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Nebellichter

Nicht immer geht es im Leben geradeaus. Manchmal gehen wir unsere Lebensschritte auf einem schmalen, steinigen und von Wurzeln als Stolperfallen gespickten Weg.

Wenn wir ehrlich sind: nicht nur manchmal sondern vielmals bis oft. Naja. Eigentlich immer. Seien wir doch mal ganz ehrlich. Wo geht’s schon immer geradeaus?

Und als ob das nicht schon reicht, gesellt sich dann ein fieser Nebel dazu. Er macht das Ganze erst so richtig eklig, weil er uns die Sicht versperrt, unseren Blick trübt und uns nicht mal den steinigen Weg unseres Lebens erkennen lässt.

Nebel

Dieser Nebel hat viele Namen:

Trauer.

Krankheit.

Depressionen.

Einsamkeit.

Hoffnungslosigkeit.

Lebensangst.

Versuchungen.

Verstrickungen.

Und dieser Nebel ist gemein. Sehr gemein.

Er lässt uns nicht mal den nächsten Schritt sehen, den wir gehen sollen. Und wenn wir ihn dann tun, fühlt sich unser Leben wie ein einziges zaghaftes Stolpern und Nichtwissen um den richtigen Weg an. Das ist einfach kein schönes Gefühl.

Wir hören auf, das Schöne um uns herum wahrzunehmen – wie auch: Wir sehen es durch den Nebel nicht.

Und mit der Zeit vergessen wir sogar, dass es Dinge um uns herum gibt, die schön sind. Wir haben vergessen, wie schön sie sind, weil der Nebel uns über so lange Zeit die Sicht versperrt hat:

Freunde.

Familie.

Mitmenschen.

Natur.

Leidenschaften.

Hobbys.

Gott.

Alles scheint eingetaucht in diesen Nebel, der sich auf unser Herz legt und es uns schwer macht zu atmen. Die Luft wird knapp und der Nebel ist selbst an Sonnentagen da.

Wo bei anderen die Sonnenstrahlen dieser Frühlingszeit die Lebenslust und Lebensfreude wachkitzeln, scheinen sie bei anderen gar nicht durch den Nebel hindurch zu dringen.

Dieses Lebensgefühl ist so unglaublich schmerzhaft und unschön, dass es dringend etwas braucht, das diesen Nebel durchbricht.

Ein Leuchtturm

Und da kommt mir ein Lied in den Sinn, das ich das erste Mal bei Willow Creek im Gottesdienst gehört habe: “My Lighthouse” von Rend Collective.

Lighthouse. Ein Leuchtturm. Das ist es. Genau das braucht es im Nebel. Boote und Schiffe orientieren sich am Licht des Leuchtturms, das meilenweit in die See hinausragt, die manchmal genauso stürmisch sein kann wie unser Leben.

Ein Leuchtturm macht nichts anderes, als zu leuchten. Aber seine Strahlkraft ist so immens, dass er Schiffen hilft, sicher im Hafen anzukommen. Mögen es kleine Segelboote sein oder große Schiffe mit großer Besatzung: Der Leuchtturm leuchtet. Durch den Sturm und das Unwetter hindurch. Sein Licht ist heller als die Dunkelheit und durchdringt den stärksten Nebel – und wenn vom Lichtkegel auch nur weit entfernt ein kleiner Lichtpunkt erkennbar ist. Das Licht ist da. Das Licht leuchtet.

Jesus sagte einmal:

“Ich bin das Licht für die Welt. Wer mir nachfolgt, irrt nicht mehr in der Dunkelheit umher, sondern folgt dem Licht, das ihn zum Leben führt.” (Die Bibel, Johannesevangelium 8,12)

Ja, Jesus ist dieses Licht, das nicht nur in der Dunkelheit sondern auch im Nebel scheint. Manchmal sehen wir dieses Licht heller, manchmal weniger hell strahlen. Das ist leider so. Ich glaube aber nicht, dass es an der Stärke des Lichts liegt, sondern an unserer Wahrnehmung und der Schwere und Dicke des Nebels, der unser Leben überschattet.

Und doch: seine Liebe ist uferlos, seine Treue ist ewig beständig, seine Gnade immerwährend. Manchmal wünsche ich mir, nur ein ganz kleines bisschen von dem zu sehen, wer Jesus wirklich ist – und mich würde es wahrscheinlich umhauen. So bleibt mir nur zu ahnen, zu hoffen, zu glauben, dass seine Arme der Liebe stärker und weiter sind, als ich mir das jemals auch nur in meinen kühnsten Träumen erträumen kann. Und dass er als der Leuchtturm meines Lebens niemals aufhören möge zu leuchten und mir den Weg zu weisen.

Denn mein Leben gleicht nicht selten den tosenden Wellen des Meeres, den stürmischen Winden auf offener See – schutzlos, haltlos, verloren und in der Weite ziellos dahintreibend, wenn da nicht dieser Leuchtturm wäre!

Aber die Überschrift dieses Beitrages trägt doch den Titel “Nebellichter”, also Mehrzahl?

Ganz genau.

…und viele kleine Lichter

Als Christen sind wir aufgerufen, einander Nebellichter zu sein. Im doppelten Sinn: als Nebellichter, die im Nebel leuchten und als Nebellichter, die den Nebel lichten.

Jesus sagte zu seinen Freunden:

“Ihr seid das Licht der Welt!” (Matthäus 5,14)

Ein Widerspruch zu dem Vers oben? Nein. Eine Erweiterung.

Weil Jesus, das Licht, in jedem Christen lebt, werden wir ganz automatisch auch zu Lichtern. Auch wenn du sonst vielleicht von dir denkst, nicht die hellste Kerze auf der Torte zu sein, kann ich dir versichern: Wenn Jesus sagt “Ihr seid das Licht der Welt!”, dann verteilt er seine Stahlkraft nicht wie Kinder: “Zwei für mich, eins für dich, drei für mich, eins für dich,…”

Dann gibt er alles – in dich hinein, wenn du ihm nachfolgst. Seine ganze Kraft der Auferstehung, die wir an Ostern feiern ist in dir – mehr Licht geht nicht.

Und so wirst du als Jesusmensch beides: Du wirst von einem unglaublich schönen und strahlenden Licht durch den Nebel nicht geblendet, sondern geleitet.

Und du bist selbst ein Nebellicht für andere, die gerade im Nebel umherirren und dringend das Licht brauchen. Und vielleicht brauchen sie ja gerade dich als kleine Leuchte, die ihnen den Weg zur großen Leuchte zeigt.

Und glaube mir: Zu sehen, wie ein Mensch mehr und mehr erfüllt wird von diesem Licht und strahlt, ist so ziemlich das Schönste, das ich mir vorstellen kann. Und ich weiß, wovon ich rede, denn zu diesem Beitrag hat mich ein besonderes “Nebellicht” inspiriert.

Auf geht’s! Lass dein Licht strahlen!

 

Billiger Gott, billiger Glaube, billige Spiritualität!

Komische Überschrift? Abwarten. Die ist gar nicht so verkehrt.

Ich lese gerade im Buch “Gott ungezähmt” von Johannes Hartl und komme zu folgendem Abschnitt. (Hinweis: Stell vorsichtshalber deine Kaffeetasse weg – sie könnte sonst über dem Laptop landen, weil sie dir aus der Hand fällt):

“Während der gutmütige Pfarrer über den Regenbogen als Hoffnungszeichen für die Menschen predigt, zu mehr Mitmenschlichkeit aufruft und den Gläubigen versichert, die drastischen Worte Jesu im Evangelium über Hölle und Gericht seien nur Bilder und seine Wunder keineswegs historische Fakten, surft ein junger Mann in der näheren Umgebung, um sich über Voodoo zu informieren. Der Gottesdienst findet mittlerweile in der gut geheizten Kirche statt. Über Fasten, Spenden oder voreheliche Enthaltsamkeit wird hier nie gepredigt und jeder Gottesdienstbesucher kann beruhigt sein: Hier wird ihm niemals dreingeredet.

Zum Beginn des Schuljahres werden alle Kinder nach vorne geholt und bekommen vom Diakon ein Geschenk, am späten Nachmittag dann die Haustiersegnung. In einem benachbarten Kloster findet ein Kurs für meditatives Malen statt und in jeder Bahnhofsbuchhandlung kann man sich darüber informieren, dass eine Wanderung nach Santiago de Compostela auch der eigenen ganzheitlichen Weiterentwicklung dient. Fasten nur, wenn es der Entschlackung hilft. Buße nur, wenn man sich deshalb psychologisch ausgeglichener und daher besser fühlt. Die “Lass-uns-mal-drüber-reden”-Spiritualität, die auch vor dem Beten nicht Halt macht. Beten nicht als anbeten, sondern kumpelhafter Austausch. Religiöse Anstrengung, das passt nicht ins Anforderungsprofil einer Wellness-Religion von heute, stört nur in unserer spirituellen Komfortzone.” (S. 56f)

Als ich diese Zeilen las, dachte ich: So treffend. So realistisch. So wahr. Und so traurig.

Alles muss sich um das eigene Ego drehen – auch Gott. Solange sich das Ego bei der ganzen Geschichte noch wohlfühlt, ist es in Ordnung. Solange das Ego seine Bedürfnisse stillen kann, ein wenig Balsam für die Seele bekommt – solange ist es gut. Solange kann das Ego in die Kirche gehen. Solange kann das Ego an Gott glauben.

Aber das ist nichts weiter als eine billige Mogelpackung und wird dich kein Stückchen weiterbringen – weder im Leben, noch im Glauben, noch im Sterben. Noch danach!

Paulus dreht den Spieß um und schreibt in seinem Brief an die Gemeinden in Galatien:

Nicht mehr ich bin es, der lebt, nein, Christus lebt in mir. Und solange ich noch dieses irdische Leben habe, lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mir seine Liebe erwiesen und sich selbst für mich hingegeben hat. (Galater 2,20)

Und weil ich glaube, dass die Bibel nicht nur Gottes Wort enthält, sondern Gottes ewig gültiges und so tiefes Wort an mich ist, glaube ich, dass Paulus einen regelrechten Gegenentwurf zum “Selfie-Glauben” unserer Zeit entwirft. Und noch schlimmer – oder besser, je nachdem, was dein Ego grad so macht: Dieser Gegenentwurf ist das, was Gott sich für das Leben des Menschen vorgestellt hat.

“Nicht mehr ich bin es, der lebt, nein, Christus lebt in mir.” Wow. Diese Vorstellung ist von bahnbrechender Schönheit. Christus lebt in mir. Mein Ego wird verdrängt. An seine Stelle kommt Christus. Aber nicht irgendein Christus. Ich meine – die gibt es ja zuhauf, wenn man so landauf landab mit offenen Augen und Ohren durch die kirchliche Landschaft tingelt. Was einem da alles verkauft wird als “Christus”.

Aber wie beschreibt es Paulus?

“…der mir seine Liebe erwiesen und sich selbst für mich hingegeben hat.”

Ups. Knackpunkt. Sühne. Uncool. Passt auch nicht in diese Wellness-Religionsschiene. Ein Gott, der sich für mich hingibt? Ein Gott, der für mich stirbt? Ein Gott, der sein Leben an meiner Stelle in den Tod gibt, damit ich frei bin und mein Ego nach und nach gleichgeformt wird mit Christus? Alter Schwede. Starker Tobak für einen Montagmorgen, was?

Ich glaube aber, dass der Hund genau hier begraben ist oder anders gesagt: Das Ego könnte genau hier zu Grabe getragen werden.

Es ist ja leicht zu sagen, dass ich an Jesus glaube. Dass sein Tod eine Relevanz für meinen Glauben hat.

Wenn dem so ist, betrifft das auch mein Ego. Meine Schaltzentrale. Die innere Hauptplatine. Das Kontrollzentrum meines Lebens. Und da ist jetzt eben die Frage: Darf da Jesus sitzen oder mein Ego?

Wahrscheinlich ist das die entscheidende Schwelle, die noch genommen werden muss, damit passiert, was Paulus an anderer Stelle schreibt:

Gehört jemand zu Christus, dann ist er ein neuer Mensch. Was vorher war, ist vergangen, etwas Neues hat begonnen. (2. Korinther 5,17)

Und das hat ganz unweigerlich Auswirkung auf unsere Gemeinden. Wir würden es nämlich schaffen, Gemeinde so zu leben, dass sie wirklich die Hoffnung dieser Welt ist, weil wir uns nämlich nicht um uns selbst drehen, sondern um die Menschen, die noch ihrem eigenen Ego hinterherrennen und sich von ihrem Ego bestimmen lassen und nicht von dem Gott, der sie liebt.

Mich begeistert der Gedanke immer mehr, dass eine solche Gemeinde alles daran setzen würde, wie sie anderen Menschen dient – und wie sie Gott dient. Wie sie andere Menschen einlädt in eine Beziehung zu diesem Gott – und wie sie die Größe, die Erhabenheit, die Heiligkeit, das Faszinosum Gottes wieder neu entdeckt und einfach nur staunend und anbetend vor ihm steht, kniet, liegt, singt, tanzt, weint…was auch immer.

Ich wünsche mir so sehr, dass diese Neuschöpfung auch zu einer Neuschöpfung der Gemeinde kommt. Dass nicht mehr von “Ich will…” sondern von “Lasst uns…” die Rede ist. Dass wir mehr und mehr damit rechnen, hoffen, darum beten und ringen, dass Gott übernatürlich (übrigens: genau mit diesem einen Wort wird die Predigtreihe der evangelischen Kirchengemeinde Wutachtal von Pfingsten bis zu den Sommerferien überschrieben sein) eingreift in diese egozentrische Welt….und Kirche.

Und das bedeutet natürlich auch, dass wir den unbequemen Wahrheiten der Bibel nicht aus dem Weg gehen. Und auch, wenn es eine eigene Blogbeitragsserie wert wäre, nur so viel dazu: Viele Entwicklungen innerhalb der Kirche – und damit schließe ich ausdrücklich auch die Freikirchen mit ein -, die sich mehr und mehr auf Diesseits konzentrieren sind gleichsam Grund und Folge dieser Selfie-Kirche. Und vieles davon ist nichts anderes als liberale Theologie in einem frommen Gewand.

Zu diesen unbequemen Wahrheiten gehört das, was Johannes Hartl in dem Abschnitt in seinem Buch schreibt. Ich habe über das Fasten, Enthaltsamkeit, Spenden, Hölle und Gericht relativ wenig gehört in den letzten Jahren in unserer Kirche – und andererseits reicht ein Blick in die weltweite Christenheit, dass dort, wo man sich dieser unbequemen Wahrheit stellt und sie zur Sprache bringt, die Kirchen und Gemeinden wachsen.

Gut, das wird jetzt seitens der westlichen Kirche oft als “charismatische Auswüchse, die auch wieder vorbeigehen” bezeichnet, aber das ist genauso, wie man vor einigen Jahren sagte: “Das Internet ist nur eine sporadische Erscheinung. Durchsetzen wird sich das nicht.”

Lasst uns (ich lerne selbst aus meinem Geschreibe) ganz neu die Größe und Heiligkeit Gottes ernst nehmen – und damit auch das, was eben nicht auf Anhieb runtergeht wie Öl. Aber es lohnt sich. Daran wird Kirche und Gemeinde wachsen – und das wird jedem gut tun, der mit solch einer Gemeinde in Berührung kommt.

Ach ja: Das eingangs erwähnte Buch “Gott ungezähmt” trägt übrigens den Untertitel: “Raus aus der spirituellen Komfortzone”. Wie treffend. Ich nehme es mir vor. Ich will es. Zumindest versuchen. Und bin gespannt!

Nachtrag (29.02.2016):
Da der Artikel munter auf Facebook geteilt und diskutiert wird, habe ich dort einen Kommentar geschrieben, den ich hier noch als Ergänzung bringen möchte, da er meines Erachtens vor Missverständnissen schützen kann:

“Ich möchte noch eine wichtige Unterscheidung reinbringen, die im Artikel fehlt: Es geht um das Ego als das “Selfie” im Sinne von “Auf sich selbst fokussiert” – und NICHT um das Individuum als der von Gott einzigartig und wunderbar erschaffene Mensch. Denn dann wäre es in der Tat wenig wertschätzend und nicht liebevoll – aber für mich gibt es eben einen Unterschied zwischen “Ego” und “Individuum”.”

Fundamentalistische Fundamentalismuskritiker

Ich schreibe einen Kommentar.

Ich schreibe ihn nicht.

Ich schreibe einen Kommentar.

Ich schreibe ihn nicht.

Ich schreibe ihn.

Ich lösche ihn.

Ich bin erleichtert.

Bis zum nächsten Kopfschütteln.

So sieht es manchmal bei mir aus, wenn ich auf Facebook wieder einmal etwas von den Kampfliberalen, den wenig toleranten Toleranten, den Besserwissenden – oder kurz: den fundamentalistischen Fundamentalismuskritikern gelesen habe.

Dabei frage ich mich ernsthaft oft: Bin ich auch so? War ich so? Ich will so nicht sein!

Auf der einen Seite Toleranz und Liberalität einfordern – aber wenn dann mal was nicht so ganz passt, dann wird das niedergebügelt.

Nein – ich meine hier keine politischen Diskussionen und Posts – ich rede von theologischen Auseinandersetzungen. Da sehe ich das Ganze irgendwie noch potenziert.

A sagt etwas über den theologischen Sachverhalt B und positioniert sich mit einer sehr überzeugten – und manchmal auch überzeugenden – Meinung.

C findet, dass man B ganz anders – nämlich als D – sehen muss, weil A doch schon sehr recht(s)gläubig und fundamentalistisch (ohne den Begriff erklären zu können) sei und lehnt A kategorisch ab, damit C nicht länger C bleiben, sondern sich in D verwandeln darf.

Dumm nur, C dadurch auch nicht wirklich offener und tolerante ist als A – außer in der eigenen Wahrnehmung.

Spannend wird es dort, wo C vor einiger Zeit und Jahren noch die gleiche Meinung wie A – nämlich B – hatte, jetzt aber vehement D vertritt und sowohl A als auch B ablehnt.

Verwirrt? Ich auch. Zumindest manchmal. Und ich wünsche mir, dass A und C wieder zueinander finden.

Zukunft. Hoffnung. Kirche.

Nein, das ist kein Widerspruch.

Zukunft, Hoffnung und Kirche sind drei Begriffe, die man durchaus in einem Atemzug nennen darf, kann und soll. Allerdings braucht’s dafür ein paar Voraussetzungen, damit das alles kein Wunschtraum sondern blühende Realität wird.

Um nichts weniger ging es beim Willow CreekLeitungs– und Kinderpluskongress 2016 in Hannover. Vom 11.-14. Februar strömten 10.000 Menschen in die TUI-Arena auf das Messegelände Hannovers und lauschten inspirierenden Vorträgen, guter Musik und berührender Kunst – also Letztere hat man eher angeschaut.

Wieder einmal habe ich diesen Kongress als ungemein inspirierend erlebt. Es ist schon verrückt, was die Beteiligten da alles auf die Beine gestellt haben: Ein faszinierendes Bühnendesign, eine rundum geniale Band mit musikalischen Leckerbissen, ein konzentrierter Ablauf und Fokus auf das Wesentliche, eine klasse Organisation im ganzen “Drumherum”. Kurzum: So macht Kirche einfach total Spaß.

Deswegen einfach mal an dieser Stelle ein riesengroßes Dankeschön an Willow Creek und Willow Creek Deutschland. Ihr habt ganze Arbeit geleistet und dürft jetzt hoffentlich ein wenig entspannen, genießen und dankbar auf das zurückschauen, was war.

Ich habe jede Menge gelernt; jede Menge Inspiration erhalten; jede Menge Input aufgesaugt. Ich will’s mal so sagen:

#Es kommt auf den Leiter an

Gut. Das ist jetzt bei einem Leitungskongress weniger überraschend als dieses Sinnlos-Spielzeug im Überraschungsei, aber dennoch interessant auf welche Eigenschaften eines Leiters Bill Hybels in seinem Vortrag “Das Unbeschreibbare von Leitung” abhob:

  1. Die Zähigkeit eines Leiters
    Unter www.willowcreek.de/survey kannst du ein paar Fragen beantworten und am Ende einen ersten Hinweis bekommen, wie zäh du auf einer Skala von 1-5 bist.
    Bei “zäh” denken wir ja schnell an ein schlecht gegrilltes Steak – allerdings ist “zäh” im Leitungszusammenhang durchaus positiv zu verstehen, denn wir leiten in schwierigen Zeiten und schwierigen Situationen. Da ist es unabdingbar, wenn Leiter “zäh” sind – aber dennoch genießbar.
  2. Selbstwahrnehmung
    Der Klassiker. Es ist uns Leitenden wahrscheinlich in der Theorie sehr präsent, in der Praxis geht es uns jedoch oft abhanden: Die Tatsache, dass unsere Entscheidungen heute geprägt sind von Erfahrungen, die wir im Laufe des Lebens gesammelt und die sich tief in uns verankert haben. Korrespondierend damit ein ganz unangenehmes Thema: blinde Flecken. Also der Bereich, in dem du dich selbst für den Champion hältst, andere jedoch schon zu beten beginnen, wenn du nur den Mund aufmachst.
  3. Erfindungsreichtum
    Erfindungsreiche Menschen kollaborieren, scheitern und versuchen es erneut und lieben das Lernen. Manche schmeißen hin, wenn sie nicht mehr weiter wissen – manche nehmen erst dann richtig Fahrt auf. Drei mal darfst du raten, von welchen Typen Hybels sprach und welcher Typ ich bin. Ok. Vergiss es. Einmal darfst du raten. Und liegst du daneben, musst du dir was einfallen lassen.
  4. Selbstaufopfernde Liebe
    Wir leben in einer Zeit, in der viele Leiter narzisstisch sind und etwas Besonderes sein wollen. Sie wollen ein Gefolge haben, das ihnen dient. Das ist genau das Gegenteil von aufopfernder Liebe. Heikler Punkt. Viel zu arbeiten. Alles andere als Mainstream.
  5. Einen Sinn stiften in denen, die man leitet
    Muss man dazu noch was sagen? Es klingt simpel – und ist doch ein Game Changer. Mir geht’s doch selbst so, wenn ich in einem Team bin, das ich nicht leite: Ich will, dass der Leiter mir klarmacht, was der Sinn des ganzen ist – wenn ich nicht schon hell genug war und das selbst herausgefunden habe.
    Und so ist es eben auch die Aufgabe jedes (Gemeinde-)Leiters, seinem Team immer wieder deutlich zu machen, was der Sinn des Ganzen ist.

#Focus is the new IQ

Das Thema ist nicht neu. Das haben andere schon vor Willow erkannt. Darüber haben viele schon gebloggt, getwittert und geredet. Ich habe beim Willow-Kongress ganz neu gelernt, dass es keinen Sinn macht, sich zu verzetteln. Zwischen zwei Sessions saß ich einmal so in der Halle und dachte: “Was ist eigentlich das alles verbindende Element bei Willow Creek?” Und mir kam schlicht und einfach der Gedanke, dass Bill Hybels immer wieder betont, dass sie durch ihre gesamte Arbeit bei Willow Creek aus “gottfernen Menschen vollkommen hingegebene Jesusnachfolger” machen wollen. Das klingt auf englisch natürlich viel cooler.

Und ich dachte mir: Ja, das ist es. Wie oft sagen wir den netten Satz: “Wir können es nicht allen recht machen.” Und wie oft handeln wir dann doch nach diesem einen Satz? Unfassbar.

Ähnliches dachte ich, als Leo Bigger die Bühne rockte. Dieser Mann steht für eine klare Vision von Kirche – und nein, ich habe auch hier keine Lust zu schreiben, dass nicht alle diese Vision cool finden müssen. Er lebt seinen Traum von Kirche. Und er lebt einen ganz bestimmten Traum. Das sieht man. Das spürt man. Das hört man.

Ich hoffe, ich habe auch in ein paar Wochen noch den Mut, mich zu fokussieren und nicht “Gemeinde für alle” sondern “Gemeinde für den Einen” zu sein.

#Ohne Gebet ist alles nichts

Für mich persönlich gab es auf dem Kongress zwei Highlights. Eines davon war der Vortrag von Johannes Hartl zum Thema “Existentielles Gebet”. In seiner unnachahmlichen Art schaffte es Johannes Hartl einmal mehr, hohe philosophische Erkenntnisse so zu vermitteln, dass selbst ich den Eindruck hatte, sie zu verstehen.

Provokant führte er uns dahin, dass er fragte, was denn sei, wenn eben nichts sei. Halten wir das Nichts aus? Was ist, wenn das Nichts uns überkommt – was machen wir? Wir müssen etwas tun. So ist der Mensch einfach – und leider – gestrickt. Wir können das Nichts nicht aushalten und müssen ganz schnell etwas tun.

Dabei ist es viel wichtiger, einfach zu sein – nicht zu tun.

Vor Gott zu sein. Mit Jesus zu sein. Im Gebet.

Alles Tun unterliegt den Blicken von Menschen, aber nicht dem Blick Gottes. Damit unterwerfe ich mich ungewollt Menschen. Und wenn ich versuche, den Menschen zu gefallen, dann wäre ich kein Knecht Christi, weil er dann nicht mein Meister wäre, sondern die Menschen um mich herum. Ha, faszinierend, was? Ich find’s auf jeden Fall sehr erhellend und habe einmal mehr gemerkt: Ohne das Gebet ist alles nichts. Aber mit Gebet wird das Nichts zu etwas Wundervollem, weil uns dort Jesus begegnet und er uns sagt, was wir zu tun und zu lassen haben.
Bei allen tollen Programmen und Methoden: Wir sollten nicht vergessen, dass die meisten großen Bewegungen und Erweckungen aus dem Gebet entstanden sind. Ich hab’s mir ganz neu auf die Fahne geschrieben.

#Orange leiten

Mein zweites Highlight des Kongresses war Reggie Joiner. Meine Güte. Der Mann hat solch eine Tiefe, Ausstrahlung, Witz und Weisheit, dass ich es schier nicht ausgehalten habe. Dabei kommt er als Introvertierter (wie er sich selbst bezeichnet) ganz unscheinbar daher. Aber bekanntlich sind stille Wasser tief.

Kurz zu dem guten Mann mit Glatze, Bart und Lederjacke: Er hat zusammen mit Andy Stanley die “Northpoint Community Church” gegründet, das “Orange-Modell” entwickelt und die reThink-Group ins Leben gerufen. Kurzum: Der Mann hat’s einfach drauf.

Ein Spitzensatz seines Vortrages:

Es ist nicht die Mission und Vision, die deine Gemeinde erfolgreich machen, sondern die Strategie.

Und wieder einmal saß ich da und dachte: Mist. Ja. Stimmt. Er hat vollkommen Recht. Wenn ich nicht weiß, wie ich die Dinge ans Laufen bringe, dann bringen mir auch die besten Dinge nichts.

So viel zur Theorie. Sein großes Steckenpferd ist ja die Frage nach der Orange – nein, nicht der Frucht, sondern der Farbe. Genauer gesagt: ORANGE ist die Mischung aus GELB (für die Gemeinde, in der Jesus als das Licht lebt) und ROT (für die Liebe in der Familie). So viel zur Farbenlehre.

Spannend wird das Ganze natürlich dann, wenn wir uns fragen, wie wir Gemeinde so leiten und leben, dass die nächste(n) Generation(en) davon profitieren. Und was Joiner hier zu sagen hat, würde ich am liebsten in die ganze Welt hinausposaunen, weil es so wahr und weise ist.

Joiner sprach davon, dass unser Problem in Gemeinden doch oft das ist, dass uns nicht interessiert, was Familien interessiert. Er sprach davon, dass über 90% der Familien in Deutschland in keine Gemeinde/in keinen Gottesdienst gehen. Warum? Weil sie nicht vorkommen, keinen Platz haben.

Dabei wollen Eltern – und da stimme ich ihm voll zu – vor allem eines: bessere Eltern werden! Und warum soll bitteschön Gemeinde dann nicht der Ort sein, an dem sie das lernen können?

Uns Leitenden sollte es ein Anliegen sein, um die Beziehungen zu den Kindern und Jugendlichen sowie um deren Beziehung zu Gott zu kämpfen. Und ich habe am Ende seines Vortrages gedacht: “Jawohl. Das will ich!”

Nichts hält deine Gemeine so frisch und “am Puls der Zeit”, als wenn du “orange leitest” – also Kinder, Jugendliche und Familien nicht nur eine nette “Zielgruppe” sind, sondern den Kern deiner Gemeindeentwicklung darstellen. Wohlgemerkt: Nicht die Heile-Welt-Familie, sondern Familie in all ihren Schattierungen und Vorkommnissen – denn alleine in den USA sind es laut Joiner gerade mal 23% der Familien, die aus verheirateten Ehepaaren bestehen, die mit ihren eigenen leiblichen Kindern zusammen leben. Insofern sollten wir als Gemeinde auch aufhören, ein unrealistisches Idealbild von Familie zu propagieren, das biblisch gesehen ohnehin keinen Halt hat – wenn man nur mal an so nette Familienkonstellationen wie bei Adam und Eva, Noah, Jakob und Esau, Josef und seine Brüder oder auch Maria und Josef denkt.

Auf jeden Fall hat Reggie Joiner es geschafft, mein Herz zu erobern und eine ganz neue Leidenschaft freizusetzen – ok. Sooooo schwierig war es nicht, denn ich hatte seine “Orange-Bücher” schon gelesen. Und dennoch: Ich glaube, dass sich nichts mehr lohnt, als Gemeinde an der kommenden Generation auszurichten.

Für mich war dieser Kongress ein Inspirationsmegaflash und ich bin immer noch sehr motiviert und begeistert, nun vieles davon umzusetzen, was bedeutet: Fokus auf Jesus. Mehr die Menschen im Blick zu haben, die “noch nicht dabei sind” als die, die man verlieren könnte (was ja zunächst mal nicht mehr als eine Annahme ist und sich in der Realität erst mal noch beweisen müsste). Und in die nächste Generation investieren, investieren, investieren.

Was haben wir aus dem Evangelium gemacht?

Was das Evangelium nicht ist

Vor kurzem ist mir auf Facebook ein Zitat von John MacArthur über den Weg gelaufen:

I think again, the church has not only stopped talking about sin, it stopped talking about eternal life. Everything is about fix me here. The gospel doesn’t promise to fix you here. You may have a bad marriage till you die, you may have bad kids till you die. You may have cancer and die before you thought you’d die. You may lose all your money in the stock market. Your house might burn down. Jesus doesn’t promise to fix that. Contrary to what you hear from health, wealth and prosperity teachers, the only people who seem to get wealthy off that are the people who take your money. The gospel does not promise that. But it does promise eternal life. (Quelle)

Darin verstecken sich so einige Gedanken, die mich schon seit langer Zeit beschäftigen. Dabei will ich mich aber nicht auf sein Urteil über Prediger des so genannten “Wohlstandsevangeliums” stürzen – das ist nicht meine Sache.

Mich interessiert vielmehr, was er inhaltlich an der Darstellung des Evangeliums kritisiert und dachte mir: Das betrifft beim besten Willen nicht nur Wohlstandsevangeliumsprediger.

Für alle wissenschaftlich angehauchten unter der werten Leserschaft braucht’s jetzt am Anfang erst mal eine Definition von “Evangelium”. Ok. Will ich geben:

Evangelium ist die gute Botschaft, dass es einen Gott gibt, der dich liebt und der seinen Sohn für dich auf dieser Erde gesandt hat, um stellvertretend für deine Schuld zu sterben, so dass du mit diesem ewigen und liebenden Gott eine Beziehung auf Ewigkeit hin hast, die auch nach diesem irdischen Tod nicht endet, aber vor diesem irdischen Tod beginnt, was Auswirkungen auf dich, deine Mitmenschen und dein Umfeld haben wird.

Ich hoffe, das war jetzt lang genug für eine Definition.

Ein diesseitiges Evangelium ist defizitär

Was mich an der Aussage von MacArthur so fasziniert und gleichzeitig irritiert, ist in der Tat die Tatsache, dass sich gerade die Kirche in ihrer Verkündigung und Wesensäußerung fast nur auf das Diesseits ausrichtet. Dabei beinhaltet das Evangelium an sich doch gerade die Ewigkeitsperspektive – oder haben wir die jetzt vollends historisch-kritisch wegrationalisiert? Ist Jesus wirklich nur der Besserwisser, Revoluzzer, über-15-Minuten-Prediger, Frauenversteher (was zu seiner Zeit wesentlich radikaler war, als es heute ist), Weltverbesserer und Heiler?

Ist er wirklich nur der Prototyp aller 68er, Vorläufer aller Umweltaktivisten (warum auch immer; sein Umgang mit der Natur war recht diktatorisch, wenn ich da so an die Sturmstillung denke) und Archetyp aller Sozis?

In diesen Tagen habe ich wieder einmal angefangen, mein Lieblingsbuch der Bibel zu lesen: die Apostelgeschichte. Ich habe angefangen, alle Stellen, in denen es um das Gebet geht, grün zu markieren. Alle Stellen, in denen vom Heiligen Geist die Rede ist, habe ich mit orange markiert. Und an allen Stellen, an denen von “Zeichen und Wundern” die Rede ist, habe ich an den Rand “Z&W” geschrieben und gelb markiert. Und weißt du was? Meine Bibel ist bunter als die Malbücher meiner Kinder.

Würde ich das gleiche Schema anwenden, um manche Programmschriften, theologische Bücher und “so muss Kirche aussehen, wenn sie überleben will”-Ratgeber zu markieren, dann befürchte ich, würden die Seiten weit weniger bunt werden.

Verrückt, wie jenseitsorientiert die Bibel doch selbst ist. Verrückt, wie sehr das Ewige dort immer wieder ins Irdische einbricht, aber nicht versucht wird, das Irdische als das Ewige auszugeben. Ich bin erst im 8. Kapitel angelangt, aber habe immer wieder gedacht: “Das will ich heute auch noch erleben! In meiner Gemeinde, im Wutachtal, in Deutschland – oder wo auch immer.”

Ich will mich nicht damit zufrieden geben, dass Kirche lediglich dafür da ist, den Menschen in ihren irdischen Bedürfnissen wahrzunehmen, sondern vor allem in ihren geistlichen Bedürfnissen zu sehen und ihnen zu sagen: “Es gibt eine Ewigkeit. Und eine Schlüsselentscheidung, die du hier auf Erden triffst ist die, wo du diese Ewigkeit verbringst!”

Ja, ich würde sogar so weit gehen zu behaupten, dass wir das Evangelium entkräften und schwächer machen, als es ist, wenn wir es lediglich auf das Diesseits beziehen und aus ihm unsere To-Do-Liste für unsere Agenda “Bewahrung der Schöpfung, soziale Gerechtigkeit und Friede auf der ganzen Erde” machen. Nein, ich habe keine Lust, jetzt zu schreiben, dass ich das auch alles OK finde. Ich habe einfach Lust zu schreiben: Das ist nicht das ganze Evangelium. Das ist ein entmachtetes, vermenschlichtes und verweichlichtes Evangelium, wenn überhaupt. Vielleicht ist es auch eher ein Grundsatzprogramm einer umweltorientierten oder sozialorientierten politischen Partei – aber es ist nicht das, wofür Jesus auf diese Erde kam; wozu das Ewige das Zeitige trifft; wozu Gott Mensch wird.

Oder um es anders zu sagen:

Gebet und Heiliger Geist

Evangelium ist nur dann Evangelium, wenn es mir den Horizont über das Diesseits öffnet in ein Jenseits, das noch kommt und hier schon erfahrbar ist, das mir durch Jesus verfügbar wird – aber ohne ihn unverfügbar bleibt.

Und dann höre ich schon wieder die Kritiker: “Aber das Reich Gottes und sein Wirken ist doch nicht verfügbar.” Korrekt. Aber gerade deswegen sich reflexartig auf alles Irdische zurückzuziehen und das als Evangelium auszugeben, ist jetzt auch nicht das Gelbe vom Kirchen-Ei.

Um mal auf meine Buntstifte zurück zu kommen: Ich habe sie ja nicht einfach so gewählt. Ich hätte ja auch anstreichen können, wenn von Fußball, Grillen oder Pilgern die Rede ist.

Ich glaube aber, dass es diese beiden Dinge sind, die Kirche heute wieder braucht:

Das Gebet und das Wirken des Heiligen Geistes.

Ein Schlüsselvers ist für mich hier Apostelgeschichte 4,31:

Und als sie gebetet hatten, erbebte die Stätte, wo sie versammelt waren; und sie wurden alle vom Heiligen Geist erfüllt und redeten das Wort Gottes mit Freimut.

Junge, Junge, Junge. Wie krass ist das denn? Ok, ich gehe jetzt einfach mal davon aus, dass es so geschehen ist, wie es da steht. Zumindest hat mich noch niemand vom Gegenteil überzeugen können.

Ich wünsche mir, dass Kirche back to the roots wieder eine Gebets- und Heiliger Geist-Bewegung wird.

Ich wünsche mir, dass wir genau so viel Zeit in’s Gebet stecken, wie in Bücherschreiben, Programmentwürfe, Konferenzen und Blogbeiträgeverfassen.

Und ich wünsche mir so sehr, dass wir als Kirche zurückkehren zu einem kindlichen Glauben, der den Heiligen Geist einfach mal machen lässt. Und nicht irdische Wunschvorstellungen an ihn dranheftet und danach behauptet, das wäre geistgewirkt gewesen. In der Bibel – vor allem eben in diesem bunten Buch Apostelgeschichte – lesen wir sehr viele Arten, wie der Heilige Geist wirkt. Und ehe wir ihm neue Wirkungsweisen zuschreiben (ist er nicht unverfügbar?) wären wir gut damit beraten, ihn das machen zu lassen, was von ihm in der Apostelgeschichte geschrieben steht.

Was diese Welt benötigt!

Diese Welt…

Diese Frage kann man sich ja stellen, wenn man mal nach rechts und links schaut in diesen Tagen.

Wir stehen durch die Flüchtlingskrise vor einer grundlegenden Veränderung unserer Gesellschaft. Mir macht das keine Angst. Ich freue mich über die Menschen, denen wir Heimat und Zuflucht geben können und ihnen sagen können: “Es gibt einen Gott, der dich erschaffen hat und der dich liebt. So sehr, dass er sogar dafür gesorgt hat, wie du auf ewig mit ihm verbunden bleiben kannst: In seinem Sohn Jesus!”

Weltweit nimmt der Terror zu – besonders und vor allem auch gegen Christen, die oftmals Ziel Nummer 1 von Terroristen sind. Zwar wird ausgerechnet aus christlichen Kreisen der so genannte “Weltverfolgungsindex” des christlichen Hilfswerkes “Open Doors” angezweifelt – aber wer die Augen aufmacht, wird sehen, dass Christen zu den am meisten verfolgten Gruppierungen weltweit gehören.

Innerhalb der christlichen Kirchen – zumindest in Deutschland – erlebe ich oftmals eine große Geistlosigkeit und Leere; kaum Anstrengungen, dass Menschen zum Glauben an Jesus eingeladen werden. Immer mehr Austritte und Entscheidungen bzw. Äußerungen von kirchenleitenden Personen, die einige Fragezeichen in den Kopf setzen. Ich wünschte mir mehr Kühnheit und Mut zu bezeugen, dass die Bibel nicht nur Gottes Wort enthält, sondern Gottes Wort ist – zeitlos gültig, weil Gott weder altbacken, modern oder postmodern ist sondern ewig.

Die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auseinander – in unserer Gesellschaft aber auch auf dem ganzen Planeten. Es ist unfassbar, dass 62 Superreiche genauso viel besitzen wie die Hälfte der Weltbevölkerung. Geht’s noch?

…benötigt den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist!

Einer meiner Lieblingsbands (Casting Crowns) singen in ihrem Lied “What this world needs” (deutsch: Was diese Welt benötigt) übersetzt Folgendes:

Was diese Welt benötigt, ist ein Retter, der befreit,

ein Geist, der führt

ein Vater, der sie in Zeiten der Not liebt.

Ein Retter, der befreit

ein Geist, der führt

ein Vater, der liebt.

Das ist es, was diese Welt benötigt.

Und ich wünschte mir so, dass Christen über alle Konfessions- und Gemeindezugehörigkeit hinaus nichts anderes tun, als durch ihr Wesen, durch ihr Tun und durch ihr Reden dieser Welt zu zeigen: Genau das, was du suchst, gibt es: Ein Gott, der dich liebt, der dich befreit und der dich führt.

Bist du dabei?

 

 

Mein Senf zur Jahreslosung 2016

Die Jahreslosung 2016. Ein unscheinbarer Satz, der aber so viel in sich trägt:

“Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet.” (Jesaja 66,13)

Senf 1: Nur die halbe Wahrheit

Es wäre politisch äußerst interessant gewesen, wenn die Damen und Herren der Kommission für die Jahreslosung doch den ganzen Vers aus Jesaja 66,13 genommen hätten und nicht nur den Teil, der runter geht wie Öl.

Denn: Der Satz geht weiter. Vollständig lautet dieser Vers: “Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet;  ja, ihr sollt an Jerusalem getröstet werden.”

Wow. “Ihr sollt an Jerusalem getröstet werden.”

Darf man das heute so sagen?

Wäre das “politisch korrekt”, wo erst unlängst in der Bremer City selbsternannte Gruppen umhergingen, und Produkte aus Israel als “bitte nicht kaufen” kennzeichneten und 40% der Deutschen meinen, dass Israel einen “Vernichtungskrieg” gegen Palästina führe? (Quelle)

Nein, nein. Das wäre doch mal höchst ungeschickt, wenn so etwas auf den Jahreslosungskugelschreibern, Jahreslosungshosentaschenkalender und Jahreslosungsgutenmorgengutelaune-Kaffeetassen stehen würde. Geht gar nicht.

Also. Vers kürzen, nur die halbe Wahrheit. Aber dafür verkauft er sich besser.

…oder was war der Grund, dass der Vers so unglücklich gekürzt wurde?

Senf 2: Die weibliche Seite Gottes

Feministinnen und Feministen sind begeistert über die Jahreslosung. Man liest es allenthalben: “Endlich, ja endlich, können wir sagen: Gott ist nicht nur Vater, er ist auch Mutter. Er ist nicht nur Mann, er ist auch Frau.” Ich will an dieser Stelle keine Ausführungen darüber machen, ob Gott nun Mann oder Frau oder nichts dergleichen ist. Vielmehr will ich nur darauf hinweisen, dass die Jahreslosung überhaupt nicht taugt, um für diese Fragestellung herangezogen zu werden.

Warum? Weil in der Jahreslosung eine Parallele gezogen wird, die sich nicht auf einer ontologischen Ebene befindet: “….wie einen seine Mutter tröstet.”

Gott macht keine Selbstaussage über sich, nach dem Motto: “Ich BIN wie eine Mutter,….” sondern “Ich tröste wie eine Mutter.”

Diese Selbstaussage bezieht sich nicht auf sein Wesen, sondern auf sein Tun.

Gleichermaßen müsste man dann umso mehr davon sprechen, dass wir zu einer Tür oder einem Laib Brot beten – als Christen.

Jesus sagt von sich: “Ich bin die Tür…” (Johannes 10,9) und “Ich bin das Brot des Lebens” (Johannes 6,35).

Er sagt nicht: “Ich bin wie eine Tür..”…oder “Ich bin wie ein Brot…”. Hier findet sich ein kategorischer Unterschied zur Jahreslosung, denn Jesus sagt: “Ich bin!”

Nun habe ich aber noch keinen Christen getroffen, der ernsthaft behauptet, Jesus ist eine Tür oder Jesus ist ein Laib Brot.

Deswegen finde ich es einfach schade, wenn Bibelstellen für eigene Vorstellungen herangezogen werden und so umgedeutet werden, dass sie passen. Eigentlich sollte es ja andersrum sein, nämlich dass Bibelstellen unsere Vorstellungen und unsere Gedankenkonstrukte hinterfragen.

Nochmal: Dies soll keine Ausführung darüber sein, wie wir uns Gottes Wesen vorstellen sollen, sondern lediglich ein Hinweis darauf, dass sich die Jahreslosung 2016 denkbar schlecht eignet, um als Argumentationsgegenstand in solch eine Debatte eingespielt zu werden.

Senf 3: Gott tröstet

Kommen wir aber dann doch noch zu dem, was da wirklich steht und was Gott über unserem Leben verheißt: “Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet.”

Ein überaus berührendes und ermutigendes Wort. Wer schon einmal beobachtet hat, wie eine Mutter ihr Kind tröstet oder das gar selbst erlebt hat, der weiß: Darin steckt eine ungeheuer große Kraft.

Tränen werden getrocknet.

Wunden werden geheilt.

Zerbrochenes wird zusammengefügt.

Schmerzen werden gelindert.

Wow. So ist Gott. Und ich staune. Und ich bin dankbar.

Ich glaube, dass Gott so real ist, dass er es auch tut. Selbst. Direkt. Übernatürlich.

Durch mich. Durch dich. Durch Christen.

Durch seine Gemeinde. Durch sein Wort, die Bibel.

Durch seine wunderbare Schöpfung. Durch seine Verheißungen.

Durch Bilder. Durch Träume. Durch Visionen.

Da staune ich noch mehr, wie viele Weisen es gibt, dass Gott wirkt. Dass er tröstet.

Schaue ich auf das Jahr 2015 zurück und erahne so manches, was 2016 kommen wird, so glaube ich, dass wir Trost nötig haben (werden).

Und schaue ich einfach mal hinein, wie Menschen sich trösten, dann geschieht dies meist auf einer sehr persönlichen Ebene.

Trost ist Beziehung.

Trost spenden. Trost empfangen. Das ist ein ganz tiefer Ausdruck von Beziehung, die ich zu meinem Gegenüber habe – oder eben auch nicht.

Das merken wir dann, wenn wir erkennen: Eigentlich sollte ich meinem Gegenüber Trost spenden. Durch ein nettes Wort, eine Geste, eine Aufmerksamkeit; indem ich ihn in den Arm nehme; zum Essen einlade; auf ein Bier – oder was auch immer.

…und ich mache es nicht.

Weil die Beziehungsebene fehlt. Stattdessen: Ein schnelles Wort. Ein „Tut mir leid“ oder „mein Beileid“. Das war’s auch schon.

Und das ist nicht schlimm. Nicht zu jedem Menschen können wir eine wunderbare Beziehung haben. Das geht einfach nicht.

Aber andersrum können wir Trost auch nicht spenden, ohne eine Beziehung zu unserem Gegenüber zu haben.

Trost ist Beziehung.

Und so ist Gott ein äußerst lebendiger und beziehungsorientierter Gott. Und das finde ich schlicht und einfach: genial!

Ein Gott, der etwas mit mir zu tun haben will und der eben nicht mal schnell sagt: “Oh. Mein Beileid.”

Vielmehr ist er ein Gott, der sich Zeit nimmt für mich, der mir zuhört, der mich annimmt, wie ich bin.

 

Senf 4: Halbe Wahrheit Teil 2

Und das Ganze findet seinen Höhepunkt darin, wenn wir die halbe Wahrheit mal ganz werden lassen und den zweiten Halbsatz mit dazu nehmen: “Ihr sollt an Jerusalem getröstet werden.”

Bedenkt man den historischen Kontext, in dem diese Worte gesprochen werden, bekommt die Jahreslosung, der erste Teil des Verses also, noch eine weit größere und tiefere Dimension und noch einen größeren “Wow”-Effekt.

Das Volk Israel und auch Jerusalem sind zerstört. Am Boden. Vernichtet. Aus die Maus.

Babylonisches Exil. Zerstörte Stadt Jerusalem. Zerstörte Stadtmauern. Zerstörter Tempel.

Es war der Super-GAU. Mehr ging nicht. Exitus.

Und dann: “Ihr sollt an Jerusalem getröstet werden.”

Entweder ist das ein schlechter Witz oder eine unfassbar großartige Verheißung.

Entweder ist das Größenwahn oder Liebe Gottes “in spe”.

Entweder ist das Quatsch – oder es sprengt unsere Vorstellungskraft bei weitem.

 

Was mich an Gott so fasziniert ist, dass er ein “Gott der Geschichte” ist.

Jerusalem wurde wieder aufgebaut.

Das Volk Israel kehrte nach Hause.

Der Tempel(kult) wurde neu aufgerichtet.

Aus der Asche entsteht neues Leben. Hoffnung. Zukunft. Kraft. Liebe.

Ganz real. Nicht erdacht. Nicht fromm gedeutet.

Geschichtlich nachprüfbar.

Und es gibt unzählige biblische Verheißungen, die darauf hinweisen, dass Israel und Jerusalem noch eine sehr entscheidende Rolle im Laufe der Weltgeschichte spielen und spielen werden.

 

Senf 5: WOW!

Einmal mehr bleibt mir nur das Staunen über einen so wunderbaren, ewigen, heilsamen und heilenden Gott. Der damals in die Geschichte eingriff ist der, der heute noch genauso eingreift. In die Geschichte. In mein Leben. In dein Leben.

Er ist der “Gott allen Trostes”, wie es von ihm dann im Neuen Testament der Bibel heißt:

Gepriesen sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der Vater voller Barmherzigkeit, der Gott, der uns in jeder Not tröstet! In allen Schwierigkeiten ermutigt er uns und steht uns bei, so dass wir auch andere trösten können, die wegen ihres Glaubens leiden müssen. Wir trösten sie, wie Gott auch uns getröstet hat. (Die Bibel, 2. Korinther 1, 3+4)

Und die Geschichte geht weiter: Wer von Gott getröstet wird, tröstet als Getrösteter andere – mit Gottes Trost, der diese Weltgeschichte umspannt, der kein frommes Wunschdenken ist, sondern übernatürlich natürliche Realität.

So ist Gott – “der Vater unseres Herrn Jesus Christus”, wie Paulus es in diesem 2. Korintherbrief schreibt. Und wieder denke ich: Man, ist das genial, dass Gott ein “Gott der Geschichte” ist. Paulus schriebt hier davon, dass Gott der “Vater von Jesus Christus ist”.

Dieser Jesus Christus, der am Kreuz für uns Menschen starb, damit wir Menschen wieder Gott begegnen können, wozu wir geschaffen wurden. Dieser Jesus, der das vollbrachte, was kein Mensch vollbringen kann – und wovon so viel in den Geschichtsbüchern der Antike steht, dass es keinen Zweifel daran gibt: Dieser Gott ist real! Sein Sohn, Jesus Christus, ist real! Der Heilige Geist ist real!

Natürlich: Es ist eine Frage des Glaubens. Wer mag es schon zu beweisen können? Ich nicht. Ich kann es nur glauben. Aber das will ich.

In diesem Sinne: Ein getrostes neues Jahr!

Neues Jahr, neuer Start?

Zum Glück gibt’s Gott

Glück. Neuanfang. Das wünschen sich nicht wenige. Deswegen haben Vorsätze zum neuen Jahr auch Hochkonjunktur. Bei mir eigentlich noch nie. In den letzten Jahren überhaupt nicht.

Warum auch?

Ich glaube an einen “Gott der zweiten Chance”, der sich nicht an Jahresübergänge und ein bestimmtes Datum bindet.

Zu groß ist das Erschrecken, wenn der Vorsatz nun doch nicht klappt. Schnell gibt man auf, ist enttäuscht – und dann? Einen zweiten Versuch starten die wenigsten.

Umso schöner zu wissen, dass es einen Gott gibt, der uns mit jedem Tag unseres Lebens eine zweite Chance gibt.

Die Güte des Herrn hat kein Ende, sein Erbarmen hört niemals auf, es ist jeden Morgen neu! Groß ist deine Treue, o Herr! (Klagelieder 3, 22-23)

Zweite Chance

Gott schenkt uns das, was wir Menschen oft gerne hätten, nicht finden, nicht bereit sind zu geben und worunter unser Leben leidet: Eine zweite Chance. Die Zeit nochmal zurückdrehen. Dinge ungesagt, ungetan, ungedacht machen. Geht nicht? Gibt’s nicht!

Denn Gott ist nichts unmöglich.

In der Bibel finden sich so viele Geschichten, die uns zeigen: Gott gibt uns Menschen nicht auf. Gott gibt mich nicht auf. Gott gibt dich nicht auf.

Sei es ein Paulus, der vom glühenden Christenhasser zum leidenschaftlichen Jesusnachfolger wurde. Zweite Chance? Aber natürlich!

Oder Petrus. Viele nennen ihn das “Großmaul der Freunde Jesu” – ob dem so ist, sei mal dahingestellt. Der Sprecher dieses Freundeskreises war er sicherlich. Und was war? Er hat versagt. nicht nur einmal.

Behauptet, er kenne diesen Jesus nicht.

Behauptet, er folge Jesus bis in den Tod.

Da kam so manches durcheinander. Zweite Chance? Aber natürlich!

Zaches war ein kleiner, fieser Zolleintreiber. Ein MOF. Mensch ohne Freunde. Armer Kerl. Zweite Chance? Aber natürlich! Er ändert sein Leben. Nein – besser gesagt: Jesus verändert sein Leben.

Zeitlos gültig

Ich kann mir nicht vorstellen, dass all diese “Zweite Chance”-Augenblicke an einem 1. Januar stattgefunden haben. Vielmehr mitten im Jahr. Mitten im Leben. Mitten im Alltag.

Also – warum gute Vorsätze fassen, wenn jeder einzelne Tag dieses Jahres 2016 ein ganz besonderer werden kann? Nämlich ein Tag der zweiten Chance!

In wenigen Tagen starten wir in der Gemeinde unsere neue Predigtreihe “Neustart”. Im Prinzip geht es genau darum: Den Charme des Jahresanfangs nutzen, aber nicht alle Hoffnungen in die Neujahrsvorsätze setzen, sondern darauf vertrauen, dass es einen Gott gibt, der uns Tag für Tag eine neue Chance gibt.

Auch und gerade in den einzelnen Bereichen unseres Lebens.

In diesem Sinne wünsche ich Dir ein gesegnetes Jahr der zweiten Chance!

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