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Happy End – echt jetzt?

Viele Menschen machen in Krisen einen entscheidenden Fehler: Sie nehmen den Status Quo, spulen die Zeit vorwärts und überlegen sich, wie sie diesen Status Quo, also den „Ist-Zustand“, auch dann noch wahren und über die Runden retten können.

Dabei bieten Krisen genau dann ungeahnte Möglichkeiten und Chancen, wenn wir „vom Ende her denken“ und vertrauen, dass es ein „Happy End“ gibt – wenn wir von diesem her denken. Aber was heißt das?

Ein Sturm kommt und geht

Ich schreibe als Pfarrer, nicht als Meteorologe. Aber meine Erfahrung ist die: Jeder Sturm – sowohl in der Natur als auch im persönlichen Leben – kommt und geht. Er hat einen Anfang und er hat ein Ende.

Den Fehler, den nun viele Menschen in Krisenzeiten machen, ist die Annahme: Dieser Sturm wird immer bleiben, es wird nie wieder „normal“ werden, es gibt keinen „Day after tomorrow“. In gewisser Weise stimmt das sogar – denn es wird nicht wieder „normal“ werden, weil das „Normal“, wie man es kannte, von etwas (in der jetzigen Zeit ist es das Coroan-Virus) beeinflusst und verändert wurde, dass das „Normal“ nicht mehr „normal“ sein wird, es aber ein „neues Normal“ geben wird. Wie das aussieht? Nun, das hängt eben ganz entscheidend davon ab, was du in der Krise, in der Veränderungszeit, in der Herausforderung entscheidest und welche Weichen du stellst.

Dabei ist es nicht einmal entscheidend, welche Rahmenbedingungen du verändern kannst und welche nicht. Die Kunst besteht darin, innerhalb der (im konkreten Fall) von Land und Statt gesetzten Gesetze und Verordnungen „das Beste draus zu machen“. Warum? Weil es dir helfen wird, wenn du in einem „neuen Normal“ leben wirst, denn: ein Sturm kommt und ein Sturm geht.

Ein krasses Beispiel

Vor ca. 2500 Jahren befand sich ein gesamtes Volk in einer Art Zwangs-Quarantäne und musste ebenfalls mit einer Reihe an Ausgangsbeschränkungen und Kontaktsperren leben. Genau genommen noch mit viel mehr, denn der absolut größte Teil dieses Volkes wurde von der damals vorherrschenden Weltmacht der Babylonier in das Exil verbannt. Das ist mal eine krasse Herausforderung und es mag nicht wenige geben, die in diesem Exil keinen „Day after tomorrow“ gesehen haben und schon gar nicht daran dachten „vom Ende her zu denken“.

Ungefähr 60 Jahre, also mehrere Jahrzehnte, dauerte dieses Exil. Im Blick auf die Corona-Verordnungen, die in unseren Bundesländern seit nicht einmal drei Monaten gelten, ist das ein bisschen mehr. So ein kleines bisschen mehr.

Die Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit, Resignation und Wut dieses Volkes ist mit den Händen zu greifen. Woher wir das wissen? Es gibt eine Menge „Zeitzeugen“, die das, was sie da erlebten, verschriftlichten. Nachlesen kannst du das im ersten Teil der Bibel, dem „Alten Testament“, denn dieses Volk ist das von Gott auserwählte Volk Israel.

Stell dir nur mal vor, dass diese Corona-Beschränkungen und Verordnungen nicht 6 Monate, sondern 60 Jahre dauern. Krasse Vorstellung, oder?

Es gibt immer ein Happy End

Ich stelle einmal die gewagte These auf, dass es für Christen immer ein „Happy End“ gibt und es deswegen so wichtig ist, „vom Ende her zu denken“. Das heißt: Nicht den Status Quo einfach auf eine ewig lange Zeitspanne auszudehnen, sondern zu suchen, zu fragen, den Heiligen Geist interviewen, woraus dieses „Happy End“ besteht und – ganz wichtig – was auch mein Anteil daran sein könnte, dass dieses „Happy End“ eintritt.

Wie komme ich auf die Idee mit dem Happy End? Mitten in dieses Dilemma des jahrzenhntelangen Exils hat Gott seinem Volk eine Verheißung, ein Versprechen gegeben, das seinesgleichen sucht:

Denn ich allein weiß, was ich mit euch vorhabe: Ich, der HERR, habe Frieden für euch im Sinn und will euch aus dem Leid befreien. Ich gebe euch wieder Zukunft und Hoffnung. Mein Wort gilt!Die Bibel - Jeremia 29,11

Mega, oder?

„Mein Wort gilt“ sagt Gott. Es gibt ein Happy End. Wieso? Weil Gott dafür sorgt!

Das ist wirklich eine hammermäßige Zusage, denn jetzt nimm das doch mal ganz für dich in Anspruch. Darfst du das? Ja, das darfst du, weil es Gottes Wesen entspricht, auch dir und mir heute noch „Zukunft und Hoffnung“ zu geben.

Und das bedeutet? Das bedeutet, dass kein Sturm, keine Krise, keine Corona-Maßnahmen für immer und ewig gelten, sondern dass es immer ein „Happy End“, ein „glückliches Ende“ gibt.

Spätestens jetzt sollte dir deutlich werden, wieso es so wichtig ist, „vom Ende her zu denken“ mitten in Krisen und herausfordernden Zeiten. Weil das Ende immer gut sein wird, wenn du Gott vertraust.

Dass bedeutet nicht, dass du immer über das „Schlechte“ siegen wirst, das bedeutet schon gar nicht, dass jetzt alles – aus menschlicher Sicht – rund läuft, du reich und berühmt wirst und und und. Es bedeutet aber, dass das „neue Normal“ wesentlich besser sein wird als das „frühere Normal“. Ganz ehrlich: Ich habe überhaupt keine Lust zum „früheren Normal“ zurückzukehren. Diese „Corona-Krise“ hat mich so manches gelehrt, was ich auch „nach der Krise“ nicht missen möchte.

Vom Ende her denken bedeutet: Gottes unglaublichen und grenzenlosen Möglichkeiten Raum geben. Es bedeutet, dem zu vertrauen, der dein Leben und mein Leben in seinen Händen hält und der – auch wenn’s uns schwer fällt, das zu verstehen – weit besser weiß, was gut für uns ist, als wir uns selbst das ausmalen.

Und genau dieser Gott hat immer ein „Happy End“ im Sinn. Ein Ende, bei dem wir sagen: „Wow. Krass. Wie abgefahren ist das. Niemals hätte ich mitten in der Krise auch nur ansatzweise mir vorstellen können, dass das Ende so gut ist!“

„Sag das mal den Angehörigen der Todesopfer!“

„Sag das mal denen, die in Kurzarbeit gehen müssen!“

„Sag das mal denen, die durchdrehen beim Homeschooling!“

Ich höre diese Einwände – und ja, genau für diese glaube ich das und schreibe ich das.

Ich weiß, wie herausfordernd das klingt. Aber wir wachsen (nur) an unseren Herausforderungen!

Und jetzt?

Tja. Jetzt bist du dran. Als Christ weißt du (oder zumindest habe ich dich daran erinnert), dass Gott immer ein „Happy End“ im Sinn hat und zwar nach seinen göttlichen Prinzipien und Möglichkeiten, die um einiges besser sind als das, was wir uns als Menschen so ausdenken.

Kleine Wiederholung: Das bedeutet nun nicht, dass sich alles in Wohlgefallen auflöst und du der allerglücklichste Mensch auf dieser ganzen Welt bist, der jemals gelebt hat – das ist ja so die gängige Vorstellung von „Happy End“.

Nein, es bedeutet viel mehr. Es bedeutet, dass am Ende eben nicht ein Virus gewinnt, sondern Gott. Und das ist ein echtes „Happy End“. Am Ende siegt Gottes Liebe und seine Gnade – wenn ich das nicht glauben würde, hätte ich meinen Job verfehlt.

Zum Weiterdenken und Hinterfragen gebe ich dir ein paar Fragen mit auf den Weg – und bei einer bitte ich dich, am Ende kurz deine Meinung zu „klicken“.

  • Was kann ich an guten Gewohnheiten einüben, um einem Happy End zu vertrauen?
  • Welche negativen Gedanken halten mich davon ab, an ein „Happy End“ zu glauben und wie kann ich diesen weniger Raum geben im meinem Alltag?
  • Wie kann ich anderen helfen, „vom Ende her zu denken“?
Wie leicht oder schwer fällt es dir, an ein "Happy End" zu glauben?

Im Gottesdienst am 24. Mai bin ich am Ende der Predigt auf diesen Gedanken nur kurz eingegangen. Aber schau’s dir an – vor allem auch, was mein Talkgast so zu sagen hatte.

Weitere Artikel im Blick auf die „Corona-Krise“:


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Die Kunst des Einflussnehmens

Endlich ist es da! Ein Buch über Führung, Leitung, Erfolg, Wachstum und Einfluss, das aus der Praxis geschrieben ist – mit Leidenschaft und Tiefgang, biblischen Prinzipien, jeder Menge Know-How sowie ganz praktischen und alltagsrelevanten Herausforderungen.

Wenn du Artur Siegert, Autor von „Die Kunst des Einflussnehmens“ noch nicht kennst, tut mir das sehr leid. Und wenn du noch nicht die Möglichkeit hattest, ihm zu begegnen und mit ihm zu reden, tut mir das noch mehr leid. Denn dann wüsstest du, wie authentisch und profund seine Ausführungen in „Die Kunst es Einflussnehmens“ sind.

Ein Buch, das nicht aus der grauen Theorie daher kommt. Es ist von einem Leiter geschrieben, der mit der „Kirche für Oberberg“ (www.kirchefueroberberg.de), dem „Momentum College“ (www.momentumcollege.de) und dem „K5-Leitertraining“ (www.k5-leitertraining.de) den „Beweis“ liefert: Was er schreibt, speist sich aus Erfahrungen, Erlebnissen und Ergebnissen seiner vielfältigen Arbeit als Leiter, Pastor und Coach.

„Einfluss nehmen“ leitet Artur aus den Worten Jesu in der Bergpredigt ab, als er Folgendes in der Bergpredigt sagte:

Ihr seid das Licht der Welt – wie eine Stadt auf einem Berg, die in der Nacht hell erstrahlt, damit alle es sehen können.

Niemand versteckt ein Licht unter einem umgestülpten Gefäß. Er stellt es vielmehr auf einen Lampenständer und lässt es für alle leuchten.

Genauso lasst eure guten Taten leuchten vor den Menschen, damit alle sie sehen können und euren Vater im Himmel dafür rühmen.Die Bibel - Matthäus 5, 14-16

Mitdenken erwünscht

In unserer heutigen Zeit wünschen wir uns schnelle Lösungen. Wo wir heute bestellen und morgen das Produkt geliefert wird, fällt es uns schwer, uns auf den Hosenboden zu setzen und unsere Hausaufgaben zu machen. Wir wollen schnelle und einfache Lösungen, die am besten ohne eigenständiges Denken daherkommen.

Wenn es dir so geht, tut es mir leid – aber ich glaube, dann ist das Buch deswegen nichts für dich, weil es zwar schnell umsetzbare Lösungswege anbietet, aber wenn du nicht selbst denken möchtest, solltest du dich fragen, ob du wirklich Einflussnehmer sein kannst und willst.

Denn Artur Siegert liefert beides – und das ist das absolut Grandiose an diesem Buch: Er liefert mir als Leser schnelle und einfache Lösungswege – aber nicht die Lösungen! Es gibt im Buch sehr, sehr viele praktische Tipps und Fragestellungen. Quasi jedes Kapitel endet mit Fragen/Aufgaben, die ich als Leser sofort erledigen kann.

Manchmal sind es recht tief schürfende Fragestellungen, manchmal sind es „To Dos“, die ich schnell beantworten kann.

Besonders einleuchtend finde ich die Grundaufteilung des Buches mit grundsätzlichen Überlegungen zu Beginn, im ersten Teil, und praktischen Ausführungen mit dem K5-Kompetenzmodell im zweiten Teil des Buches.

„Fenster“ als Grundüberlegungen

Mit einem sehr eindrücklichen und nachvollziehbaren persönlichen Ereignis schildert Artur Siegert, weshalb – so würde ich es nennen – gewisse Grundüberlegungen bzw. Grundüberzeugungen wichtig sind, um Einfluss zu nehmen. Diese nennt er „Fenster“ und sie bilden die Ausführungen im ersten Teil des Buches:

  1. Das Fenster der Integrität: Eine glaubwürdige Persönlichkeit
  2. Das Fenster der Vision: Eine klare und attraktive Lebensausrichtung
  3. Das Fenster der Investition: Andere erfolgreich machen wollen
  4. Das Fenster der Produktivität: Sichtbarer Fortschritt

Jedes dieser vier Fenster-Kapitel endet mit Fragen und Aufgaben, die mein grundsätzliches Verständnis von Führung, Leitung und Einflussnehmen hinterfragen. Hier finden sich so viele kleine „Gold Nuggets“, dass ich nur ein paar wenige zitiere.

Im „Fenster der Vision“ schreibt Artur Siegert Folgendes über die Bedeutung von Werten:

Wie bereits erwähnt werden gelebte Werde zu Gewohnheiten, welche die Kultur einer ganzen Gemeinschaft prägen können.Die Kunst des Einflussnehmens, S. 32

Klingt nach einem kurzen und unscheinbaren Satz, der es aber in sich hat, wenn man zulässt, dass er seine Wirkung entfalten und mein Verständnis von Gemeinschaft und Kultur hinterfragen und prägen darf.

Im „Fenster der Investition“ listet Artur Siegert wunderbar auf (S. 37f), dass es nicht darauf ankommt, in einer Gemeinde, einem Werk oder Unternehmen eine strukturelle Führungsposition innezuhaben, sondern dass jeder Mensch an seinem Platz Einfluss nehmen kann. Oder wie der Untertitel des Buches es sagt: „Wie du wirksam lebst und dein Umfeld prägst.“

„Natürliche“ Einflussnehmer jedoch investieren in erster Linie in andere.Die Kunst des Einflussnehmens, S. 35

Das hat es in sich! Investierst du in andere? Ist es dein Anliegen, andere groß zu machen? Kannst du zurücktreten hinter den Erfolg anderer, auch wenn damit unmittelbar dein eigener Wirkungsbereich betroffen ist?

Apropos Erfolg. Hierüber schreibt Artur Siegert im „Fenster der Produktivität“ Zeilen, bei denen ich am liebsten mehrfach laut „Amen! Preach it!“ gerufen hätte und mir so sehr wünsche, dass sie in vielen Gemeinden nicht nur gelesen, sondern befolgt werden!

Warum sollten Erfolg, Entwicklung und Produktivität nicht auch für den Gemeindekontext gut sein? […] Ich glaube, dass Gott sich über Frucht, Ertragfähigkeit und Erfolg freut. „Wachstum“ schlechtzureden, ist sicherlich nicht der richtige Weg und führt in der Regel dazu, dass man sich mit dem Status quo zufriedengibt, und der zitierte Bibeltext zeigt klar, dass Jesus sich darüber nicht freut. Die Kunst des Einflussnehmens, S. 46

Der in diesem Zitat angesprochene Bibeltext:

Du böser, fauler Diener! Du hältst mich für einen strengen Mann, der erntet, was er nicht gepflanzt hat, und der sammelt, was er nicht angebaut hat? Du hättest wenigstens mein Geld zur Bank bringen können, dann hätte ich immerhin noch Zinsen dafür bekommen.

Nehmt diesem Diener das Geld weg und gebt es dem mit den zehn Beuteln Gold. Wer das, was ihm anvertraut ist, gut verwendet, dem wird noch mehr gegeben, und er wird im Überfluss haben. Wer aber untreu ist, dem wird noch das wenige, das er besitzt, genommen. Und nun werft diesen nutzlosen Diener hinaus in die Dunkelheit, wo Weinen und Zähneknirschen herrschen.Die Bibel - Matthäus 25,26-30

Wie übrigens das gesamte Buch lesen sich auch diese ersten Grundüberlegungen, diese „4 Fenster“, sehr einfach – ohne aber trivial daherzukommen. Artur Siegert schafft es, in einer bildhaften und mit persönlichen Erfahrungen angereicherten Sprache, komplexe Inhalte so zu vermitteln, dass man einfach ganz viel Freude hat beim Lesen.

Das ändert sich aber übrigens auch dann nicht, wenn im zweiten Teil des Buches das „K5-Kompetenzmodell“ beschreibt.

5 Kompetenzbereiche

Hier muss ich eine kleine Vorbemerkung machen. In unserer Kirchengemeinde haben wir im Jahr 2018 das „K5-Leitertraining“ gestartet und dieses basiert auf dem „K5-Kompetenzmodell“. Insofern waren mir diese Überlegungen überhaupt nicht neu, aber eine willkommene Vertiefung und eine verdichtete Zusammenstellung dessen, was ich in einem grandiosen Leitertraining in den letzten knapp drei Jahren gelernt habe.

Die Stärke dieses Modells ist, dass sie sämtliche Bereiche eines Einflussnehmers „unter die Lupe“ nimmt und durch das Bild des Baumes den großen Zusammenhang der einzelnen Bereiche vor Augen malt.

Das K5-Kompetenzmodell:

  1. Das Wurzelwerk: deine Gottesbeziehung vertiefen
  2. Der Stamm: deinen Charakter reifen lassen
  3. Starke Äste: deine Selbstkompetenz stärken
  4. Zweige: deine Führungskompetenz entwickeln
  5. Blätter: deine Fachkompetenz erweitern

Absolut faszinierend an diesem Modell ist das Zusammenspiel der einzelnen Bereiche. Der eine ohne den anderen? Das geht nicht.

Artur Siegert drückt es in der Einleitung zu diesem zweiten Teil des Buches mit drei Prinzipien aus, die grundlegende Bedeutung für das K5-Kompetenzmodell haben:

Das Prinzip der Ganzheitlichkeit: Für eine reiche Ernte braucht ein Obstbaum alles: die Wurzeln, den Stamm, dicke Äste, dünnere Zweige und Blätter. Wer sich zu einseitig auf einen der fünf Kompetenzbereiche fixiert, indem er zum Beispiel seine Fachkompetenz erweitert, aber seine Charakterentwicklung schleifen lässt, wird vergeblich auf die Frucht seiner Arbeit warten. Und wenn sich dennoch Frucht beziehungsweise Erfolg im Leben einer charakterschwachen Person einstellen sollte, wir sie in der Regel über den eigenen Charakter stolpern. Das Bild vom Baum hilft, Einseitigkeit zu vermeiden und einen ausgewogenen Entwicklungsplan zu verfolgen.Die Kunst des Einflussnehmens, S. 60

Die beiden weiteren Prinzipien sind das „Prinzip der Priorität“ und das „Prinzip des Erfolgs“.

Ich möchte inhaltlich nicht zu viel vorwegnehmen, da dieses Buch eine reine Goldgrube ist. Nur so viel: Auch im zweiten Teil des Buches wirst du als Leserin und Leser herausgefordert.

Zum einen natürlich gedanklich, da Artur Siegert die wirklich wichtigen und zu klärenden Fragen stellt und Themen anspricht. Und das nicht nur in solch „technischen“ Bereichen wie unserer Fachkompetenz, sondern auch und gerade dann, wenn es um unseren Charakter geht.

Zum zweiten wirst du aber auch ganz praktisch herausgefordert, nach dem Lesen nicht nur das Buch zuzuklappen und zu denken: „Schöne Gedanken, die ich hier gelesen habe!“ Vielmehr verhelfen dir konkrete Fragen, Aufgaben und Schaubilder das Gelesene in die Tat umzusetzen oder dich konkret selbst zu hinterfragen, dir Ziele zu setzen oder Aufgaben zu bestimmen, die du angehen wirst.

Alleine schon die Beschreibung, wie wir als Einflussnehmer mit Feedback und Kritik umgehen (S. 98ff) ist so tiefgreifend und verändernd, dass es sich lohnt, hier eine Weile „zu bleiben“ und die konkreten Ideen, Gedanken und Ratschläge von Artur Siegert nicht leichtfertig abzutun, sondern sie in den Alltag, in die nächste Kritik, in das nächste Feedback hinein zu holen und so sich selbst und seinen eigenen Charakter zu stärken und anderen Menschen gegenüber fair und liebevoll zu bleiben.

Es ist irgendwie eine Mischung aus „entwaffnend“, entlarvend, amüsamt und ziemlich ins Schwarze treffend, wenn ich mich in dem, was Artur Siegert schriebt, immer wieder finden kann. Und ich glaube, das kommt nicht von ungefähr.

Denn wie eingangs erwähnt schreibt Artur Siegert nicht am grünen Tisch, sondern als Einflussnehmer für Einflussnehmer und die, die ihr Potenzial in dieser Hinsicht noch viel mehr entfalten möchten. Und zwar unabhängig davon, ob man sich in einer – klassisch gesehen – strukturell leitenden Position wiederfindet oder ob man einfach dem Auftrag Jesu, Salz und Licht zu sein, nachkommen will.

Ich kann dieses Buch – vielleicht auch, weil ich Artur ein wenig kenne und weiß, wer „hinter dem Buch steckt – wärmstens und zu 100% jedem empfehlen!

Mehr über Artur Siegert, das Buch (sowie Bestelloptionen für mehrere Exemplare) und die Kunst des Einflussnehmens findest du auch unter www.einflusskunst.de.

Die Kunst des Einflussnehmens
208 Seiten
ISBN: 978-3-417-26887-4
Verlag: SCM Verlag
Preis: 19,99 EUR

5 Tipps für mehr Hoffnung und weniger Angst

Es ist Zeit für Hoffnung! Höchste Zeit! Allerhöchste Zeit!

Genug Verschwörungstheorien und Endzeitparole – lass dich von Hoffnung infizieren! Und gib sie weiter. Denn Hoffnung kennt keinen Mindestabstand. Hoffnung geht direkt ins Herz. Ich will auch nicht lange drumherum reden, denn ich glaube, wir brauchen Hoffnung ohne Ende!

Wir dürfen uns nicht von Angst gefangen nehmen lassen. Aber das kann ganz leicht geschehen, wenn ich die Medien anschaue, wenn ich die Beiträge anderer in den sozialen Medien betrachte und die ein oder anderen Gesprächsfetzen beim Einkaufen aufschnappe. Neben Angst ist da zunehmend auch Unsicherheit. Zweifel. Wut. Radikalisierung. Enttäuschung. Frust.

Das beste Gegenmittel ist Hoffnung!

Christen sind eine GmbH

Eines vorab. Der Unterschied zwischen „Hoffnung“ und „Wunschdenken“ ist immens wichtig – aber auch relativ schnell erklärt. Im zweiten Teil der Bibel (Neues Testament) erklärt Paulus, was der Grund christlicher Hoffnung ist:

Wenn aber Christus nicht von den Toten auferweckt wurde, ist euer Glaube nichts als Selbstbetrug, und ihr seid auch von eurer Schuld nicht frei. Ebenso wären auch alle verloren, die im Glauben an Christus gestorben sind.

Wenn der Glaube an Christus uns nur für dieses Leben Hoffnung gibt, sind wir die bedauernswertesten unter allen Menschen. Tatsächlich aber ist Christus als Erster von den Toten auferstanden. Die Bibel - 1. Korinther 15, 17-20

Man kann also getrost sagen: Christen sind eine GmbH – eine „Gemeinschaft mit begründeter Hoffnung“.

So weit so gut – in der Theorie. Wie wird das aber nun praktisch? Wie kann sich Hoffnung Bahn brechen, wie es das vor wenigen Tagen die kleine, zerbrechliche Pflanze tat, die eines meiner Kinder in einen kleinen Blumentopf „pflanzte“ – genauer gesagt das Samenkorn hineinlegte, aus dem aber solch eine große Kraft hervorging, dass sich der Keimling einen Weg bahnen konnte?

Wieder einmal ist es Paulus, der in einem seiner Briefe, die uns überliefert sind im neuen Testament, Folgendes schreibt, was uns ganz praktische Tipps gibt, wie Hoffnung ausbricht und unser Leben jetzt und gerade in dieser „Corona-Zeit“ erfüllt:

Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freuet euch! Eure Güte lasst kund sein allen Menschen! Der Herr ist nahe! Sorgt euch um nichts, sondern in allen Dingen lasst eure Bitten in Gebet und Flehen mit Danksagung vor Gott kundwerden! 

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Weiter, liebe Brüder: Was wahrhaftig ist, was ehrbar, was gerecht, was rein, was liebenswert, was einen guten Ruf hat, sei es eine Tugend, sei es ein Lob – darauf seid bedacht! Die Bibel - Phiipper 4,4-8

Ein großartiger Abschnitt und ich will dir fünf konkrete Tipps mitgeben, wie du selbst dafür sorgen kannst, dass Hoffnung sich mehr und mehr in deinem Leben auch und gerade jetzt Bahn bricht.

1Freue dich! Feier!

In dem Abschnitt fordert Paulus uns mehrfach dazu auf, dass wir uns freuen sollen. Nun ist das ja so ’ne Sache: kann man Freude befehlen? Schwierig. Und vor allem: Was ist schon „Freude“? Ist das nicht ein wenig schwierig, dazu eine Pauschalaussage zu treffen?

Schauen wir in den Kontext, die Kultur, die Gesellschaft der damaligen Zeit – also vor knapp 2.000 Jahren – da drückte sich Freude vor allem durch eines aus: Feiern!

Kein Witz. Wenn wir das römsiche Reich der damaligen Zeit betrachten, kann man feststellen, dass viele Feiern stattfanden, um seinen Glauben zu demonstrieren. Klar – der Glaube damals war der Glaube an den Kaiser als eine Gottheit. Aber wenn wir nur mal den Gedanken weiter aufnehmen und auf die Christenheit übertragen – dann würde das bedeutet: Paulus fordert uns nicht nur dazu auf, uns zu freuen – sondern zu feiern!

Also mach das doch mal! Mach mal eine kleine Feier! Klar – rein physisch geht das momentan nur mit deiner Familie und maximal einer weiteren.

Aber wieso nicht über eine Videokonferenz (dazu gibt’s ja unzählige Tools) gemeinsam mit Freunden feiern? Ich finde, das hat was: Feiern als Ausdruck von Hoffnung – nicht sinnloses Besaufen als Verdrängungsmechanismus, sondern fröhliches Feiern aus der Freude über die Größe Gottes.

2Sei gütig!

Diese Aufforderung ist simpel und schlicht und bedarf nicht all zu vieler Worte. Nur so viel: Vom griechischen Urtext her betrachtet müsste man eher übersetzen: „Sei gutmütig“ oder „gütig zu anderen“. Also nicht einfach nur der moralisch gute Mensch – sondern der, der anderen etwas Gutes tut. Und hey: Dazu gibt’s doch unzählig viele Möglichkeiten – das beginnt in der Familie, geht weiter in der Nachbarschaft, beim Einkaufen ist es ebenso möglich wie über sämtliche digitale Kanäle, die du nutzt.

Um es schlicht und einfach zu sagen:

Wer guten Mutes ist, tut anderen Gutes!

3Sorge dich nicht!

Tja. Mist. Erwischt. Zirkelschluss. Sich nicht sorgen soll Hoffnung helfen, sich ihren Weg zu bahnen. Aber benötige ich nicht erst die Hoffnung, damit ich mich nich sorgen muss?

Bingo!

Das wusste auch Jesus, deswegen hat er einen Ausweg aus dem Dilemma – aber Achtung, Spoiler! Dieser Ausweg hat es in sich. Lass es mich in aller Kürze erklären: Jesus hat einmal eine kurze Predigt gehalten über das, worüber sich der Mensch so sorgen macht und dass es total sinnlos ist, sich Sorgen zu machen. Wir können mit Sorgen unser Leben weder verbessern noch verlängern. Das alles kannst du im Matthäusevangelium im Neuen Testament im sechsten Kapitel nachlesen.

Und dann endet Jesus diese Minipredigt mit folgender Aussage:

Macht das Reich Gottes zu eurem wichtigsten Anliegen, lebt in Gottes Gerechtigkeit, und er wird euch all das geben, was ihr braucht.Die Bibel - Matthäus 6,33

Oha. Das „Reich Gottes zum wichtigsten Anliegen machen“. Wie soll das gehen? Was heißt das? Ich will dir ein paar Gedanken mitgeben – und danach wirst du nicht nur auf die Frage nach dem Reich Gottes eine Antwort haben, sondern feststellen, wie brillant es von Jesus war, das genau so zu formulieren, dass es wirklich gegen unsere Sorgen hilft.

Reich Gottes ist dort, wo ich Gott bewusst Einfluss nehmen lassen darf auf mein Leben, meine Umstände, meine Gesellschaft.

Reich Gottes ist dort, wo Menschen zum Glauben an Jesus finden und ein ganz neues Leben starten, weil sie nun „neu“ geworden sind.

Es ist genauso auch dort, wo mir das wichtig wird, was Gott wichtig ist. Dort, wo mir Dinge das Herz brechen, die auch Gottes Herz brechen lassen.

Reich Gottes ist überall dort, wo Menschen einen Schritt zurücktreten von ihrem Ego-Thron, Gott die Herrschaft über ihr Leben überlassen und sich nichts sehnlicher wünschen, als dass sein Name groß gemacht wird und er geehrt wird, weil er mächtig eingreift in mein Leben, in dein Leben, in das Leben von vielen Menschen.

….und schon merken wir (hoffentlich), dass uns das große Hoffnung schenkt, weil es uns zeigt, wie Gott am Werk und Wirken ist – und was kann es Besseres geben?

4Bete!

Wenn ich an’s Beten denke, dann kommt mir ganz oft ein ganz bestimmtes Zitat in den Sinn – nämlich von John Henry Newman:

Beten ist Atemholen der Seele.John Henry Newman

Muss man dazu noch mehr sagen? Vielleicht ist dir nicht so ganz bewusst, was beim Beten geschieht oder was Beten bringt oder was Christen tun, wenn sie beten.

Genau darüber habe ich einen Artikel geschrieben: Was tun Christen, wenn sie beten?

Eines ist mir hier wichtig: Paulus packt in seine Hoffungs-Tipps alles rein, was das Gebet ausmacht: Bitten, Flehen, Danksagung.

Ich glaube, gerade diese Dinge treiben uns gerade besonders um: Wir bitten Gott um Besserung konkreter Umstände (Finanzen, Arbeitsplatz, Beziehungen) im Blick auf die Corona-Krise, flehen ihn an, dass es ein Ende habe möge und ….ups….wir danken? Hast du heute Gott schon für etwas Danke gesagt? Wenn nicht: Hol’s nach, denn „Danken schützt vor Wanken“ wie ein altes Sprichwort sagt.

Auf ein kleines aber feines Gold Nugget möchte ich dich noch hinweisen. Wenn man die Verse 6 und 7 im 4. Kapitel des Philipperbriefes richtig übersetzt oder sagen wir: zumindest auf die Eigenheiten der griechischen Sprache achtet, dann lauten diese Sätze:

Lasst eure Bitten in Gebet und Flehen mit Danksagung vor Gott kundwerden! Dann wird der Friede Gottes, der höher ist als eure Vernunft, eure Herzen und Sinne in Jesus Christus bewahren.

Hammer, oder? Gottes Frieden wird unser Herz bewahren und beschützen. Wann? Wenn wir beten. Das ist doch der Hit! Und es kommt noch besser: Das griechische Wort, das mit „bewahren“ übersetzt wird, kommt eigentlich aus der Militärsprache und heißt so viel wie „schützen, bewachen“. Ergo: Wenn wir beten, wird Gottes Frieden wie eine Wache um unser Herz stehen und dieses schützen und bewachen! Ist das nicht genial? Wir sehnen uns nach Frieden und Schutz für unser Herz – durch das Gebet wird das geschehen. Und das ist wichtig, denn unser Herz ist die Quelle unseres Lebens:

Mehr als alles andere hüte dein Herz, denn aus ihm springt das Leben!Die Bibel - Sprüche 4,23

5Augen auf!

Im letzten Vers des Abschnittes im Philipperbrief gibt Paulus den Rat, dass wir auf das – ich drück es jetzt mal sehr vereinfacht aus – Schöne und Aufbauende achten sollen. Wie schnell sind wir dabei, auf Fake-News reinzufallen und uns die Stimmung versauen zu lassen von den Bad News des Tages. Nicht umsonst ist Paulus der Meinung, dass es viel beser ist, auf das Gute, Schöne und Aufbauende zu achten.

Da ist er übrigens nicht alleine. Auch König David (ca. 1000 v. Chr.) hatte diesen Gedanken schon in einem Gebet, das uns in der Bibel überliefert ist, zusammengefasst:

Lobe den Herrm, meine Seele, und was in mir ist, seinen heiligen Namen! Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat. Die Bibel - Psalm 103, 1+2

Nicht nur die Psychologie und Psychotherapie weiß, wie wichtig Erinnerungsarbeit ist. Schon die Bibel weiß das. Schon seit über 3000 Jahren.

Erinnere dich an das Gute, das Gott dir getan hat und richte deine inneren Augen auf das Schöne, Aufbauende und Gute in deinem Leben.

Ich bin immer wieder erstaunt, überrascht und mitunter auch frustriert, wenn ich alleine sehe, wie manche Christen sich in den „sozialen Medien“ verhalten. Da lese ich recht wenig von Auferbauendem, Gutem und Schönem. Da lese ich eher Angstmachendes, Drohendes und Verurteilendes. Unfassbar. Wir sollen uns doch auf das Gute, Schöne und Aufbauende besinnen!

Einmal mehr finde ich es großartig, wie alltagsnah und praktisch die Bibel ist.

Welcher dieser 5 Tipps spricht dich am meisten an? Nimm ihn. Wende ihn an. Lass dich mit Hoffnung füllen!

Welcher Tipp ist spontan für dich der Beste? (Bis zu drei Antworten möglich)
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Wenn nicht jetzt – wann dann?

Es ist höchste Zeit für Experimente. Richtig gehört. Experimente. No risk, no fun!

Not macht erfinderisch, sagt man. Und in gewisser Weise bewahrheitet sich das gerade an allen Ecken und Enden unserer Gesellschaft. Wir basteln Nase-Mund-Masken aus allen möglichen Materialien, wir werden kreativ und erfinderisch wenn es darum geht, anderen Menschen etwas Gutes zu tun und es werden Mittel und Wege gefunden, um sich mit Freunden nach wie vor zu „treffen“ – und wenn es zunächst virtuell und digital geschieht.

Auch für die Kirch bietet diese Zeit der „Corona-Krise“ eine wahnsinnig geniale Gelegenheit, zu experimentieren, Risiken einzugehen, Neues zu wagen.

Hier und jetzt und heute wird absolut konkret, was der us-amerikanische Pastor Craig Groeschel als die „Vier Notwendigkeiten für Innovation“ benennt. In diesem Artikel kannst du ein bisschen mehr darüber lesen – ich zähle sie hier nur mal schnell auf

  • Ein zu lösendes Problem
  • Begrenzte Ressourcen
  • Die Bereitschaft, Fehler zu machen
  • Eine verrückte Idee

Erstaunlich, aber nicht überraschend, wie diese vier Notwendigkeiten für Innovation nun auf einen Nährboden treffen, der seinesgleichen sucht: Die „Corona-Krise“.

Alle in einem Boot

Wir sitzen alle im gleichen Boot, die wir als Leiterinnen und Leiter nun herausgefordert sind, Gemeinde und Kirche relevant zu halten. Unser zu lösendes Problem besteht darin, wie wir nun in diesen herausfordernden Zeiten Gemeinde bleiben und leben. Vieles geht nicht mehr so, wie noch vor vielen Wochen. Gemeinden stehen vor der Herausforderung und der Frage: Was macht uns als Gemeinde aus? Wie leben wir den Glauben an Jesus konkret?

Die begrenzten Ressourcen nehmen wir jetzt noch mehr gemeinsam wahr als „vor der Corona-Krise“. Da gab es natürlich auch die „armen“ und „reichen“ Gemeinden im Blick auf die Kern-Ressourcen Personal, Finanzen und Gebäude. Nun aber sind unsere Ressourcen dahingehend begrenzt, dass bspw. das größte und schönste Gebäude nichts bringt, da es momentan nicht mit Leben „gefüllt werden darf“. Wir sehen uns also alle doch irgendwie im gleichen Boot sitzen.

Was die verrückte Idee und die Bereitschaft, Fehler zu machen betrifft, sieht es nun individuell komplett anders aus. Da sind Gemeinden ganz unterschiedlich betroffen und haben natürlich unterschiedliche Erfahrungen mit „Mut zum Fehler“ und „Out of the box denken“ gemacht.

Viele Strukturen, viele Veranstaltungsformate, viele „Normalitäten“ greifen momentan einfach überhaupt nicht und so führen uns das „zu lösende Problem“ und „die begrenzten Ressourcen“ zu einer ganz entscheidenden Frage:

Fehler? Ja, bitte!

Knackpunkt! Für uns Deutsche! Wir hätten gerne immer alles fertig. Fertige Konzepte. Fertige Prozessformulierungen. Fertige Follow Ups. Fertige Programme. Fertige Nerven.

Große Angst haben wir offensichtlich davor, Fehler zu machen. Das ist nicht nur schade und traurig – das ist elementar problematisch, wenn wir innovativ sein wollen und auf Probleme adäquat reagieren möchten.

Nein, liebe Leserin und lieber Leser, es muss noch lange nicht alles fertig sein, bevor du mit etwas startest. Lass doch den Dingen Spielraum. Lass Kreativität freien Raum.

Nehmen wir als Beispiel die momentane Gottesdienst-Situation – eignet sich ja hervorragend, wenn ich betrachte, wie dieser Artikel hier in den letzten Tagen viral gegangen ist. Du überlegst dir als Leiter gemeinsam mit deinem Leitungsteam, wie ihr Gottesdienste streamen könnt im Internet. (Am Ende des Artikels findest du ein paar sehr hilfreiche Links zu dem Thema.)

Gottesdienst streamen. Da gibt es viel zu bedenken:

Haben wir die Technik?

Was braucht es an Kamera und Beleuchtung?

Wie sieht es mit der Mikrofonierung aus?

Passt die bisherige Dekoration oder muss eine andere her?

Übernehmen wir den bisherigen Gottesdienstablauf oder erstellen wir etwas Neues?

Wie können wir die Personen vom Zuschauer zum Mitfeiernden werden lassen? Wie also ist Interaktion möglich?

Wie kommt Musik im Gottesdienst vor?

Und. Und. Und. Und. Und.

So viele Fragen.

Wenn du auf alles eine Antwort möchtest, ehe du loslegst, wirst du nie loslegen.

Entscheide dich für die wichtigsten Fragen – lege los. Und den Rest? Den bearbeitest du im laufenden Prozess und deine Gottesdienste werden von Mal zu Mal besser.

Entstehen dabei Fehler? Jede Menge! Ist das schlimm? Nein!

Natürlich gibt es einen Grundpegel an Qualität, der erreicht werden sollte, aber das gebietet dir der gesunde Menschenverstand und das ästhetische Empfinden aber nicht dein Innovationsempfinden oder Mut zum Wagnis.

Wir haben in unserer Gemeinde zum Beispiel erst nach einigen Gottesdiensten etwas Neues gewagt und so die Grund-Dekoration komplett verändert: Wir haben den Altar entfernt und stattdessen eine wunderschöne Deko zur Predigtreihe passend angebracht.

Nun musst du als Nicht-Landeskirchler wissen: Der Altar ist so etwas wie eine heilige Kuh. Aufstand? Empörung? Kirchenaustritte? Nichts dergleichen. Stattdessen Rückmeldungen wie „Die Deko ist super!“ oder „Es sieht alles viel schöner und aufgeräumter aus!“

Experimentieren. Wagen. Jetzt!

Wir machen einen kleinen Zeitsprung. Es ist die Zeit, in der die Dinge zwar nicht so sind wie zuvor – aber doch recht normal. Es finden Gottesdienste statt, Veranstaltungen in den Gemeinden sind wieder relativ „normal“, Hauskreise treffen sich, selbst Gemeindefeste sind wieder erlaubt und der Mindestabstand von 1,5 Metern gilt schon lange nicht mehr.

Pastor Toni Annovi sitzt abends bei einem Glas Wein resümierend auf dem Balkon, lässt seinen Blick über die Landschaft schweifen. Sein Herz ist erfüllt mit Dankbarkeit über das, was in dieser Krise an neuen Dingen entstand und was sich von den „gewohnten Dingen“ als gut und sinnvoll bewahrheitet hat. Ja, einiges wurde wieder verworfen, weil es für die Krise gut war – aber nicht darüber hinaus.

Anderes aber ist auf so nachhaltige Beine gestellt worden, dass seine Gemeinde mehr denn je wächst, mehr Menschen als zuvor zum Glauben an Jesus kommen, die Gemeinde mehr und mehr relevant für ihre Umgebung und Kultur geworden ist und manche Dinge, die eigentlich „schon lange nicht mehr liefen“, nicht mehr existieren, was aber niemanden stört, da die neu gewonnene Kreativität ganz viel Freude und Leidenschaft freisetzt. Nach wie vor und immer noch.

Pastor Arno Ditit lässt seinen Blick ebenfalls schweifen – aber eher wehmütig. Er erkennt die verpassten Chancen. Er bedauert, nicht noch mehr Risiko eingegangen zu sein und Neues gewagt zu haben. Die Angst vor Fehlern raubte ihm so oft die Energie, Dinge anzupacken. Er wollte einfach nicht scheitern. Das Aufrechterhalten manch bestehender Dinge hat so viel Zeit und Kraft gebündelt, dass an Neues auch gar nicht groß zu denken war.

Im Großen und Ganzen hat sich nicht viel verändert – weil die meisten (er auch) bemüht waren, den Laden irgendwie mit dem bisher Bewährtem „am Laufen“ zu halten.

Eine kleine Form dieses „Wagens“ sind die „F.A.Q.-Abende“ in unserer Kirchengemeinde, die wir jetzt angehen. Drei Abende. Drei Fragen. Drei Themen. Für Neulinge, Quereinsteiger, Fragende und Suchende.

Das Ganze: Als Videokonferenz.

Wie es wird? Keine Ahnung. Aber: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.

Ich mache dir Mut: Wage etwas! Lass etwas anderes dafür! Probier etwas aus.

Weder muss es „fertig“ sein, noch muss du jetzt schon wissen, wie es wird. Ich weiß, das kostet Überwindung und erfordert jede Menge Vertrauen in Gott.

Aber: Wenn nicht jetzt – wann dann?

Wenn du zum Thema „Gottesdienst streamen“ viele gute und wichtige Informationen gebündelt haben möchtest, empfehle ich dir den „Leiterblog“ (www.der-leiterblog.de) von Lothar Krauss. Den empfehle ich dir generell sehr, weil er mega ermutigend und inspirierend ist – im konkreten Fall meine ich aber diese Artikel:

Technische Tipps – Gottesdienste digital

Überzeugend vor der Kamera: Wie geht das?


Weitere Artikel im Blick auf die „Corona-Krise“:


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Kommt alle her, die ihr stark und gesund seid!

So und nicht anders kann Kirche momentan einladen zu Gottesdiensten. Auf Grund der Vorschriften im Blick auf die „Corona-Krise“ ist es anders nicht möglich. Nicht einmal zwei Monate ist es her, dass keine Gottesdienste mehr stattfinden können auf Grund des Versammlungsverbotes und für manche Geistliche, Pastoren und Theologen scheint sich das Ende des christlichen Abendlandes abzuzeichnen – scheinbar unabhängig davon, dass es weltweit Christen gibt, für die das, was wir nicht einmal in einem Zeitraum von knapp zwei Monaten erleben, ein Leben lang Normalität ist: Keine öffentlichen Gottesdienste.

Es geht mir um eine Absurdität, von der ich nach wie vor nicht verstehen kann, wie manche sie nicht nachvollziehen oder zumindest erkennen können. Denn krasser könnte der Kontrast zu einer Kernaussage Jesu nicht sein.

Was hat Jesus nochmal gesagt?

Jesus hat einmal gesagt:

Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken!“ (Matthäus 11,28)

Nun dürfen unter bestimmten hygienischen Vorschriften und Regeln in einigen Bundesländern wieder Gottesdienste stattfinden. Nimmt man diese Vorschriften ernst, muss man die Aussage Jesu komplett umdrehen und kann vereinfacht ausgedrückt zu den Gottesdiensten einladen unter dem Slogan:

Kommt alle her, die ihr stark und gesund seid!

Personen, die vorerkrankt sind, die zu einer Risikogruppe gehören, die sich momentan krank fühlen – sie dürfen alle nicht kommen oder sollen es nicht. Sie sollen zuhause bleiben – und das aus nachvollziehbaren Gründen. Ganz großes Kino. Absurder geht’s nicht.

Hier wird ein Grundwert christlichen Glaubens auf dem Altar der scheinbar beschnittenen Ausübung von Religionsfreiheit geopfert.

„Mach mal halblang“, höre ich die ersten rufen. „Die Leute kommen ja zur Kirche, nicht zu Jesus.“

Ok, schauen wir uns diesen Pappkamerad an.

Die lauten Unkenrufe, jetzt endlich wieder „richtig Gottesdienst feiern“ zu können, kommen doch gerade da her, dass Menschen sich in einem Gotteshaus Gott wesentlich näher zu fühlen scheinen als vor dem Bildschirm bei einem Livestream-Gottesdienst. In gewisser Weise wird also angenommen, dass Gottes Gegenwart in Kirchen besser zu erleben wäre als zuhause vor dem Bildschirm. Interessant.

Jesus hat gesagt: „Ich bin bei euch an allen Tagen bis an das Ende der Welt.“ (Matthäus 28,20)

Er hat nicht gesagt: „Ich bin bei euch in der Kirche bis an das Ende der Welt.“

Ich wünsche mir sehnlichst, dass wir wieder Gottesdienste als versammelte Menschen feiern. Das ist Wesensäußerung von Kirche seit annähernd 2000 Jahren. Ich wünsche mir das wirklich sehr! Mit vielen. In einem Raum. Mit Liedern (die dürfen nicht gesungen werden momentan), mit Umarmungen und Begrüßungen (bei 1,5-2 Meter Abstand geht das nicht) und mit der Möglichkeit, das Lächeln auf dem Gesicht des anderen wahrzunehmen (was durch eine Gesichtsmaske extrem erschwert ist).

Solange das nicht möglich ist, sollten wir keine Scheingefechte austragen, sondern uns darauf konzentrieren, wie die neu gewonnene Kreativität und innovative Kraft in der Kirche weiterentwickelt werden kann, um Menschen mit dem Evangelium zu erreichen, zu trösten, zu stärken.

Ich habe es an anderer Stelle schon geschrieben, dass ich tief bewegt davon bin, welche Kreativität und Innovationskraft sich nun Bahn bricht in dieser alten, oft so schwerfälligen und rückwärts gewandt wirkenden Kirche. Sie lebt! Sie lebt immer noch!

Ein unguter Reflex und Glaubwürdigkeitsverlust

Dass nun landauf landab von einigen gefordert wird, unbedingt wieder Gottesdienst zu feiern, ist für mich ein unguter Reflex und hat mit der Ausübung meiner Religionsfreiheit gar nichts zu tun. Ich kann meinen Glauben auch ohne Kirchengebäude und Gottesdienst leben – natürlich ist es aber mit Gottesdienst wesentlich schöner.

Da wird doch in der Kirche immer wieder betont, dass Gott auf Seiten der Schwachen und der Kranken sei. Warum verabschiedet sich die Kirche aber von genau dieser Gruppe, wenn nun vehement Gottesdienste gefordert werden, obwohl die Rahmenbedingungen es kaum möglich machen oder gar zulassen, dass Schwache und Kranke daran teilnehmen? Wohlgemerkt: Wir reden hier von einem nicht einmal zwei Monate langen Zeitraum im Rahmen einer annähernd 2.000 Jahre langen Kirchengeschichte.

Mir treibt es jede Menge Fragezeichen in mein Hirn, wenn ich gerade von denen, die genau dieses Mitleiden Gottes mit den Armen, Kranken und Schwachen immer wieder betonen, jetzt lautstarke Forderungen nach Gottesdiensten höre. Für wen? Für die, die bedenkenlos kommen können – und das sind nicht die Kranken und Schwachen. Absurd.

Zwei Meter Abstand zwischen den Stühlen – also nicht nur nach rechts und links, sondern auch nach vorne und nach hinten. Wow. Was für eine krasse Gemeinschaft. Wenn das so toll ist, dass es jetzt vehement gefordert wird – wieso haben wir es vorher nicht schon so gemacht? Falls es noch immer nicht angekommen ist: Auch ich will unbedingt wieder Gottesdienste feiern. So richtig. Mit Umarmungen und Handschlag, mit fröhlichem Worship und Abendmahl mit Brot und Saft oder Wein. Ja, unbedingt will ich das.

Oh Kirche, wach endlich auf!

Dein Zentrum ist keine Veranstaltung sondern eine Person: Jesus Christus. Und dem ging’s immer um Beziehung – vor allem um ganz nahe Beziehungen. Enge Beziehungen. Wahrhaftige Beziehungen. Keine halben Sachen.

Wir werden bis Jesus wiederkommt noch eine ganze Menge Gottesdienste feiern. Dessen könnt ihr euch sicher sein. Da kommt es auf ein paar Gottesdienste mehr oder weniger nicht an – und nicht auszudenken, wenn ausgerechnet durch eine verfrühte Öffnung von Kirchen einer zweiten Infektionswelle der Boden bereitet wird oder wir einer Einteilung in „Schwach und Krank“ vs. „Gesund und Stark“ noch mehr Raum geben.

Lasst uns diese Krise lieber nutzen, um Menschen zu dienen und uns auf das Wesentliche zu konzentrieren. Und vor allem: Lasst uns weiterhin Menschlichkeit, Liebe, Kreativität und Innovation ganz viel Raum geben – denn davon habe ich in den letzten Wochen jede Menge gesehen und bin begeistert!

Lasst uns Online-Glaubenskurse starten, Telefonandachten einspielen, Menschen anrufen, Briefe und Karten schreiben, Gottesdienste und Andachten streamen (die danach auch noch verfügbar sind zum Anschauen als Ermutigung), lasst uns „Jesus ist auferstanden“ auf die Straßen schreiben und Segenskarten an Kirchen abholen, lasst uns mit Kids gemeinsam online Kindergottesdienst und Jungschar zelebrieren, lasst uns der Einsamkeit der Menschen persönlich und direkt begegnen, lasst uns virtuell Kleingruppen haben und Abendmahl feiern, lasst uns Predigen ausdrucken und verteilen, lasst uns Predigten auf CD aufnehmen und verteilen mit Begleitheft (in der Gemeinde meiner Dekanin wird das gemacht – mega!), lasst uns diese Situation einfach noch weiter aushalten.

Lasst uns das alles tun. Lasst es uns weiterhin tun. Und lasst uns nicht Gottesdienste einfordern, denn eines ist ziemlich sicher: Es wird eine ganze Menge Kraft, Zeit und weitere Ressourcen benötigen, um diese Form von Gottesdiensten zu feiern. Das alles fehlt dann wieder, um die innovativen und kreativen Ideen der letzten Wochen auf ein nachhaltiges Fundament zu stellen.

P.S.

Ja, ich bin Pfarrer. Ja, ich liebe meine Gemeinde – aber nicht mehr als meine Familie, keine Sorge. Ja, ich liebe meinen Beruf. Ja, ich will unbedingt wieder Gottesdienste feiern – bald, so richtig; ich glaube, ich erwähnte es oben bereits.

Nein, Kirche wird jetzt nicht zugrunde gehen ohne Gottesdienste. Nein, Gottesdienste sind nicht das Zentrum christlichen Glaubens. Nein, ich will nicht provozieren, sondern lediglich meine Meinung auf meinem Blog kundtun.

Ja, ich bin begeistert von dem, was an Gutem in den letzten Wochen entstand. Ja, ich bin mir bewusst, dass das hier nicht allen passt – das ist ok. Wir betonen in der evangelischen Kirche doch immer die tolerante Weite protestantischer Theologie. Just do it! Halte es aus, dass ich eine andere Meinung habe als du – ich halte deine Meinung auch aus. Nein, ich erwarte nicht, dass du alles so siehst wie ich. Nein, ich habe nicht die Weisheit mit den Löffeln gefressen und nein, versprochen: Ich möchte niemandem zu nahe treten.

Aber ja: Ich kämpfe leidenschaftlich für eine innovative und zeitgemäße Form von Kirche, die sich mehr auf ihren Inhalt als auf ihre Form stürzt oder wie es unsere anglikanischen Geschwister sagen würden: Lieber eine „mission shaped church“ als eine „church shaped mission“.


Weitere Artikel im Blick auf die „Corona-Krise“:


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5 Dinge, die es auch nach der „Corona-Krise“ braucht

„Meine Güte, wieso haben wir das nicht schon früher so gemacht?“ Ich habe mir diese Frage selbst öfters gestellt – oder habe sie gestellt bekommen. Es scheint in der Tat so, dass Krisen nicht nur negativ sind. Sie fordern unsere Kreativität heraus und ein „Um-die-Ecke-Denken“, wie wir es sonst wenig tun.

Für mich ist es unglaublich faszinierend, was an Gutem in den letzten Wochen entstanden ist. Ja, diese „Corona-Krise“ ist verbunden mit viel Schrecklichem, mit Leid, mit Todesfällen, mit Krankheit, mit Isolation, mit wirtschaftlichen Einbußen und existenzbedrohenden Situationen. Das ist mir bewusst. Und das kann ich und will ich überhaupt nicht kleinreden.

Nur ist das nicht die ganze Wahrheit. Zum Gesamtbild gehören für mich mindestens fünf weitere Aspekte, von denen ich hoffe, dass sie unser Leben nachhaltig prägen werden. In der Überschrift schreibe ich von „…nach der Corona-Krise“. Mir ist klar, dass das noch niemand absehen kann, wann das ist, wie das ist und unter welchen Umständen. Vielleicht wird es nie ein richtiges „nach Corona“ geben, da manche Veränderungen, die jetzt eingeleitet wurden, auch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten beibehalten werden – ähnlich wie nach dem 11. September 2001.

Gleichzeitig aber wird der Zeitpunkt sein (wobei es wohl ein sehr langer Prozess sein wird), an dem in den Medien mehrheitlich auch wieder über anderes berichtet wird und wir sagen werden: „Weißt du noch, damals, in der „Corona-Krise“, da….“

Und genau darüber mache ich mir Gedanken und hoffe, dass folgende fünf Haltungen unser Leben und vor allem auch unser Gemeindeleben prägen werden.

1Dankbarkeit

Der größte Feind deiner Sorgen ist die Dankbarkeit. Man sagt ja, dass es unmöglich ist, gleichzeitig einen Pinguin anzuschauen und dabei wütend zu sein. Das geht nicht. Stimmt. Genauso wenig ist es möglich, gleichzeitig dankbar und voller Sorgen zu sein.

Es mag schwierig sein – mitunter unmöglich – wirkliche „Sorgenfresser“, wie sie kleine Kinder kennen, zu entwickeln. Schon gar nicht haben wir ein Medikament gegen Sorgen. Das wäre zu schön, um wahr zu sein.

Was aber immer möglich ist: Dankbar zu sein. Dankbar zu sein für die ganz alltäglichen Dinge bis hin zu den außergewöhnlichen Dingen.

Jeder Mensch kommt nackt auf diese Welt und sein letztes Hemd hat keine Taschen. Alles, was wir dazwischen „haben“, ist Geschenk. Sollte uns das nicht zu mehr Dankbarkeit anreizen? Das beginnt mit der Tatsache, dass du lebst; dass du lesen kannst, dass du Menschen hast, die dich lieben und die du liebst.

Es geht weiter über die Schulbildung, Berfusausbildung, deinen Job, deine Mitmenschen, Vereine, Kirchengemeinde.

Es gibt vieles, das du richtig gut kannst, wofür andere Menschen wiederum dankbar sind.

Jeden Tag begegnest du in der Natur so vielem, wofür du dankbar sein kannst: Die wärmenden Sonnenstrahlen, der faszinierende Sonnenuntergang, das Zwitschern der Vögel und die wohltuende Abkühlung durch den Regen.

Das Lachen von Kindern, das vertrauensvolle In-die-Arme-Werfen deiner Kinder, die Umarmung deines Partners und das Wissen um viele Menschen, die für dich da sind.

Die Möglichkeiten moderner Kommunikationsmittel, durch die du rund um den Globus kommunizieren kannst.

Und nicht zu vergessen: der Grill. Im Garten. Auf dem Balkon. Der Duft von Gegrilltem.

Ich glaube, du hast den Punkt verstanden.

Ich selbst erlebe es bei mir. Ich bin dankbarer für viele Kleinigkeiten als ich es noch vor einigen Wochen war, als diese Welt so „normal“ (war sie das?) war.

2Mut

Nach wie vor ist es nicht möglich, in „physischer Gemeinschaft“ Gottesdienst zu feiern. Wir bieten als Evangelische Kirchengemeinde Wutachtal deswegen über unseren YouTube-Kanal Gottesdienste via Livestream an.

Mich faszinieren zwei Dinge: Zum einen die Offenheit von vielen, vielen Menschen, die vorher gar nicht in den Gottesdienst gegangen sind, in diesen herausfordernden Zeiten aber genau spüren: Da muss es mehr geben als das, was ich sehe. Da muss es doch etwas (oder besser: jemanden) geben, der mich trägt und hält. Sie klicken sich rein und besuchen unseren Gottesdienst – ist ja auch cool: Vollkommen unbeobachtet kann man mal „in die Kirche reinschauen“, ohne dass es jemand merkt.

Das korreliert aber mit dem Mut, den ich meine. Denn so viele aus unserer Gemeinde entdecken nun die Möglichkeit, Menschen in unseren Gottesdienst einzuladen, wie sie es vorher nicht getan haben.

Das geht jetzt natürlich auch ganz einfach: die Grafik und den Link in den WhatsApp-Status gepackt, den Link zum Livestream via Nachricht verschickt, auf Facebook geteilt – aber: Auch in persönlichen Gesprächen bis hin zu: Ich richte meinem Nachbarn auf dem iPad alles ein, dass er am Sonntag zuschauen kann.

Oder. Ostern. „Der Herr ist auferstanden“ tönt es normalerweise in den vollen Kirchen an Ostern. Die Kirchen hatten dieses Jahr an Ostern etwas gemeinsam mit dem Grab von Jesus am Ostermorgen: Leere. Keiner da.

Also wurde dieser knapp 2000 Jahre alte Ostergruß mit bunten Kreiden auf die Straße gemalt: „JESUS IST AUFERSTANDEN!“ Wie cool ist das denn bitteschön? Noch Tage und Wochen später ist das auf den Wegen und Straßen in den Orten zu lesen. Menschen, die spazieren gehen, einkaufen gehen oder joggen lesen auch jetzt noch, dass Jesus auferstanden ist.

Wieso? Weil Menschen den Mut hatten, das auf die Straßen zu schreiben – und ich weiß, was es manche gekostet hat, das zu tun.

Oder der wiederentdeckte Mut zur (Mit-)Menschlickeit. Ich bin sehr, sehr positiv überrascht, wie viel Schönes, Liebevolles und Helfendes in den letzten Wochen entstanden ist. Da werden Masken genäht, füreinander eingekauft, zum Arzt begleitet und und und. So schön, wozu der Mensch im Positiven in der Lage ist. Sicherlich erfordert das ein oder andere Mut – zumindest, um über seinen eigenen Schatten zu springen.

Es wäre so genial, wenn diese „neu entdeckte Menschlichkeit“ auch weiterhin Bestand hat.

So viel Mut an vielen Ecken und Enden und ich wünsche mir, dass dieser Mut bleibt!

3Weitsicht

Mich lehrt diese momentane Krise eines: Weitsicht!

Ja, Kirche ist kreativ und geht neue Wege. Gleichzeitig aber ist nicht mehr alles möglich und erlaubt. Nicht nur Gottesdienste finden nicht in physischer Gemeinschaft statt – auch andere Treffen gibt es nicht oder werden auf Grund mangelnder Notwendigkeit abgesagt. Und ich denke mir: Ist das nicht auch gut? Zeigt uns diese Herausforderung nicht auch, worauf es wirklich ankommt?

Nicht jedes Treffen muss sein! Nicht jedes Meeting muss physisch sein!

Gemeindearbeit ist ein Marathon – kein 100 Meter-Lauf. Deswegen sollten wir uns auch über diese Zeit hinaus fragen, was wirklich notwendig ist.

Als Gemeindeleiterinnen und Gemeindeleiter, als Führungskraft ist es unser Job, mit den uns anvertrauten Ressourcen verantwortungsbewusst umzugehen. Eine der wichtigsten Ressourcen ist die Zeit. Auch in Zukunft schaue ich genauer hin, was notwendig ist und was nicht. Denn die Zeit, die andere in einem von mir anberaumten Meeting sind, sind sie nicht dort, wo sie auch gebraucht werden: in ihrer Familie, im Verein, für sich alleine im Sessel beim Atemholen für die Seele.

Es wird eine große Herausforderung sein, dem Druck der „Jetzt müssen wir alles nachholen“-Mentalität standzuhalten, wenn wieder mehr möglich ist als jetzt.

Aber auch und erst recht dann gilt:

Nicht alles, was wieder erlaubt ist, ist gut.

Nicht alles, was wieder möglich ist, ist auch notwendig.

4Raum für Kreativität

Kreativität als solche ist immer vorhanden – die Frage ist: Ist Raum für sie?

In diesen Wochen ist in unserer Kirchengemeinde etwas Wunderbares geschehen. Auf die Herausforderung, dass wir nicht mehr „normal“ Gottesdienst feiern können traf die Kreativität und Leidenschaft von einer Handvoll Mitarbeitern im Bereich von Videotechnik.

Wir hatten keine große Ahnung wie man streamt, aber wir hatten begeisterte Mitarbeiter, die auf gut deutsch einfach Bock drauf hatten, ihre Kreativität und Leidenschaft im Bereich der Videotechnik einzubringen.

Diese beiden Jungs haben ihre Leidenschaft und Kreativität so sehr eingebracht (und tun es immer noch), dass sie nicht nur am Sonntag mehrere Stunden im Einsatz sind, sondern auch unter der Woche noch ein Vielfaches an Stunden aufbringen, um Videos aufzunehmen, Kameras und Software einzurichten, weitere Hardware anschließen, Videos schneiden, meine Wünsche & Ideen, die manchmal auch etwas extravagant (bspw. ein Live-Greenscreen während einer Predigt) sind, umzusetzen – und und und.

Natürlich war hier eine Not (keine normalen Gottesdienste) vorhanden, aber als Gemeindeleitung haben wir uns entschieden, das Projekt Live-Stream anzugehen und haben so der Kreativität der beiden Jungs Raum gegeben.

Du findest sie übrigens hier: www.brunner-wardin-studio.de (weder verwandt noch verschwägert 😉 )

Ich wünsche mir für Kirche und Gemeinde, dass auch nach diesen Wochen ganz, ganz viel Raum für Kreativität da sein wird.

Ich hoffe, dass wir den Satz „Das haben wir schon immer so gemacht“ endlich aus dem Kontext von Kirche und Gemeinde streichen, denn eines ist klar: Gemeinden, die nach diesem Paradigma leben, werden in der Bedeutungslosigkeit verschwinden.

Ich erwarte, dass wir auch weiterhin „out of the box“ denken, dass wir kreativ und innovativ sind, dass wir neue Wege gehen als Kirchengemeinde und dass Gemeindeleitungen Ermöglicher von solchen neuen Wegen sind und keine Spaßbremsen!

Spätestens jetzt sollte doch allen klar sein, dass Kirche nicht Kirche bleiben kann, wie sie „schon immer war“. Wir müssen weiterhin dieser großartigen Kreativität Raum geben, die sich in den letzten wenigen Wochen gezeigt hat. Das erfordert Mut – aber darüber habe ich oben ja schon geschrieben. Es erfordert aber noch ein zweites – und das ist mein letzter Punkt für heute.

5Fokus

Neben „Das haben wir schon immer so gemacht“ gibt es ja noch so einen Kirchenkiller: „Wir müssen alle mitnehmen und es ihnen recht machen.“ Äh – nein! Musst du nicht. Wieso sollst du etwas schaffen, das nicht einmal Jesus vergönnt war? Und woran misst du, ob du „alle mitgenommen“ hast? Manche Vorstellungen bei Kirche sind so hartnäckig wie utopisch.

Was diese herausfordernden Zeiten mich lehrt, ist: Fokus! Wir brauchen Gemeinden, die einen Fokus haben!

Ein geistlicher Fokus ist uns als Gemeinde schon immer gegeben: Menschen zu Nachfolgern von Jesus zu machen. Das ist Zentrum, das ist Fokus. Den haben viele Gemeinden schon vor der „Corona-Krise“ nicht gehabt – hoffentlich haben sie ihn jetzt, weil nur Jesus den Menschen helfen kann.

Wenn wir nach der „Corona-Krise“ als Gemeinden nicht den klaren Fokus haben, Menschen zu Nachfolgern von Jesus zu machen, wozu Jesus uns in Matthäus 28,18-20 auffordert, dann haben wir als Gemeinden nichts aus der Krise gelernt.

Allerdings bedeutet selbst diesen Fokus zu haben noch lange nicht, dass man auch das Richtige macht. „Wir wollen, dass Menschen zum Glauben an Jesus kommen“ ist ein toller Satz – aber für die Gemeindeentwicklung in der Hinsicht unbrauchbar, weil er komplett beliebig gefüllt werden kann. Das wiederum führt zur allseits gehassten „Verzettelung“.

Mir zeigt diese Krise, dass es unbedingt einen Fokus benötigt um nicht alles zu tun, aber das, was man tut, exzellent zu tun.

Warum zeigt mir diese Krise das? Die Antwort ist irgendwie ernüchternd-einfach: Vieles, das „vor Corona“ ganz normal zum Alltag der Kirchengemeinde gehörte, findet nun nicht statt – und der Knackpunkt ist: Lange nicht alles wird von den Menschen vermisst. Ist das nicht verrückt? Merken wir, dass wir Dinge tun und getan haben, die eigentlich gar nicht notwendig waren? Braucht es diese krasse Krise, um zu erkennen, was wirklich mit Sinn erfüllt ist – und was wir getrost bleiben lassen können?

Das mag ernüchternd sein, aber gleichzeitig auch ein sehr, sehr wertvoller und reinigender Prozess sein, durch den wir als Kirchengemeinde und vor allem als Leitungsgremium gehen können – und sollten.

Diese Krise bietet eine vielleicht einmalige Chance, das Gemeindeleben auf den Prüfstein zu stellen. Natürlich muss man nicht das Kind mit dem Bad ausschütten – logisch. Aber wer in diesen Zeiten sich nicht die Frage stellt, was bleiben soll und was bleiben gelassen werden soll – der verpasst womöglich eine große Chance! Und manchmal muss man sich gar nicht hinsetzen und sich diese Frage stellen. Es reicht einfach, einen Blick in das Gemeindeleben zu werfen und zu erkennen, was den Menschen fehlt – und was nicht.

…und nicht zu vergessen:

Ein „weiter so wie vorher“ wird schon alleine auf Grund der Finanzen nicht gehen. Ich erwarte einen drastischen Rückgang der Finanzen, die Gemeinden mindestens dieses und nächstes Jahr zur Verfügung stehen werden.

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Die Bibel – faszinierend, einzigartig und voller Geheimnisse

Er hat es wieder getan. Einmal mehr. Ein Buch hat er geschrieben, das inspiriert und fasziniert, das wachrüttelt, das Widerspruch erzeugt, das mit Vorsicht zu genießen ist. Rob Bell – spricht man seinen Namen etwas genuschelt aus, wird daraus „Rebell“ – und das beschreibt seine Grundhaltung gegenüber theologisch konservativen Überzeugungen, die er einst auch vertrat, ganz gut. Wobei. Ich habe den Eindruck, dass uns in diesem Buch ein Rob Bell begegnet, der ein wenig auf die Bremse tritt und irgendwie ein wenig ausgewogener daherkommt als noch vor wenigen Jahren.

Ein Begeisterter begeistert

So würde ich zweifelsohne das beschreiben, was Rob Bell in diesem Buch tut. Er ist so dermaßen fasziniert von der Bibel, dass er es wirklich schafft, den Leser und die Leserin für dieses „uralte Buch“, wie es im Untertitel heißt, zu begeistern. Das fasziniert. Das inspiriert. Das lässt einen das Buch schier nicht aus der Hand legen. Hinzu kommt natürlich Bells Schreibstil, der wunderbar übersetzt worden ist und dazu beiträgt, dass man ein Kapitel nach dem anderen liest.

Was macht Bell in diesem Buch? Nun, eigentlich nichts anderes als biblische Geschichten auszulegen. Auf seine Art und Weise. Das heißt: Er kommt von A nach B nach C nach B nach D nach E nach A noch mal nach D nach E und zurück zu A. Welche Themen und Dimensionen Rob Bell anhand einer – manchmal unscheinbaren – Bibelstelle streift, sucht seinesgleichen.

Seine große Stärke ist die bildhafte Sprache. Vergleiche und Bilder, die Bell zur Illustration eines biblischen Sachverhaltes heranzieht, suchen wirklich ihresgleichen. Durch sehr alltagsnahe und jedermann verständliche Bilder versteht er es, biblische Zusammenhänge in unsere heutige Zeit zu setzen.

Vier Teile und Konfusion

Rob Bell gliedert sein Buch in vier große Bereiche:

Teil 1: Es steckt mehr dahinter

Teil 2: Das Wesen dieses Mehr

Teil 3: Wohin uns dieses Mehr führt

Teil 4: Die Fragen, die immer gestellt werden

Innerhalb dieser vier Bereiche macht Bell im Prinzip nichts anderes, als biblische Geschichten anzuschauen. Und zwar ganz genau. Er schaut zwischen die Zeilen. Er schaut auf das, was eben nicht geschrieben steht. Er entführt den Leser in die Kultur und Welt der damaligen Zeit, in das Denken und Leben der Menschen zur Zeit der Bibel sowie auch religionswissenschaftlich in die Kulte und Religionen der umliegenden Völker.

Vielleicht hast du dich immer auch schon ein wenig (zumindest!) an der (scheinbaren) Opferung Isaaks durch Abraham im 1. Buch Mose Kapitel 22 gestoßen. Gott will ein Menschenopfer? Echt jetzt? Nein! Will er nicht. Aber selbst wenn – was wäre so schlimm daran, denn für die Menschen der damaligen Zeit waren Menschenopfer durch die Kulte und Religionen der umliegenden Völker zwar nichts Schönes, aber zumindest nichts Extravagantes.

Das ist nur ein Beispiel, wie Bell es schafft, selbst schwierige biblische Geschichten so einigermaßen nachvollziehbar zu machen. Einigermaßen.

Aber ganz ehrlich: Rob Bell wäre nicht Rob Bell, wenn er nicht auch ein wenig konfus daherkommt. Aber das ist dieses „konfus“, das einem immer dort begegnet, wo jemand begeistert ist von einer Sache, ohne Punkt und Komma redet und in einem Moment auf den anderen plötzlich „ganz woanders ist“. Das ist Bell – und das ist faszinierend!

Nach wie vor fragwürdige Theologie

So weit so gut – ich empfehle das Buch dennoch nicht uneingeschränkt und bin ehrlich gesagt auch ein wenig verwundert, weshalb es bei Gerth Medien im Programm ist.

Der Grund erschließt sich, wenn man das Buch im Ganzen gelesen hat und feststellt, dass diese vier Teile, in die Bell sein Werk gliedert, nicht ganz zufällig gewählt sind. Im Prinzip spiegeln sie nämlich Bells geistliche/theologische Reise und Entwicklung der letzten Jahre wider. Und die würde ich schlicht so beschreiben, dass sich ein konservativ geprägter Pastor zu einem progressiven Theologen entwickelt hat, der nicht nur konservative Wertvorstellungen und theologische Einsichten abgelegt hat, sondern andere Menschen regelrecht ermutigt, das auch zu tun und sich nicht zu wundern, wenn andere Menschen sie dafür nicht verstehen.

Manche Stimmen, die einmal hilfreich für Sie waren, werden Sie in Ihrem Wachstum behindern, wenn Sie noch länger darauf hören. Es kann sich sogar anfühlen wie ein Rückschritt – weil es das auch ist. Die Bibel - faszinierend, einzigartig und voller Geheimnisse, S. 310.

Das ist nur eine von vielen Aussagen, die mich nach der Lektüre dieses Buches nicht nur fragend zurücklassen, sondern regelrecht verwirrt. Bell präsentiert liberal-progressive Theologie (was sich bspw. in seiner Annahme der Datierung einiger biblischer Schriften zeigt), deren großes Dilemma sich gerade in Teil 4 zeigt.

Bells Problem: Er gibt keine Antworten

Hier versucht Bell, häufig gestellten Fragen auf den Grund zu gehen. Sein Problem nur ist: Er gibt keine Antworten. Die kann er nämlich auch nicht geben, weil auf so existenzielle Fragen wie „Musste Jesus sterben“ oder „Was ist Sünde“ seinen seichten Bilder und Aussagen schlichtweg die Substanz fehlt. Seine Stärke wird hier zur Schwäche: Die Flucht in Bilder und Vergleiche, die noch hilfreich sind, wenn es um die Auslegung biblischer Texte geht, werden zum Verhängnis, wenn es um die Glaubwürdigkeit und Gültigkeit der Bibel als Wort Gottes geht.

Auf die Frage (im letzten Teil des Buches), ob die Bibel das Wort Gottes sei, antwortet Bell:

Ist die Bibel dann also das Wort Gottes? Ja. So wie viele andere Dinge auch.

Und wie würden Sie dann definieren, was Wort Gottes ist? Der kreative Akt, durch den Gott in und durch diese Welt spricht und so eine neue Schöpfung und neues Leben ins Dasein bringt.

Was meinen die Leute dann, wenn sie behaupten, dass diese Sammlung von Büchern, die von Menschen geschrieben wurden, Gottes Wort ist? Sie. betonen damit, dass sie diese Sammlung von Büchern für ein verlässliches Zeugnis darüber halten, wie das dauernde, sich entfaltende Wirken Gottes in der Welt aussieht.

Aber kann man das nicht auch durch jede Menge anderer Bücher, jede Menge anderer Worte, jede Menge anderer Erfahrungen erleben? Natürlich. Die Verfasser der Bibel reden davon sogar recht oft. Es ist, als ob sie ständig wiederholten: Mach die Augen auf, sieh dich um, lausche, sei aufmerksam. Gott spricht ständig – alles ist ein einziges Wort.

Dann ist also eine Hauptaussage dieser Büchersammlung die, dass es jede Menge von Worten Gottes gibt und wir auf sie alle hören können und auch sollten? Ganz genau.Die Bibel - faszinierend, einzigartig und voller Geheimnisse, S. 272+273.

Insofern ist dieses Buch leider nicht mehr als ein weiteres Werk eines Theologen, der eine geistlich-theologische Reise durchgemacht hat (oder immer noch dabei ist), die ihn von vielen biblischen Wahrheiten entfernt hat, er selbst dies natürlich als progressiv (ohne das Wort in den Mund oder in die Feder zu nehmen) sieht und diejenigen als ewig gestrig und nicht wohltuend abstempelt, welche diese Reise nicht mitgehen.

Schade. Es gibt so viele gute und schöne Absätze und Ansätze in diesem Buch – aber das Fundament ist verstörend. Leider.

Fazit

Empfehlen kann ich dieses Buch jedem, der sich selbst hinterfragen möchte und es aushalten kann, dass theologische Grundwahrheiten angezweifelt werden. Definitiv ist es keine leichte Kost und nicht geeignet für jemanden, der neu im Glauben ist. Es bedarf ebenso einer gewissen theologischen Grundbildung oder Grunderfahrung, um Bells teilweise fragwürdigen Aussagen einordnen zu können.

Ebenfalls ertragen muss man ein teilweise recht unsachliches „Bashing“ theologisch konservativer Positionen, das teilweise als Projektionsfläche seiner Thesen dient. Wer sich momentan in der theologischen Debatte bewegt, wird darüber aber nicht verwundert sein, da dieses Muster auch im deutschsprachigen Kontext bei manchen „progressiven Theologen“ immer wieder vorkommt.

Nachdem sich in der Vergangenheit einige Thesen Bells als unwahr herausgestellt haben (bspw. der Ausdruck „Im Staub des Rabbi laufen“, worüber es einige Ausführungen im Internet gibt), gilt es darüber hinaus, auch dieses Buch mit Vorsicht zu genießen.

Die Bibel - faszinierend, einzigartig und voller Geheimnisse
320 Seiten
ISBN: 9783957345165
Verlag: Gerth Medien
Preis: 18,00 EUR

Ohne Auferstehung ist alles sinnlos

Und damit meine ich die leibliche Auferstehung von Jesus. Also das, was Christen seit annähernd zwei Jahrtausenden glauben und eigentlich nur von Atheisten und liberalen Theologen angezweifelt wird. Nehmen wir nur mal an, das Grab sein am Ostermorgen nicht leer gewesen, sondern Jesus ist verwest und lediglich „in Gedanken, Herzen und Verkündigung“ der Jesus-Nachfolger auferstanden.

Gebrauchsanweisung eines Nasenhaartrimmers

Dann? Ja dann kannst du auch die Gebrauchsanleitung deines Nasenhaartrimmers lesen. Diese wird genauso viel Wahrheit über das Leben, den Tod und das ewige Leben beinhalten wie das, was wir in der Bibel über Jesus lesen. Mit einem Unterschied: den Part mit dem ewigen Leben kannst du streichen. Den gibt’s ja nicht. Jesus ist ja im Grab verwest.

Wenn Jesus nicht leiblich auferstanden ist, dann würden ja die Berichte in der Bibel nicht stimmen. Damit meine ich nicht nur die Evangelien, sondern auch das, was später dann der Apostel Paulus den Gemeinden in Kleinasien (und darüber hinaus) zur Ermutigung in Zeiten der Verfolgung geschrieben hat. Er hätte sie dann ja angelogen, der alte Gauner. Unglaublich. Und das inmitten von Zeiten größter Not.

Oder nehmen wir nur mal die (frühe) Kirchengeschichte, die „Alte Kirche“ mit ihren großartigen Theologen und Kirchenvätern. Für sie war die Auferstehung von Jesus nicht nur ein netter Gedanke. Für sie lebte Jesus nicht einfach nur in unseren Herzen und Gedanken weiter, wie das Elvis und die Beatles auch heute noch bei vielen Menschen tun. Für sie war Fakt: Jesus ist auferstanden. Bums, aus, Nikolaus, wie der große Philosoph Bernd Stromberg sagen würde.

Nehmen wir nur mal an, das Grab sei am Ostermorgen voll gewesen. Also Jesus wäre gestorben und eben nicht auferstanden. Dann müsste ich meinen Job an den Nagel hängen, denn ich bin schließlich auf die Bibel und die Bekenntnisschriften der protestantischen Kirche ordiniert und verpflichtet. Und in all diesen Dokumenten steht nun mal drin, dass Jesus auferstanden ist – und zwar nicht nur in den Gedanken und in die Verkündigung. Wie andere Kolleginnen und Kollegen damit umgehen, die das nicht glaube (können oder wollen), ist nicht mein Bier.

Liebe Leserin, lieber Leser: Jesus ist auferstanden! Das bezeugen so viele biblische Autoren, dass es keinen Zweifel daran gibt. So unvorstellbar das ist. Und auch der oben schon erwähnte Apostel Paulus hat sehr drastische Worte dafür gefunden, was wäre, wenn das mit der leiblichen Auferstehung Jesu nur Humbug wäre:

Ist aber Christus nicht auferstanden, so ist unsre Predigt vergeblich, so ist auch euer Glaube vergeblich. 

Ist Christus aber nicht auferstanden, so ist euer Glaube nichtig, so seid ihr noch in euren Sünden. Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christus, so sind wir die elendesten unter allen Menschen.

Nun aber ist Christus auferstanden von den Toten als Erstling unter denen, die entschlafen sind.

(Die Bibel – 1. Korinther 15,14.17.19-20)

Weil das nun wahr ist, sind auch Jesu Verheißungen an uns heute noch gültig!

Die Auferstehung gibt den Verheißungen Jesu einen festen Grund

Jesus hat seinen Nachfolgern damals und auch uns heute so viele wunderbare Verheißungen gegeben. Was bringen sie uns heute? Wieso geben sie uns heute Kraft? Warum sind sie auch heute noch gültig? Die Antwort lautet: Weil Jesus auferstanden ist, haben diese Verheißungen auch heute noch Kraft!

Wäre Jesus nicht auferstanden, wären auch diese Verheißungen sinnlos – so wie Paulus es eben schreibt. Aber weil Jesus wirklich und leiblich auferstanden ist von den Toten, haben diese Verheißungen auch heute noch Gültigkeit.

NIEMALS ALLEIN

Jesus verheißt: Ich bin immer bei euch, jeden Tag, bis zum Ende der Welt. (Matthäus 28,20)

SUCHEN & FINDEN

Jesus verheißt: „Bittet Gott, und er wird euch geben! Sucht, und ihr werdet finden! Klopft an, und euch wird die Tür geöffnet!“ (Matthäus 7,7)

SORGENFRESSER

Jesus verheißt: „Macht das Reich Gottes zu eurem wichtigsten Anliegen, lebt in Gottes Gerechtigkeit, und er wird euch all das geben, 
was ihr braucht.“ (Matthäus 6,33)

ECHTES LEBEN

Jesus verheißt:
Weil ich lebe, werdet auch ihr leben. (Johannes 14,19)

FRIEDE IM HERZ

Jesus verheißt:
“Ich gebe euch einen Frieden, wie die Welt ihn nicht geben kann. Lasst euch nicht in Verwirrung bringen, habt keine Angst.“ (Johannes 14,27)

Diese Verheißungen sind großartig und kraftvoll. Nimm sie dir zu Herzen (deswegen auch die Herzen), weil sie wahr sind. Es ist so gut, was an Ostern geschehen ist. Der Tod hat nicht das letzte Wort! Jesus ist Sieger. In einem alten Jungscharschlager heißt es:

Jesus Christus ist der Sieger über Hölle, Tod und Teufel – darum wähl‘ ich ihn. Er gab meinem Leben Sinn und ew’ges neues Leben darum sing ich froh von ihm. Jesus Christus gestern und auch heute und derselbe auch in Ewigkeiten. Fasse seine Hand! Er will dich leiten heute und für alle Zeiten!

Das Lied drückt sehr komprimiert aus, um was an Ostern geht. Und ja, ich stehe dazu, auch wenn Teile der eingangs erwähnten Berufsgruppe, zu der ich auch gehöre, das mit einem Lächeln abtun werden und wider besseres Wissen meinen, es besser zu wissen als die Zeugen des Neuen Testamentes. Der Glaube steht und fällt mit dem urchristlichen Ostergruß:

„DER HERR IST AUFERSTANDEN!

ER IST WAHRHAFTIG AUFERSTANDEN!“

Genau darüber habe ich am Ostersonntag 2020 gepredigt. Die Predigt kannst du dir hier anschauen:

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