hier “Meine Überstunden, meine Glaubenssiege, mein Gemeindewachstum” auf den Tisch gelegt – aber wehe, einer zeigt Blöße. Ich mache dieses Spielchen schon lange nicht mehr mit und wenn ich merke, dass Gespräche diese Wendung nehmen, schaue ich mich nach einem guten Kaffee um.

Aber auch innerhalb der Gemeinde gibt es manchmal Vorstellungen und Erwartungen an einen Pastor, die unrealistisch sind. Ich möchte dir helfen, ein gesundes Bild von deinem Pastor zu bekommen – falls du es nicht schon hast.

Dieser Beitrag ist keine Abrechnung oder dergleichen, manches davon findet sich ohnehin schon längst in meinem Buch “10 Dinge, die du besser nicht glauben solltest“. Ich liebe meinen Beruf und lebe meine Berufung. Und ich würde sofort wieder diesen Beruf wählen und mich freuen, wenn diese Berufung wieder über mir ausgesprochen wird.

Die folgenden zehn Dinge sind allesamt nicht aus der Luft gegriffen, sondern mir immer wieder begegnet – aber dennoch einfach falsch.

Mit Sicherheit könnte man diese Liste noch verlängern und höchstwahrscheinlich fallen dir noch mehr Dinge ein. Aber hier sind erst einmal meine “10 Dinge, die ein Pastor nicht tun kann”:

1Nicht zweifeln

Ein Pastor ist ein Mensch, ist ein Christ, ist ein Mensch, ist ein Christ, ist ein…kapiert? Pastoren sind auch nur Menschen aus Fleisch und Blut. Sie haben mit den gleichen Zweifeln und Krisen im Glauben zu kämpfen, wie jeder andere Gläubige auch. Vielleicht ist dein Pastor ehrlich genug, das auch zuzugeben. Vielleicht auch nicht. Aber eines kann er nicht: nicht zweifeln!

Das kann Zweifel an der eigenen Berufung sein, Zweifel an den eigenen Fähigkeiten, Zweifel an dem Weg, den man als Gemeindeleiter einschlägt, Zweifel an einzelnen Glaubensinhalten bis hin zum Zweifel an der Existenz Gottes an sich.

Schön ist das nicht. Beim besten Willen nicht! Und doch ist “Zweifel” mehr als nur die Kehrseite von “Glaube”. Und das erlebt ein Pastor genauso wie auch seine Gemeindeglieder.

Ein paar Gedanken mehr zum Zweifel findest du in meinem Beitrag “Chaos? Zweifel? Unsicherheit? Ja bitte!“.

2Sich vor den Karren spannen lassen

Auch wenn das wirklich eine große Gefahr ist, kann ein Pastor das nicht tun. “Die Leute sagen, dass…”. Wie oft habe ich diese oder eine ähnliche Aussage schon gehört. Aber dann denke ich immer wieder an den Tipp eines erfahrenen Pastors, den er mir vor vielen Jahren zu Beginn meiner Dienstzeit gab: “Kein Ross ohne Reiter!” Und wenn die Menschen dann Klartext reden müssen wer hinter “die Leute” steckt – dann wird schnell klar: Soooo viele Menschen sind es gar nicht, genau genommen nur die eine Person – und die will den Pastor vor ihren Karren spannen.

Das kann ein Pastor aber nicht tun und sollte es niemals mit sich machen lassen, da das erheblich an seiner Authentizität kratzen würde. Der Karren kann ganz unterschiedliche und mitunter sogar wirklich gute Namen tragen wie “Du musst mehr über Sünde predigen” oder “Du solltest mehr die alten Menschen besuchen” oder “Du musst endlich alte Zöpfe abschneiden” oder “Du solltest mal was Anständiges anziehen, wenn du predigst”. Whatever! Die Menschen haben viele Erwartungen und Karren, vor die sie gerne ihren Pastor spannen würden – aber das beschädigt nicht nur seine Authentizität, sondern auch die Kraft der Gemeinde.

Denn welchen Weg eine Gemeinde einschlägt, welche Dinge “jetzt gerade dran sind”, was sozusagen “on top” der Prioritätenliste steht und was nicht – das alles hängt nicht von einzelnen Menschen ab, sondern von der Vision und der Strategie, welche eine Gemeindeleitung von Gott empfangen hat und nun umsetzt. Einige weiterführende Gedanken findest du in meinem ersten Beitrag der kleinen Reihe “Die Kunst des Leitens”.

3Unangefochten leben

Auch ein Pastor ist den Anfechtungen, Widerständen und Unwägbarkeiten des Glaubens ausgeliefert wie jeder andere Mensch auch. Auch ein Pastor weiß, was “Sünde” ist – und zwar nicht nur aus seinem Theologiestudium, sondern auch aus seinem Leben. Zumindest, wenn er ehrlich ist. Es ist keinem Pastor möglich, unangefochten zu leben. Solange wir glauben, wird unser Glaube immer angefochten sein – unabhängig davon, wie sehr man Theologie studiert und Gemeindebau verinnerlicht hat.

Das hat natürlich auch wiederum den großen Vorteil, dass ein Pastor seine Gemeindeglieder verstehen kann, die zu ihm kommen und von ihren Anfechtungen und Widerständen im Glauben berichten. Ohne, dass er alle selbst durchlebt haben muss, weiß er aber sehr wohl, wovon sein Gegenüber spricht.

4Alles wissen

“Echt? Das weißt du nicht?” haben mich manchmal schon Leute gefragt und ich dachte mir: “Äh ne, wieso auch? Weißt du denn alles?” Unausgesprochen muss der Pastor alles wissen: wie viele Menschen im Seniorenkreis waren, wie viel Geld am Sonntag in die Kollekte kam, wie viel das Toilettenpapier kostet, wie man die Klingel repariert, was Theologe XY aus einer der angesagtesten Gemeinden vor drei Wochen über den Kausalzusammenhang zwischen dem Harndrang von Kamelen und der Klimaveränderung im Alten Testament gepredigt hat und vieles mehr. Aber das geht nicht. Dein Pastor kann nicht alles wissen.

Er kann nicht einmal wissen, wer aus seiner Gemeinde alles krank ist und gerne einen Besuch hätte. Und weißt du was? Erzähl es ihm! Er wird gerne hingehen, für die Person beten, sie segnen, salben, das Abendmahl mit ihr feiern oder einfach zuhören. Aber er kann nicht alles wissen. Er benötigt Menschen, die es ihm sagen.

Natürlich gibt es Dinge, die dein Pastor wissen sollte – keine Frage. Das ist keinerlei Entschuldigung dafür, dass er seinen Job vielleicht schlecht macht. Aber – die Betonung liegt auf “Alles” wissen. “Ist doch klar”, magst du denken. Super! Dann gehörst du zur Minderheit, wenn du auch noch danach lebst und deinen Pastor liebevoll und nicht vorwurfsvoll an Dinge erinnerst, ihn aufmerksam machst auf Situationen oder Menschen, die für ihn von Relevanz sind.

Kleines Beispiel: Ich habe zwei top Sekretärinnen bei mir im Pfarramt. Sie schaffen es immer und immer wieder, mich an Dinge zu erinnern oder mir Dinge vor Augen zu malen, die ich nicht wissen kann. Manchmal tun sie das sogar mit Dingen, die ich wissen sollte, und die ich – mit meinen 40 Jahren – schlichtweg vergessen habe.

Sie tun es auf eine Art und Weise und mit einer Haltung, die mir größten Respekt abverlangt, weil sie es liebevoll und nicht vorwurfsvoll tun.

5Immer sagen, was er denkt

“Aber dann lügt er doch!” Nein? Wie kommst du darauf? Die Kunst liegt nicht darin, immer das zu sagen, was man denkt, sondern genau zu wissen, was man sagt und wie man es sagt als Pastor. Wichtig ist nur, dass das, was der Pastor sagt, auch der Wahrheit entspricht. Aber deswegen muss er noch lange nicht alles sagen, was er denkt.

In manchen Situationen könnte es sein Gegenüber sogar überfordern, weil der Pastor oftmals das große Ganze im Blick hat und nicht nur einen kleinen Ausschnitt, um den es seinem Gegenüber im Gespräch gerade geht. Da ist es situativ bedingt manchmal besser, sich auf diesen Ausschnitt zu fokussieren, als über das “große Ganze” zu philosophieren.

Dann bewahrheitet sich das Sprichwort “Reden ist Silber, Schweigen ist Gold”. Das darf aber auf keinen Fall dazu führen, dass dein Pastor gar nicht mehr redet – schon gar nicht, wenn von ihm eine Stellungnahme oder Positionierung gewünscht wird in strittigen Punkten oder Lehrfragen.

6Gedanken lesen

Klingt jetzt auch nicht sonderlich innovativ – ist aber so. Und wird immer wieder erwartet. Erwartet. Da haben wir es. Erwartungen! Unzählige Erwartungen werden an den Pastor gerichtet. Das große Problem dabei: sie werden selten ausgesprochen. Und dann sind Menschen enttäuscht, wenn ihre Erwartungen nicht erfüllt werden. Aber – erstens kann ein  Pastor niemals alle Erwartungen erfüllen. Und zweitens schon gar nicht, wenn er nicht davon weiß und sich dazu verhalten kann.

Wenn du also eine Erwartung an deinen Pastor hast, dann sprich sie aus – aber sei nicht enttäuscht, wenn er diese nicht erfüllt.

7Überall sein

Uh, ein heikler Punkt. Muss ein Pastor nicht an allen gemeindlichen Veranstaltungen sein? Nein, muss er nicht! Wieso auch? Ist er ein Kontrollfreak, der überall nach dem Rechten schauen muss? Oder ist er der Über-Pastor, ohne den nichts geht? Dann werden seine Mitarbeiter und Leiter “unter ihm” (im wahrsten Sinne, leider) nicht zur Entfaltung kommen, weil es immer darauf ankommt, dass “der Herr Pastor” auch noch da ist. Oder haben Gemeindeglieder etwa die Befürchtung, der Pastor könnte zuhause sein, Champions-League schauen, mit seiner Frau ein Glas Wein trinken oder mit seinen Kindern auf die nächste Mathearbeit lernen?

Zugegeben – und da schreibe ich sehr persönlich: Es ist nicht leicht, nicht überall zu sein. Zu gerne würde ich an allen gemeindlichen Veranstaltungen teilnehmen, dabei sein, mit den Menschen in Kontakt sein – aber die Folge wäre: Burnout und eine kaputte Familie.

Liebes Gemeindeglied: Lass deinem Pastor Luft zum Atmen! Von allen Pastoren, die ich kenne, kann ich bei den allermeisten sagen: Nein, sie sind nicht faul. Sie müssen nur mal atmen und Mensch sein!

8Herzen verändern

Das ist alleinige Angelegenheit des Heiligen Geistes. Kein Pastor sollte so vermessen sein und meinen, dass er es ist, der Herzen verändert oder gar den Glauben in anderen Menschen entstehen lässt. Gott mag ihn gebrauchen und mit großartigen Gaben ausgestattet haben – keine Frage. Aber Herzen verändern, das kann kein Mensch. Maximal positive Emotionen erzeugen, ja. Ok. Von mir aus. Aber darauf kann man auch schlecht sein Leben aufbauen. Da ist ein verändertes Herz schon besser – und das schafft nur Gott.

Liebe Kolleginnen und Kollegen: Es sind nicht eure Predigten, Bibelstunden, Hausbesuche, Gottesdienste oder Seelsorgegespräche, die ein Menschenherz verändern. Das ist Aufgabe des Heiligen Geistes – und verlasst euch drauf: Er tut es! Nicht ihr! Entspannt euch und nehmt euch nicht so wichtig!

9Sünde ignorieren

Und hier wird der Grat so richtig schmal, auf dem sich ein Pastor bewegt. Sünde ignorieren bedeutet nämlich nicht, den Menschen zu ignorieren. Ich nehme mir hier immer und immer wieder Jesus als Vorbild, als eine Frau zu ihm geschleppt wurde, “die beim Ehebruch ertappt worden war.” (Johannes 8,3; Neue Genfer Übersetzung)

Nach dem Gesetz wäre es das gute Recht der Menschen gewesen, diese Frau zu Tode zu steinigen. Und was tut Jesus? Er spricht diesen weltberühmten Satz “Wer von euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein”. Nachdem keiner geworfen hat, wendet er sich der Frau liebevoll zu und sagt ihr: “Deine Peiniger sind von dannen gezogen. Ich verdamme dich nicht. Geh – aber sündige hinfort nicht mehr!”

Was lehrt mich dieses Beispiel? Jesus ignoriert die Sünde nicht. Er nennt sie beim Namen. Er spricht die Frau darauf an. Aber er verdammt sie nicht! Im Gegenteil: Er ermöglich ihr Leben mit der klaren Aufforderung, nicht mehr zu sündigen!

So sollten wir als Pastoren umgehen, wenn Menschen uns in der Seelsorge von Sünde in ihrem Leben berichten oder – und das kommt auch immer wieder vor – wenn es zu gegenseitigen Vorwürfen oder Schuldzuweisungen kommt: Die Sünde beim Namen nennen – dem Sünder aber immer die Möglichkeit zum Leben und zur Umkehr zu geben. Nur eines kann ein Pastor nicht tun: die Sünde ignorieren, wenn er davon weiß.

10Es allen recht machen

Es wird immer Menschen geben, die mit den Entscheidungen, dem Predigtstil oder Leitungsstil des Pastors nicht zurecht kommen. Der größte Schlüssel zum Misserfolg ist: es allen recht machen zu wollen!

Und doch ist dieser Punkt vielleicht sogar eine der größten Herausforderungen, weil wir Menschen als soziale Wesen geschaffen sind und gerne in Harmonie mit allen Menschen leben möchten. Und nicht jeder kann auf akzeptable und sozial-verträgliche Weise seinen Unmut darüber kundtun, wenn der Pastor Dinge sagt, entscheidet oder tut, die ihm nicht passen. Sagen wir, wie es ist: Die allerwenigsten können das. Oft wird es unsachlich, persönlich, verletzend, alles andere als zielführend – und schon gar nicht geistlich. Dann heißt es: kühlen Kopf bewahren (viel leichter gesagt, als getan) und sich vor Augen führen: Selbst Jesus hat es nicht “allen recht gemacht”. Wieso sollte ich es als Pastor tun?

Wenn du es gerne allen Menschen recht machen willst, dann häng deinen Job als Pastor an den Nagel und werde Eisverkäufer. Da stehen die Chancen wesentlich höher, dass dein Vorhaben dir gelingt.

Outtakes

Auf Instagram hatte ich gefragt, welche Dinge ein Pastor nicht tun kann. Manche Kommentare habe ich in den 10 Dingen oben schon verarbeitet – aber zwei “Outtakes” habe ich sozusagen noch.

11Kinder kriegen

Richtig! Und wenn er doch welche hat, dann liegt es daran, dass er eine wunderbare Frau hat. Und ich lasse es mir nicht nehmen, an dieser Stelle einmal mehr meine wunderbare “Pastorenfrau” Damaris Brunner zu ehren. Ich habe das an anderer Stelle schon einmal getan, deswegen empfehle ich dir, diesen Artikel zu lesen: Der unsichtbare Dienst einer Pastorenfrau.

12Gemeinde bauen

Dem widerspreche ich! Ein Pastor kann es nicht alleine – das würde ich sofort unterstreichen. Aber dennoch kann er “Gemeinde bauen” – davon schreibt auch der Apostel Paulus in seinem ersten Brief an die Gemeinde in Korinther.

Und was ist mit dem, der pflanzt, und mit dem, der begießt? Ihre Aufgaben, so unterschiedlich sie sind, dienen demselben Ziel, und beide werden von Gott ihren Lohn bekommen – den Lohn, der ihrem persönlichen Einsatz entspricht. Es ist also Gottes Werk, an dem wir miteinander arbeiten, und ihr seid Gottes Ackerfeld; ihr seid Gottes Bauwerk.Die Bibel: 1. Korinther 3,8+9

Es ist ein großes Privileg, dass Gott Menschen dazu gebraucht, sein Reich zu bauen und seine Gemeinde, seine Braut noch strahlender und herrlicher werden zu lassen. Dazu befähigt er Menschen – manche davon tun das hauptberuflich, manche tun es ehrenamtlich. Beide tun das Gleiche: Gemeinde (und damit: Reich Gottes) bauen.


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Immanuel – Gott mit uns!

Wenn Eltern auf ihr Kind warten, dann ist eines der schönsten, wichtigsten aber auch herausforderndsten Dinge, die sie tun, einen Namen für ihr Kind herauszusuchen. Das soll ja nicht irgendein Name sein. Schließlich wird ihr Kind ein Leben lang mit diesem Namen “herumlaufen”, auf diesen Namen hören (außer in der Pubertät) und er wird immer mit ihrem Kind in Verbindung gebracht werden.

Gott selbst hat sich also sehr wohl überlegt, welchen “Spitznamen” Jesus haben sollte, als er auf diese Erde kam. Als Gott selbst auf diese Erde kam.

Immanuel

Dieser “Spitzname” lautet Immanuel und geht zurück auf eine Prophezeiung viele hundert Jahre vor Jesu Geburt. Sie steht beim Propheten Jesaja im siebten Kapitel:

Deshalb wird euch der Herr selbst ein Zeichen geben. Seht, die unberührte junge Frau wird schwanger werden und einen Sohn zur Welt bringen, den sie Immanuël (Gott mit uns) nennt.Die Bibel: Jesaja 7,14

Schon viele hundert Jahre vor der Geburt Jesu hat sich sein Vater dazu entschieden: Ich werde meinem Sohn einen Beinamen geben, der ihn und seinen Auftrag perfekt beschreibt.

Ich finde das faszinierend, denn alleine der eigentliche Name “Jesus” ist auch schon Programm: Gott ist Rettung.

Nehmen wir beides zusammen, also Jesus Immanuel, dann heißt das: Gott ist Rettung, Gott ist mit uns.

Beides vereint findet sich nun im ersten Kapitel des Matthäusevangeliums:

Und sie wird einen Sohn gebären, dem sollst du den Namen Jesus geben, denn er wird sein Volk retten von ihren Sünden. Das ist aber alles geschehen, auf dass erfüllt würde, was der Herr durch den Propheten gesagt hat, der da spricht (Jesaja 7,14): “Siehe, eine Jungfrau wird schwanger sein und einen Sohn gebären, und sie werden ihm den Namen Immanuel geben”, das heißt übersetzt: Gott mit uns.Die Bibel: Matthäus 1,21-23

Es kursieren ja die unterschiedlichsten Gerüchte und Meinungen darüber, wie Gott denn nun sei. Die einen halten Gott nur für eine Abkürzung, die für “Guter Opa – total taub” steht. Andere wiederum meinen, dass man über Gott gar nichts Genaues sagen kann. Und wieder andere projizieren alles Negative auf Gott, weil sie Gott mit ihren Erfahrungen oder seinem Bodenpersonal gleichsetzen.

Bibellesen schützt – und das gilt eigentlich immer – vor Missverständnissen. Denn alleine diese drei Verse vom Anfang des Matthäus-Evangeliums, charakterisieren Gott auf zweifache Weise.

  1. Gott will unsere Rettung. Er will uns unbedingt von allem retten, wovon wir gerettet werden müssen: Von uns selbst und unserem Egoismus, von Unmenschlichkeit, von der Macht der Sünde und von der Hölle als ewiger Gottesferne.
  2. Gott ist mit uns. Er lässt uns nicht alleine, er geht mit uns und knüpft das nicht an Bedingungen oder Vereinbarungen.

Gott mit uns

Eines der großen Merkmale des Menschen ist seine Vergesslichkeit. Und die ist nicht einmal krankheitsbedingt, sondern wesensbedingt. Vor allem vergisst der Mensch sehr schnell die positiven Ereignisse, während er in negativen Ereignissen regelrecht baden geht. Warum auch immer das so ist, ich möchte dich an ein einmalig großartiges Ereignis erinnern – oder sagen wir besser: an eine einmalig, aber für immer gültige Tatsache erinnern. Und diese Tatsache lautet schlicht und ergreifend: Gott ist mit dir!

“Ja gut”, sagst du vielleicht, “das kannst du so ohne weiteres nicht sagen, nur weil da mal einer eine Prophezeiung über die Geburt eines Kindes durch eine Jungfrau ausgesprochen hat.”

Auch wenn es für mich ausreicht, will ich dir gerne noch den Rest der “programmatischen Klammer” des Matthäus-Evangeliums liefern – und der steht in den letzten Versen dieser ausführlichen Biografie über das Leben Jesu. Dabei sei nur am Rande angemerkt, dass Jesus sich mit seinen Jüngern auf einer kleinen Achterbahnfahrt befindet.

Drei Jahre war er mit ihnen unterwegs. Sie erleben Höhen und Tiefen, aber es muss ein ziemlich gutes Gefühl gewesen sein, neben dem Messias drei Jahre lang hergelaufen zu sein und das Leben direkt mit ihm geteilt zu haben. Dann der Schock: Verhaftung, Verurteilung, Folterung und Tod. Aus die Maus. Ende Gelände. Alles nur Lug und Betrug, Illusion und eine große Luftblase? Von wegen! Das große Comeback drei Tage später: Die Auferstehung von den Toten. Hammer! Und als Auferstandener verbringt er noch ein paar Wochen mit seinen Jüngern. Was muss das für ein irres Gefühl gewesen sein – ehe dann die nächste Talfahrt kommt: Jesus verabschiedet sich von ihnen. Erneut. Endgültig. Und das kann man nachlesen in den letzten Versen des Matthäus-Evangeliums:

Die elf Jünger gingen nach Galiläa auf den Berg, den Jesus für die Begegnung mit ihnen bestimmt hatte. Bei seinem Anblick warfen sie sich vor ihm nieder; allerdings hatten einige noch Zweifel.

Jesus trat auf sie zu und sagte: “Mir ist alle Macht im Himmel und auf der Erde gegeben. Darum geht zu allen Völkern und macht die Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe.

Und seid gewiss: Ich bin jeden Tag bei euch, bis zum Ende der Welt.”Die Bibel: Matthäus 28,16-20

“Echt jetzt, Jesus? Du gehst und sagst, dass du immer bei uns bist? Ist ja schön und gut, dass dein ganzes Leben hier auf der Erde dadurch “gerahmt” ist – aber wie geht das, dass du weg bist und doch bei uns bist?”

…und noch mehr!

Ich weiß nicht, ob die Jünger Jesu das in diesem Moment dachten – aber selbst wenn: Die Antwort auf diese Frage müssten sie eigentlich schon längst wissen – auch wenn die Erfüllung noch 10 Tage auf sich warten lassen sollte. Denn Jesus hatte ihnen verheißen, dass er den Heiligen Geist ihnen geben wird.

Und der Vater wird euch an meiner Stelle einen anderen Helfer geben, der für immer bei euch sein wird; ich werde ihn darum bitten. Er wird euch den Geist der Wahrheit geben, den die Welt nicht bekommen kann, weil sie ihn nicht sieht und nicht kennt. Aber ihr kennt ihn, denn er bleibt bei euch und wird in euch sein.Die Bibel: Johannes 14,16-17

Durch den Heiligen Geist! Gott nicht nur mit uns, sondern in uns. Und das ist krass! Das ist ein Pfand, wie ein Siegel, wie eine Versicherung dafür, dass das “Immanuel” gilt – in jedem Moment deines Lebens, weil der “Immanuel” in dir lebt durch seinen Geist, wenn du mit ihm verbunden sein willst.

Und das zieht sich als roter Faden durch das Leben Jesu: Er ist “Gott mit dir!”. Das ist sein Wesen. Das ist er – für dich! Wow!

Was soll der Artikel? Er ist dein Knoten im Taschenbuch, dein Reimender auf dem Smartphone, dein Post-It an der Kühlschranktür, dass du nicht vergisst: Gott ist mit dir! Gott ist deine Rettung! Und zwar immer, nicht nur manchmal. Vergiss das nicht und nimm das in Anspruch! Jetzt. Hier. Heute.


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Kompass für schwierige Gespräche

Ich wünschte, dieses Buch schon vor Jahren gelesen zu haben. Was ist das für ein unglaublicher Goldschatz und Ratgeber. Vorweg: Ich empfehle dieses Buch allen – und wirklich ausnahmslos allen -, die mit Menschen zu tun haben und immer wieder vor herausfordernden Gesprächen stehen. Dieses Buch könnte dazu beitragen, dass viele Missverständnisse und Verletzungen erst gar nicht geschehen.

Das EIGER-Modell

Ich bin kein Bergsteiger-Experte, deswegen will ich auch keine Vergleiche anstellen. Der Eiger ist nicht nur ein Berg, sondern auch Namensgeber für diesen “Kompass für schwierige Gespräche”. Dabei steht “EIGER” für die Anfangsbuchstaben von 5 Komponenten einer jeden herausfordernden Gesprächsmixtur:

Ereignis

Interpretation

Gefühle

Empathie

Reaktion

René Meier, Pfarrer und Geschäftsführer einer Kommunikations- und Beratungsfirma (www.redens-art.ch), weist immer wieder darauf hin: Diese Phasen eines Gesprächs laufen nicht streng chronologisch und linear ab. Mitunter kann es recht turbulent zugehen – und ich denke, dass das jeder weiß, der schon herausfordernde Gespräche führen musste.

Dennoch: diese fünf Phasen durchlaufen wir vor, während und nach einem schwierigen Gespräch. Und es ist gut, sich dieser Phasen bewusst zu sein und zu erkennen, wie sie miteinander in Zusammenhang stehen oder einander bedingen. Dabei gilt eine Maxime, die Meier immer wieder betont.

Deshalb heißt der wichtigste Grundsatz im Blick auf schwierige Gespräche: Die wichtigste Person sind Sie!S. 11

Die wichtigste Person

Und weil ich als Leser dieses Kompasses die wichtigste Person bin, fordert es sehr heraus. Wer meint, in diesem Buch einen Ratgeber dafür zu bekommen, wie man am besten aus schwierigen Diskussionen herauskommt und wie man es schafft, am besten seine eigene Meinung durchzubringen – der muss dieses Buch nicht lesen. Er wird darüber nämlich keine Auskunft bekommen.

Wer aber an sich selbst arbeiten möchte, schwierige Gespräche als Herausforderung und Chance und nicht als Damokles-Schwert oder Katastrophenszenario zu sehen, der wird hier fündig. Genauso wird der fündig, der ganz praktisches Handwerkzeug benötigt, wie er durch schwierige Gespräche hindurch navigieren kann. Und: fündig wird jeder, der auch eine gute, saubere, knackige theologische Begründung sucht und ein paar überraschende Erkenntnisse gewinnen möchte, inwiefern schon in der Bibel schwierige und herausfordernde Gespräche an der Tagesordnung waren und wie die Menschen damit umgingen.

Und nicht zuletzt wird jeder fündig, der im Gegenüber – mag er noch so konträrere Ansichten haben und “schräg” rüberkommen – einen liebevollen, liebenswerten und von Gott wunderbar gemachten Menschen sieht, der das Recht auf ein faires Gespräch hat.

Das bedeutet nun aber eben nicht, dass ich nur an mir arbeiten muss und dass ich das Problem bin, aber dass eine gesunde Selbstwahrnehmung und manchmal auch eine angebrachte Selbstdistanz dazu führen können, schwierige Gespräche gut zu meistern.

Praktische Tipps und Handwerkzeug

Meier liefert in diesem Buch aber nicht nur Theorie, sondern auch wirklich handfestes Handwerkzeug für die Praxis. Meist in Form von Fragen, aber auch in Form von jeder Menge Fallbeispielen, in denen ich mich teilweise sofort wiederfinden konnte, ohne sie exakt so erlebt haben zu müssen.

Natürlich gibt es nicht den 1:1-Leitfaden für schwierige Gespräche, weil schwierige Gespräche ja genau deswegen so schwierig sind, weil sie sich nicht nach “Schema F” verhalten. Meier schafft es aber wirklich hervorragend, so praxisnah und fokussiert Formulierungen von Fragen anzubieten, die sich schon beim Lesen und Reflektieren als wunderbares Handwerkzeug entpuppen.

Darüber hinaus skizziert Meier sehr kurz, prägnant aber eben genau auf das Wesentliche reduziert Kommunikations-Theorien, über die es schon viele andere Bücher gibt, die in “Kompass für schwierige Gespräche” aber auf die Essenz reduziert werden – und dadurch eine großartige Hilfestellung sind.

Im Blick auf die erste Phase, das “Ereignis” und die Frage, wie man zu gemeinsamen Lösungen kommen kann, skizziert Meier das “Havard-Konzept” (wikipedia.org/wiki/Harvard-Konzept) von Roger Fisher.

Vielen sicherlich bekannt, aber dennoch hilfreich und mit schöner Grafik aufgenommen ist das “4-Ohren-Modell” von Friedemann Schulz von Thun (www.schulz-von-thun.de/die-modelle/das-kommunikationsquadrat). Zuletzt – für mich auch nicht neu, aber in diesem Zusammenhang sehr inspirierend – beschreibt Meier das Konzept der “gewaltfreien Kommunikation” nach Marshall B. Rosenberg (wikipedia.org/wiki/Gewaltfreie_Kommunikation).

Fazit

“Kompass für schwierige Gespräche” ist genau das, was der Titel sagt: Ein Kompass. Ich muss ihn schon verwenden und dann gibt er mir die Richtung vor – gehen muss ich aber selbst. Durch dieses Buch bekommt der Leser aber so viele wertvolle Handreichung, dass das nächste schwierige Gespräch schon nicht mehr so schwierig sein sollte.

Voraussetzung sind für mich zwei Dinge:

  1. Die Bereitschaft, an sich selbst zu arbeiten.
  2. Eine wertschätzende Haltung meinem Gesprächspartner gegenüber.

René Meier schreibt sehr verständlich, ohne trivial zu wirken. Die vielen Fallbeispiele, die klare und verständliche Sprache und die hohe Praxisrelevanz machen das Buch zu einem unverzichtbaren Begleiter für jede Führungsperson, jede Pfarrerin und jeden Pfarrer, jeden Leiter, jede Leiterin – kurz: Für jeden, der immer wieder vor schwierigen Gesprächen steht.

Infos:
224 Seiten
15,99 EUR
ISBN: 978-3-7751-5840-4
SCM Hänssler


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Was ist Gott dir schuldig?

Kleine Vorwarnung: Dieser Artikel könnte dich vielleicht ein wenig provozieren, wenn du gerade an Gott zweifelst. Er könnte allerdings auch dafür sorgen, dass so manches zurecht gerückt wird in deinem Denken, Glauben und Herzen. Vielleicht tut er Letzteres ja auch, obwohl (oder gerade weil?) du gerade zweifelst. Wer weiß. Also stellen wir uns dieser Frage, was Gott dir schuldig ist. Vielleicht schüttelst du ja schon allein bei der Frage den Kopf und denkst: “Was soll das?” Ich würde es mal so sagen: Nicht wenige Menschen sind von Gott enttäuscht. Entweder punktuell, weil er – in ihren Augen – in einer bestimmten Situation nicht so reagiert oder reagiert hat, wie sie sich das wünschten. Oder Menschen sind generell von Gott enttäuscht, weil sie zu viel negative Erfahrungen gemacht haben im Glauben – und in ihren Augen Gott dafür verantwortlich oder eben schuldig ist. Und um es einfach zu machen und schon mal auf den Punkt zu kommen, gebe ich dir meine Antwort darauf – ohne den Anspruch zu erheben, dass das der Weisheit letzter Schluss ist.

Was also ist Gott dir schuldig?

Nichts! Das ist die einzig richtige Antwort, die in meinen Augen Bestand hat. Gott ist dir nichts schuldig, gar nichts. Leider meinen wir aber oft, dass er das ist: er hat unser Leben zu segnen, sich um uns zu sorgen, zu kümmern und dafür Sorge zu tragen, dass es uns gut geht. Hat er das? Ich würde mal sagen: Nein, hat er nicht. Aber – und das ist der entscheidende Punkt – er will. Er will sehr, sehr gerne. Von Herzen möchte er das. Und hier sind wir an einem Punkt, an dem wir mal kurz innehalten sollten: Gott will dein Leben segnen, will dich bewahren, will, dass dein Leben aufblüht. Er muss es nicht, weil Menschen ihm das zuschreiben – er will! Ich finde das durchaus faszinierend und es macht Gott für mich noch unfassbar wunderbarer und unglaublich liebevoller, als er es ohnehin in meinem Denken und Verstehen schon ist – weil er eben nicht muss, sondern will. Wir sagen sehr oft, dass der Mensch das am höchsten entwickelte Lebewesen ist. Nun, wenn ich da an manche Verhaltensweisen (ich schließe mich da nicht aus) des Menschen im Blick auf Gott denke, bin ich mir am Wahrheitsgehalt dieser Aussage nicht mehr ganz so sicher. Denn der Mensch steht sich manchmal selbst im Weg. Besonders verpassen wir die Segnungen Gottes in unserem Leben dort, wo wir meinen, dass Gott uns etwas schuldig sei. Enttäuschung, Zweifel, Frust sind da vorprogrammiert. Wie soll Gott es denn schaffen, unsere Erwartungen zu erfüllen, die heute nicht die gleichen sind wie gestern und morgen nicht die gleichen sein werden wie heute? Natürlich dürfen und sollen wir von Gott mehr erwarten – das kannst du hier auch nachlesen.

Der entscheidende Unterschied

Für mich aber ist es ein Unterschied, ob ich meine, dass Gott mir etwas schuldig ist – oder ob ich dankbar annehme, was ich erwarte (oder sogar noch mehr) – und wenn ich es nicht “bekomme” nicht wie ein dreijähriges Kind reagiere, das trotzig Gott auf die Anklagebank schickt. Natürlich meine ich auch nicht, dass wir nun fatalistisch alles über uns ergehen lassen, die Hände in den Schoß legen und eine “mir doch egal”-Haltung annehmen. Vielmehr besteht die Herausforderung doch darin, Gott zu vertrauen, der dich segnen will, der dich bewahren will, der will, dass dein Leben aufblüht. Oder anders gesagt: Du kannst dir jeden Tag, vor Herausforderungen, in schwierigen Lebensphasen oder in dunklen Tälern, durch die dein Lebensweg sich schlängelt, die Fragen stellen: Ist das alles hier Zufall? Schaut Gott gerade weg? Will Gott mir sogar Böses? Oder könnte es sein, dass das alles kein Zufall ist, sondern Gott einen guten Plan mit meinem Leben verfolgt – auch wenn ich ihn im Moment noch nicht ganz erkenne? Könnte es sein, dass hinter allem unbestreitbar und unverkennbar der Gott steht, dessen eigentliches Wesen das des Vaters ist?

Starker Tobak

Ich weiß, dass es genau das ist: starker Tobak! Aber ich glaube auch, dass es letzten Endes der einzige Weg ist, in herausfordernden Situationen des Lebens einen entspannten Blick zu behalten auf die Größe, Liebe und Gnade Gottes, wenn ich mir bewusst mache: Gott schuldet mir nichts! Er segnet mich nicht, weil er muss, sondern weil er will. Gott ist an meinem Leben wirklich interessiert und nicht gezwungenermaßen. Er hat ein großes Interesse daran, dass mein Leben sich entfaltet und dass ich das Leben lebe, das Gott mir zugedacht hat. Natürlich gibt es Situationen und Umstände, die das nicht immer einfach machen. Ich denke an Krankheiten und Schicksalsschläge, die uns in der Tat den Anschein geben, dass Gott uns verlassen hat. Der Schmerz darüber, dass nicht nur eine Kleinigkeit, sondern etwas Großes in unserem Leben ganz anders verläuft, als wir uns das wünschen, kann gemein und ätzend sein. Es lässt uns in Gedanken kreisen, nimmt uns die Luft zum Atmen, raubt uns manchmal den Schlaf – und gaukelt uns vor, Gott sei uns etwas schuldig. Wir verschließen uns innerlich vor Gott, weil wir erst mal sagen “Mach du mal deinen Job, dann kann ich wieder an dich glauben und dir vertrauen”. Aber vielleicht hat Gott nie aufgehört, “seinen Job zu tun”? Ich denke an die unzähligen Stellen in der Bibel, in denen die Verheißungen Gottes stehen, dass er gerade denen nahe ist, die zerbrochenen Herzens sind, die vor einem Scherbenhaufen stehen, die nicht wissen, was morgen kommt und wieso das Leben so läuft, wie es läuft. Er ist ein Gott der “Witwen und Waisen” (Psalm 68,6), er ist ein Gott derer, die zerbrochen sind (Psalm 34,19) und wird die, die am Boden und geknickt sind nicht noch weiter runterdrücken, sondern ihnen aufhelfen (Jesaja 42,3). Das sind nur drei Stellen – es gibt noch jede Menge mehr. Diese Aussagen gelten. Sie sind keine Wünsche oder nette Verse für Spruchkarten – sie sind viel mehr. Sie sind Aussagen über das Wesen Gottes, wie sie prophetisch über deinem Leben stehen! Wow! So ist Gott. So groß ist Gott. So einzigartig ist Gott! Dieser ewige, liebende Schöpfergott entscheidet sich aus freien Stücken dazu, mein Leben zu segnen – und nicht, weil er es müsste, sondern weil er will und es sein Wesen ist. Es gibt einen Song von TobyMac, der das auf wunderbare Weise ausdrückt. “Undeniable” – hör ihn dir an!
https://www.youtube.com/watch?v=FyZkVeUQoCc

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Wertschätzung

Wenn ich glaube, dass jeder Mensch einzigartig und als Ebenbild Gottes geschaffen wurde, dann ist Wertschätzung an sich nichts Besonderes, sondern ein Ausdruck dieser Überzeugung. Dennoch scheint es gerade innerhalb christlicher Gemeinden sehr schwierig zu sein, echte Wertschätzung zu leben.

Wieso ist das so? Und warum lohnt es sich, Wertschätzung zu leben? Darum soll es in diesem Beitrag gehen.

Was ist eigentlich Wertschätzung?

Ich werde jetzt nicht Wikipedia oder Google bemühen, sondern Dir schlicht und einfach meine Sicht von Wertschätzung mitteilen.

Wertschätzung ist kein Projekt, sondern eine Haltung. Sie ist kein Programm, sondern ein Lebensstil. Sie ist erlernbar – und leider auch verlernbar.

Wertschätzung bedeutet, dem anderen Menschen so gegenüberzutreten und so mit ihm zu agieren, dass sein Wert als Ebenbild Gottes “geschätzt” wird, das heißt:

Ich erkenne in meinem Gegenüber einen wahren Schatz, weil er einen Wert hat, den ihm sein Schöpfer zugeschrieben hat und es nicht an mir liegt, diesen Wert durch eine negative Interaktion zu minimieren.

Wohlgemerkt: Den Wert zu minimieren – nicht seine Handlungen oder Äußerungen. Ich kann jemandem wertschätzend entgegentreten, dessen Handlungen und Überzeugungen ich nicht teile. Genauso wenig bedeutet Wertschätzung, zu allem “Ja und Amen” sagen, was der andere äußert oder vollbringt.

Das bedeutet natürlich und vor allem auch, dass ich denjenigen Menschen Wertschätzung entgegenbringe, die mir nicht liegen. Soll ich also auch meinem Fein Wertschätzung entgegenbringen? Natürlich! Soll ich sogar einem Verbrecher Wertschätzung entgegenbringen? Auf jeden Fall! Soll ich meinen Freunden Wertschätzung entgegenbringen? Logisch!

Und ich glaube, hier müssen wir genauer einsteigen, wie sich Wertschätzung äußert.

Den anderen wahrnehmen

Das klingt so simpel – aber ist es überhaupt nicht. Ich kann einem Menschen im Gespräch äußerlich zuhören, aber innerlich auf Durchzug schalten. Ich kann mich mit Menschen unterhalten, mit meinen Augen aber die Umgebung abscannen, ob sich nicht doch noch eine bessere Option für den Moment findet.

Wahrnehmung beginnt dort, wo ich mich ganz auf den anderen einlasse, mit dem ich für diesen Moment das Gespräch habe, der mir im Moment begegnet. Dann zählt nichts anderes, sondern diese Person. Ich gebe zu: Das ist alles andere als einfach, denn es beginnt schon im Kopf, in dem sich alle möglichen anderen Gedanken, Wichtigkeiten und Nebensächlichkeiten auftürmen und uns vom Gegenüber ablenken wollen.

Wahrnehmung heißt, ich nehme den Menschen ganzheitlich wahr: seine Worte, seine Mimik, seine Gestik – kurz: seine Körpersprache.

Ich nehme ihn aber auch innerlich wahr: Was treibt ihn um? Wo hat er gerade Herausforderungen? Was glückt ihm gerade so richtig? Wo drückt ihn der Schuh? Wie steht es um seine Familie, seine Zeit mit Gott und wie lebt er seine Berufung?

Bevor du dich jetzt überfordert fühlst: Das geht natürlich nicht bei allen Begegnungen in dieser Tiefe, denn manche Menschen kennen wir nur “flüchtig”. Dann gilt es vor allem, im Moment ganz achtsam und präsent zu sein.

Wertschätzung beginnt dort, wo ich ich mich auf mein Gegenüber einlasse und ihm signalisiere und zeige: Ich bin da. Schieß los! Was ist dein Anliegen?

Oder anders ausgedrückt und einfacher: Mein Gegenüber ist mir einfach wichtig!

Den Schatz heben

Wenn jeder einzelne Mensch als Ebenbild, als Gegenüber Gottes geschaffen ist – dann steckt in jedem einzelnen Menschen jede Menge Potenzial und Power. Wertschätzung heißt für mich dann konkret: Dem anderen helfen, sein Potenzial zu entfalten.

Dazu ein ganz einfaches Beispiel. Meine Frau Damaris (www.instagram.com/damaris_brunner) hat vor über einem Jahr in unserer Kirchengemeinde die SHINE WOMAN-Arbeit begonnen (klick dich rein unter www.wutachblick.de/shine). Dabei hat sie sich auf die Suche begeben nach weiteren Frauen in unserer Gemeinde, mit denen sie diese Arbeit beginnen und nachhaltig gestalten kann. Leider bin ich auf Grund meines Geschlechts disqualifiziert, an den Angeboten dieser SHINE WOMAN-Arbeit teilzunehmen, aber ich ziehe meinen Hut und habe größten Respekt vor meiner Frau, die eine wahre Wertschätzerin und Potenzialentfalterin ist. Wie sie in den einzelnen Meetings, aber auch in Gesprächen, Telefonaten, Emails und anderen Wegen der Kommunikation dabei ist, andere in ihre Bestimmung, in ihre Berufung zu führen, indem sie ihnen hilft, ihre Gaben und ihr Potenzial nicht nur zu erkennen, sondern auch zu entfalten, ist einfach einzigartig und wunderbar.

Meistens braucht es gar nicht viel Anstrengung, denn das Potenzial im anderen ist ja schon längst da. Was es braucht ist

  • Mut, neue Wege zu gehen und dem anderen die Entfaltung zu erlauben.
  • Freude daran, den anderen in seiner Bestimmung und Berufung wachsen zu sehen.
  • Leidenschaft, nicht aufzugeben, sondern dranzubleiben.
  • Visionen für etwas Größeres, das sein wird als das, was schon ist.

Ich selber versuche in den Teams, mit denen ich zusammenarbeite, immer wieder Potenziale zur Entfaltung kommen zu lassen. Ich will anderen etwas zutrauen – wo sie selbst sich vielleicht noch gar nicht so viel zutrauen. Was soll schon schief gehen? Es kann im schlechtesten Fall der Zustand erreicht werden, an dem wir jetzt schon sind. Im besten Fall entfaltet der oder die andere aber ein Teil seines Potenzials – und das bedeutet: Wir sind einen ganzen Schritt weiter.

In Liebe korrigieren

Auch das gehört zur Wertschätzung, obwohl es auf den ersten Blick nicht so aussieht. Es hat aber einen ganz einfachen Grund:

Ich möchte, dass mein Gegenüber eine bessere Ausgabe seiner selbst wird.

Dann korrigiere ich auch – in Liebe!

Im Prinzip ist das ja selbstverständlich, nur in der Praxis nicht immer einfach. Ich will es aber einmal mehr mit der Erziehung von Kindern vergleichen. Wenn ich den Eindruck habe, dass die Ausdrucksweise meiner Kinder oder das Verwenden mancher Wörter nicht unbedingt förderlich ist, dann korrigiere ich sie. Dann sage ich ihnen, dass das Wort XY nicht das Beste ist und aus welchem Grund.

Ich korrigiere – nicht um Recht zu behalten, sondern um den anderen besser zu machen. Ob und wie er meinen Rat und Korrektur annimmt, liegt nicht in meiner Hand und spielt auch nicht die entscheidende Rolle. Die spielt meine Haltung – ob es in Liebe geschieht oder ob ich dem anderen eins “überbraten” will mit meiner Kritik.

“Liebe” heißt in diesem Fall: Ich habe eine schier unbändige Sehnsucht danach, dass es meinem Gegenüber in diesem einen Bereich, den ich gerade wahrnehme, nach unserem Gespräch bzw. nach unserer Begegnung spürbar und messbar besser geht – und im besten Fall ist das nachhaltig.

Hindernisse auf dem Weg zur Wertschätzung

Das alles klingt so schön. So gut. So erstrebenswert.

Ohne sie nach Priorität oder Kausalität geordnet zu haben, gibt es aber auch verschiedene Hindernisse, die auf dem Weg zu einer wertschätzenden Haltung überwunden werden müssen oder die zumindest im Weg stehen, wobei das Überwinden vielleicht gar nicht so einfach ist

Die Frage nach meiner Identität

Geistlich betrachtet ist das irgendwie der “Joker” in so vielen Auseinandersetzungen und Fragestellungen, die mir begegnen. Die Frage nach meiner eigenen Identität (Wer bin ich?) ist in so vielen Lebensbereichen entscheidend, dass man schon fast von einer grundlegenden (den Grund legenden) Fragestellung sprechen muss. Aber sie trifft in besonderer Weise auch im Blick auf Wertschätzung zu.

Es ist nicht sonderlich schwierig zu verstehen, dass Menschen, die sich selbst nicht annehmen können bzw. nicht wissen, wer sie eigentlich sind, auch anderen Menschen nicht wertschätzend entgegentreten können. Oder aber sie versuchen, über ihr eigenes Identitätsproblem hinwegzugehen und sich umso mehr in andere Menschen zu investieren, was aber eher einem zwanghaften Lebensstil als einer authentischen Form der Wertschätzung zuzuschreiben ist.

Wenn ich aber weiß, wer ich bin, kann ich anderen so wertschätzend entgegen treten, dass ich keine Angst haben muss, selbst zu kurz zu kommen.

Ich bin ein geliebtes Kind meines himmlischen Vaters.

Wenn diese Aussage deine Identität beschreibt, dann hast du nichts zu befürchten, denn dein himmlischer Vater wird sich um alles sorgen, was du brauchst. Du bist nicht abhängig von Menschen und Situationen, sondern einzig und allein von deinem himmlischen Vater, der weiß, was du brauchst. Also kannst du anderen Menschen wertschätzend entgegenzutreten ohne die Befürchtung zu haben, dadurch selbst zu kurz zu kommen.

Blinder Gehorsam gegenüber Regeln

Lass mich eines vorab sagen: Regeln sind gut und wichtig! Sie ordnen unser Zusammenleben in der Gesellschaft, im Klassenzimmer, im Straßenverkehr – und in der Gemeinde. Insofern sind Regeln nicht per se schlecht.

Gefährlich wird es nur dann, wenn wir Regeln nicht mehr beginnen zu hinterfragen, sondern unkritisch übernehmen. Was folgt ist ein schleichender aber umso gefährlicherer Weg des Sterbens und Abstumpfens. Meistens erkennbar an einem allgegenwärtigen Staunen und Schweigen bei der Frage: “Warum machen wir das einfach so, wie wir es machen?” “Weil…äh…ja, weil….keine Ahnung.”

Es ist wie in der Kindererziehung. Wenn ich meinen Kindern nicht plausibel erklären kann, weshalb es bestimmte Regeln gibt und wenn sie nicht verstehen, weshalb es gut ist, sich an diese Regeln zu halten, werden sie sie blind befolgen – und irgendwann keine Ahnung darüber haben, warum sie tun, was sie tun. Und das möchte ich unter allen Umständen vermeiden.

Ebenso ist es absolut zu vermeiden, dass Menschen in der Gemeinde etwas tun (oder nicht tun) – und das “Warum” nicht erklären oder beantworten können. Logischerweise fällt es ihnen dann umso schwerer, Menschen oder Situationen wertzuschätzen, die mit diesem Vakuum an Sinn zu tun haben.

Gesetzlichkeit

Ich würde nicht sagen, dass diese automatisch und alleine eine Folge von blindem Gehorsam gegenüber Regeln ist, aber es ist definitiv eine Möglichkeit – und wohl die wahrscheinlichste.

Gesetzlichkeit ist sozusagen der blinde Gehorsam gegenüber Regeln, den ich auch von allen anderen fordere und nicht nur selber leiste. Aber das reicht noch nicht. Hinzu kommt das, was ich im folgenden Punkt noch beschreiben werde: ein Richten und Urteilen über die Menschen, die diesen blinden Gehorsam nicht bringen.

Gesetzlichkeit ist der Feind aller Freiheit im Glauben und führt immer und ausnahmslos in die Enge und setzt Menschen unter Druck.

Es ist hoffentlich nicht weiter nötig, aber ich betone es trotzdem: Gesetzlichkeit und biblischer Glaube haben nichts miteinander zu tun. In der Bibel heißt es: “Wo der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit!” (2. Korinther 3,17)

Wertschätzung setzt Menschen frei, sie bestätigt das Potenzial von Menschen und möchte Menschen aufblühen lassen. All das will Gesetzlichkeit nicht, ja kämpft sogar dagegen an. Nicht verwunderlich, dass gesetzliche Menschen wenig mit Wertschätzung anfangen können und schon gar nicht wertschätzende auftreten und anderen Menschen gegenüber treten können.

Richten statt umarmen

Schnell sind wir dabei, andere Menschen zu richten anstatt sie zu umarmen. Natürlich immer nur unter dem Vorwand: “Man kann doch nicht alles so stehen lassen und gutheißen, was der andere macht. Das weiß doch jeder, dass das nicht geht.” Mag sein – aber kann man wirklich nicht? Ist ein Umarmen des anderen wirklich eine Bejahung dessen, was er tut oder nicht einfach viel mehr ein Ausdruck göttlicher Gnade?

Vielleicht sollte ich hinzufügen, dass ich “umarmen” durchaus im übertragenen Sinn meine – man könnte auch sagen “annehmen” oder “wertschätzend gegenübertreten”. Es ist leider landauf landab ein stark ausgeprägtes aber dennoch falsches Vorurteil, dass wenn ich einem Menschen mit Wertschätzung begegne oder ihn einfach so annehme, wie er ist, automatisch alles, was er sagt und tut unterstreiche und ihn darin bestärke. Das ist aber vollkommener Quatsch. Jesus selbst hat es vorgelebt. Nur ein Beispiel, es wird in der Bibel im Lukas-Evangelium im 19. Kapitel überliefert. Jesus begegnet einem Zolleinnehmer namens Zachäus äußerst wertschätzend und umarmt ihn, indem er bei ihm zuhause Gast sein und zu Abend essen möchte – was in der damaligen Kultur der Ritterschlag schlechthin war.

Unterstützt Jesus dadurch das betrügerische Handeln dieses Zöllners? Überhaupt nicht. Im Gegenteil, denn am Ende der Begegnung wird uns überliefert, dass Zachäus sein Leben komplett änderte. Warum? Weil Jesus ihn annahm, ohne sein Verhalten gutzuheißen. Er hätte ihn auch richten und verurteilen können – und Zachäus damit jede Chance auf Veränderung nehmen können.

Warum sich Wertschätzung immer auszahlt

Je nach Situation und je nach Kontext, je nach Bekanntheitsgrad und je nach Möglichkeit der Vertiefung sieht der Benefit von Wertschätzung immer anders aus, aber eines ist sicher: Wertschätzung zahlt sich immer aus.

  • Mein Gegenüber wächst mehr und mehr zu der Ausgabe seiner selbst, die von Gott gedacht war.
  • Wertschätzung bereitet den Boden für Produktivität und Teamarbeit.
  • Ich ermögliche meinem Gegenüber, seine Gaben, Talente, Fähigkeiten zu entdecken und auszuleben.
  • Geschieht Wertschätzung im Gemeindekontext, prägt und verändert sie die Gemeindekultur immer – und zwar ausschließlich zum Guten.
  • Ich selbst werde 100%ig Freude daran haben, dem anderen im Wachstum seines Glaubens, seiner Identität, seines Lebens zusehen zu können und Teil davon zu sein.
  • Wertschätzung zeigt mir: Es gibt immer einen Mittelpunkt und eine Hauptsache – und ich bin es nicht.
  • Im Sinne der alten Pfadfinderweisheit “Jeden Tag eine gute Tat” kann ich mich darüber freuen, etwas Gutes getan zu haben – in einer Welt, in der es so viele “bad news” gibt.

Der für mich vielleicht größte Gewinn ist, dass ich – und das schreibe ich nun als Leiter und Pfarrer einer Gemeinde – “im göttlichen Flow” bin. In der Bibel wird die Gemeinde Gottes einmal mit einem Körper und seinen unterschiedlichen Körperteilen verglichen (1. Korinther 12). Jedes Körperteil ist wichtig, keins ist wie das andere und alle freuen und leiden mit dem anderen mit.

Wertschätzung bedeutet demnach:

Inspiriert vom Heiligen Geist dem anderen helfen, sich als Teil dieses Leibes Jesu wahrzunehmen (Identität), seinen Platz innerhalb der Gemeinde Jesu einzunehmen (Gaben und Fähigkeiten entdecken) und seine Funktion auszuüben (Potenzial entfalten).

Wenn du noch tiefer einsteigen und ganz praktische Tipps und Wertschätzungsgeschichten lesen möchtest, empfehle ich dir das Buch “Wunderwaffe Wertschätzung” von Tim Niedernolte.


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