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Carey Nieuwhof: Didn’t see it coming

„Wenn mir das mal jemand früher gesagt hätte…“ Kennst du diesen Satz? Ich schon. Ich glaube, ich habe ihn sogar auch schon gesagt. Und ich wette, dass Carey Nieuwhof ihn auch das ein oder andere Mal schon auf den Lippen hatte. „Didn’t see it coming“ ist ein ganzes Buch voller „Wenn mir das mal jemand früher gesagt hätte…“-Sätze und deswegen eine wahre Fundgrube für jeden (jungen) Leiter und Pastor.

Die 7 größten Herausforderungen

Carey Nieuwhof identifiziert in seinem Buch sieben Herausforderungen, die man normalerweise „nicht kommen sieht“ („didn’t see it coming“), die aber das Potential haben, dich, deine Familie, deine Gemeinde und deinen Glauben zu zerstören – ja, ich drücke es bewusst so hart aus, weil es so hart ist. Diese sieben Herausforderungen sind:
  • Zynismus („Cynism)
  • Kompromisse („Compromise“)
  • Abschottung („Disconnection“)
  • Irrelevanz („Irrelevance“)
  • Stolz („Pride“)
  • Ausbrennen („Burnout“)
  • Leere („Emptiness“)
Richtig. Je länger man diese Liste sich vor Augen führt, desto mehr beschleicht einen dieses wirklich unangenehme Gefühl in der Magengegend und vielleicht weißt du jetzt, wieso ich bewusst von „zerstören“ geschrieben habe.

Authentisch und wegweisend

So würde ich dieses Buch mit zwei Worten beschreiben. Wer Carey Nieuwhof ein wenig kennt weiß schon vor dem Lesen des Buches, dass diese sieben Dinge nicht aus der Luft gegriffen sind, sondern Nieuwhof selbst mehr oder weniger damit zu kämpfen hat(te). Deswegen ist es für mich auch kein Möchtegern-Ratgeber sondern vielmehr gibt dieses Buch einen tiefen Einblick in das Leben eines großartigen Pastors und Leiters. Gleichzeitig ist es aber auch wegweisend. Weg-weisend von den Problemen hin zu den Lösungen – oder zumindest zu Lösungsstrategien. Jedes einzelne dieser 7 Dinge wird mit jeweils zwei Kapiteln „behandelt“. Im ersten Kapitel kommt die Diagnose, im zweiten Kapitel die Behandlung. Sehr ehrlich und alltagsnah beschreibt Nieuwhof jeweils im ersten Kapitel, um was es bei Zynismus, Kompromissen, Abschottung, Irrelevanz, Stolz, Ausbrennen und Leere geht. Im zweiten Kapitel zeigt er auf, wie man aus diesen Dingen „herauskommen kann“. Deswegen sind seine Gedanken wegweisend, da sie den Weg aus diesen Dingen heraus weisen hinein in ein Leben, das bestimmt ist von Gottes guter Absicht und der Berufung, die er für jeden Leiter und Pastor hat.

Amerikanisch? Von wegen!

Wer jetzt denkt „Ja gut, aber Nieuwhof ist doch Amerikaner – das ist eine ganz andere Kultur!“ – dem muss ich widersprechen. Zum einen ist Nieuwhof nicht Amerikaner sondern Kanadier (inwiefern das einen kulturellen Unterschied macht, kann ich nicht beurteilen). Zum anderen sind seine Gedanken meines Erachtens nach jedoch kontext- und kulturübergreifend weil auch die Zynismus, Kompromisse, Abschottung, Irrelevanz, Stolz, Ausbrennen und Leere kontext- und kulturübergreifend sind und niemand von sich sagen kann, dass er vor diesen Dingen sicher und geschützt ist.  Deswegen heißt der Untertitel auch „Die 7 größten Herausforderungen überwinden, die niemand erwartet und jeder erfährt“ („Overcoming the 7 greatest challenges that no one expects and everyone experiences“).

Existentiell (und) selbstkritisch

„Didn’t see it coming“ liefert kein Program oder kein simples „Tu dies und du bekommst das“-Rezept. „Didn’t see it coming“ macht dann am meisten Sinn und hat den größten Nutzen, wenn man es selbstkritisch liest. Du musst nicht erst alle sieben Herausforderungen erlebt haben, um zu erkennen, dass der Beruf als Pastor oder Leiter extrem herausfordernd ist. Manchmal reichen da schon ein, zwei, drei… davon. Aber nur wenn du dich selbst hinterfragst oder durch Nieuwhofs Gedanken hinterfragen lässt, macht dieses Buch Sinn – denn dann wird es existentiell. Dann geht es um dich als Leiterin und Pastorin, als Leiter und Pastor und nicht um irgendjemand anderes. Es geht auch nicht darum, wie man schnellstmöglich das alles überwindet, um eine Megachurch aufzubauen. „Didn’t see it coming“ wird dir – wenn du es selbstkritisch liest – einige Hausaufgaben mitgeben, so ging es mir zumindest zum Beispiel im Blick auf die Anzeichen eines Burnouts, im Blick auf „Fluch und Segen“ der modernen Technik oder auch im Blick auf Stolz (ein ganz heißes Eisen). Von einem bin ich mehr denn je überzeugt: Diese sieben Herausforderungen lauern tagtäglich. Nicht zirkulär oder linear, sondern ziemlich durcheinander. Aber eines ist sicher: sie lauern!

Weit mehr als ein billiger Ratgeber

„Wenn mir das mal jemand früher gesagt hätte…“ zählt nicht mehr, wenn du dieses Buch gelesen hast, was ich dir spätestens jetzt wärmstens empfehle. „Wenn mir das mal jemand früher gesagt hätte…“ ist keine Ausrede oder Entschuldigung mehr – denn Carey Nieuwhof wird es dir gesagt haben. Die Frage ist eher: Was machst du damit? Nochmal: Dieses Buch ist kein billiger Ratgeber, der dich auffordert, ein paar Punkte zu befolgen und dann wird schon alles gut. Beim besten Willen nicht! Manchmal empfand ich es beim Lesen sogar sehr erschreckend, wie es Carey Nieuwhof in seinem Dienst erging und ergeht. Ich glaube, dass das Potenzial dieses Buches vor allem darin liegt, dir vielleicht erst einmal zwei oder drei der Herausforderungen anzuschauen, denen du dich gegenüber siehst – um sie dann zu überwinden und ein Leben als Leitungsperson oder als Pastor zu führen, das nicht getrieben, sondern erfüllt ist. Das Buch kannst du auf amazon.de kaufen – oder direkt über careynieuwhof.com und dich dabei inspirieren lassen von seinem Blog, seinem Leadership-Podcast oder von seinen Online-Kursen, von denen ich schon zwei gemacht habe bzw. dabei bin (Breaking 200 und High Impact Leader) und der dritte (The art of better preaching) noch „in der Schublade liegt“.  

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Die Kraft einer Vision

Je länger ich in Sachen „Gemeinde“ unterwegs bin, desto mehr bin ich davon überzeugt: Hat eine Gemeinde eine Vision, ist sie kraftvoller, dynamischer und leidenschaftlicher als andere Gemeinden. Nein, ich habe keine Untersuchungen und Nachforschungen angestellt. Das ist ein ganz subjektives Empfinden.

Das Verhältnis von Mission, Vision und Strategie

Dabei gilt zu bedenken: Die Vision ist nicht gleich die Mission und ist nicht gleich die Strategie. Gut. Jetzt sind einige durchaus verwirrt, aber ich glaube, dass es von großer Hilfe ist, wenn wir hier unterscheiden – und zwar recht simpel. Mission: Diese kann sich keine Gemeinde raussuchen. Sie ist jeder Gemeinde gegeben – und zwar vollkommen egal, welcher Konfession oder Denomination man angehört. Sie ist simpel und einfach und geht zurück auf die letzten Worte Jesu:
„Mir ist alle Macht im Himmel und auf der Erde gegeben. Darum geht zu allen Völkern und macht die Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe.“Die Bibel, Matthäus 28, 18-20
Ich werde nicht müde zu betonen, dass im Griechischen hier nur ein Imperativ steht: „Macht zu Jüngern“ – alles andere sind die Arten, wie wir Menschen zu Jüngern machen sollen. Jesus hat uns also nicht befohlen zu taufen, sondern zu missionieren. Punkt. Das kann man nun gut oder schlecht finden – aber das ist die Mission, die jeder Gemeinde gegeben ist. Dieser kann man sich verweigern oder nicht – aber eines kann man nicht: Am runden Tisch abstimmen und so tun, als sei „Mission“ nur Aufgabe einiger Gemeinden, die es einfach nicht lassen können. Vision: Diese sollte sich jede Gemeinde selbst geben. Und sie dient dazu, diese Mission Gottes, die jeder Gemeinde gegeben ist, auf die Gemeindesituation „runterzubrechen“ und gleichzeitig so motivierend zu formulieren, dass dadurch eine Leidenschaft ausgelöst wird, diese Mission zu leben. Der us-amerikanische Pastor Bill Hybels sagte einmal: „Eine Vision ist ein Bild der Zukunft, das Leidenschaft erzeugt.“ Darum geht’s! Diese „uralte Mission“ Gottes für die Gemeinde so mit Leben und Leidenschaft zu füllen, dass sie Menschen in Bewegung setzt. Strategie: Diese ist nötig, um die Vision „auf die Straße“ zu bringen. Und zwar ganz konkret in Werten, Programmen und Strukturen. Oder anders ausgedrückt: Wie wird aus einem kraftvollen Satz, einigen ausdrucksstarken Worten etwas, das sich durch den Gemeindealltag, die Gemeindeleitung, die Mitarbeiterbegleitung und vieles mehr hindurchzieht?

Mission

...ist der Gemeinde gegeben.

Vision

...lässt sich die Gemeinde schenken und wählt sie aus.

Strategie

...ist nötig, um die Vision umzusetzen.

Ein langer Weg

Und dazu braucht es einen langen Atem, was sicherlich nicht schwer zu verstehen ist. Muss man sich als Leitungsteam einer Gemeinde erst einmal im Klaren darüber sein, dass die Mission kein Wahlfach, sondern Pflichtfach ist, geht es weiter mit dem Finden einer Vision – und anschließend einer Strategie, wie diese umgesetzt werden kann. Hierüber könnte man noch ganz viel schreiben – und vielleicht werde ich das an anderer Stelle auch tun. Hier soll es einmal bei einem praktischen Beispiel bleiben, wie wir es in der Evangelischen Kirchengemeinde Wutachtal handhaben. Die Mission ist uns gegeben. Unsere Vision lautet „Gott erfahren – begeistert leben“ und die Strategie, wie wir sie momentan umsetzen möchten, lautet „Vision 2020„. Zu „Vision 2020“ kannst du unter folgendem Link dich schlau machen: www.wutachblick.de/2017/09/21/vision-2020-gott-erfahren-begeistert-leben/ Ich bin der festen Überzeugung, dass eine Vision unglaubliche Kraft entfalten kann. Je schlichter, desto besser. Es braucht keine komplizierten Sätze, keine verschachtelten Kausalzusammenhänge, die alles erklären und unter sich vereinen wollen. Es braucht einen kraftvollen Satz, aussagekräftige Worte, die dann mit Leben gefüllt werden können.

Die Kraft einer Vision im Gemeindealltag

Mir persönlich hilft unsere Vision „Gott erfahren – begeistert leben“ immer wieder, meinen Dienst zu hinterfragen und die „Großwetterlage“ in der Gemeinde abzuklären. Erfahren Menschen in und durch unsere Gemeinde Gott? Leben wir den Glauben an Jesus Christus begeistert und begeisternd? Solange ich nicht spontan auf beide Fragen ein „Nein“ habe, sind wir auf einem ganz guten Weg. Allerdings sollte das „Ja“ auch nicht nur zögerlich sondern am besten schnell und überzeugend kommen. Und das Schöne ist: Das ist – zumindest momentan – der Fall. Eine Vision hilft in schwierigen Phasen und Durststrecken, den Kopf nicht in den Sand zu stecken sondern vielmehr gibt sie Anlass zu Gesprächseinstiegen wie „Hey, weißt du nicht mehr, wofür wir eigentlich angetreten sind?“ oder „Schau mal, das hier ist nicht alles. Wir sind zu viel mehr berufen!“ Nochmal: Wie man eine Vision findet, wie man von der Vision zur Strategie kommt – das sind eigene Beiträge hier auf meinem Blog wert – am besten, indem ich andere zu Wort kommen lasse, die noch weitaus mehr Ahnung davon haben als ich. Nur: Solltest du jemals zweifeln, ob es der richtige Weg war, eine Vision für die Gemeinde zu finden oder sich auf den Weg zu machen, einen Visionsprozess zu starten – sei ermutigt: Es ist definitiv der richtige Weg! Am 18. November 2018 habe ich über die Vision „Gott erfahren – begeistert leben“ gepredigt:

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Stille Nacht – Heilige Nacht

Alle Jahre wieder. Weihnachten. Christbaum. Geschenke. Gottesdienst. Klar – als Pfarrer und als Gemeinde legt man sich da besonders in Zeug, weiß man doch: Weihnachten ist der einzige christliche Feiertag, der auch gesellschaftlich voll und ganz gefeiert wird – auch wenn immer weniger wissen, warum wir eigentlich Weihnachten feiern. Als ich „Stille Nacht – Heilige Nacht“ von Tim Keller gelesen habe, da habe ich mich ernsthaft gefragt: Verniedlichen wir Weihnachten nicht auch als Kirche viel zu sehr, nur um die „religiöse Schwelle“ so niedrig wie möglich zu halten?

Ein typischer Keller

„Stille Nacht – Heilige Nacht“ ist ein typischer Keller: Pointiert. Liebevoll. Verständlich. Tiefgehend. So würde ich dieses Buch beschreiben. Aber irgendwie passt das auf fast jedes Buch von Tim Keller, deswegen wollen wir mal ein wenig ins Detail gehen. Keller erzählt nicht einfach die Weihnachtsgeschichte nach. Vielmehr schaut er genau hin. Und zwar ganz genau. Er nimmt die Hirten unter die Lupe, er schaut genau hin, was Maria erlebt hat und auch die „Weisen aus dem Morgenland“ werden einer genauen Betrachtung unterzogen – und natürlich auch Herodes himself. Nicht zuletzt: Selbst der Stammbaum Jesu nach Matthäus bekommt eine Bedeutung bzw. wird so im Detail untersucht, wie es wohl noch wenige bisher getan haben. Bei alledem bleibt Keller nicht bei der Weihnachtsbotschaft an sich stehen. Er stellt uns die großen Themen vor Augen, die in der Weihnachtsgeschichte eine Rolle spielen:
  • Wieso – um alles in der Welt – kommt Gott als Mensch auf diese Erde?
  • Wie kann ich einen hingebungsvollen Glauben wie Maria leben?
  • Warum gehört es unbedingt dazu, auch mit dem Verstand zu glauben? (So widersprüchlich das klingen mag.)
  • Könnte es nicht eigentlich egal sein, wer die Botschafter sind, wenn die Botschaft stimmt?
  • Wieso ist es für den „König Jesus“ so schwierig, auf den Thron unseres Lebens zu sitzen? (Spoiler: Weil wir uns selbst immer wieder darauf setzen.)
Es kann gut sein, dass Sie den Glauben schon mit der Muttermilch aufgesogen haben – aber wenn Sie buchstäblich nie kopfschüttelnd vor dem Evangelium gestanden und es lächerlich, unbegreiflich, unmöglich gefunden haben, dann haben Sie es wahrscheinlich nie richtig begriffen.S. 82

Eine alte Geschichte wird ganz lebendig

Es mag provokant klingen, was Keller da schreibt. Aber genau darum geht es: Wie erleben wir die Weihnachtsgeschichte? Ist das noch etwas, was uns herausfordert, begeistert, ins Staunen versetzt oder gar Ablehnung hervorruft? Oder ist es nicht leider eher so, dass wir „alle Jahre wieder“ die gleiche Geschichte hören und sie uns gar nicht mehr so sehr in ihren Bann zieht, wie sie das sollte?
Es sollte uns gerade so umwerfen wie damals Maria, dass Gott uns, die wir so klein und sündig sind, solch ein gewaltiges Geschenk macht. Das Staunen darüber, dass ich – ausgerechnet ich – von Gott geliebt bin und seine Gnade bekommen habe, es sollte uns als Christen ständig begleiten.S. 85
Im Prinzip dreht sich das gesamte Buch genau darum: Die Faszination von Weihnachten durch unterschiedliche Perspektiven und Blickwinkel wieder neu hervorzuholen. Und dazu steigt Keller sowohl in die Weihnachtserzählung nach Matthäus als auch nach Lukas ein, untersucht das, was da „zwischen den Zeilen“ steht. Und das ist gewaltig. Sehr gewaltig! Keller gräbt in diesem Schatz namens „Weihnachtsgeschichte“ so tief, dass Seite für Seite Erkenntnisse zu Tage kommen, die verblüffend sind. Und diese lassen vor allem einen Schluss nicht (!) zu: Dass Jesus lediglich als „Weltverbesserer“ auf diese Welt kam, sondern vielmehr als Sohn Gottes und Retter. Denn das ist es, was Keller durch die unterschiedlichen Kapitel hindurch immer wieder zu Wort kommen lässt: Die eigentliche Rettungsbotschaft besteht nicht darin, dass Jesus unsere alltäglichen Probleme löst, sondern vielmehr, dass er uns vor Gott gerecht macht.

Warum wir Weihnachten heute noch feiern

Tja, wenn ich den Untertitel lese, dann fühle ich mich ein wenig ertappt – und gleichzeitig auch ein wenig betrübt darüber, was „Kirche“ aus weihnachten macht. Wir versuchen, die Message von Weihnachten so umanstößig wie möglich rüberzubringen und irgendwie auf ein moralisch-ethisches Verhalten zu reduzieren, damit wir ja niemandem vor den Kopf stoßen, der an Weihnachten den Weg in die Kirche findet. Mich aber hat „Stille Nacht – Heilige Nacht“ herausgefordert, noch einmal darüber nachzudenken, was an Weihnachten wirklich gefeiert wird. Vielleicht tut es das auch bei dir. Keller selbst beschreibt – und das macht ihn so sympathisch – immer wieder ganz alltägliche Momente, in denen diese Weihnachtsbotschaft eine Rolle spielt – auch in seinem Leben. Er erzählt auch von Momenten, in denen es bei ihm „klick gemacht“ hat:
Ein anderer Vortrag auf derselben Konferenz half mir zu dem, was ich die „theologische Fundierung“ dieses Dienstes für Gott nennen möchte. Die Rednerin sagte unter anderem: „Wenn wir den Abstand zwischen der Erde und der Sonne – ungefähr 150 Millionen Kilometer – mit der Decke eines Papierblattes vergleichen, dann ergäbe die Entfernung von der Erde zum nächsten Stern einen Papierstapel von über 20 Meter Höhe und der Durchmesser der Milchstraße entspräche einem Stapel, der an die 500 Kilometer hoch wäre. Und im gesamten Weltall gibt es mehr Galaxien, als wir zählen können – womöglich mehr, als es Staubpartikel in der Luft oder Sandkörner an den Stränden der Erde gibt. Und wenn jetzt Jesus Christus all dies durch sein bloßes Wort zusammenhält (Hebräer 1,3) – ist er dann jemand, den man bittet, in seinem Leben der persönliche Assistent zu sein?“ Diese schlichte Logik zerbrach meinen Widerstand dagegen, das zu tun, was Maria getan hatte. In der Tat: Wenn Gott so ist, wie kann ich dann auf die Idee kommen, ihn als Berater und Problemlöser zu behandeln und nicht als den Herrn aller Herren?S. 87
Ich empfehle dir dieses Buch in der Vorweihnachtszeit, weil ich glaube, dass es dein Erleben von Weihnachten noch einmal verändern kann. Das Buch selbst ist sehr gut zu lesen, in übersichtliche Kapitel unterteilt und gut verständlich ohne trivial zu sein.
Infos:
144 Seiten 12,00 EUR ISBN: 978-3-7655-0998-8 BRUNNEN Verlag

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Kirche, öffne dich!

Dieses Buch ist faszinierend – oder besser gesagt: sein Autor, Harald Glööckler. Zugegeben: Bisher habe ich ihn lediglich als den extravaganten Modeschöpfer wahrgenommen, wie ihn die Medien darstellen – und weniger (bis gar nicht) als den Menschen, der eine bewegte Glaubensbiografie hat und die wirklich wichtigen Fragen des Lebens stellt und Antworten sucht. „Kirche öffne dich“ wirft ein ganz neues Licht auf die Figur und den Menschen Harald Glööckler. Ich entdecke einen Menschen, der sich nicht nur auf einer Metaebene Gedanken über den (christlichen) Glauben macht, sondern seine eigenen Erfahrungen mit Kirche, Christen und dem Glauben teilt. Und diese Erfahrungen haben die ganze Bandbreite von „wunderschön“ über „katastrophal“ bis „unglaublich“ zu bieten. Glööckler ist im christlichen Glauben aufgewachsen, groß geworden, hat die Kirche von innen kennen gelernt – und leider auch ihre Schattenseiten.
„Man stellt Gott und die Kirche nicht in Frage, Kind, versündige dich nicht!“, hörte ich die Erwachsenen abwiegeln, wann immer ich etwas genauer wissen wollte. „Das ist eben so. darüber diskutiert man nicht!“, das war die Standardantwort.S. 10
Und das ist noch ein harmloses Zitat darüber, was Glööckler mit Kirche und Glauben erlebt hat – aber ich will ja nicht spoilern sondern vielmehr die Neugier wecken, das ganze Buch zu lesen. Immer wieder kam mir beim Lesen ein Gedanke: „Respekt, dass Glööckler sich noch nicht komplett von Glaube und Kirche abgewandt hat nach dem allem, was er innerhalb und durch Kirche erleben musste.“ „Er hat meinen höchsten Respekt“ klingt total daneben und gönnerhaft, das ist überhaupt nicht meine Intention. Eher bin ich beeindruckt davon, dass Glööckler nach wie vor mit Kirche nicht abgeschlossen hat. Auch wenn er allen Grund dazu gehabt hätte, wie man bspw. auf Grund eines Erlebnisses mit einer evangelischen Pfarrerin verstehen könnte – aber auch hier gilt: Kein Spoiler. Selber lesen! „Kirche öffne dich“ ist in 18 Kapitel unterteilt, die mit einem passenden Zitat bzw. wachrüttelnden Statement beginnen und im Prinzip nichts außer Acht lassen, was einem zum Thema „Kirche“ und „christlicher Glaube“ in den Sinn kommt. Das Erscheinungsbild ist absolut ansprechend und lässt das Buch noch mehr zu einem Erlebnis werden.

Was sich ändern muss

So lautet der Untertitel und man bekommt schon beim Lesen der Kapitelüberschriften einen Eindruck, worum es Glööckler geht und was sich bei Kirchens seiner Meinung nach ändern muss. Stellvertretend seien nur einige der 18 Kapitel genannt:
  • Homosexualität und Kirche (Kapitel 3)
  • Der Himmel ist in uns (Kapitel 6)
  • Ist Gott eine Frau? (Kapitel 8)
  • Toleranz der Religionen (Kapitel 12)
  • Die Bibel – das Kochbuch des Lebens (Kapitel 13)
  • Der Reichtum Gottes – oder: Würde Jesus rote Schuhe von Prada tragen? (Kapitel 16)
Ungefähr in der Mitte des Buches findet sich ein Zitat, das meines Erachtens sehr gut deutlich macht, worum es Glööckler geht:
Ein im Glauben verankertes Leben hat nichts zu tun mit Moral, sondern mit Rechtschaffenheit, Ehrlichkeit, Liebe und Verständnis. Ein Christ ist per definitionem ein Nachfolger und Nachahmer von Jesus Christus. Und Jesus selbst hatte sehr viel über Nächstenliebe und gute Lebensführung zu sagen – aber auffällig wenig über Moral.S. 80
Für Glööckler ist der Glaube in der Tat nichts Moralisches sondern eher etwas, das ihn auf die Suche schickt nach den wirklich wichtigen Fragen des Lebens. Was sich mir beim Lesen seines Buches aber leider immer wieder aufdrängt ist die Vermutung, dass er im Laufe seiner Glaubensbiografie leider immer mehr Fragen und immer weniger Antworten bekommen hat. Nicht, dass Fragen an sich schlecht wären – im Gegenteil: Ein Mensch, der eines Tages aufhört zu fragen, hört auch auf zu glauben und zu leben. Aber wenn sich so gut wie keine Antworten einstellen, ist die ganze Glaubensreise auch eher ein Umherirren als ein Ans-Ziel-Kommen. Verstehe ich ihn richtig, muss sich Kirche vor allem genau dahingehend ändern, dass sie Menschen in Freiheit führt, dass sie Menschen auf ihre Suche und ihrem Fragen nach Gott begleitet – und nicht als oberste moralische Instanz auftritt.

Die Basis von Glööcklers Argumentation

Natürlich – und das ist theologisch gesehen der Haken, biografisch betrachtet aber vollkommen logisch – argumentiert Glööckler auf Grund seiner ganz persönlichen Theologie. Sein Gottesbild umschreibt er so:
Wenn Gott allmächtig und allgegenwärtig ist, wie kann er dann fern von uns sein? Und wenn er nicht fern ist, wieso sollten wir ihn suchen? Gott ist bei uns, Gott ist in uns – wir sind seine Kinder und damit selbst göttlich. Wir sind Gott! Es ist so simpel: Alles, was wir suchen, haben wir bereit in unserem Herzen.S. 155
Natürlich regt sich da in mir so mancher Widerspruch, zum Beispiel, dass die Bibel deutlich davon spricht, dass diejenigen Gottes Kinder sind, die Jesus in ihr Leben aufnehmen (Johannes 1,12) – und nicht automatisch alle Menschen, gleichwohl alle Menschen Gottes Geschöpfe sind. Was seinen persönlichen Glauben und den der postmodernen Gesellschaft betrifft, schreibt er:
Einige Gläubige, und dazu zähle ich auch mich selbst, klicken sich gerne aus verschiedenen Angeboten den perfekten Cocktail fürs Leben heraus. Und dennoch hätte ich die evangelische Kirche nie verlassen, hätte ich das Gefühl gehabt, von ihr verstanden und akzeptiert zu werden. Dieses Gefühl gab mir der Buddhismus viel eher; allerdings stört mich im Buddhismus die Verleugnung vom Gott.S. 157
Und wenn Glööckler im Folgenden dann vom „morphischen Feld“ erzählt und dass er eine gewisse Hellsichtigkeit besitzt – nun ja. Da kann ich in nur zu gut verstehen, dass er sich selbst als Teil dieser „Cocktail-Klicker“ versteht.

Warum mich Glööckler fasziniert und sein Buch fesselt

…ist eigentlich recht einfach zu beantworten: Glööckler erzählt authentisch von seiner Glaubensreise, seinen Fragen und Zweifeln, seinen Überzeugungen und Erwartungen im Blick auf Glaube und Kirche. Ich lese von einem Menschen, der stark ist, der kämpft, der nicht kleinbeigibt, obwohl er allen Grund dazu hätte, der Kirche den Rücken zu kehren. Ich lese von einem Menschen, dessen Glaubensüberzeugungen ich nicht in allen Dingen teile, mit dem ich aber am allerliebsten mal einen Kaffee trinken würde und ihm zeigen würde: Es geht auch anders! Kirche geht auch anders! Kirche geht auch nicht-moralisierend und den Menschen, so wie er ist, annehmend. Liebend gerne würde ich ihm sagen, wie sehr ich es bedauere, dass er Kirchen-Vertretern (im Haupt- oder Ehrenamt) begegnet ist, denen es mehr um die Institution ging als um Jesus selbst. Und ich merke, wie mich seine Zeilen, seine Gedanken, seine Erfahrungen, seine Bewertungen, seine Überzeugungen hinterfragen und das, was ich tue, auf den Prüfstand stellen.

Eine liebenswerte Vision von Kirche

Und wie gerne würde ich ihm sagen, dass ich seiner „Vision von Kirche“ aus tiefstem Herzen zustimme, wenn er schreibt:
Ich frage deshalb Sie, liebe Kirchenvorsteher, Pfarrer, Gemeinderäte und Mitarbeiter: Was ist Ihr Traum, Ihre Vision für Ihre Kirche? Wie sehen Sie sie in der Zukunft? Lebendig, positiv und voller glücklicher Menschen statt grau und öde? Ist das nicht ein herrliches Bild? Träumen Sie voller Romantik, mutig, in bunten Farben und immer ein bisschen größer, als Sie es sich vorstellen können! Denn Gottes Möglichkeiten sind unerschöpflich! Und dann fangen Sie an alles zu tun, was nötig ist, um diesen Traum Wirklichkeit werden zu lassen. Denn von nichts kommt nichts, das ist auch ein Fakt des Lebens. Überlegen Sie sich neue, kreative Maßnahmen, wie Ihre Kirche wieder attraktiver werden könnte. Suchen Sie sich Verbündete. Laden Sie Künstler ein und interessante Sprecher, die frischen Wind auf Ihre Kanzel bringen. Und das können ruhig auch mal etwas kontroverse Leute und Ideen sein. Trauen Sie sich was, und haben Sie keine Angst vor Neuem, vor Veränderungen und vor Andersdenkenden! Angst immer ein schlechter RatgeberS. 157
Ja und am liebsten ende ich diese vielleicht etwas ungewöhnliche Rezension mit einer ungewöhnlichen Einladung:

Lieber Herr Glööckler, wie wäre es, wenn Sie genau solch ein Künstler und kontroverser Mensch wären, der in meiner Gemeinde (www.wutachblick.de) in einem ganz besonderen Format zu Wort kommt? Hiermit lade ich Sie ganz herzlich dazu ein! Ich würde mich freuen!

Infos:
208 Seiten 22,00 EUR ISBN: 9783863342135 adeo Verlag
Einen Einblick in das Leben von Harald Glööckler kannst du hier bekommen:

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Das Prinzip der eigentlichen Führungspersönlichkeit

„Führungskraft sein ist wie eine Dame sein: Wenn man es den Leuten erst sagen muss, dann ist man keine.“ So wandelt Maxwell ein Ausspruch Margarete Thatchers ab im Blick auf die „eigentliche Führungspersönlichkeit“.

Was soll ich sagen? Ich glaube, dass im Blick auf Gemeinde sich einige Gemeindeleiterinnen und Gemeindeleiter einmal hinterfragen müssten, ob das oben genannte Zitat nicht auf sie zutrifft. Ich habe es nicht selten erlebt, dass manche Leitung- oder Führungskräfte im kirchlichen Kontext genau so aufgetreten sind: „Eigentlich bin ich ja nicht so von „oben herab“, aber hier oder da musste ich schon mal sagen, wer eigentlich die Leitung innehat und wer nicht.“

Ja, es gibt Situationen, in denen ist es nötig, sich klar zu positionieren nach dem Motto: „Es gibt eine Leitung in der Gemeinde – und Du bist es nicht!“ Aber: Das ist in meinen Augen dann nötig, wenn Gemeindeglieder Leitung als solche nicht akzeptieren. Aber es ist dann – ganz im Thatcherschen Sinne – vollkommen deplatziert, wenn ich durch solche Äußerungen deutlich machen möchte: Ich bin die Leitung!

Ein heikles Thema

John Maxwell spricht in diesem Kapitel ein wirklich heißes Eisen an, da es um die Glaubwürdigkeit eines Pastors, einer Pastorin als Führungskraft innerhalb der Gemeinde geht.

Nicht selten kommt es vor, dass es in Gemeinden Personen gibt, welche die eigentlichen Meinungsführer sind. Die Frage ist nicht, ob das gut oder schlecht ist – die Frage ist, wie ich als Gemeindeleiter damit umgehe. Und da trifft Maxwell eine sehr interessante Unterscheidung oder besser gesagt, charakterisiert den „Leiter nach der Stellung“ und „Leiter nach dem Ansehen“:

LEITER NACH DER STELLUNG LEITER NACH DEM ANSEHEN
Reden zuerst Sprechen später
Brauchen den Einfluss des eigentlichen Leiters, um zum Ziel zu gelangen Gebrauchen allein ihren eigenen Einfluss, um zum Ziel zu gelangen
Beeinflussen nur die anderen positionalen Leiter Beeinflussen alle Anwesenden

Achte doch in einem deiner nächsten Meetings einmal darauf, wer die eigentliche Führungskraft ist – am Verhalten lässt sich das leicht erkennen. Aber nicht nur daran, sondern an einem noch viel einfacheren Merkmal.

Wer folgt dir?

Wer führt und leitet, muss auch Menschen haben, die ihm folgen. Das klingt simpel und easy – und ist es auch. Maxwell schreibt kurz und knackig:

Denn Führung beweist sich im Folgen anderer.Die 21 wichtigsten Führungsprinzipien, S. 62

Wenn du niemanden hast, der dir folgt, leitest und führst du auch nicht. Du magst es vielleicht von dir denken – aber die Realität sagt etwas anderes.

Dabei geht es nicht um Zahlen. Nicht immer ist die Mehrheit im Recht, nicht immer ist es die Minderheit. Deswegen lässt es Maxwell zurecht offen, dass es nicht auf die Anzahl ankommt, sondern darauf, ob dir überhaupt jemand folgt. Die große Herausforderung könnte natürlich darin bestehen, dass dir die „eigentlichen Führungspersönlichkeiten“ folgen.

Zwischenbilanz ziehen

Deswegen ist es manchmal gar nicht schlecht, Zwischenbilanz zu ziehen. Natürlich kann der Dienst eines Pastors (von „Erfolg“ will ich gar nicht sprechen) nicht an nackten Zahlen und Fakten gemessen werden. Denn Gott mag „Erfolg“ ganz anders definieren, als wir das tun.

Dennoch ist es gut, innezuhalten, zu resümieren und eine Art Zwischenbilanz zu ziehen und zu schauen: Wer folgt mir? Folgt mir überhaupt jemand? Bin ich eher „Leiter nach Ansehen“ oder „Leiter nach Stellung“? Maxwell skizziert in diesem Kapitel auch kurz, dass er oft auch zunächst „Leiter nach Stellung“ war – vor allem ist das dann der Fall, wenn man als Pastor/Pfarrer eine neue Stelle annimmt. Zum „Leiter nach Ansehen“ zu werden, braucht auch seine Zeit.

Dein nächstes Meeting als Leiter steht vor der Tür? Dann gehe mal bewusst in dieses Meeting hinein mit der Frage, ob du als „Leiter nach Stellung“ oder als „Leiter nach Ansehen“ Teil des Teams bist.


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Alle Beiträge aus der Reihe „Die 21 wichtigsten Führungsprinzipien“:

Warum wir uns nach Heilung sehnen

Der Mensch ist unheilbar sehnsuchtsvoll. Und das ist gut so! Sehnsucht treibt unsere Seele an, sich nicht mit dem Status Quo abzufinden. Sie lässt uns „mehr“ erwarten, hoffen und ist der Motor dafür, mutig und kühn in die Zukunft zu schauen und nicht zu resignieren.

Sehnsucht nach dem Ewigen

In letzter Zeit ist mir das durch viele Begegnungen, Gespräche und Situationen deutlich geworden. Dabei kommt mir immer eine Bibelstelle in den Sinn, die im Kontext eines recht bekannten Abschnitts der Bibel steht. In diesem Abschnitt geht es darum, dass alles auf dieser Erde seine jeweils eigene Zeit hat: Geboren werden und sterben; lachen und weinen; streiten und versöhnen – und noch vieles andere. Nachzulesen in den ersten Versen im ersten Teil der Bibel in Prediger 3.

Am Ende dieser Aufzählung steht ein auf den ersten Blick etwas unscheinbarer Satz, der leider kaum zitiert wird, aber mein Nachdenken über Gott und den Menschen regelrecht in eine neue Dimension katapultiert hat:

Gott hat allem auf dieser Welt schon im Voraus seine Zeit bestimmt, er hat sogar die Ewigkeit in die Herzen der Menschen gelegt. Aber sie sind nicht in der Lage, das Ausmaß des Wirkens Gottes zu erkennen; sie durchschauen weder, wo es beginnt, noch, wo es endet. Die Bibel: Prediger 3,11 (Neues Leben. Die Bibel)

Ich finde das faszinierend. Gott hat uns als Menschen damit ausgestattet, in unserem Herzen eine Sehnsucht nach der Ewigkeit zu haben. Das im Hebräischen zugrunde liegende Wort meint dabei die Ewigkeit nicht nur als einen zeitlich unbegrenzten Abschnitt, sondern vielmehr als ein „Leben, das im Kontext der Unendlichkeit und Ewigkeit Gottes“ stattfindet.

Diese Ewigkeit und genauer gesagt diese Sehnsucht danach, trägt jeder Mensch in seinem Herzen – mal schütten wir es mit alltäglichen und irdischen Dingen ganz gut zu – manchmal blitzt diese Sehnsucht in uns aber auch durch. Vor allem dann, wenn wir Situationen, Beziehungen oder Erlebnisse als unheilvoll, unvollständig, fragmentarisch oder einfach nicht zufriedenstellend wahrnehmen. Und Hand auf’s Herz: davon gibt es jede Menge!

Heilung und Heilsein als Inbegriff von Ewigkeit

Wie aber sieht diese Ewigkeit, dieses „Leben im Kontext der Unendlichkeit und Ewigkeit Gottes“ aus? Darüber gibt uns die Bibel eine sehr klare Auskunft – in ihrem letzten Buch, der Offenbarung:

Ich hörte eine laute Stimme vom Thron her rufen: „Siehe, die Wohnung Gottes ist nun bei den Menschen! Er wird bei ihnen wohnen und sie werden sein Volk sein und Gott selbst wird bei ihnen sein. Er wird alle ihre Tränen abwischen, und es wird keinen Tod und keine Trauer und kein Weinen und keinen Schmerz mehr geben. Denn die erste Welt mit ihrem ganzen Unheil ist für immer vergangen.“ Und der, der auf dem Thron saß, sagte: „Ja, ich mache alles neu!“Die Bibel:Offenbarung 21, 3-5 (Neues Leben. Die Bibel)

Danach sehnt sich unser Herz. Nach einem Leben ohne Tränen, ohne Tod, ohne Trauer, ohne Weinen und ohne Schmerz. Die Sehnsucht nach der Ewigkeit, nach dem Ewigen, nach der ungetrübten Gegenwart Gottes auf unendliche Zeit hat einen ganz konkreten Inhalt: nichts Unheilvolles, nur noch Heilvolles.

Deswegen ist es nicht nur legitim oder „erlaubt“, nach Heilung zu fragen und Gott um Heilung zu bitten – es ist vielmehr eine ganz logische Folge dessen, was Gott selbst in unser Herz gelegt hat.

Dabei geht es sowohl um körperliche Heilung als auch um Heilung von Beziehungen und allem Unheilvollem, dem wir in unserem Leben immer wieder finden und das wie in unserem Leben und in unserer Biografie immer wieder aufspüren.

Oder um es noch deutlicher zu sagen: Gott freut sich, wenn wir uns nach Heilung sehnen und ihm das auch sagen!

Leben in einer „gefallenen Welt“

Nun erleben wir es aber nicht, dass alles Unheilvolle und Fragmentarische in unserem Leben wieder heil und ganz wird. Im Gegenteil. In manchen Situationen stehen wir kurz davor, regelrecht zu verzweifeln, weil Heilung (noch) nicht eintritt und wir vieles als immer noch und nach wie vor unheilvoll erleben.

Das hat auch einen Grund. Wir leben in einer „gefallenen Welt“, das heißt: Wir leben nach dem Sündenfall, von dem die Bibel in 1. Mose 3 berichtet. Der Mensch entfernte sich von Gott und tut dies auch heute immer und immer wieder. Je größer diese Lücke zwischen Gott und Mensch wird, desto mehr Platz ist für Unheilvolles und Zerstörerisches.

Aus diesem Grund kann hier auf Erden gar nicht alles heil werden – so sehr wir uns danach sehnen – da uns dieser Zustand erst für die Ewigkeit verheißen ist, also für die Zeit, die anbricht, wenn Jesus auf diese Erde zurückkehrt.

Bis dahin gilt es, die „eschatologische Spannung“ zwischen „schon jetzt“ und „noch nicht“ auszuhalten.

Schon jetzt“ zeichnet das Leben eines Christen aus, dass er „Gottes wunderbare Wort und die Kräfte der kommenden Welt kennen gelernt hat“ (Hebräer 6,5) aber „noch nicht“ in dieser lebt, „denn die ganze Schöpfung wartet sehnsüchtig auf jenen Tag, an dem Gott offenbar machen wird, wer wirklich zu seinen Kindern gehört.“ (Römer 8,19)

Die eschatologische Spannung aushalten

Und deswegen gilt, dass wir uns dieser Spannung immer wieder bewusst sein müssen. So sehr sich unser Herz danach sehnt, dass Dinge in ihre ursprüngliche und von Gott wunderbar erdachte und erschaffene Ordnung kommen, so sehr gilt es aber auch anzuerkennen, dass wir nicht mehr und noch nicht „im Paradies leben“.

Und das ist absolut nicht einfach und dennoch mache ich dir Mut, um Heilung zu beten und die Sehnsucht nach Heilung nicht aufzugeben. Wann, wie und auf welche Weise Gott Heilung schenkt, ist seine Sache – und manchmal gilt, Gottes Souveränität anzuerkennen, was natürlich wesentlich leichter fällt, wenn ich glaube, dass Gott es gut mit mir meint, weil sein eigentliches Wesen das eines vollkommenen Vaters ist.

Diese eschatologische Spannung veranlasst uns nicht, unsere Hände in den Schoß zu legen, nichts zu tun und das Pendel auf die Seite „noch nicht“ ausschlagen zu lassen. Vielmehr sollte sie uns immer und immer wieder ins Gebet treiben und das Vertrauen lehren, dass es ein „schon jetzt“ gibt. Jeden Tag auf’s Neue oder wie Paulus sagt:

Denn Gott hat gesagt: „Ich will dein Gebet erhören. Es wird eine Zeit der Gnade für dich geben, einen Tag, an dem du meine Hilfe erfährst!“ Genau diese Zeit ist jetzt da, der Tag der Rettung ist nun gekommen. Die Bibel:2. Korinther 6,2 (Hoffnung für alle)

Wenn du also das nächste Mal diese Sehnsucht nach Heilung und Heilsein in dir verspürst und Situationen, Erlebnisse oder Beziehungen als unheilvoll und fragmentarisch erlebst – dann bitte Gott genauso um Heilung wie bei Krankheit. Sei nicht enttäuscht, wenn (zunächst) nichts geschieht, aber wird dein Vertrauen nicht weg, denn es birgt in sich eine große Belohnung (Hebräer 10,35).

Ich möchte nicht einem fatalistisch ertragenen Unheil das Wort reden. Genauso wenig will ich unverantwortlich behaupten, dass Gott für alles Heilung schenken wird. Ich glaube und hoffe aber fest darauf, dass nicht nur das „noch nicht“ gilt – sondern auch und erst recht das „schon jetzt“.

Schon jetzt heilt Gott, lässt uns Anteil haben an seinem ewigen Heil, gewährt uns einen Blick in seine Ewigkeit und weder schaut er weg noch hört er weg, wenn seine Kinder zu ihm beten.

Und ich muss an ein Wort von Dietrich Bonhoeffer denken, der einmal sagte:
Gott erfüllt nicht alle unsere Wünsche, aber alle seine Verheißungen.

10 Dinge, die ein Pastor nicht tun kann

Irgendwie dachte ich mir: Das hat doch was. „10 Dinge, die ein Pastor nicht tun kann.“ Pastoren (und hier sind sowohl die Pastorinnen, Pfarrer und Pfarrerinnen ebenso gemeint) sollen jede Menge können. Sollen! In den Augen anderer – vor allem in den Augen ihrer „Schäfchen“ und anderem Bodenpersonal Gottes. Manchmal gibt es kaum etwas Schlimmeres als eine Zusammenkunft von Pastoren. Nach dem Motto „Mein Haus, mein Auto, mein Urlaub“ werden hier „Meine Überstunden, meine Glaubenssiege, mein Gemeindewachstum“ auf den Tisch gelegt – aber wehe, einer zeigt Blöße. Ich mache dieses Spielchen schon lange nicht mehr mit und wenn ich merke, dass Gespräche diese Wendung nehmen, schaue ich mich nach einem guten Kaffee um.

Aber auch innerhalb der Gemeinde gibt es manchmal Vorstellungen und Erwartungen an einen Pastor, die unrealistisch sind. Ich möchte dir helfen, ein gesundes Bild von deinem Pastor zu bekommen – falls du es nicht schon hast.

Dieser Beitrag ist keine Abrechnung oder dergleichen, manches davon findet sich ohnehin schon längst in meinem Buch „10 Dinge, die du besser nicht glauben solltest„. Ich liebe meinen Beruf und lebe meine Berufung. Und ich würde sofort wieder diesen Beruf wählen und mich freuen, wenn diese Berufung wieder über mir ausgesprochen wird.

Die folgenden zehn Dinge sind allesamt nicht aus der Luft gegriffen, sondern mir immer wieder begegnet – aber dennoch einfach falsch.

Mit Sicherheit könnte man diese Liste noch verlängern und höchstwahrscheinlich fallen dir noch mehr Dinge ein. Aber hier sind erst einmal meine „10 Dinge, die ein Pastor nicht tun kann“:

1Nicht zweifeln

Ein Pastor ist ein Mensch, ist ein Christ, ist ein Mensch, ist ein Christ, ist ein…kapiert? Pastoren sind auch nur Menschen aus Fleisch und Blut. Sie haben mit den gleichen Zweifeln und Krisen im Glauben zu kämpfen, wie jeder andere Gläubige auch. Vielleicht ist dein Pastor ehrlich genug, das auch zuzugeben. Vielleicht auch nicht. Aber eines kann er nicht: nicht zweifeln!

Das kann Zweifel an der eigenen Berufung sein, Zweifel an den eigenen Fähigkeiten, Zweifel an dem Weg, den man als Gemeindeleiter einschlägt, Zweifel an einzelnen Glaubensinhalten bis hin zum Zweifel an der Existenz Gottes an sich.

Schön ist das nicht. Beim besten Willen nicht! Und doch ist „Zweifel“ mehr als nur die Kehrseite von „Glaube“. Und das erlebt ein Pastor genauso wie auch seine Gemeindeglieder.

Ein paar Gedanken mehr zum Zweifel findest du in meinem Beitrag „Chaos? Zweifel? Unsicherheit? Ja bitte!„.

2Sich vor den Karren spannen lassen

Auch wenn das wirklich eine große Gefahr ist, kann ein Pastor das nicht tun. „Die Leute sagen, dass…“. Wie oft habe ich diese oder eine ähnliche Aussage schon gehört. Aber dann denke ich immer wieder an den Tipp eines erfahrenen Pastors, den er mir vor vielen Jahren zu Beginn meiner Dienstzeit gab: „Kein Ross ohne Reiter!“ Und wenn die Menschen dann Klartext reden müssen wer hinter „die Leute“ steckt – dann wird schnell klar: Soooo viele Menschen sind es gar nicht, genau genommen nur die eine Person – und die will den Pastor vor ihren Karren spannen.

Das kann ein Pastor aber nicht tun und sollte es niemals mit sich machen lassen, da das erheblich an seiner Authentizität kratzen würde. Der Karren kann ganz unterschiedliche und mitunter sogar wirklich gute Namen tragen wie „Du musst mehr über Sünde predigen“ oder „Du solltest mehr die alten Menschen besuchen“ oder „Du musst endlich alte Zöpfe abschneiden“ oder „Du solltest mal was Anständiges anziehen, wenn du predigst“. Whatever! Die Menschen haben viele Erwartungen und Karren, vor die sie gerne ihren Pastor spannen würden – aber das beschädigt nicht nur seine Authentizität, sondern auch die Kraft der Gemeinde.

Denn welchen Weg eine Gemeinde einschlägt, welche Dinge „jetzt gerade dran sind“, was sozusagen „on top“ der Prioritätenliste steht und was nicht – das alles hängt nicht von einzelnen Menschen ab, sondern von der Vision und der Strategie, welche eine Gemeindeleitung von Gott empfangen hat und nun umsetzt. Einige weiterführende Gedanken findest du in meinem ersten Beitrag der kleinen Reihe „Die Kunst des Leitens“.

3Unangefochten leben

Auch ein Pastor ist den Anfechtungen, Widerständen und Unwägbarkeiten des Glaubens ausgeliefert wie jeder andere Mensch auch. Auch ein Pastor weiß, was „Sünde“ ist – und zwar nicht nur aus seinem Theologiestudium, sondern auch aus seinem Leben. Zumindest, wenn er ehrlich ist. Es ist keinem Pastor möglich, unangefochten zu leben. Solange wir glauben, wird unser Glaube immer angefochten sein – unabhängig davon, wie sehr man Theologie studiert und Gemeindebau verinnerlicht hat.

Das hat natürlich auch wiederum den großen Vorteil, dass ein Pastor seine Gemeindeglieder verstehen kann, die zu ihm kommen und von ihren Anfechtungen und Widerständen im Glauben berichten. Ohne, dass er alle selbst durchlebt haben muss, weiß er aber sehr wohl, wovon sein Gegenüber spricht.

4Alles wissen

„Echt? Das weißt du nicht?“ haben mich manchmal schon Leute gefragt und ich dachte mir: „Äh ne, wieso auch? Weißt du denn alles?“ Unausgesprochen muss der Pastor alles wissen: wie viele Menschen im Seniorenkreis waren, wie viel Geld am Sonntag in die Kollekte kam, wie viel das Toilettenpapier kostet, wie man die Klingel repariert, was Theologe XY aus einer der angesagtesten Gemeinden vor drei Wochen über den Kausalzusammenhang zwischen dem Harndrang von Kamelen und der Klimaveränderung im Alten Testament gepredigt hat und vieles mehr. Aber das geht nicht. Dein Pastor kann nicht alles wissen.

Er kann nicht einmal wissen, wer aus seiner Gemeinde alles krank ist und gerne einen Besuch hätte. Und weißt du was? Erzähl es ihm! Er wird gerne hingehen, für die Person beten, sie segnen, salben, das Abendmahl mit ihr feiern oder einfach zuhören. Aber er kann nicht alles wissen. Er benötigt Menschen, die es ihm sagen.

Natürlich gibt es Dinge, die dein Pastor wissen sollte – keine Frage. Das ist keinerlei Entschuldigung dafür, dass er seinen Job vielleicht schlecht macht. Aber – die Betonung liegt auf „Alles“ wissen. „Ist doch klar“, magst du denken. Super! Dann gehörst du zur Minderheit, wenn du auch noch danach lebst und deinen Pastor liebevoll und nicht vorwurfsvoll an Dinge erinnerst, ihn aufmerksam machst auf Situationen oder Menschen, die für ihn von Relevanz sind.

Kleines Beispiel: Ich habe zwei top Sekretärinnen bei mir im Pfarramt. Sie schaffen es immer und immer wieder, mich an Dinge zu erinnern oder mir Dinge vor Augen zu malen, die ich nicht wissen kann. Manchmal tun sie das sogar mit Dingen, die ich wissen sollte, und die ich – mit meinen 40 Jahren – schlichtweg vergessen habe.

Sie tun es auf eine Art und Weise und mit einer Haltung, die mir größten Respekt abverlangt, weil sie es liebevoll und nicht vorwurfsvoll tun.

5Immer sagen, was er denkt

„Aber dann lügt er doch!“ Nein? Wie kommst du darauf? Die Kunst liegt nicht darin, immer das zu sagen, was man denkt, sondern genau zu wissen, was man sagt und wie man es sagt als Pastor. Wichtig ist nur, dass das, was der Pastor sagt, auch der Wahrheit entspricht. Aber deswegen muss er noch lange nicht alles sagen, was er denkt.

In manchen Situationen könnte es sein Gegenüber sogar überfordern, weil der Pastor oftmals das große Ganze im Blick hat und nicht nur einen kleinen Ausschnitt, um den es seinem Gegenüber im Gespräch gerade geht. Da ist es situativ bedingt manchmal besser, sich auf diesen Ausschnitt zu fokussieren, als über das „große Ganze“ zu philosophieren.

Dann bewahrheitet sich das Sprichwort „Reden ist Silber, Schweigen ist Gold“. Das darf aber auf keinen Fall dazu führen, dass dein Pastor gar nicht mehr redet – schon gar nicht, wenn von ihm eine Stellungnahme oder Positionierung gewünscht wird in strittigen Punkten oder Lehrfragen.

6Gedanken lesen

Klingt jetzt auch nicht sonderlich innovativ – ist aber so. Und wird immer wieder erwartet. Erwartet. Da haben wir es. Erwartungen! Unzählige Erwartungen werden an den Pastor gerichtet. Das große Problem dabei: sie werden selten ausgesprochen. Und dann sind Menschen enttäuscht, wenn ihre Erwartungen nicht erfüllt werden. Aber – erstens kann ein  Pastor niemals alle Erwartungen erfüllen. Und zweitens schon gar nicht, wenn er nicht davon weiß und sich dazu verhalten kann.

Wenn du also eine Erwartung an deinen Pastor hast, dann sprich sie aus – aber sei nicht enttäuscht, wenn er diese nicht erfüllt.

7Überall sein

Uh, ein heikler Punkt. Muss ein Pastor nicht an allen gemeindlichen Veranstaltungen sein? Nein, muss er nicht! Wieso auch? Ist er ein Kontrollfreak, der überall nach dem Rechten schauen muss? Oder ist er der Über-Pastor, ohne den nichts geht? Dann werden seine Mitarbeiter und Leiter „unter ihm“ (im wahrsten Sinne, leider) nicht zur Entfaltung kommen, weil es immer darauf ankommt, dass „der Herr Pastor“ auch noch da ist. Oder haben Gemeindeglieder etwa die Befürchtung, der Pastor könnte zuhause sein, Champions-League schauen, mit seiner Frau ein Glas Wein trinken oder mit seinen Kindern auf die nächste Mathearbeit lernen?

Zugegeben – und da schreibe ich sehr persönlich: Es ist nicht leicht, nicht überall zu sein. Zu gerne würde ich an allen gemeindlichen Veranstaltungen teilnehmen, dabei sein, mit den Menschen in Kontakt sein – aber die Folge wäre: Burnout und eine kaputte Familie.

Liebes Gemeindeglied: Lass deinem Pastor Luft zum Atmen! Von allen Pastoren, die ich kenne, kann ich bei den allermeisten sagen: Nein, sie sind nicht faul. Sie müssen nur mal atmen und Mensch sein!

8Herzen verändern

Das ist alleinige Angelegenheit des Heiligen Geistes. Kein Pastor sollte so vermessen sein und meinen, dass er es ist, der Herzen verändert oder gar den Glauben in anderen Menschen entstehen lässt. Gott mag ihn gebrauchen und mit großartigen Gaben ausgestattet haben – keine Frage. Aber Herzen verändern, das kann kein Mensch. Maximal positive Emotionen erzeugen, ja. Ok. Von mir aus. Aber darauf kann man auch schlecht sein Leben aufbauen. Da ist ein verändertes Herz schon besser – und das schafft nur Gott.

Liebe Kolleginnen und Kollegen: Es sind nicht eure Predigten, Bibelstunden, Hausbesuche, Gottesdienste oder Seelsorgegespräche, die ein Menschenherz verändern. Das ist Aufgabe des Heiligen Geistes – und verlasst euch drauf: Er tut es! Nicht ihr! Entspannt euch und nehmt euch nicht so wichtig!

9Sünde ignorieren

Und hier wird der Grat so richtig schmal, auf dem sich ein Pastor bewegt. Sünde ignorieren bedeutet nämlich nicht, den Menschen zu ignorieren. Ich nehme mir hier immer und immer wieder Jesus als Vorbild, als eine Frau zu ihm geschleppt wurde, „die beim Ehebruch ertappt worden war.“ (Johannes 8,3; Neue Genfer Übersetzung)

Nach dem Gesetz wäre es das gute Recht der Menschen gewesen, diese Frau zu Tode zu steinigen. Und was tut Jesus? Er spricht diesen weltberühmten Satz „Wer von euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein“. Nachdem keiner geworfen hat, wendet er sich der Frau liebevoll zu und sagt ihr: „Deine Peiniger sind von dannen gezogen. Ich verdamme dich nicht. Geh – aber sündige hinfort nicht mehr!“

Was lehrt mich dieses Beispiel? Jesus ignoriert die Sünde nicht. Er nennt sie beim Namen. Er spricht die Frau darauf an. Aber er verdammt sie nicht! Im Gegenteil: Er ermöglich ihr Leben mit der klaren Aufforderung, nicht mehr zu sündigen!

So sollten wir als Pastoren umgehen, wenn Menschen uns in der Seelsorge von Sünde in ihrem Leben berichten oder – und das kommt auch immer wieder vor – wenn es zu gegenseitigen Vorwürfen oder Schuldzuweisungen kommt: Die Sünde beim Namen nennen – dem Sünder aber immer die Möglichkeit zum Leben und zur Umkehr zu geben. Nur eines kann ein Pastor nicht tun: die Sünde ignorieren, wenn er davon weiß.

10Es allen recht machen

Es wird immer Menschen geben, die mit den Entscheidungen, dem Predigtstil oder Leitungsstil des Pastors nicht zurecht kommen. Der größte Schlüssel zum Misserfolg ist: es allen recht machen zu wollen!

Und doch ist dieser Punkt vielleicht sogar eine der größten Herausforderungen, weil wir Menschen als soziale Wesen geschaffen sind und gerne in Harmonie mit allen Menschen leben möchten. Und nicht jeder kann auf akzeptable und sozial-verträgliche Weise seinen Unmut darüber kundtun, wenn der Pastor Dinge sagt, entscheidet oder tut, die ihm nicht passen. Sagen wir, wie es ist: Die allerwenigsten können das. Oft wird es unsachlich, persönlich, verletzend, alles andere als zielführend – und schon gar nicht geistlich. Dann heißt es: kühlen Kopf bewahren (viel leichter gesagt, als getan) und sich vor Augen führen: Selbst Jesus hat es nicht „allen recht gemacht“. Wieso sollte ich es als Pastor tun?

Wenn du es gerne allen Menschen recht machen willst, dann häng deinen Job als Pastor an den Nagel und werde Eisverkäufer. Da stehen die Chancen wesentlich höher, dass dein Vorhaben dir gelingt.

Outtakes

Auf Instagram hatte ich gefragt, welche Dinge ein Pastor nicht tun kann. Manche Kommentare habe ich in den 10 Dingen oben schon verarbeitet – aber zwei „Outtakes“ habe ich sozusagen noch.

11Kinder kriegen

Richtig! Und wenn er doch welche hat, dann liegt es daran, dass er eine wunderbare Frau hat. Und ich lasse es mir nicht nehmen, an dieser Stelle einmal mehr meine wunderbare „Pastorenfrau“ Damaris Brunner zu ehren. Ich habe das an anderer Stelle schon einmal getan, deswegen empfehle ich dir, diesen Artikel zu lesen: Der unsichtbare Dienst einer Pastorenfrau.

12Gemeinde bauen

Dem widerspreche ich! Ein Pastor kann es nicht alleine – das würde ich sofort unterstreichen. Aber dennoch kann er „Gemeinde bauen“ – davon schreibt auch der Apostel Paulus in seinem ersten Brief an die Gemeinde in Korinther.

Und was ist mit dem, der pflanzt, und mit dem, der begießt? Ihre Aufgaben, so unterschiedlich sie sind, dienen demselben Ziel, und beide werden von Gott ihren Lohn bekommen – den Lohn, der ihrem persönlichen Einsatz entspricht. Es ist also Gottes Werk, an dem wir miteinander arbeiten, und ihr seid Gottes Ackerfeld; ihr seid Gottes Bauwerk.Die Bibel: 1. Korinther 3,8+9

Es ist ein großes Privileg, dass Gott Menschen dazu gebraucht, sein Reich zu bauen und seine Gemeinde, seine Braut noch strahlender und herrlicher werden zu lassen. Dazu befähigt er Menschen – manche davon tun das hauptberuflich, manche tun es ehrenamtlich. Beide tun das Gleiche: Gemeinde (und damit: Reich Gottes) bauen.


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Immanuel – Gott mit uns!

Wenn Eltern auf ihr Kind warten, dann ist eines der schönsten, wichtigsten aber auch herausforderndsten Dinge, die sie tun, einen Namen für ihr Kind herauszusuchen. Das soll ja nicht irgendein Name sein. Schließlich wird ihr Kind ein Leben lang mit diesem Namen „herumlaufen“, auf diesen Namen hören (außer in der Pubertät) und er wird immer mit ihrem Kind in Verbindung gebracht werden.

Gott selbst hat sich also sehr wohl überlegt, welchen „Spitznamen“ Jesus haben sollte, als er auf diese Erde kam. Als Gott selbst auf diese Erde kam.

Immanuel

Dieser „Spitzname“ lautet Immanuel und geht zurück auf eine Prophezeiung viele hundert Jahre vor Jesu Geburt. Sie steht beim Propheten Jesaja im siebten Kapitel:

Deshalb wird euch der Herr selbst ein Zeichen geben. Seht, die unberührte junge Frau wird schwanger werden und einen Sohn zur Welt bringen, den sie Immanuël (Gott mit uns) nennt.Die Bibel: Jesaja 7,14

Schon viele hundert Jahre vor der Geburt Jesu hat sich sein Vater dazu entschieden: Ich werde meinem Sohn einen Beinamen geben, der ihn und seinen Auftrag perfekt beschreibt.

Ich finde das faszinierend, denn alleine der eigentliche Name „Jesus“ ist auch schon Programm: Gott ist Rettung.

Nehmen wir beides zusammen, also Jesus Immanuel, dann heißt das: Gott ist Rettung, Gott ist mit uns.

Beides vereint findet sich nun im ersten Kapitel des Matthäusevangeliums:

Und sie wird einen Sohn gebären, dem sollst du den Namen Jesus geben, denn er wird sein Volk retten von ihren Sünden. Das ist aber alles geschehen, auf dass erfüllt würde, was der Herr durch den Propheten gesagt hat, der da spricht (Jesaja 7,14): „Siehe, eine Jungfrau wird schwanger sein und einen Sohn gebären, und sie werden ihm den Namen Immanuel geben“, das heißt übersetzt: Gott mit uns.Die Bibel: Matthäus 1,21-23

Es kursieren ja die unterschiedlichsten Gerüchte und Meinungen darüber, wie Gott denn nun sei. Die einen halten Gott nur für eine Abkürzung, die für „Guter Opa – total taub“ steht. Andere wiederum meinen, dass man über Gott gar nichts Genaues sagen kann. Und wieder andere projizieren alles Negative auf Gott, weil sie Gott mit ihren Erfahrungen oder seinem Bodenpersonal gleichsetzen.

Bibellesen schützt – und das gilt eigentlich immer – vor Missverständnissen. Denn alleine diese drei Verse vom Anfang des Matthäus-Evangeliums, charakterisieren Gott auf zweifache Weise.

  1. Gott will unsere Rettung. Er will uns unbedingt von allem retten, wovon wir gerettet werden müssen: Von uns selbst und unserem Egoismus, von Unmenschlichkeit, von der Macht der Sünde und von der Hölle als ewiger Gottesferne.
  2. Gott ist mit uns. Er lässt uns nicht alleine, er geht mit uns und knüpft das nicht an Bedingungen oder Vereinbarungen.

Gott mit uns

Eines der großen Merkmale des Menschen ist seine Vergesslichkeit. Und die ist nicht einmal krankheitsbedingt, sondern wesensbedingt. Vor allem vergisst der Mensch sehr schnell die positiven Ereignisse, während er in negativen Ereignissen regelrecht baden geht. Warum auch immer das so ist, ich möchte dich an ein einmalig großartiges Ereignis erinnern – oder sagen wir besser: an eine einmalig, aber für immer gültige Tatsache erinnern. Und diese Tatsache lautet schlicht und ergreifend: Gott ist mit dir!

„Ja gut“, sagst du vielleicht, „das kannst du so ohne weiteres nicht sagen, nur weil da mal einer eine Prophezeiung über die Geburt eines Kindes durch eine Jungfrau ausgesprochen hat.“

Auch wenn es für mich ausreicht, will ich dir gerne noch den Rest der „programmatischen Klammer“ des Matthäus-Evangeliums liefern – und der steht in den letzten Versen dieser ausführlichen Biografie über das Leben Jesu. Dabei sei nur am Rande angemerkt, dass Jesus sich mit seinen Jüngern auf einer kleinen Achterbahnfahrt befindet.

Drei Jahre war er mit ihnen unterwegs. Sie erleben Höhen und Tiefen, aber es muss ein ziemlich gutes Gefühl gewesen sein, neben dem Messias drei Jahre lang hergelaufen zu sein und das Leben direkt mit ihm geteilt zu haben. Dann der Schock: Verhaftung, Verurteilung, Folterung und Tod. Aus die Maus. Ende Gelände. Alles nur Lug und Betrug, Illusion und eine große Luftblase? Von wegen! Das große Comeback drei Tage später: Die Auferstehung von den Toten. Hammer! Und als Auferstandener verbringt er noch ein paar Wochen mit seinen Jüngern. Was muss das für ein irres Gefühl gewesen sein – ehe dann die nächste Talfahrt kommt: Jesus verabschiedet sich von ihnen. Erneut. Endgültig. Und das kann man nachlesen in den letzten Versen des Matthäus-Evangeliums:

Die elf Jünger gingen nach Galiläa auf den Berg, den Jesus für die Begegnung mit ihnen bestimmt hatte. Bei seinem Anblick warfen sie sich vor ihm nieder; allerdings hatten einige noch Zweifel.

Jesus trat auf sie zu und sagte: „Mir ist alle Macht im Himmel und auf der Erde gegeben. Darum geht zu allen Völkern und macht die Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe.

Und seid gewiss: Ich bin jeden Tag bei euch, bis zum Ende der Welt.“Die Bibel: Matthäus 28,16-20

„Echt jetzt, Jesus? Du gehst und sagst, dass du immer bei uns bist? Ist ja schön und gut, dass dein ganzes Leben hier auf der Erde dadurch „gerahmt“ ist – aber wie geht das, dass du weg bist und doch bei uns bist?“

…und noch mehr!

Ich weiß nicht, ob die Jünger Jesu das in diesem Moment dachten – aber selbst wenn: Die Antwort auf diese Frage müssten sie eigentlich schon längst wissen – auch wenn die Erfüllung noch 10 Tage auf sich warten lassen sollte. Denn Jesus hatte ihnen verheißen, dass er den Heiligen Geist ihnen geben wird.

Und der Vater wird euch an meiner Stelle einen anderen Helfer geben, der für immer bei euch sein wird; ich werde ihn darum bitten. Er wird euch den Geist der Wahrheit geben, den die Welt nicht bekommen kann, weil sie ihn nicht sieht und nicht kennt. Aber ihr kennt ihn, denn er bleibt bei euch und wird in euch sein.Die Bibel: Johannes 14,16-17

Durch den Heiligen Geist! Gott nicht nur mit uns, sondern in uns. Und das ist krass! Das ist ein Pfand, wie ein Siegel, wie eine Versicherung dafür, dass das „Immanuel“ gilt – in jedem Moment deines Lebens, weil der „Immanuel“ in dir lebt durch seinen Geist, wenn du mit ihm verbunden sein willst.

Und das zieht sich als roter Faden durch das Leben Jesu: Er ist „Gott mit dir!“. Das ist sein Wesen. Das ist er – für dich! Wow!

Was soll der Artikel? Er ist dein Knoten im Taschenbuch, dein Reimender auf dem Smartphone, dein Post-It an der Kühlschranktür, dass du nicht vergisst: Gott ist mit dir! Gott ist deine Rettung! Und zwar immer, nicht nur manchmal. Vergiss das nicht und nimm das in Anspruch! Jetzt. Hier. Heute.


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