StartGemeinde10 Dinge, die ein Pastor nicht tun kann

10 Dinge, die ein Pastor nicht tun kann

Irgendwie dachte ich mir: Das hat doch was. “10 Dinge, die ein Pastor nicht tun kann.” Pastoren (und hier sind sowohl die Pastorinnen, Pfarrer und Pfarrerinnen ebenso gemeint) sollen jede Menge können. Sollen! In den Augen anderer – vor allem in den Augen ihrer “Schäfchen” und anderem Bodenpersonal Gottes. Manchmal gibt es kaum etwas Schlimmeres als eine Zusammenkunft von Pastoren. Nach dem Motto “Mein Haus, mein Auto, mein Urlaub” werden hier “Meine Überstunden, meine Glaubenssiege, mein Gemeindewachstum” auf den Tisch gelegt – aber wehe, einer zeigt Blöße. Ich mache dieses Spielchen schon lange nicht mehr mit und wenn ich merke, dass Gespräche diese Wendung nehmen, schaue ich mich nach einem guten Kaffee um. Aber auch innerhalb der Gemeinde gibt es manchmal Vorstellungen und Erwartungen an einen Pastor, die unrealistisch sind. Ich möchte dir helfen, ein gesundes Bild von deinem Pastor zu bekommen – falls du es nicht schon hast. Dieser Beitrag ist keine Abrechnung oder dergleichen, manches davon findet sich ohnehin schon längst in meinem Buch “10 Dinge, die du besser nicht glauben solltest“. Ich liebe meinen Beruf und lebe meine Berufung. Und ich würde sofort wieder diesen Beruf wählen und mich freuen, wenn diese Berufung wieder über mir ausgesprochen wird. Die folgenden zehn Dinge sind allesamt nicht aus der Luft gegriffen, sondern mir immer wieder begegnet – aber dennoch einfach falsch. Mit Sicherheit könnte man diese Liste noch verlängern und höchstwahrscheinlich fallen dir noch mehr Dinge ein. Aber hier sind erst einmal meine “10 Dinge, die ein Pastor nicht tun kann”:

Nicht zweifeln

Ein Pastor ist ein Mensch, ist ein Christ, ist ein Mensch, ist ein Christ, ist ein…kapiert? Pastoren sind auch nur Menschen aus Fleisch und Blut. Sie haben mit den gleichen Zweifeln und Krisen im Glauben zu kämpfen, wie jeder andere Gläubige auch. Vielleicht ist dein Pastor ehrlich genug, das auch zuzugeben. Vielleicht auch nicht. Aber eines kann er nicht: nicht zweifeln! Das kann Zweifel an der eigenen Berufung sein, Zweifel an den eigenen Fähigkeiten, Zweifel an dem Weg, den man als Gemeindeleiter einschlägt, Zweifel an einzelnen Glaubensinhalten bis hin zum Zweifel an der Existenz Gottes an sich. Schön ist das nicht. Beim besten Willen nicht! Und doch ist “Zweifel” mehr als nur die Kehrseite von “Glaube”. Und das erlebt ein Pastor genauso wie auch seine Gemeindeglieder. Ein paar Gedanken mehr zum Zweifel findest du in meinem Beitrag “Chaos? Zweifel? Unsicherheit? Ja bitte!“.

Sich vor den Karren spannen lassen

Auch wenn das wirklich eine große Gefahr ist, kann ein Pastor das nicht tun. “Die Leute sagen, dass…”. Wie oft habe ich diese oder eine ähnliche Aussage schon gehört. Aber dann denke ich immer wieder an den Tipp eines erfahrenen Pastors, den er mir vor vielen Jahren zu Beginn meiner Dienstzeit gab: “Kein Ross ohne Reiter!” Und wenn die Menschen dann Klartext reden müssen wer hinter “die Leute” steckt – dann wird schnell klar: Soooo viele Menschen sind es gar nicht, genau genommen nur die eine Person – und die will den Pastor vor ihren Karren spannen. Das kann ein Pastor aber nicht tun und sollte es niemals mit sich machen lassen, da das erheblich an seiner Authentizität kratzen würde. Der Karren kann ganz unterschiedliche und mitunter sogar wirklich gute Namen tragen wie “Du musst mehr über Sünde predigen” oder “Du solltest mehr die alten Menschen besuchen” oder “Du musst endlich alte Zöpfe abschneiden” oder “Du solltest mal was Anständiges anziehen, wenn du predigst”. Whatever! Die Menschen haben viele Erwartungen und Karren, vor die sie gerne ihren Pastor spannen würden – aber das beschädigt nicht nur seine Authentizität, sondern auch die Kraft der Gemeinde. Denn welchen Weg eine Gemeinde einschlägt, welche Dinge “jetzt gerade dran sind”, was sozusagen “on top” der Prioritätenliste steht und was nicht – das alles hängt nicht von einzelnen Menschen ab, sondern von der Vision und der Strategie, welche eine Gemeindeleitung von Gott empfangen hat und nun umsetzt. Einige weiterführende Gedanken findest du in meinem ersten Beitrag der kleinen Reihe “Die Kunst des Leitens”.

Unangefochten leben

Auch ein Pastor ist den Anfechtungen, Widerständen und Unwägbarkeiten des Glaubens ausgeliefert wie jeder andere Mensch auch. Auch ein Pastor weiß, was “Sünde” ist – und zwar nicht nur aus seinem Theologiestudium, sondern auch aus seinem Leben. Zumindest, wenn er ehrlich ist. Es ist keinem Pastor möglich, unangefochten zu leben. Solange wir glauben, wird unser Glaube immer angefochten sein – unabhängig davon, wie sehr man Theologie studiert und Gemeindebau verinnerlicht hat. Das hat natürlich auch wiederum den großen Vorteil, dass ein Pastor seine Gemeindeglieder verstehen kann, die zu ihm kommen und von ihren Anfechtungen und Widerständen im Glauben berichten. Ohne, dass er alle selbst durchlebt haben muss, weiß er aber sehr wohl, wovon sein Gegenüber spricht.

Alles wissen

“Echt? Das weißt du nicht?” haben mich manchmal schon Leute gefragt und ich dachte mir: “Äh ne, wieso auch? Weißt du denn alles?” Unausgesprochen muss der Pastor alles wissen: wie viele Menschen im Seniorenkreis waren, wie viel Geld am Sonntag in die Kollekte kam, wie viel das Toilettenpapier kostet, wie man die Klingel repariert, was Theologe XY aus einer der angesagtesten Gemeinden vor drei Wochen über den Kausalzusammenhang zwischen dem Harndrang von Kamelen und der Klimaveränderung im Alten Testament gepredigt hat und vieles mehr. Aber das geht nicht. Dein Pastor kann nicht alles wissen. Er kann nicht einmal wissen, wer aus seiner Gemeinde alles krank ist und gerne einen Besuch hätte. Und weißt du was? Erzähl es ihm! Er wird gerne hingehen, für die Person beten, sie segnen, salben, das Abendmahl mit ihr feiern oder einfach zuhören. Aber er kann nicht alles wissen. Er benötigt Menschen, die es ihm sagen. Natürlich gibt es Dinge, die dein Pastor wissen sollte – keine Frage. Das ist keinerlei Entschuldigung dafür, dass er seinen Job vielleicht schlecht macht. Aber – die Betonung liegt auf “Alles” wissen. “Ist doch klar”, magst du denken. Super! Dann gehörst du zur Minderheit, wenn du auch noch danach lebst und deinen Pastor liebevoll und nicht vorwurfsvoll an Dinge erinnerst, ihn aufmerksam machst auf Situationen oder Menschen, die für ihn von Relevanz sind. Kleines Beispiel: Ich habe zwei top Sekretärinnen bei mir im Pfarramt. Sie schaffen es immer und immer wieder, mich an Dinge zu erinnern oder mir Dinge vor Augen zu malen, die ich nicht wissen kann. Manchmal tun sie das sogar mit Dingen, die ich wissen sollte, und die ich – mit meinen 40 Jahren – schlichtweg vergessen habe. Sie tun es auf eine Art und Weise und mit einer Haltung, die mir größten Respekt abverlangt, weil sie es liebevoll und nicht vorwurfsvoll tun.

Immer sagen, was er denkt

“Aber dann lügt er doch!” Nein? Wie kommst du darauf? Die Kunst liegt nicht darin, immer das zu sagen, was man denkt, sondern genau zu wissen, was man sagt und wie man es sagt als Pastor. Wichtig ist nur, dass das, was der Pastor sagt, auch der Wahrheit entspricht. Aber deswegen muss er noch lange nicht alles sagen, was er denkt. In manchen Situationen könnte es sein Gegenüber sogar überfordern, weil der Pastor oftmals das große Ganze im Blick hat und nicht nur einen kleinen Ausschnitt, um den es seinem Gegenüber im Gespräch gerade geht. Da ist es situativ bedingt manchmal besser, sich auf diesen Ausschnitt zu fokussieren, als über das “große Ganze” zu philosophieren. Dann bewahrheitet sich das Sprichwort “Reden ist Silber, Schweigen ist Gold”. Das darf aber auf keinen Fall dazu führen, dass dein Pastor gar nicht mehr redet – schon gar nicht, wenn von ihm eine Stellungnahme oder Positionierung gewünscht wird in strittigen Punkten oder Lehrfragen.

Gedanken lesen

Klingt jetzt auch nicht sonderlich innovativ – ist aber so. Und wird immer wieder erwartet. Erwartet. Da haben wir es. Erwartungen! Unzählige Erwartungen werden an den Pastor gerichtet. Das große Problem dabei: sie werden selten ausgesprochen. Und dann sind Menschen enttäuscht, wenn ihre Erwartungen nicht erfüllt werden. Aber – erstens kann ein  Pastor niemals alle Erwartungen erfüllen. Und zweitens schon gar nicht, wenn er nicht davon weiß und sich dazu verhalten kann. Wenn du also eine Erwartung an deinen Pastor hast, dann sprich sie aus – aber sei nicht enttäuscht, wenn er diese nicht erfüllt.

Überall sein

Uh, ein heikler Punkt. Muss ein Pastor nicht an allen gemeindlichen Veranstaltungen sein? Nein, muss er nicht! Wieso auch? Ist er ein Kontrollfreak, der überall nach dem Rechten schauen muss? Oder ist er der Über-Pastor, ohne den nichts geht? Dann werden seine Mitarbeiter und Leiter “unter ihm” (im wahrsten Sinne, leider) nicht zur Entfaltung kommen, weil es immer darauf ankommt, dass “der Herr Pastor” auch noch da ist. Oder haben Gemeindeglieder etwa die Befürchtung, der Pastor könnte zuhause sein, Champions-League schauen, mit seiner Frau ein Glas Wein trinken oder mit seinen Kindern auf die nächste Mathearbeit lernen? Zugegeben – und da schreibe ich sehr persönlich: Es ist nicht leicht, nicht überall zu sein. Zu gerne würde ich an allen gemeindlichen Veranstaltungen teilnehmen, dabei sein, mit den Menschen in Kontakt sein – aber die Folge wäre: Burnout und eine kaputte Familie. Liebes Gemeindeglied: Lass deinem Pastor Luft zum Atmen! Von allen Pastoren, die ich kenne, kann ich bei den allermeisten sagen: Nein, sie sind nicht faul. Sie müssen nur mal atmen und Mensch sein!

Herzen verändern

Das ist alleinige Angelegenheit des Heiligen Geistes. Kein Pastor sollte so vermessen sein und meinen, dass er es ist, der Herzen verändert oder gar den Glauben in anderen Menschen entstehen lässt. Gott mag ihn gebrauchen und mit großartigen Gaben ausgestattet haben – keine Frage. Aber Herzen verändern, das kann kein Mensch. Maximal positive Emotionen erzeugen, ja. Ok. Von mir aus. Aber darauf kann man auch schlecht sein Leben aufbauen. Da ist ein verändertes Herz schon besser – und das schafft nur Gott. Liebe Kolleginnen und Kollegen: Es sind nicht eure Predigten, Bibelstunden, Hausbesuche, Gottesdienste oder Seelsorgegespräche, die ein Menschenherz verändern. Das ist Aufgabe des Heiligen Geistes – und verlasst euch drauf: Er tut es! Nicht ihr! Entspannt euch und nehmt euch nicht so wichtig!

Sünde ignorieren

Und hier wird der Grat so richtig schmal, auf dem sich ein Pastor bewegt. Sünde ignorieren bedeutet nämlich nicht, den Menschen zu ignorieren. Ich nehme mir hier immer und immer wieder Jesus als Vorbild, als eine Frau zu ihm geschleppt wurde, “die beim Ehebruch ertappt worden war.” (Johannes 8,3; Neue Genfer Übersetzung) Nach dem Gesetz wäre es das gute Recht der Menschen gewesen, diese Frau zu Tode zu steinigen. Und was tut Jesus? Er spricht diesen weltberühmten Satz “Wer von euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein”. Nachdem keiner geworfen hat, wendet er sich der Frau liebevoll zu und sagt ihr: “Deine Peiniger sind von dannen gezogen. Ich verdamme dich nicht. Geh – aber sündige hinfort nicht mehr!” Was lehrt mich dieses Beispiel? Jesus ignoriert die Sünde nicht. Er nennt sie beim Namen. Er spricht die Frau darauf an. Aber er verdammt sie nicht! Im Gegenteil: Er ermöglich ihr Leben mit der klaren Aufforderung, nicht mehr zu sündigen! So sollten wir als Pastoren umgehen, wenn Menschen uns in der Seelsorge von Sünde in ihrem Leben berichten oder – und das kommt auch immer wieder vor – wenn es zu gegenseitigen Vorwürfen oder Schuldzuweisungen kommt: Die Sünde beim Namen nennen – dem Sünder aber immer die Möglichkeit zum Leben und zur Umkehr zu geben. Nur eines kann ein Pastor nicht tun: die Sünde ignorieren, wenn er davon weiß.

Es allen recht machen

Es wird immer Menschen geben, die mit den Entscheidungen, dem Predigtstil oder Leitungsstil des Pastors nicht zurecht kommen. Der größte Schlüssel zum Misserfolg ist: es allen recht machen zu wollen! Und doch ist dieser Punkt vielleicht sogar eine der größten Herausforderungen, weil wir Menschen als soziale Wesen geschaffen sind und gerne in Harmonie mit allen Menschen leben möchten. Und nicht jeder kann auf akzeptable und sozial-verträgliche Weise seinen Unmut darüber kundtun, wenn der Pastor Dinge sagt, entscheidet oder tut, die ihm nicht passen. Sagen wir, wie es ist: Die allerwenigsten können das. Oft wird es unsachlich, persönlich, verletzend, alles andere als zielführend – und schon gar nicht geistlich. Dann heißt es: kühlen Kopf bewahren (viel leichter gesagt, als getan) und sich vor Augen führen: Selbst Jesus hat es nicht “allen recht gemacht”. Wieso sollte ich es als Pastor tun? Wenn du es gerne allen Menschen recht machen willst, dann häng deinen Job als Pastor an den Nagel und werde Eisverkäufer. Da stehen die Chancen wesentlich höher, dass dein Vorhaben dir gelingt.

Outtakes

Auf Instagram hatte ich gefragt, welche Dinge ein Pastor nicht tun kann. Manche Kommentare habe ich in den 10 Dingen oben schon verarbeitet – aber zwei “Outtakes” habe ich sozusagen noch.

Kinder kriegen

Richtig! Und wenn er doch welche hat, dann liegt es daran, dass er eine wunderbare Frau hat. Und ich lasse es mir nicht nehmen, an dieser Stelle einmal mehr meine wunderbare “Pastorenfrau” Damaris Brunner zu ehren. Ich habe das an anderer Stelle schon einmal getan, deswegen empfehle ich dir, diesen Artikel zu lesen: Der unsichtbare Dienst einer Pastorenfrau.

Gemeinde bauen

Dem widerspreche ich! Ein Pastor kann es nicht alleine – das würde ich sofort unterstreichen. Aber dennoch kann er “Gemeinde bauen” – davon schreibt auch der Apostel Paulus in seinem ersten Brief an die Gemeinde in Korinther.
Und was ist mit dem, der pflanzt, und mit dem, der begießt? Ihre Aufgaben, so unterschiedlich sie sind, dienen demselben Ziel, und beide werden von Gott ihren Lohn bekommen – den Lohn, der ihrem persönlichen Einsatz entspricht. Es ist also Gottes Werk, an dem wir miteinander arbeiten, und ihr seid Gottes Ackerfeld; ihr seid Gottes Bauwerk.Die Bibel: 1. Korinther 3,8+9
Es ist ein großes Privileg, dass Gott Menschen dazu gebraucht, sein Reich zu bauen und seine Gemeinde, seine Braut noch strahlender und herrlicher werden zu lassen. Dazu befähigt er Menschen – manche davon tun das hauptberuflich, manche tun es ehrenamtlich. Beide tun das Gleiche: Gemeinde (und damit: Reich Gottes) bauen.

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